VwGH 2013/08/0120

VwGH2013/08/012010.9.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten, den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätinnen Dr. Julcher und Mag. Rossmeisel sowie den Hofrat Dr. Pürgy als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse in St. Pölten, vertreten durch Mag. Martin Platte, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Lothringerstraße 3/12, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15. Mai 2013, Zl. GS5-A-1620/040-2013, betreffend Beitragsnachverrechnung nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei: F GmbH in G), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §68 Abs1;
ASVG §68 Abs2;
VwRallg;
ASVG §68 Abs1;
ASVG §68 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Spruchpunkt A des im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde dem Einspruch der mitbeteiligten Partei vom 27. November 2012 gegen den Bescheid der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse vom 14. November 2012 hinsichtlich vorgeschriebener Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von EUR 56.992,12 für den Nachverrechnungszeitraum von 1. Jänner 2002 bis 31. Dezember 2005 Folge und behob diesen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos. Mit Spruchpunkt B gab sie dem Einspruch der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse vom 14. November 2012 hinsichtlich vorgeschriebener Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von EUR 21.866,71 im Nachverrechnungszeitraum von 1. Jänner 2006 bis einschließlich 31. Dezember 2007 Folge und behob diesen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos. Mit Spruchpunkt C gab sie dem Einspruch hinsichtlich der vorgeschriebenen Verzugszinsen in Höhe von EUR 38.322,58 Folge und behob den Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos.

Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse habe gegenüber der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 14. November 2012 festgestellt, dass "die in der beiliegenden Beitragsrechnung aus GPLA 01.01.02 bis 31.12.08 in den Spalten Beitragsgrundlage und Beitrag angeführten Grundlagen und Beiträge sowie die sich daraus ergebende Forderung Gesamt zutreffend" seien und "die angeführte Beitragsrechnung als Bestandteil dieses Bescheides daher zu Recht" bestehe. Die mitbeteiligte Partei sei zur Beitragszahlung in Höhe von EUR 78.858,83 zuzüglich der Verzugszinsen von EUR 38.322,58 verpflichtet. In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch habe die mitbeteiligte Partei vorgebracht, dass die "in der Anlage angeführten Personen" aufgrund ihrer Tätigkeit bei ihr der Teilbzw. Vollversicherung als freie Dienstnehmer (statt als Dienstnehmer nach § 4 Abs. 2 ASVG) unterlägen. Sie habe die zeugenschaftliche Einvernahme jener Personen beantragt, die von der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse "entgegen dem jeweils eingegangenen schriftlichen Vertragsverhältnis als echte Dienstnehmer angesehen wurden".

Die Steiermärkische Gebietskrankenkasse habe - so die belangte Behörde weiter - bei der mitbeteiligten Partei für den Zeitraum vom 1. Jänner 2002 bis 31. Dezember 2008 eine "Gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben" (GPLA) durchgeführt. Die erste in diesem Zusammenhang zeitlich fassbare Maßnahme (so auch die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse in ihrer Stellungnahme vom 30. April 2013 an die belangte Behörde) sei die Beitragsabrechnung vom 6. April 2011. Eine Schlussbesprechung nach § 149 Abs. 1 BAO sei nicht dokumentiert.

Die Steiermärkische Gebietskrankenkasse habe auch vor dem 6. April 2011 im Sinne des § 68 Abs. 1 ASVG zum Zwecke der Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen Maßnahmen gesetzt, die der mitbeteiligten Partei zur Kenntnis gelangt seien. Die belangte Behörde setze den Zeitpunkt der ersten wirksamen Maßnahme dieser Art nicht vor dem 1. Jänner 2011 an, weil die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse "darüber nichts zu berichten weiß" und eine GPLA auch im Zeitraum von drei Monaten bis zur Abrechnung am 6. April 2011 durchgeführt werden könne. Der Zeitpunkt der Unterbrechung der Verjährung sei somit mit dem ersten Arbeitstag im Jahre 2011, sohin mit Montag, 3. Jänner 2011, anzusetzen. Von dort zurückgerechnet entweder drei oder fünf Jahre sei das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen entweder für Beiträge vor dem 3. Jänner 2008 oder für Beiträge vor dem 3. Jänner 2006 verjährt.

