Normen
AVG §37;
AVG §52;
BauRallg;
ROG Stmk 1974 §25;
ROG Stmk 2010 §33 Abs4 Z2;
ROG Stmk 2010 §33 Abs4;
ROG Stmk 2010 §33 Abs7;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §37;
AVG §52;
BauRallg;
ROG Stmk 1974 §25;
ROG Stmk 2010 §33 Abs4 Z2;
ROG Stmk 2010 §33 Abs4;
ROG Stmk 2010 §33 Abs7;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit Bauansuchen vom 12. Oktober 2007 beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines landwirtschaftlichen Betriebsgebäudes auf dem Grundstück Nr. 1719/2, EZ. 659, KG M, mit der Flächenwidmung Freiland.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. Mai 2010 wurde dieses Ansuchen gemäß § 25 Stmk ROG 1974 abgewiesen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung vom 19. Mai 2010 wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. Juni 2010 als unbegründet abgewiesen.
2. Über Vorstellung des Beschwerdeführers hob die belangte Behörde mit Bescheid vom 14. Dezember 2010 den vorgenannten Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde mit der Begründung auf, dass der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die Mitglieder des Gemeinderates über die gegenständliche Bauangelegenheit informiert und den Antrag gestellt habe, die Berufung als unbegründet abzuweisen; in weiterer Folge habe er als Mitglied des Gemeinderates über diesen Antrag mitentschieden, weshalb eine Befangenheit iSd § 58 Abs. 1 Z. 4 GemO vorliege. Dem Gemeinderatssitzungsprotokoll sei des Weiteren zu entnehmen, dass ohne die Stimme des Bürgermeisters die erforderliche Stimmenmehrheit für die Abweisung der Berufung nicht zustande gekommen wäre.
3. Mit (Ersatz‑)Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. Juli 2011 wurde die Berufung des Beschwerdeführers vom 19. Mai 2010 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 33 Stmk ROG 2010 als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. Mai 2010 vollinhaltlich bestätigt.
4. Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. März 2012 als unbegründet abgewiesen.
Begründend legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, die erstinstanzliche Baubehörde habe zur Frage der raumordnungsrechtlichen Zulässigkeit der beantragten Bauführung auf dem im Freiland gelegenen Bauplatz ein Gutachten des agrartechnischen Amtssachverständigen DI X vom 1. September 2008 sowie eine ergänzende Stellungnahme vom 30. Juli 2009 eingeholt. Aus diesem Gutachten und dieser Stellungnahme gehe unter anderem hervor, dass der Bauwerber über keine Grundstücke in seinem Eigentum verfüge; Grundstücke im Ausmaß von ca. 4 ha aufgrund unbefristet abgeschlossener Pachtverträge, welche halbjährlich kündbar seien, könnten aus fachtechnischer Sicht für die Beurteilung einer nachhaltigen Tätigkeit im Agrarbereich nicht herangezogen werden. Dem Beschwerdeführer stünden aufgrund weiterer Pachtverträge Grundstücke im Ausmaß von 2,5611 ha, wovon rund 2,1 ha auf Wald entfielen, für eine längerfristige nachhaltige gemeinsame Bewirtschaftung zur Verfügung. Mangels Vorlage eines schlüssigen, nachvollziehbaren Betriebskonzeptes, aus dem u.a. auch das Flächenausmaß der einzelnen Kulturen hervorgehe und in den die gesamten Kosten der gegenständlichen Investition (Abschreibung und Verzinsung) einbezogen seien, könne aus fachtechnischer Sicht nicht belegt werden, dass im Gegenstande ein landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne der Raumordnungsbestimmungen vorliege. Das Sammeln von Löwenzahn, Beeren und Früchten und deren Weiterverarbeitung zu verkaufsfertigen Produkten stelle keine landwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Raumordnungsbestimmungen dar. Das geplante Objekt sei vornehmlich nichtlandwirtschaftlichen Zwecken (Terrasse, sanitäre Anlagen) zu dienen bestimmt; das Projekt entspreche somit in technisch-wirtschaftlicher Hinsicht nicht dem Raumordnungsgesetz.
Zum Vorbringen betreffend die unbefristeten Pachtverträge schließe sich die erkennende Behörde den schlüssigen Ausführungen der Berufungsbehörde an, wonach die von diesen Verträgen umfassten Grundstücke aufgrund der halbjährlichen Kündigungsmöglichkeit für eine längerfristige nachhaltige Bewirtschaftung nicht zur Verfügung stünden.
