VwGH 2012/13/0121

VwGH2012/13/012123.12.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der O Aktiengesellschaft in W, vertreten durch die Deloitte Tax Wirtschaftsprüfungs GmbH in 1010 Wien, Renngasse 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 5. November 2012, Zl. RV/2495-W/06, betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 2004, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 Anl2 idF 2004/I/180;
KStG 1988 §10 Abs1 Z5 idF 2009/I/052;
EStG 1988 Anl2 idF 2004/I/180;
KStG 1988 §10 Abs1 Z5 idF 2009/I/052;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Hintergrund des vorliegenden Beschwerdefalles ist die mit dem Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl. I Nr. 52, vorgenommene Gesetzesänderung, mit der § 10 Abs. 1 KStG 1988 u.a. um eine die Befreiung bestimmter Gewinnanteile an ausländischen Körperschaften von der Körperschaftsteuer betreffende Z 5 ergänzt wurde. Gemäß § 26c Z 16 lit. b KStG 1988 war § 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 52/2009 "auf alle offenen Veranlagungen anzuwenden". Zu diesen zählte auf Grund einer schon im Jahr 2006 erhobenen Berufung auch die Veranlagung der beschwerdeführenden Partei zur Körperschaftsteuer für das Streitjahr 2004.

Die Berufung richtete sich gegen einen Körperschaftsteuerbescheid vom 14. September 2006, in dessen Begründung in Bezug auf die von der beschwerdeführenden Partei bezogene Dividende einer ungarischen Gesellschaft (in der Folge: X) dargelegt worden war:

"Die Dividende der X (Sitz Ungarn - Anteil rd. 9 %) konnte nicht als steuerfreier Beteiligungsertrag behandelt werden, da die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 KStG (Anm.: einer Beteiligung von mindestens einem Zehntel) nicht erfüllt wurden. Es erfolgte daher eine außerbilanzmäßige Hinzurechnung in Höhe von EUR 2.255.714,73 sowie eine Anrechnung der Quellensteuer in Höhe von EUR 225.571,47."

In der Berufung vom 21. September 2006 wurde unter Hinweis auf eine Entscheidung der belangten Behörde vom 13. Jänner 2005 (gemeint: RV/0279-L/04, aufgehoben mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. April 2008, 2008/15/0064, VwSlg 8332/F) geltend gemacht, die "differenzierende Besteuerung von in- und ausländischen Beteiligungserträgen in § 10 Abs. 1 KStG und § 10 Abs. 2 KStG" sei gemeinschaftsrechtswidrig.

Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2008 erstattete die beschwerdeführende Partei unter Hinweis u.a. auf das inzwischen vorliegende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ein ergänzendes Vorbringen zur Höhe der anrechenbaren ausländischen Körperschaftsteuer.

Mit Bescheid vom 30. Oktober 2008 nahm das Finanzamt das Verfahren unter Hinweis auf den in den vorgelegten Akten nicht enthaltenen Bericht über eine abgabenbehördliche Prüfung wieder auf. Mit Bescheid vom selben Tag setzte es die Körperschaftsteuer für das Jahr 2004 neu (höher) fest.

Mit Schreiben vom 27. Jänner 2009 ergänzte die beschwerdeführende Partei erneut ihr - gemäß § 274 BAO idF vor dem FVwGG 2012 nunmehr den Körperschaftsteuerbescheid vom 30. Oktober 2008 betreffendes - Berufungsvorbringen. Sie verwies auf Nachweisschwierigkeiten betreffend die nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes anrechenbare ausländische Steuerbelastung und das aus diesem Grund beim EuGH anhängige Verfahren (gemeint:

das mit Urteil vom 10. Februar 2011 abgeschlossene, C-436/08 und C- 437/08 , Haribo und Salinen) und brachte u.a. vor, die "Ausschüttung der Dividende 2004 aus dem Gewinn des Wirtschaftsjahres 2003" sei "mittels Beschluss" der ungarischen Gesellschaft "vom 30.4.2004 beschlossen" worden. Da "Ungarn erst mit 1.5.2004 der EU beigetreten" sei, handle "es sich dabei um eine sogenannte Drittlandsdividende". Die Verweigerung der Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuer für diese Dividende verletze nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei die Kapitalverkehrsfreiheit. Für den Fall, dass die belangte Behörde auch nach Vorliegen der Entscheidung des EuGH die Anwendung der Anrechnungsmethode (gemeint: wie der Verwaltungsgerichtshof) als rechtens ansehen und nicht die Befreiungsmethode anwenden würde, enthielt der Schriftsatz auch wieder Ausführungen über die Höhe des Anrechnungsbetrages.