Mit einem Bescheid vom 7. November 2011 habe die Steiermärkische Gebietskrankenkasse gegenüber der mitbeteiligten Partei "bezüglich einer großen Zahl von Personen (mehrere hundert, glaublich 626)" festgestellt, dass diese unter der Bezeichnung "Dialoger" tätig gewordenen Personen zeitraumbezogen entweder der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht oder der Teilversicherungspflicht in der Unfallversicherung unterlegen wären. Gegen diesen Bescheid habe die mitbeteiligte Partei Einspruch erhoben, welcher nach wie vor beim Landeshauptmann von Steiermark anhängig sei. Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse habe den genannten erstinstanzlichen Bescheid vom 14. November 2011 inhaltlich auf diese (nicht rechtskräftige) Feststellung der Pflichtversicherung durch die Steiermärkischen Gebietskrankenkasse gestützt.

Einem Ergänzungsersuchen der belangten Behörde sei die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse mit Stellungnahme vom 30. April 2013 nur teilweise nachgekommen. Nicht vorgelegt worden seien beispielsweise die im Einspruch der mitbeteiligten Partei erwähnten Niederschriften mit 33 (ursprünglich freien) Dienstnehmern, von denen drei Niederschriften auch dieser nicht übermittelt worden wären. Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse habe diesbezüglich aber klargestellt, dass es sich nicht um Dienstnehmer, welche bei der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse zu versichern gewesen, sondern um solche gehandelt habe, die bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse zu versichern gewesen wären. Es handle sich - so die belangte Behörde weiter - bei den 33 ursprünglich als freie Dienstnehmer angemeldeten Dienstnehmern um solche, deren Niederschriften als Beweis für das Vorliegen deren Dienstnehmereigenschaft (sowie auch der der anderen bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse versicherten, ursprünglich als freie Dienstnehmer angemeldeten Personen) herangezogen worden seien. Diese 33 Dienstnehmer seien auf Seite 9 des Bescheides der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 7. November 2011 unter der Überschrift "Beweiswürdigung" namentlich erwähnt. Aus den von der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass sie insgesamt 174 ursprünglich als freie Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 4 ASVG gemeldete Personen nunmehr als Dienstnehmer nach § 4 Abs. 2 ASVG umqualifiziert habe. Von diesen seien 50 auch noch in den Jahren 2006 und 2007 tätig gewesen. Von dem nachverrechneten Betrag in Höhe von EUR 78.858,83 entfielen EUR 56.992,12 auf den Zeitraum 2002 bis einschließlich 2005 und EUR 21.866,71 auf den Zeitraum der Jahre 2006 und 2007.

Zur Frage der Verjährung habe die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse vorgebracht, es gelte die fünfjährige Verjährungsfrist, weil sich die mitbeteiligte Partei bereits vor Erstattung der Meldung mit der rechtlichen Problematik hätte befassen und zum Schluss gelangen müssen, dass die betroffenen Personen als Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG in wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit beschäftigt worden seien. Der für die fünfjährige Verjährungsfrist notwenige Sorgfaltsverstoß liege vor. Die Steiermärkische Gebietskrankenkasse habe die GPLA für den Zeitraum 2002 bis 2008 durchgeführt und abgeschlossen und der mitbeteiligten Partei mit Beitragsabrechnung vom 6. April 2011 die entsprechenden Beiträge vorgeschrieben. Am 7. November 2011 habe die Steiermärkische Gebietskrankenkasse auf Grund der Einwände der Dienstgeberin einen Bescheid über die Pflichtversicherung erlassen. Gegen den Teil des Prüfungsergebnisses, der die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse betroffen habe, habe die mitbeteiligte Partei erst am 7. September 2011 Einwände erhoben, worauf der erstinstanzliche Bescheid erlassen worden sei. Seit Abschluss der GPLA seien ausreichend Schritte zu Verjährungshemmung gesetzt worden.

