VwGH 2012/02/0283

VwGH2012/02/02835.3.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Mag. Dr. Köller, Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas-Hutchinson, über die Beschwerde der Ing. E in M, vertreten durch Mag. Karl Heinz Fauland, Rechtsanwalt in 8430 Leibnitz, Kadagasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 23. Oktober 2012, Zl. UVS 41.19-2/2012-14, betreffend Kostenvorschreibung nach dem TSchG (weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

TierschutzG 2005 §30 Abs3;
TierschutzG 2005 §37 idF 2008/I/035;
TierschutzG 2005 §30 Abs3;
TierschutzG 2005 §37 idF 2008/I/035;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 23. Oktober 2012 wurde der Beschwerdeführerin gestützt auf "§ 37 Abs. 1 und § 30" des Tierschutzgesetzes (TSchG) ein Kostenbeitrag für die Unterbringung der ihr am 21. Dezember 2009 abgenommenen Tiere (5 Hunde) in einer näher genannten Hundepension und zwar für die Zeit vom 21. Dezember 2009 bis 5. Oktober 2010 (1 Hund), vom 21. Dezember 2009 bis 5. Februar 2010 (1 Hund) und vom 21. Dezember 2009 bis 15. Mai 2011 (3 Hunde) ein Betrag von insgesamt EUR 9.124,74 vorgeschrieben.

In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, es sei bei einer Kontrolle von zwei Amtstierärzten der Bezirkshauptmannschaft F. am 16. Dezember 2009 festgestellt worden, dass die Beschwerdeführerin an einem näher genannten Ort Rinder und Ziegen sowie insgesamt fünf Hunde (Border Collies) gehalten habe. Diese Collies seien in einem Teil eines verfallenen Stallgebäudes untergebracht gewesen und hätten durch ein glasloses Fenster ins Freie gelangen können, wo ihnen ein kleines Areal, abgegrenzt durch scharfkantige Eisenteile, als Auslauf gedient habe. In dem den Hunden zugänglichen Areal sei ein Kübel mit gefrorenem Wasser gestanden. Der Stallbereich, der den Hunden zur Verfügung gestanden sei, sei stark "vermüllt" gewesen. Die Beschwerdeführerin sei an der Adresse der Hundehaltung nicht wohnhaft, sondern habe sich nur gelegentlich dort aufgehalten. Futtervorräte für die Hunde hätten nicht festgestellt werden können. Eine Untersuchung der Hunde habe nicht stattgefunden, sie hätten jedoch insgesamt keinen gepflegten Eindruck gemacht. Ob sich im Stallinneren Wasser und Futter für die Tiere befunden hätten, habe in Anbetracht der Müllmenge nicht festgestellt werden können.

Am 21. Dezember 2009 sei die Hundehaltung abermals von Mag. R. N. und Amtstierarzt Dr. K. kontrolliert worden; auch die Beschwerdeführerin sei anwesend gewesen. Es sei festgestellt worden, dass sich gegenüber der Situation am 16. Dezember 2009 nichts verändert habe. In der Folge seien insgesamt fünf Hunde abgenommen und in eine näher genannte Hundepension verbracht worden. Ein Hund sei am 5. Februar 2010, ein weiterer Hund am 5. Oktober 2010 und die restlichen drei Hunde seien am 15. Mai 2011 vergeben worden.

Das Land S. habe mit A. Sch. (Besitzer einer näher genannten Hundepension) eine Vereinbarung über eine Pauschalentschädigung in der Höhe von EUR 4.400,-- pro Quartal geschlossen und A. Sch. habe im Gegenzug dafür die platzmäßige und betreuerische Kapazität für die Dauer der Laufzeit des Vertrages für zehn Hunde zu gewährleisten.

Hunde, die über einen längeren Zeitraum so untergebracht seien wie im gegenständlichen Fall - kein sozialer Kontakt, keine geregelte Versorgung mit adäquatem Futter und Wasser, mangelnde Fellpflege -, würden nicht adäquat gehalten und es sei daher zumindest von einem Zustand des Leidens der Tiere auszugehen. Die Abnahme der Tiere sei daher zu Recht erfolgt.

Die Tiere seien bei dem dem Abnahmeort nächstgelegenen Verwahrer untergebracht worden. Dies sei im vorliegenden Fall die Hundepension S., mit der das Land S. bereits eine Vereinbarung für die Unterbringung von Hunden geschlossen habe. Die Höhe der für die Unterbringung pro Tier verrechneten Kosten (Anm.: Tagessatz von EUR 4,89 pro Tier) ergebe sich aus dem vom Land S. mit der Hundepension S. geschlossenen Vereinbarung und der darin festgelegten Pauschalsumme.

Es folgt schließlich noch eine nähere Aufgliederung der Unterbringungskosten für die Hunde (bei einem Tagessatz von EUR 4,89 pro Tier), die insgesamt zu einem Betrag von EUR 9.124,74 führt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend.