Mit Schreiben an die belangte Behörde vom 15. Februar 2012 erstattete die beschwerdeführende Partei ein Vorbringen, das auf die eingangs erwähnte, am 17. Juni 2009 kundgemachte Gesetzesänderung durch das Budgetbegleitgesetz 2009 Bezug nahm. Geltend gemacht wurde nun, nach "ungarischem Recht" könne "nicht bereits aus dem Beschluss über die Ausschüttung einer Bruttodividende in der Hauptversammlung ein Anspruch auf Dividendenzahlung abgeleitet werden". Für die "Dividendenzahlung" sei "ein längerer, aus mehreren Schritten bestehender Beschlussfassungsprozess erforderlich", der im vorliegenden Fall wie folgt verlaufen sei:

"1. Die Hauptversammlung der X wurde am 30. April 2004 abgehalten. Bei dieser wurde vom Vorstand (sic) die Ausschüttung von einer Bruttodividende in Höhe von ca. HUF 55 beschlossen. Weiters wurde die separate Veröffentlichung zu einem späteren Zeitpunkt betreffend der Auszahlungsmodalitäten festgelegt.

2. Am 13. Mai 2004 wurden die Details zur Auszahlung veröffentlicht. Der Vorstand gab bekannt, dass nur Anteilseigner, die am 28. Mai 2004 X-Aktien besitzen, zum Erhalt einer Dividende berechtigt sind ('Dividendenstichtag'). Daraus ergibt sich, dass die (beschwerdeführende Partei) bei einem Verkauf ihrer X-Aktien vor dem 28. Mai 2004 (bzw. vor dem 25. Mai 2004, da aus technischen Gründen zwei Tage für die Durchführung der Kauftransaktion notwendig sind), zur Folge gehabt hätte, dass die (beschwerdeführende Partei) keinen Anspruch auf Dividendenauszahlung gehabt hätte. Im Gegensatz dazu hätte ein Kauf von X-Aktien vor dem 28. Mai 2004 zum Dividendenerhalt berechtigt.

3. Des Weiteren wurde am 13. Mai 2004 bekannt gegeben, dass der Anteil der Dividende, der auf eigene Aktien der X per 28. Mai 2004 (bzw. vor 25. Mai 2004, siehe oben) entfällt, im Verhältnis auf die übrigen Anteilseigner aufgeteilt wird.

4. Erst am 25. Mai 2004 war (aufgrund der zweitägigen Transaktionsfrist) die Anzahl der eigenen Aktien, die per 28. Mai 2004 von X gehalten wurden bekannt. Daher wurde am 25. Mai 2004 der endgültige Betrag der Bruttodividende pro Aktie in Höhe von HUF 57,86 berechnet und veröffentlicht. Dieser Betrag ersetzte die HUF 55, die in der Hauptversammlung ursprünglich beschlossen worden sind. Aus diesem Grund konnte der endgültige Auszahlungsbetrag nicht vor dem 25. Mai 2004 ermittelt werden.

5. Die tatsächliche Auszahlung von HUF 57,86 pro Aktie erfolgte am 7. Juni 2004."

Auf dieser Grundlage sei "klar, dass das entscheidende Datum für die Entstehung der Dividendenforderung nicht das Datum der Hauptversammlung (30. April 2004) sein" könne. An diesem Tag sei "weder festgelegt" gewesen, "wer einen Dividendenanspruch hat noch in welcher Höhe eine Dividende bezahlt werden wird". Es sei "lediglich bekannt" gewesen, "dass eine Dividende bezahlt werden wird, die in etwa HUF 55 betragen soll". Die Dividendenforderung sei "erst am 28. Mai 2004, frühestens aber am 25. Mai 2004," entstanden und die Dividende mit Rücksicht auf den mit 1. Mai 2004 erfolgten Beitritt Ungarns zur EU daher gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 KStG 1988 steuerfrei.