In Ermangelung von Flächen und Sträuchern, die im Eigentum des Beschwerdeführers stünden bzw. aufgrund langjähriger Pachtverträge nutzbar seien, sei keine Kalkulation der Ernte und des Erlöses möglich. Die belangte Behörde teile die Ansicht des Amtssachverständigen, wonach das Sammeln von Beeren, Löwenzahn, Früchten und dergleichen auf Waldflächen und das Weiterverarbeiten dieser Produkte zu Schnaps, Marmeladen u.a. keinem landwirtschaftlichen, d.h. der Urproduktion dienenden, Zweck zugeordnet werden könne.
Weder die Behauptungen des Beschwerdeführers noch das von ihm vorgelegte Privatgutachten des DI Y vom 11. Dezember 2006 vermöchten die Beurteilung des agrartechnischen Amtssachverständigen DI X zu entkräften.
Der Beschwerdeführer habe kein ausreichend umfangreiches Betriebskonzept vorgelegt und sei nicht im Stande gewesen zu belegen, dass gegenständlich ein landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne der Raumordnung vorliege.
5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Die mitbeteiligte Gemeinde hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
6. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
6.1. Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
Während des Verwaltungsverfahrens ist das Steiermärkische Raumordnungsgesetz 2010, LGBl. Nr. 49 (Stmk ROG 2010), am 1. Juli 2010 in Kraft getreten. Die Bestimmungen des § 33 leg. cit. betreffend das "Freiland" sind gemäß den Übergangsbestimmungen des § 67 Abs. 13 leg. cit. auch auf bestehende Flächenwidmungspläne anzuwenden. Im Beschwerdefall ist daher folgende Rechtslage im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde (vom 7. November 2011) von Bedeutung:
Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 2010 (Stmk ROG 2010) idF LGBl. Nr. 49/2010 (Stammfassung):
"§ 33
Freiland
(1) Alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen festgelegten Grundflächen gehören zum Freiland. Sofern im Freiland keine baulichen Nutzungen außerhalb der Land- und/oder Forstwirtschaft nach Maßgabe der Abs. 3, 5 und 6 zulässig sind, dienen die Flächen des Freilandes der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung oder stellen Ödland dar.
...
(4) Im Rahmen der land- und/oder forstwirtschaftlichen Nutzung sind im Freiland zulässig:
...
2. Neu- und Zubauten sowie Änderungen des Verwendungszweckes, die für einen land- und/oder forstwirtschaftlichen Betrieb erforderlich und in ihrer standörtlichen Zuordnung betriebstypisch sind. Insbesondere bei Neugründung eines Betriebes ist ein positiver Deckungsbeitrag mittels Betriebskonzept nachzuweisen. In die Kalkulation sind auch die Kosten von Investitionen mit einzubeziehen, die durch den Deckungsbeitrag zur Gänze abgedeckt werden müssen.
...
(7) Vor Erlassung einer baurechtlichen Bewilligung ist zwingend ein Gutachten eines Sachverständigen einzuholen für
1. Neubauten gemäß Abs. 4 Z. 2 und Z. 3 lit. b, wenn die Größe der für eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung geeigneten Flächen unter 5 ha liegt, hinsichtlich des Vorliegens eines land- und/oder forstwirtschaftlichen Betriebes und der Erforderlichkeit des geplanten Bauvorhabens; bei Flächen ab 5 ha ist ein derartiges Gutachten dann einzuholen, wenn Zweifel bestehen, ob ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vorliegt;
..."
6.2. Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, er habe ein - gemessen an der Dimension des Gesamtprojektes - insgesamt schlüssiges Betriebskonzept vorgelegt. Er habe darauf verwiesen, ein bäuerliches Museum zu errichten und in unmittelbarem Zusammenhang mit dem daraus resultierenden Ausflugs- und Besuchsaufkommen einen Buschenschank zu betreiben in dessen Rahmen die Direktvermarktung bäuerlicher Produkte stattfinde. Angesichts des in eher kleinem Rahmen gelegenen Gesamtprojekts sei die Notwendigkeit der Vorlage einer detaillierteren Konzeption nicht ersichtlich. Investitionskosten in größerem Ausmaß seien von vornherein nicht aufgelaufen, weil der Beschwerdeführer die Arbeiten im Wesentlichen selbst durchgeführt habe. Zuerst habe er eine Obst-/Weinpresse konstruiert und dann selbst darüber das landwirtschaftliche Gebäude errichtet.