In der Beschwerde wird u.a. ausgeführt, die Behörde gehe davon aus, dass die Tiere nicht adäquat gehalten worden seien und daher die Abnahme ("basierend auf § 37 Abs. 1 Z 1 iVm § 5 Abs. 1 und § 5 Abs. 2 Z 13 TSchG") zu Recht erfolgt sei.

Nach § 37 Abs. 3 TSchG sei ein Tier als verfallen anzusehen, sofern innerhalb von zwei Monaten nach der Tierabnahme die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Haltung nicht geschaffen worden seien. Schon die Bezirkshauptmannschaft F. habe im erstinstanzlichen Bescheid festgestellt, dass nach der Tierabnahme die Umstände der Tierhaltung am Anwesen der Beschwerdeführerin noch mehrmals (von Dezember 2009 bis April 2010) überprüft worden seien, wobei zu jedem dieser Zeitpunkte festgestellt worden sei, dass eine ordnungsgemäße bzw. tierschutzgerechte Hundehaltung aufgrund der Beschaffenheit des Anwesens bzw. der Stalleinrichtungen nicht möglich gewesen sei.

Damit seien aber die Tiere mit 21. Februar 2010 gemäß § 37 Abs. 3 TSchG als verfallen anzusehen. Der Verfall trete hier in Form einer gesetzlichen Fiktion ein (ex-lege-Verfall), ohne dass es dazu eines Bescheides der Behörde bedürfe. Mit dem in § 37 Abs. 3 TSchG vorgesehenen Verfall sei aber auch der Eigentumsverlust der Beschwerdeführerin an den Hunden verbunden. Mit dem Verfall gehe nämlich das Eigentum auf das Land über und es sei die Beschwerdeführerin ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als Tierhalterin im Sinne des § 30 Abs. 3 TSchG (iVm § 4 Z 1 TSchG) anzusehen, sodass sie auch nicht mehr zum Kostenersatz nach dieser Bestimmung herangezogen werden dürfe. Die Behörde sei nicht mehr berechtigt gewesen, die Unterbringungskosten für die Tiere ab dem 21. Dezember 2009 auf der Rechtsgrundlage des § 30 Abs. 3 iVm § 37 Abs. 3 TSchG bescheidmäßig vorzuschreiben.

Die während der Dauer der gesamten Unterbringung entstandenen Kosten lägen jedenfalls weit über dem Wert der abgenommenen Hunde. Die Beschwerdeführerin sei von der Behörde während der gesamten Zeit bis zur Zustellung des Kostenvorschreibungsbescheides niemals über die Höhe der anfallenden Kosten und über eine sie allenfalls treffende Kostenhaftung aufgeklärt worden. Ebenso sei sie nicht darüber informiert worden, ob und wann für die Hunde ein neuer Besitzer gefunden worden sei. Sie habe daher allein schon aufgrund dieses Verhaltens der Behörde davon ausgehen dürfen, dass sie spätestens ab dem in § 37 Abs. 3 TSchG angeordneten Verfall der Tiere keinerlei Rechte an den Tieren mehr besitze und sie mangels Halter- bzw. Eigentümerschaft deshalb auch keine Pflichten mehr träfen.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

In der Gegenschrift wird u.a. ausgeführt, insoweit die Beschwerdeführerin auf § 37 Abs. 3 TSchG Bezug nehme, sei dem entgegenzuhalten, dass sich der ex-lege-Verfall eines Tieres nur auf gemäß § 37 Abs. 2 leg. cit. abgenommene Tiere beziehe. Im Gegenstand sei aber eine Abnahme gemäß § 37 Abs. 1 Z 2 TSchG erfolgt, weshalb die Ausführungen der Beschwerdeführerin bezogen auf die Rechtsfolgen eines ex-lege-Verfalls nach § 37 Abs. 3 leg. cit. ins Leere gingen. Ferner lege das Gesetz keine Aufklärungspflicht hinsichtlich der Höhe anfallender Kosten und über die Kostenhaftung fest. Es könne Haltern von Tieren zugemutet werden, über die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Haltung von Tieren in Kenntnis zu sein bzw. sich in eventu über diese Rahmenbedingungen an geeigneter Stelle zu informieren.

Der Umstand, dass die Unterbringungskosten den Wert der abgenommenen Tiere bei weitem überschritten hätten, könne zutreffend sein, doch verbiete das TSchG, ein Tier rein aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus "einzuschläfern" (§ 6 TSchG), wie von der Beschwerdeführerin in der Berufungsschrift als legale Möglichkeit dargelegt worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass in dem vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängig gewesenen Beschwerdefall gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiterhin anzuwenden sind, zumal durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG), BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anders bestimmt ist.

§ 30 TSchG in der Stammfassung BGBl. I Nr. 118/2004 und § 37 TSchG idF der Novelle BGBl. I Nr. 35/2008 lauten (auszugsweise):

"§ 30 Entlaufene, ausgesetzte, zurückgelassene sowie von der Behörde beschlagnahmte oder abgenommene Tiere

(1) Die Behörde hat - soweit eine Übergabe an den Halter nicht in Betracht kommt - Vorsorge zu treffen, dass entlaufene, ausgesetzte, zurückgelassene sowie von der Behörde beschlagnahmte oder abgenommene Tiere an Personen, Institutionen und Vereinigungen übergeben werden, die eine Tierhaltung im Sinne dieses Bundesgesetzes gewährleisten können. Diese Personen, Vereinigungen oder Institutionen (im Folgenden: Verwahrer) haben die Pflichten eines Halters.