Das Finanzamt trat diesem Vorbringen in einer Stellungnahme vom 20. März 2012 entgegen. Es verwies u.a. darauf, dass der Aufsichtsrat der ungarischen Gesellschaft am 26. März 2004 den Vorschlag des Vorstandes "betreffend Ausschüttung einer Bruttodividende in Höhe von HUF 55" befürwortet und die Hauptversammlung am 30. April 2004 "die Zahlung einer Bruttodividende in Höhe von HUF 55 pro Aktie" bestätigt habe. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der Verwaltungspraxis und der herrschenden Meinung im Schrifttum sei im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses der Gewinnanspruch als ein vom Gesellschaftsanteil gesondertes Forderungsrecht entstanden. Im gegenständlichen Fall seien die Feststellung des Jahresabschlusses und der Beschluss über die Gewinnverteilung am 30. April 2004 "als endgültig zu betrachten". "Mit 30. April 2004" sei "daher auch der Gewinnanteil" der beschwerdeführenden Partei "in Höhe von HUF 55 pro Aktie ableitbar". Der "geringfügig geänderte Auszahlungsbetrag" und der Dividendenstichtag im Mai 2004 änderten daran nichts, sodass die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 5 KStG 1988 nicht erfüllt seien.

Dieser Stellungnahme legte das Finanzamt mit der Angabe "Quelle: Internet" u.a. den "Report of the Supervisory Board" vom 26. März 2004 und die "Resolutions of the Annual General Meeting" vom 30. April 2004 der ungarischen Gesellschaft bei. Der Beschluss vom 30. April 2004 über die Ausschüttung der Dividende lautete danach wie folgt:

"The AGM approved the payment of a gross dividend of HUF 55 per share for the 2003 financial year. The company will publish a separate announcement with details on the dividend payment.

(51,665,170 Yes, 4,955 No, 2,207 Abstain)"

In einer letzten Berufungsergänzung vom 2. Oktober 2012

brachte die beschwerdeführende Partei zum Sachverhalt noch u.a. vor:

"Im angefochtenen Bescheid wurde die Steuerbefreiung gem § 10

Abs 1 Z 5 KStG (...) versagt. Durch den bloßen

Ausschüttungsbeschluss in der Hauptversammlung in Ungarn entsteht

im Fall der X noch kein unmittelbarer Dividendenanspruch. Der

Grundlagenbeschluss in der X-Hauptversammlung datiert mit

30.4.2004; darin wurde die Höhe der Bruttodividende bloß geschätzt

und mit ca. (!) HUF 55 pro Aktie beschlossen. Nachdem in diesem

bloßen Grundlagen-Beschluss Höhe, Zeitpunkt und technische Details

der Dividendenausschüttung noch nicht geregelt waren, bedurfte es

zur Konkretisierung der zu beschließenden Dividende zusätzlich

eines Vorstandsbeschlusses und dem Prozedere einer darauf

basierenden Anteilseigneridentifizierung zum noch zu definierenden

Dividendenstichtag."

Zur Entstehung des Dividendenanspruchs nach ungarischem Recht wurde ausgeführt:

"Wir haben eine Stellungnahme von der ungarischen Rechtsanwaltskanzlei (...) betreffend Würdigung der gegenständlichen X-Dividende nach ungarischem Gesellschaftsrecht eingeholt; die Stellungnahme datiert mit 28.3.2012 und liegt dieser Eingabe samt Anhängen als Anlage bei. Danach ist nach ungarischem Zivil- und Gesellschaftsrecht (und dieses Regime ist für die Beurteilung der Realisierung der Dividendenforderung in Österreich entscheidend!) mit dem bloßen Grundlagen-Hauptversammlungsbeschluss vom 30.4.2004 keinesfalls ein Anspruch des einzelnen Aktionärs auf Dividendenbezug entstanden. Hätte sich etwa der X-Vorstand geweigert, auf Basis des Hauptversammlungs-Grundlagenbeschlusses den - für die Entstehung des Dividendenanspruchs unerlässlichen - Vorstandsbeschluss zur Festlegung von Dividendenstichtag, Umgang mit eigenen X-Anteilen, des Anteilseigneridentifikationsprozederes und auch zur Bestimmung des endgültigen Dividendenbetrags pro Aktie zu fassen, wäre unsere Gesellschaft nicht in der Position, eine Dividendenzahlung gegenüber X rechtlich durchzusetzen. Unsere Gesellschaft hätte unter diesen Umständen bloß die Zusammenkunft des X-Vorstands zwecks Fassung der für die Dividende erforderlichen(n) Beschlussfassung gerichtlich durchsetzen können. Auch in diesem Fall kann aber das Gericht bloß auf die entsprechende Beschlussfassung durch den Vorstand hinwirken, ohne aber - zB bei weiterer Untätigkeit des X-Vorstands - die Konkretisierung des Dividendenprozederes oder die Dividendenzahlung selbst sozusagen stellvertretend für den X-Vorstand selbst vornehmen zu können. Aus der Stellungnahme des ungarischen Rechtsanwalts geht zudem klar hervor, dass es vor dem Dividendenstichtag 28.5.2005 (gemeint: 2004) unmöglich war, die exakte Dividende pro Aktie zu ermitteln, weil diese vom Stand der eigenen Aktien zum Dividendenstichtag abhängt. Zusammenfassend kommt die Stellungnahme ganz unzweifelhaft zum Ergebnis, dass der Dividendenanspruch unserer Gesellschaft aus den obigen Gründen keinesfalls schon am 30.4.2004 entstanden sein kann."

In weiteren Rechtsausführungen wurde u.a. dargelegt, beim "Versuch einer - ohnedies aussichtslosen - gerichtlichen Durchsetzung des vermeintlich zum 30.4.2004 entstandenen Dividendenanspruchs bei gedachter Untätigkeit des Vorstands würde man die Höhe des Anspruchs gar nicht wissen". Es liege "eine bloße Dividendenanwartschaft vor, bei der weder die Fälligkeit, noch ein exakter Betrag bekannt" sei. Eine "Forderung in der Steuerbilanz" könne bei diesem Stand noch nicht vorliegen.

Vorgebracht wurde weiters, auch bei irriger Annahme nicht nur einer Anwartschaft, sondern eines Anspruchs am 30. April 2004 wäre dieser "ein bloß aufschiebend bedingter" gewesen, weil er erstens von einem erst zu fassenden Vorstandsbeschluss betreffend Fälligkeit, konkreten Dividendenbetrag pro Aktie, Dividendenstichtag, Prozedere zur Anteilseigneridentifikation "und sonstige technische Details der Ausschüttung", zweitens vom Aktienbesitz der beschwerdeführenden Partei auch noch am Dividendenstichtag und drittens von der Ermittlung des exakten Dividendenbetrages pro Aktie durch Feststellung des Stands der eigenen Anteile der Gesellschaft am Dividendenstichtag abhängig gewesen wäre. "Aufschiebend bedingte" Forderungen seien aber erst nach Eintritt der Bedingung auszuweisen.

Schließlich bestritt die beschwerdeführende Partei aber auch die rechtliche Prämisse, eine Realisierung der Dividende am 30. April 2004 stehe deren Befreiung von der Körperschaftsteuer entgegen. Maßgeblich sei die "Rechtslage" im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruchs, nämlich am Bilanzstichtag der beschwerdeführenden Partei:

"Am 31.12.2004 ist Ungarn bereits EU-Mitglied, die Rechtsform der X ist in der Anlage 2 zum EStG enthalten, die Ausschüttung nach erfolgt - wie von Anlage 2 für erfasste ungarische Gesellschaften gefordert - nach dem 30.4.2004, weil der Tatbestand der Erzielung eines EU-Portfoliobeteiligungsertrags für ertragsteuerliche Zwecke der Bilanzstichtag unserer Gesellschaft 31.12.2004 ist."

