VwGH Ro 2014/19/0005

VwGHRo 2014/19/000527.8.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofräte Mag. Eder und Mag. Feiel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, in den Beschwerdesachen 1. des A A, 2. der H A, 3. des R A, 4. der D A,

5. des M A, alle in 4651 Stadl-Paura, alle vertreten durch Dr. Ernst Chalupsky, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Edisonstraße 1, gegen die Erkenntnisse des Asylgerichtshofes je vom 28. Juni 2013,

  1. 1.) Zl. D18 426.985-3/2013/3E, 2.) Zl. D18 426.983-3/2013/2E,
  2. 3.) Zl. D18 426.984-3/2013/2E, 4.) Zl. D18 426.982-3/2013/2E,
  3. 5.) D18 426.981-3/2013/2E, jeweils betreffend Antrag auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art129;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs1 Z1;
B-VG Art144 Abs1;
B-VG Art144 Abs3;
B-VG Art151 Abs51;
VerfGG 1953 §87 Abs3;
VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs5 idF 2012/I/051;
VwGbk-ÜG 2013 §4;
VwGbk-ÜG 2013 §6 Abs4;
VwGbk-ÜG 2013 §8;
VwGG §25a idF 2013/I/033;
VwGG §26 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs3;
VwRallg;
B-VG Art129;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs1 Z1;
B-VG Art144 Abs1;
B-VG Art144 Abs3;
B-VG Art151 Abs51;
VerfGG 1953 §87 Abs3;
VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs5 idF 2012/I/051;
VwGbk-ÜG 2013 §4;
VwGbk-ÜG 2013 §6 Abs4;
VwGbk-ÜG 2013 §8;
VwGG §25a idF 2013/I/033;
VwGG §26 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführer, ein aus Russland stammendes Ehepaar und ihre minderjährigen Kinder - alle gehören der Volksgruppe der Tschetschenen an - stellten am 12. März 2013 Anträge auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

Das Bundesasylamt wies diese Anträge jeweils mit Bescheid vom 31. Mai 2013 gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 ab und sprach gemäß § 10 AsylG 2005 die Ausweisung der Beschwerdeführer in die Russische Föderation aus. Die Durchführung der Ausweisungen wurde unter einem bis 30. November 2013 aufgeschoben.

Den dagegen erhobenen Beschwerden gab der Asylgerichtshof mit den angefochtenen Erkenntnissen vom 28. Juni 2013 keine Folge.

Sodann brachten die Beschwerdeführer beim Verfassungsgerichtshof - noch im Jahr 2013 (dort eingelangt am 15. Juli 2013) - Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zwecks Erhebung von Beschwerden bei diesem Gerichtshof ein. Diese Anträge wurden vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 5. März 2014, U 1662/2013-7, bewilligt. Im Anschluss erhoben die nunmehr durch den zum Verfahrenshelfer bestellten Rechtsanwalt vertretenen Beschwerdeführer gegen die Erkenntnisse des Asylgerichtshofes vom 28. Juni 2013 mit Schriftsatz vom 5. Mai 2014 Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Mit Beschluss vom 6. Juni 2014, U 1662 - U 1666/2013-17, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerden ab.

Über nachträglichen Antrag der Beschwerdeführer vom 15. Juli 2014 gemäß § 87 Abs. 3 VfGG trat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 24. Juli 2014, U 1662/2013-23, die Beschwerden gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Diese Beschwerden erweisen sich wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes als nicht zulässig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens seine Zuständigkeit, deren Fehlen gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zur Zurückweisung zu führen hat, von Amts wegen wahrzunehmen. Dem Abtretungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes kommt eine Bindungswirkung jedenfalls hinsichtlich der genannten Prozessvoraussetzung nicht zu (vgl. zur Frage einer Bindung an den Abtretungsbeschluss etwa die hg. Beschlüsse vom 23. Februar 2000, 97/12/0366, vom 29. Oktober 1996, 96/11/0152, und vom 27. Juni 1985, 85/08/0065 und 84/08/0153; vgl. auch Pkt. 2.4. der Begründung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 12. März 2014, E 30/2014, wonach eine Abtretung bei Vorliegen der dafür vorgesehenen Voraussetzungen selbst dann zu erfolgen hat, wenn die Erhebung einer Revision sich als nicht zulässig darstellt).