(2) Die vom Land und vom Verwahrer zu erbringenden Leistungen und das dafür zu entrichtende Entgelt sind vertraglich zu regeln.

(3) Solange sich Tiere im Sinne des Abs. 1 in der Obhut der Behörde befinden, erfolgt die Unterbringung dieser Tiere auf Kosten und Gefahr des Tierhalters.

(...)

§ 37 Sofortiger Zwang

(1) Die Organe der Behörde sind verpflichtet,

1. wahrgenommene Verstöße gegen §§ 5 bis 7 durch unmittelbare behördliche Befehls- und Zwangsgewalt zu beenden;

2. ein Tier, das in einem Zustand vorgefunden wird, der erwarten lässt, dass das Tier ohne unverzügliche Abhilfe Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst erleiden wird, dem Halter abzunehmen, wenn dieser nicht willens oder in der Lage ist, Abhilfe zu schaffen.

(2) Wenn dies für das Wohlbefinden des Tieres erforderlich ist, können Organe der Behörde Personen, die gegen §§ 5 bis 7 verstoßen, das betreffende Tier abnehmen. Die Organe der Behörde sind berechtigt, bei Tieren, für die das Weiterleben mit nicht behebbaren Qualen verbunden ist, für eine schmerzlose Tötung zu sorgen.

(...)

(3) Für abgenommene Tier gilt § 30. Sind innerhalb von zwei Monaten nach Abnahme im Sinne des Abs. 2 die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Haltung des Tieres aller Voraussicht nach geschaffen, so ist es zurückzustellen. Andernfalls ist das Tier als verfallen anzusehen."

Gemäß § 37 Abs. 3 TSchG gilt für abgenommene Tiere § 30 TSchG. Damit treffen grundsätzlich auch sämtliche Kostenfolgen für die Unterbringung der abgenommenen Tiere gemäß § 30 Abs. 3 TSchG den Tierhalter (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 2012, Zl. 2012/02/0132).

Zutreffend verweist die belangte Behörde in der Gegenschrift darauf hin, dass ein Verfall nach § 37 Abs. 3 TSchG nur im Falle einer Abnahme nach § 37 Abs. 2 leg. cit in Frage kommt, zumal § 37 Abs. 3 zweiter und dritter Satz auf eine "Abnahme nach Abs. 2" abstellen.

Aus dem angefochtenen Bescheid ist aufgrund des allgemeinen Hinweises auf die Rechtsgrundlage der Abnahme nach "§ 37 Abs. 1 TSchG" sowie aufgrund der kurzen Begründung der nicht adäquat erfolgten Tierhaltung und der damit verbundenen Leiden für die Tiere gerade noch erkennbar, dass die belangte Behörde von einer rechtmäßigen Abnahme der Tiere gemäß § 37 Abs. 1 Z 2 TSchG ausgegangen ist. (Dies bestätigen auch die diesbezüglichen nachträglichen Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift.) Im vorliegenden Fall gehen daher die Ausführungen der Beschwerdeführerin betreffend einen ex-lege-Verfall der Tiere mangels einer Abnahme der Tiere nach § 37 Abs. 2 TSchG ins Leere und es war daher auch nicht näher zu prüfen, ob in einem solchen Fall allenfalls die Kostentragungsverpflichtung nach § 30 Abs. 3 leg. cit. ab dem Zeitpunkt des Verfalls enden würde.

Dass die von der Behörde unter den geschilderten Umständen durchgeführte Abnahme der Tiere rechtmäßig erfolgte, wird von der Beschwerde nicht in Abrede gestellt. Es bestehen aufgrund des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes keine Bedenken, dass die Abnahme der Tiere rechtmäßig im Sinne des § 37 Abs. 1 Z 2 TSchG erfolgte.

Vor diesem Hintergrund vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erkennen, zumal die Beschwerdeführerin - die nach der im Akt erliegenden Bestätigung über die Abnahme der Hunde vom 21. Dezember 2009 angegeben hat, "die Hunde ohne weitere Besitzansprüche ihrerseits der Behörde zur Vermittlung an neue Besitzer zu überlassen" - auch nicht konkret aufzeigt, dass die Behörde ihrer in diesem Fall gemäß § 30 Abs. 1 TSchG bestehenden Verpflichtung, Obsorge dafür zu treffen, dass die Tiere an geeignete Personen, Institutionen oder Vereinigungen übergeben werden, nicht in angemessener Zeit nachgekommen wäre, oder dass die verrechneten Unterbringungskosten für die Zeit der tatsächlichen Unterbringung nicht angemessen wären.

Die Beschwerde erwies sich folglich als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008, welche gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 im Beschwerdefall weiterhin anzuwenden ist.

Wien, am 5. März 2015

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