Mit diesem Schriftsatz legte die beschwerdeführende Partei das englischsprachige Memorandum ungarischer Rechtsanwälte vom 28. März 2012 vor, dem als Beilage u.a. der schon vom Finanzamt vorgelegte englische Text der Beschlüsse vom 30. April 2004 angeschlossen war.

Das - im angefochtenen Bescheid nicht erwähnte - Memorandum ging nicht davon aus, dass am 30. April 2004, wie im Schriftsatz, mit dem dieses Memorandum vorgelegt wurde, von der beschwerdeführenden Partei behauptet, "die Höhe der Bruttodividende bloß geschätzt und mit ca. (!) HUF 55 pro Aktie beschlossen" worden sei. Ausgegangen wurde - dem beigelegten Wortlaut des Beschlusses entsprechend - von der Beschlussfassung über eine Dividende von HUF 55 pro Anteil. Als rechtlicher Hintergrund wurde aus dem im Streitzeitraum geltenden ungarischen Unternehmensgesetz erstens wiedergegeben, die Hauptversammlung könne auf der Grundlage eines (mit vorheriger Zustimmung des Aufsichtsrates) vom Vorstand erstatteten Vorschlages zugleich mit der Genehmigung des Abschlusses über die Dividendenzahlung entscheiden. Zweitens hätten nur solche Anteilsinhaber ein Recht auf die Vereinnahmung von Dividenden, die zum Zeitpunkt der Auszahlung als Anteilsinhaber registriert seien.

Als dritte und letzte rechtliche Grundlage legte das Memorandum in diesem Abschnitt dar, nach den Statuten der ungarischen Gesellschaft entscheide die jährliche Hauptversammlung u. a. über den Betrag, der als Dividende auszuschütten sei. Den Termin ("starting date") für die Auszahlung der Dividende habe der Vorstand so festzulegen, dass zwischen der Beschlussfassung über die Auszahlung der Dividende und dem Beginn der Auszahlung ein Zeitraum von zumindest zwanzig Werktagen liege. Das Vorgehen im Beschwerdefall habe diesen rechtlichen Vorgaben entsprochen.

In der anschließenden Analyse präsentierten die Verfasser des Memorandums drei Argumente für ihre Ansicht ("our view"), dass der zugleich mit der Genehmigung des Abschlusses gefasste Beschluss über die Auszahlung der Dividende der beschwerdeführenden Partei noch keinen Anspruch auf diese ("claim to collect dividends") verschafft habe. Erstens sei anspruchsberechtigt nur gewesen, wer am 28. Mai 2004 als Anspruchsinhaber identifiziert worden sei. Vor dieser Identifikation, so die im Memorandum vertretene Auffassung, seien die Anteilsinhaber nicht anspruchsberechtigt gewesen ("before such formal identification on 28 May 2004, the shareholders had not been entitled to collect dividends"). Zweitens sei der endgültige Betrag noch nicht festgestanden. Dies deshalb, weil nach einer näher bezeichneten Bestimmung des damaligen ungarischen Unternehmensgesetzes der auf die eigenen Anteile der Gesellschaft entfallende Dividendenbetrag auf die anderen Anteilsinhaber aufzuteilen gewesen sei. Hieraus habe sich die Erhöhung der in der Hauptversammlung festgelegten ("determined") Dividende von HUF 55 auf HUF 57,86 pro Aktie ergeben. Diese Berechnung sei erst nach Identifikation der Anteilsinhaber am 28. Mai 2004 möglich gewesen. Drittens habe der Hauptversammlungsbeschluss dem Vorstand zwar eine klare Anweisung ("a clear instruction") zur Festlegung der Auszahlungsbedingungen gegeben. Hätte der Vorstand dem nicht entsprochen, so hätten die Anteilsinhaber den Vorstand in einem außerstreitigen Verfahren zur Beschlussfassung zwingen können ("could have initiated a nonlitigious judicial supervisory procedure (...) in order to force the board of directors to pass the decision"). Dies impliziere, dass nach dem damaligen ungarischen Unternehmensgesetz (keine Bezugnahme auf bestimmte Vorschriften) der Hauptversammlungsbeschluss nur ein kollektives Recht auf entsprechende Beschlussfassung des Vorstandes, aber kein individuelles Recht auf Auszahlung der Dividende bewirkt habe. In dem erwähnten Verfahren hätte das Gericht nicht die Zahlung der Dividende anordnen können.