Er habe vorgebracht, Walderdbeeren, Waldhimbeeren, Brombeeren, Vogelkirschen und Fichtenwipfel zu sammeln, daraus bäuerliche Produkte herzustellen und diese direkt zu vermarkten sowie aus den eigenen Weinstöcken Wein zu keltern, wobei er einen Weingarten mit insgesamt 360 Stöcken betreibe. Er bewirtschafte Pachtflächen und entnehme auch Früchte und Rohstoffe aus dem allgemeinen Wald, wobei es sich dabei um eine bodenständige und ursprüngliche Produktion handle. Die Relevanz der dieser Bewirtschaftung zugrunde liegenden Pachtverhältnisse sei nicht ersichtlich, zumal er die Flächen schon seit über 10 Jahren gepachtet habe, dies auch weiter beabsichtige und es sich bei den aus der Bewirtschaftung der Flächen erzielten Erträgen um seine einzige Einkommensquelle handle. Ein Unterschied in Bezug auf die Nachhaltigkeit sei bei der Bewirtschaftung von Flächen, die in seinem Eigentum stünden, und solchen, bei denen ein Bestandsverhältnis vorliege, nicht nachvollziehbar. Aus einem ergänzenden Gutachten bzw. einem neuen Gutachten hätte sich das Vorliegen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ergeben, womit § 33 Abs. 7 Z. 1 Stmk ROG 2010 erfüllt worden wäre.
Aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Privatgutachten ergebe sich das Vorliegen eines (land- und forstwirtschaftlichen) Betriebes, darauf gehe die belangte Behörde aber nicht ein.
Bei einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren mit genauer Erhebung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes, detaillierter Feststellung desselben und daraus resultierender Entscheidung wäre in der Folge festgestellt worden, dass das Projekt jedenfalls bewilligungsfähig sei.
6.3. Unter landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher Nutzung (hier iSd § 33 Abs. 4 Stmk ROG 2010) ist nicht schon jede landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Tätigkeit im technischen Sinne zu verstehen. Zur Vermeidung missbräuchlicher Aushöhlung der Ziele der Raumordnung, insbesondere zur Vorkehrung gegen eine Zersiedelung, ist das Vorliegen betrieblicher Merkmale, das heißt eine planvolle, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit, wesentlich, die zumindest die Annahme eines nebenberuflichen landwirtschaftlichen (d.h. der Urproduktion dienenden) Betriebes rechtfertigen (vgl. hiezu das zum insoweit inhaltsgleichen § 25 Stmk ROG 1974 idF LGBl. Nr. 41/1991 ergangene hg. Erkenntnis vom 20. April 1995, Zl. 92/06/0036, mwN).
Erst wenn eine landwirtschaftliche Nutzung iSd § 33 Abs. 4 Stmk ROG 2010 zu bejahen ist, ist in die Prüfung der weiteren Frage einzutreten, ob das Bauwerk iSd § 33 Abs. 4 Z. 2 Stmk ROG 2010 im projektierten Umfang für eine bestimmungsgemäße Nutzung erforderlich und in ihrer standörtlichen Zuordnung betriebstypisch ist (vgl. auch dazu das vorzitierte Erkenntnis vom 20. April 1995, mwN).
6.4. Die belangte Behörde stützte ihren Bescheid auf das Sachverständigengutachten des Amtssachverständigen DI X vom 1. September 2008 sowie auf dessen ergänzende Stellungnahme vom 30. Juli 2009.
DI X legt zunächst im Befund die Vertragsverhältnisse hinsichtlich der bewirtschafteten Grundstücke des Beschwerdeführers dar. Der Beschwerdeführer verfüge laut seinen eigenen Angaben über keine Grundstücke in seinem Eigentum und betreibe auf von ihm gepachteten Grundstücken im Ausmaß von ca. 5 ha, wovon 3,5 ha auf Wald entfielen, Weinbau, Streuobstbau, das Sammeln von Löwenzahn, Beeren und Früchten und forstwirtschaftliche Pflegearbeiten. (Es folgt eine nähere Erläuterung der in Kopie beiliegenden langfristig - auf 20 bzw. 25 Jahre Laufzeit - sowie unbefristet abgeschlossenen Pachtverträge.) Sodann wird dargelegt, was der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge produziere, sowie dass er nach seinen eigenen Angaben und dem vorliegenden Betriebsverbesserungsplan vom 12. Juni 2008 bzw. 13. Juni 2008 seine Erzeugungs- und Verkaufstätigkeit zu steigern beabsichtige. Ebenso wird beschrieben, wie das gegenständliche Objekt aussehen werde und welche Einrichtungen sich darin befinden würden.