Das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) sieht auszugsweise vor:

"Verwaltungsgerichtshof

§ 4. (1) Ist ein Bescheid, gegen den eine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 lit. a B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung beim Verwaltungsgerichtshof zulässig ist, vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen worden, läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde gegen diesen Bescheid nicht bereits bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann gegen ihn vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 in sinngemäßer Anwendung des Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Wurde gegen einen solchen Bescheid vor Ablauf des 31. Dezember 2013 Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben und läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Revision gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG.

(2) Abs. 1 gilt in den Fällen des § 2 Abs. 1 mit der Maßgabe, dass die Revision innerhalb von sechs Wochen ab dem in § 2 Abs. 3 genannten Zeitpunkt erhoben werden kann.

...

(5) Die Revision gemäß den Abs. 1 bis 3 ist unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Die Revision gegen den Bescheid einer unabhängigen Verwaltungsbehörde oder einer Behörde gemäß Art. 20 Abs. 2 Z 2 oder 3 B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung ist unzulässig, wenn die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen. Eine solche Revision hat gesondert die Gründe zu enthalten, warum die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen. Ob eine solche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, ist vom Verwaltungsgerichtshof zu beurteilen. Für die Behandlung der Revision gelten die Bestimmungen des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß mit der Maßgabe, dass statt der Ablehnung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung die Revision als unzulässig zurückgewiesen werden kann. Für Revisionen gegen Bescheide anderer als der im zweiten Satz genannten Verwaltungsbehörden gelten die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht.

(6) Gegen eine Entscheidung des Asylgerichtshofes, die gegenüber den Parteien erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wird, deren Zustellung jedoch vor Ablauf dieses Tages veranlasst wurde, ist eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig."

"Verfassungsgerichtshof

§ 6. ...

(4) Die Abtretung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist unzulässig, wenn es sich um einen Fall handelt, der gemäß der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Rechtslage von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen ist."

"Beschwerden gegen Entscheidungen des Asylgerichtshofes

§ 7. (1) Ist eine Entscheidung des Asylgerichtshofes, gegen die eine Beschwerde gemäß Art. 144a Abs. 1 B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung beim Verfassungsgerichtshof zulässig ist, vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen worden, läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde gegen diese Entscheidung nicht bereits bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben, so kann gegen sie vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Eine gegen eine solche Entscheidung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Beschwerde gilt als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG.

(2) Ist jedoch eine Entscheidung des Asylgerichtshofes, gegen die eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zulässig ist, bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 zwar gegenüber mindestens einer Partei, aber nicht gegenüber allen Parteien, denen gegenüber sie zu erlassen war, erlassen worden, so kann von den Parteien, denen gegenüber diese Entscheidung nach Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wird, innerhalb von sechs Wochen Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Gegen eine solche Entscheidung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Beschwerden gelten als rechtzeitig erhobene Beschwerden gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG."

"Beschwerden, die vom Verfassungsgerichtshof

dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten werden

§ 8. Hat der Verfassungsgerichtshof in einem Verfahren gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem solchen Verfahren die Bestimmungen des B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung und des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden."

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass in den gegenständlichen Fällen eine Konstellation nach § 8 VwGbk-ÜG nicht gegeben ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 25. April 2014, Ro 2014/10/0029, festgehalten, dass die Behandlung einer vom Verfassungsgerichtshof nach dem 31. Dezember 2013 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG in einem Übergangsfall abgetretenen Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof nach den Bestimmungen des B-VG bzw. VwGG in der jeweils seit 1. Jänner 2014 geltenden Fassung ("Revisionsmodell") schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil nach Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG und §§ 25a ff VwGG nur Erkenntnisse oder Beschlüsse der Verwaltungsgerichte der Revision unterliegen.

Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof darauf verwiesen, dass in jenen Fällen, in denen ein Verfahren durch Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof vor Ablauf des 31. Dezember 2013 bei diesem anhängig wurde, aber vom Verfassungsgerichtshof erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten wurde, das Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof - anders als nach der nicht für Übergangsfälle seit 1. Jänner 2014 geltenden Rechtslage, wonach gemäß § 26 Abs. 4 VwGG mit der Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes oder, wenn der Antrag auf Abtretung der Beschwerde erst nach dessen Zustellung gestellt wurde, mit der Zustellung des Beschlusses gemäß § 87 Abs. 3 VfGG durch den Verfassungsgerichtshof, (nur) die Frist zur Erhebung einer Revision neu zu laufen beginnt - mit Einlangen der abgetretenen Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof anhängig wird (vgl. den hg. Beschluss vom 5. Mai 2014, Ro 2014/03/0045).

Nichts anderes hat nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes für jene ebenfalls im VwGbk-ÜG nicht ausdrücklich geregelten Übergangsfälle - falls sich diesbezüglich auch anderweitig (etwa im Materiengesetz) keine darauf Bezug nehmenden (Übergangs‑)Bestimmungen finden - zu gelten, in denen - wie hier - vor Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verfassungsgerichtshof innerhalb der Beschwerdefrist ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gestellt wurde, die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof aber - sei es nach Bewilligung des Verfahrenshilfeantrages oder nach dessen Abweisung - erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 erhoben wurde, und der Verfassungsgerichtshof diese erst nach dem 1. Jänner 2014 an den Verwaltungsgerichtshof abtritt.

Seit 1. Jänner 2014 ist gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG - andere Tatbestände sind fallbezogen von vorherein nicht in Betracht zu ziehen - der Verwaltungsgerichtshof berufen, über Revisionen gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit zu erkennen. Gemäß Art. 129 B-VG besteht für jedes Land ein Verwaltungsgericht des Landes. Für den Bund bestehen ein als Bundesverwaltungsgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes und ein als Bundesfinanzgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.

Beim seit Ablauf des 31. Dezember 2013 nicht mehr existenten Asylgerichtshof handelt es sich schon deswegen um kein Verwaltungsgericht im Sinn des Art. 129 B-VG, weil diese erst mit 1. Jänner 2014 neu eingerichtet wurden (vgl. Art. 151 Abs. 51 B-VG; zur Verneinung der Identität des Bundesverwaltungsgerichts mit dem früheren Asylgerichtshof vgl. auch den hg. Beschluss vom 24. März 2014, Fr 2014/01/0002). Die angefochtenen Entscheidungen sind somit keine der Revision zugänglichen Erkenntnisse eines Verwaltungsgerichts im Sinn des Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG.

Lediglich in jenen Fällen, in denen von den den Übergang zur zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit regelnden Vorschriften - insbesondere jenen des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetzes (VwGbk-ÜG) - die Bekämpfung von Entscheidungen beim Verwaltungsgerichtshof, die nicht von Verwaltungsgerichten erlassen wurden, auch nach dem 1. Jänner 2014 gesetzlich (ausnahmsweise) für zulässig erklärt wurde, besteht (gegebenenfalls: weiterhin) eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes für Verfahren über dementsprechend erfolgte Anfechtungen.

Solche Bestimmungen bestehen aber für eine Konstellation, wie sie hier vorliegt, nicht. Vielmehr ergibt sich auch aus § 4 und § 6 Abs. 4 VwGbk-ÜG, dass dem (früheren) Asylgerichtshof zuzurechnende Entscheidungen (auch) nach dem 1. Jänner 2014 nicht der Anfechtung beim Verwaltungsgerichtshof unterliegen sollen.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG ohne weiteres Verfahren - in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 27. August 2014

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