Dieser Standpunkt finde Bestätigung in einer in ungarischer Sprache angeschlossenen Gerichtsentscheidung, wonach der Anspruch auf die Dividende kein zivilrechtlicher, sondern ein gesellschaftsrechtlicher Anspruch sei ("not a civil law claim but a special claim of a corporate nature"). Es liege in der Verantwortung der Gesellschaft, die Zahlungsbedingungen festzulegen, wobei ein solcher Beschluss - wie der über die Auszahlung der Dividende - auch abänderbar sei. Der Begründung der Gerichtsentscheidung zufolge entstehe der Anspruch der Anteilsinhaber auf die Dividende ("the dividend claim of a shareholder") nach ungarischem Recht sofort ("immediately"), wenn der Hauptversammlungsbeschluss kein späteres Datum für die Auszahlung festlege. Im vorliegenden Fall habe der Beschluss der Hauptversammlung kein Datum festgelegt, es sei aber der Vorstand beauftragt worden, die Zahlungsbedingungen einschließlich des Datums der Auszahlung festzulegen ("to specify in detail the actual conditions of the dividend payment including, amongst others, the date of dividend payment"). Hieraus folge, dass durch den Hauptversammlungsbeschluss am 30. April 2004 noch kein Anspruch der beschwerdeführenden Partei auf die Vereinnahmung von Dividenden entstanden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie folgte der ursprünglichen Ansicht der beschwerdeführenden Partei, es habe sich um eine Drittlandsdividende gehandelt, und verneinte die Anwendbarkeit des § 10 Abs. 1 Z 5 KStG 1988 auf diese Dividende.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, deren Beschwerdepunkt wie folgt formuliert ist:

"Durch den angefochtenen Bescheid sind wir in unserem Recht auf Befreiung eines Gewinnanteils von der Körperschaftsteuer gem § 10 Abs 1 Z 5 KStG (BGBl I 2009/52) verletzt. Die belangte Behörde hat uns insbesondere in unserem Recht auf Befreiung von der Körperschaftsteuer im Fall von Gewinnanteilen iSd § 10 Abs 1 Z 1 bis 4 KStG aus einer Beteiligung an einer ungarischen Körperschaft, die die in der Anlage 2 zum EStG vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt und keine internationale Schachtelbeteiligung iSd § 10 Abs 1 Z 7 iVm Abs 2 KStG darstellt, bei Realisierung der Dividendenforderung nach Ungarns EU-Beitritt mit Wirkung ab 1.5.2004 verletzt."

Fragen einer Anrechnung von der ausschüttenden Gesellschaft in Ungarn entrichteter Steuern, wie sie in den Schriftsätzen der beschwerdeführenden Partei vom 21. Juli 2008 und vom 27. Jänner 2009 im Vordergrund standen, sind von diesem Beschwerdepunkt nicht erfasst und kommen auch in der Begründung der Beschwerde - die im Wesentlichen den Schriftsatz vom 2. Oktober 2012 wiederholt - nicht vor.

Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 10 Abs. 1 KStG 1988 erhielt durch das Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl. I Nr. 52, folgende Fassung:

"§ 10. (1) Von der Körperschaftsteuer sind Beteiligungserträge befreit. Beteiligungserträge sind:

1. Gewinnanteile jeder Art auf Grund einer Beteiligung an inländischen Kapitalgesellschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften in Form von Gesellschafts- und Genossenschaftsanteilen.

2. Rückvergütungen von inländischen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften nach § 8 Abs. 3 Z 2 und Bezüge aus Anteilen an körperschaftlich organisierten Personengemeinschaften (Agrargemeinschaften) im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Z 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

3. Gewinnanteile jeder Art auf Grund einer Beteiligung an inländischen Körperschaften in Form von Genussrechten (§ 8 Abs. 3 Z 1).