Im Gutachten (im engeren Sinn) führt der Amtssachverständige aus, es sei nicht von einer landwirtschaftlichen Nutzung auszugehen, weil der Beschwerdeführer über keine Grundstücke in seinem Eigentum verfüge und die Grundstücke im Ausmaß von ca. 4 ha aufgrund unbefristet abgeschlossener Pachtverträge, welche halbjährlich kündbar seien, aus fachtechnischer Sicht für die Beurteilung einer nachhaltigen Tätigkeit im Agrarbereich nicht herangezogen werden könnten. Dem Beschwerdeführer stünden damit derzeit nur die mit den beiden weiteren Pachtverträgen zugepachteten Grundstücke im Ausmaß von 2,5611 Hektar, wovon 2,1 Hektar auf Wald entfielen, für eine längerfristige, nachhaltige gemeinsame Bewirtschaftung zur Verfügung. Aus dem vorliegenden Betriebsverbesserungsplan gingen mit Ausnahme der Waldfläche weder das Flächenausmaß der einzelnen Kulturen noch deren Naturalerträge hervor. Aus fachtechnischer Sicht sei das vorliegende Konzept des Bauwerbers in Form eines Betriebsverbesserungsplanes nicht geeignet zu belegen, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliege. Das Sammeln von Beeren, Löwenzahn und Früchten durch den Beschwerdeführer stelle im Gegenstande keine landwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Raumordnungsbestimmungen dar. Die Weiterverarbeitung dieser Produkte zu Likören, Schnäpsen, Wein und Marmeladen, die Lagerung und die Präsentation der verarbeiteten verkaufsfertigen Produkte und deren Verkauf könne keinem landwirtschaftlichen, d.h. der Urproduktion dienenden Zweck zugeordnet werden. Die Errichtung wesentlicher Teilbereiche des neuen, im Befund beschriebenen Gebäudes könne somit aus fachtechnischer Sicht keinem landwirtschaftlichen Zweck zugeordnet werden, zumal die Errichtung der neuen Terrasse, die Aufenthaltszwecken zu dienen bestimmt sei, und die Errichtung der gegenständlichen sanitären Anlagen ebenfalls keinem der Urproduktion dienenden Zweck zugeordnet werden könnten. Das neue Objekt sei daher vornehmlich nichtlandwirtschaftlichen Zwecken zu dienen bestimmt und entspreche nicht dem Raumordnungsgesetz.
6.5. Die Beschwerde erweist sich als berechtigt.
Ein Sachverständigengutachten, das von der Behörde ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt wird, muss ausreichend begründet sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 2002, Zl. 2001/06/0030).
Einwendungen gegen die Schlüssigkeit eines Gutachtens einschließlich der Behauptung, die Befundaufnahme sei unzureichend bzw. der Sachverständige gehe von unrichtigen Voraussetzungen aus, haben ebenso wie Einwendungen gegen die Vollständigkeit des Gutachtens auch dann Gewicht, wenn sie nicht auf gleicher fachlicher Ebene angesiedelt sind, also insbesondere auch ohne Gegengutachten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2013, Zl. 2012/06/0184).
Es ist nur ein schlüssiges und nachvollziehbares Gutachten zu entkräften, nicht aber schlichte Feststellungen, die nicht weiter begründet sind. Das Erfordernis der Widerlegung eines von der Behörde eingeholten Sachverständigengutachtens auf gleicher fachlicher Ebene greift somit nur ein, wenn ein vollständiges, schlüssiges und widerspruchsfreies Gutachten vorliegt. Der Sachverständige hat seine Sach- und Ortskenntnis schriftlich im Rahmen der Befundaufnahme zu konkretisieren, dass sie für Dritte nachvollziehbar bleibt. Ein Sachverständigengutachten muss grundsätzlich einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden, wie etwa Zitierung entsprechender Fachliteratur o.ä. - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Der Befund eines die Frage des Vorliegens eines landwirtschaftlichen Betriebes betreffenden Sachverständigengutachtens muss daher eine detaillierte Beschreibung der örtlichen Situation, wenn erforderlich untermauert durch Planskizzen oder Fotos, enthalten. Dabei müssen die charakteristischen Merkmale der für die Beurteilung maßgebenden Teile der Grundflächen einschließlich deren Bepflanzung durch das Gutachten erkennbar sein. Der Befund muss alle jene Grundlagen konkret nennen, die für das Gutachten, also das sich auf den Befund stützende Urteil des Sachverständigen, erforderlich sind. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar. Ein dem Verwaltungsverfahren beigezogener Sachverständiger hat insbesondere nicht ein bestimmtes Projekt abzulehnen oder ihm zuzustimmen, sondern nach Erstellung eines ausreichenden Befundes auf Grund seines Fachwissens ein nachvollziehbares Urteil über die von ihm zu beantwortenden Fragen abzugeben. Die Behörde, die ein mangelhaftes Gutachten ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. September 2002, Zl. 2001/06/0030 mwN).