4. Gewinnanteile jeder Art auf Grund von Partizipationskapital im Sinne des Bankwesengesetzes und des Versicherungsaufsichtsgesetzes.

5. Gewinnanteile im Sinne der Z 1 bis 4 aus einer Beteiligung an einer ausländischen Körperschaft, die die in der Anlage 2 zum Einkommensteuergesetz 1988 vorgesehenen Voraussetzungen des Art. 2 der Richtlinie Nr. 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 (ABl. EG Nr. L 255 S. 6) erfüllt und die nicht unter Z 7 fällt.

6. Gewinnanteile im Sinne der Z 1 bis 4 aus einer Beteiligung an einer Körperschaft eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes, die mit inländischen unter § 7 Abs. 3 fallenden Körperschaften vergleichbar ist und mit deren Ansässigkeitsstaat eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe besteht, wenn sie nicht unter Z 7 fällt.

7. Gewinnanteile jeder Art auf Grund einer internationalen Schachtelbeteiligung im Sinne des Abs. 2."

Die Bestimmung war in dieser Fassung "auf alle offenen Veranlagungen anzuwenden" (§ 26c Z 16 lit. b KStG 1988).

Die Anlage 2 zum EStG 1988 lautete in der für den Beschwerdefall maßgeblichen Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2004, BGBl. I Nr. 180, auszugsweise:

"Gesellschaften im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie 90/435/EWG über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. Nr. L 225 vom 20.8.1990 S. 6), idF der Richtlinie 2003/123/EG (ABl. Nr. L 7 vom 13.1.2004 S. 41) und der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik (ABl. Nr. L 236 vom 23.9.2003 S. 33)

Gesellschaft im Sinne des Artikels 2 der genannten Richtlinie ist jede Gesellschaft, die

1. eine der angeführten Formen aufweist:

(...)

v) Gesellschaften ungarischen Rechts mit der Bezeichnung:

"közkereseti tarsasag", "beteti tarsasag", "közös vallalat", "korlatolt felel?sseg? tarsasag", "reszvenytarsasag", "egyesüles", "szövetkezet";

(...)

Lit. q bis Z sind auf Ausschüttungen anzuwenden, die nach dem 30. April 2004 erfolgen."

Für den Beschwerdefall folgt daraus, dass die ausschüttende ungarische Gesellschaft in Bezug auf Ausschüttungen bis einschließlich 30. April 2004 die in der Anlage 2 zum EStG 1988 vorgesehenen Voraussetzungen nicht erfüllte, weshalb insoweit auch die Befreiung von der Körperschaftsteuer gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 KStG 1988 nicht zur Anwendung kommen konnte. Der in der Beschwerde - wie schon im Schriftsatz vom 2. Oktober 2012 - vertretene Standpunkt, die "Ausschüttung" sei erst am 31. Dezember 2004 "erfolgt", weil gemäß § 4 Abs. 2 (gemeint: Z 2) BAO erst zu diesem Zeitpunkt ein Abgabenanspruch gegenüber der beschwerdeführenden Partei entstehen konnte, beruht auf einer unzutreffenden Gleichsetzung von Tatbestand und Rechtsfolge.

Maßgeblich ist daher, ob die Hauptversammlung mit Beschluss vom 30. April 2004 eine "Ausschüttung" im Sinn der Anlage 2 letzter Satz zum EStG 1988 vornahm.

Die beschwerdeführende Partei trägt dazu auch in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde vor, mit diesem Beschluss sei "die Höhe der Bruttodividende bloß geschätzt und mit ca. (!) HUF 55 pro Aktie beschlossen" worden (wovon in Kommentierungen des angefochtenen Bescheides auch Kerschner, ecolex 2013, 567 f, und SWK 2013, 823 ff, sowie Lechner/Spies, SWK 2013, 1351 ff, ausgehen). Diese Behauptung der beschwerdeführenden Partei widerspricht dem im Verwaltungsverfahren und mit der Beschwerde erneut vorgelegten Text des Beschlusses. Von einer bloßen Schätzung und einem Zirka-Betrag kann danach - und auch nach dem vorgelegten Memorandum ungarischer Anwälte - nicht die Rede sein. Der Beschluss, über den es im angefochtenen Bescheid heißt, der "exakte Betrag der Dividendenausschüttung" sei danach festgestanden, ließ keinerlei Spielraum nach unten, und auch die Erhöhung der ausgezahlten Beträge von HUF 55 auf HUF 57,86 pro Aktie beruhte nicht auf einer Abweichung von der am 30. April 2004 beschlossenen Höhe der Dividende. Sie resultierte aus einem Verteilungsmechanismus, der die in der beschlossenen Höhe auf eigene Aktien entfallenden Dividenden betraf und von dem weder dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei noch dem vorgelegten Memorandum entnehmbar ist, dass er abgesehen vom Bestand an eigenen Aktien am Dividendenstichtag von ungewissen Faktoren abhing. Die den Bestand an eigenen Aktien am Dividendenstichtag betreffende Ungewissheit könnte - wie auch die den Aktienbesitz der beschwerdeführenden Partei selbst betreffende und das Erfordernis seiner Feststellung vor Auszahlung - nur Anlass zu weiteren Überlegungen geben, wenn eine in der Zwischenzeit erfolgte Vermehrung dieses Bestandes zu beurteilen wäre. Dass eine solche eintrat und zu einer zusätzlichen Erhöhung des ausgezahlten Betrages führte, hat die beschwerdeführende Partei nicht behauptet.

Ein von diesen Gesichtspunkten einer noch unbekannten Höhe unabhängiges Vorbringen über das Fehlen eines Anspruchs nach ungarischem Recht hat die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsverfahren nur in pauschaler Form erstattet. Es wurde bloß beispielsweise ("etwa") erwähnt, dass bei Untätigkeit des Vorstandes die Erzwingung einer Beschlussfassung durch ihn erforderlich und das Gericht nicht in der Lage gewesen wäre, "die Konkretisierung des Dividendenprozederes oder die Dividendenzahlung" selbst vorzunehmen. Auf Vorschriften des ungarischen Rechts, aus denen dies hervorgehe, wurde dabei nicht Bezug genommen, und es wurde auch nicht behauptet, mit Problemen dieser Art sei in Anbetracht der in der Hauptversammlung beschlossenen Ausschüttung bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung zu rechnen gewesen (vgl. in diesem Zusammenhang zur Aktivierung eines Dividendenanspruches das Erkenntnis vom 23. März 2000, 97/15/0112, VwSlg 7492/F, und die dort zitierte Vorjudikatur). Auch die Beschwerde ist in diesem Punkt nicht konkreter und zeigt damit die Relevanz des gerügten Unterbleibens einer näheren Befassung mit ungarischem Recht nicht auf. Auch eine Einbeziehung des Memorandums ungarischer Anwälte, auf das die beschwerdeführende Partei weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde konkretere Behauptungen zu stützen versucht hat, würde daran nichts ändern, zumal darin von einer klaren Anweisung an den Vorstand, von der Erzwingbarkeit ihrer Befolgung und im Referat der ungarischen Gerichtsentscheidung von der sofortigen ("immediately") Entstehung eines Anspruchs ("dividend claim of a shareholder") die Rede ist, falls kein späteres Auszahlungsdatum beschlossen wird. Der im vorliegenden Fall vorgenommene Vorbehalt einer Beschlussfassung durch den Vorstand hätte danach die Fälligkeit betroffen, auf deren Eintritt es im hier gegebenen Zusammenhang aber nicht ankommt (vgl. zu den darauf bezogenen Ausführungen im Memorandum etwa Artmann in Jabornegg/Strasser, AktG I5 § 53 Rz 9, wonach es "vor der Fälligkeit" auch nach österreichischem Recht "keinen aktuellen Leistungsanspruch" gebe; zu verbuchen sind Forderungen aber nicht erst bei Fälligkeit).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 23. Dezember 2015

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