Das gegenständliche Gutachten des Amtssachverständigen DI L S vom 1. September 2008 samt ergänzender Stellungnahme vom 30. Juli 2009 genügt den dargelegten Anforderungen nicht und erweist sich als zur abschließenden Beurteilung der Sache nicht geeignet:
Der Amtssachverständige kommt zu dem Schluss, es stünden dem Beschwerdeführer, weil er über keine Grundstücke in seinem Eigentum verfüge, bloß jene Grundstücke, denen ein längerfristiger Pachtvertrag (20 bzw. 25 Jahre) zugrunde liege, für eine längerfristige nachhaltige, gemeinsame Bewirtschaftung zur Verfügung, nicht aber jene, denen ein unbefristetes Vertragsverhältnis zugrunde liege.
Letztere Aussage wird vom Amtssachverständigen allerdings nicht näher begründet, was aber - zumal die Schlussfolgerung nicht offenkundig ist - erforderlich gewesen wäre.
Wenn der Amtssachverständige weiters darlegt, aus dem vorliegenden Betriebsverbesserungsplan gingen mit Ausnahme der Waldfläche weder das Flächenausmaß der einzelnen Kulturen noch deren Naturalerträge hervor, weshalb aus fachtechnischer Sicht das vorliegende Konzept des Bauwerbers in Form eines Betriebsverbesserungsplanes nicht geeignet sei zu belegen, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliege, so ist auf die oben angeführte Judikatur hinzuweisen, wonach die charakteristischen Merkmale der für die Beurteilung maßgebenden Teile der Grundflächen einschließlich deren Bepflanzung durch das Gutachten erkennbar sein müssen (wenn erforderlich untermauert durch Planskizzen oder Fotos).
Diesbezüglich erweist sich das Gutachten als ergänzungsbedürftig.
Wenn der Amtssachverständige schließlich pauschal den Schluss zieht, aus fachtechnischer Sicht stelle im gegenständlichen Fall das Sammeln von Beeren, Löwenzahn und Früchten durch den Beschwerdeführer keine landwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Raumordnungsbestimmungen dar und es könne die Weiterverarbeitung dieser Produkte zu Likören, Schnäpsen, Wein und Marmeladen keinem landwirtschaftlichen, d.h. der Urproduktion dienenden Zweck zugeordnet werden, so bleibt er dafür jegliche Begründung schuldig. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass etwa die Kernölerzeugung bzw. Kürbiskernerzeugung oder auch die Obstverwertung und -veredelung an sich als landwirtschaftliche Nutzung zu beurteilen sind (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 25. November 1999, Zl. 98/06/0178, und vom 26. September 2002, Zl. 2001/06/0030). Dass dies für die Weiterverarbeitung von gesammelten Beeren, Löwenzahn und Früchten zu Likören, Schnäpsen, Wein und Marmeladen nicht zuträfe, ist ohne nähere fachkundige Erörterung nicht zu ersehen. Zu bemerken ist weiters, dass der Amtssachverständige sich mit den im Befund angeführten Tätigkeiten des Streuobstbaus sowie der forstwirtschaftlichen Pflegearbeiten nicht weiter auseinandersetzt.
Da die belangte Behörde nicht darauf einging, dass sich die Entscheidung der Gemeindebehörden auf ein nicht vollständiges bzw. nicht schlüssiges Sachverständigengutachten stützt, belastet sie schon deswegen den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
7. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
8. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG weiter anzuwendenden §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 3 Z. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl II Nr. 8/2014).
Wien, am 27. Februar 2015
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