In ihren rechtlichen Erwägungen führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt A aus, die Beiträge für die Jahre 2002 bis einschließlich 2005 seien - auch bei Anwendung der fünfjährigen Verjährungsfrist - infolge des Verfahrensverlaufes unter Berücksichtigung der aktenkundigen Maßnahmen der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse verjährt.

Zu Spruchpunkt B führte die belangte Behörde aus, es möge sein, dass vorliegend die Merkmale eines echten Dienstnehmers im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegenüber den Merkmalen eines freien Dienstnehmers im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG überwögen, es gehe aber bei dem in § 68 Abs. 1 ASVG normierten Sorgfaltsverstoß darum, ob ein mit den rechtlich geschützten Werten verbundener redlicher und sorgfältiger Dienstgeber die Anmeldung der "Dialoger" als freie Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 4 ASVG als unrichtig habe erkennen müssen. Im Erkenntnis vom 2. April 2008, Zl. 2007/08/0107, habe der Verwaltungsgerichtshof einen Spendenwerber für das Rote Kreuz als freien Dienstnehmer qualifiziert. Die verfahrensgegenständlichen Dienstnehmer seien über die mitbeteiligte Partei für verschiedene Non-profit-Organisationen ebenfalls als Spendenwerber (mit der Bezeichnung "Dialoger") tätig gewesen. Der mitbeteiligten Partei könne daher kein Sorgfaltsverstoß dahingehend angelastet werden, dass sie bei gehöriger Sorgfalt die Einstufung ihrer Mitarbeiter als freie Dienstnehmer als unrichtig erkennen habe müssen. Das wiederum habe die Konsequenz, dass in der Beitragsnachverrechnungssache die dreijährige Verjährungsfrist iSd § 68 Abs. 1 ASVG anzuwenden sei und daher - entsprechend dem gegebenen Sachverhalt bzw. Verfahrensverlauf - auch das Feststellungsrecht hinsichtlich der Beiträge für die Jahre 2006 und 2007 verjährt sei.

Zu Spruchpunkt C führte die belangte Behörde aus, dass die nach § 59 ASVG vorzuschreibenden Verzugszinsen das Schicksal der Sozialversicherungsbeiträge teilten, insofern sie nur vorgeschrieben werden könnten, wenn eine Beitragspflicht für einen konkreten Zeitraum bestanden habe und die Beiträge nicht fristgerecht bezahlt worden seien. Da im Gegenstand keine Beitragspflicht für die Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen bestehe, dürften seitens der beschwerdeführenden Partei auch keine Verzugszinsen vorgeschrieben werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die Beschwerde bestreitet, dass die Unterbrechung der Feststellungsverjährung, wie von der belangten Behörde angenommen, erst mit 1. (bzw. 3.) Jänner 2011 erfolgt sei. Die mitbeteiligte Partei habe nicht erst mit diesem Datum, sondern bereits im Laufe der GPLA Kenntnis von der Problematik der Qualifikation der betroffenen freien Dienstnehmer gehabt. Mit Schreiben vom 20. September 2007 sei die mitbeteiligte Partei auf entsprechenden Vorhalt der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse auf die Problematik der Qualifikation ihrer Mitarbeiter als "freie Dienstnehmer" eingegangen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt habe sie von der ergriffenen Maßnahme der GPLA betreffend den Zeitraum ab 1. Jänner 2002 Kenntnis gehabt. Die GPLA sei eine zur Unterbrechung der Verjährung führende Maßnahme gewesen. Auch finde die fünfjährige Verjährungsfrist des § 68 Abs. 1 ASVG Anwendung, weil der mitbeteiligten Partei die Unrichtigkeit ihrer Angabe, es handle sich um freie Dienstverhältnisse, bei gehöriger Sorgfalt hätte auffallen müssen.

§ 68 Abs. 1 und 2 ASVG in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung des Insolvenzrechtsänderungs-Begleitgesetz - IRÄ-BG, BGBl. I Nr. 58/2010, lautet wie folgt:

"(1) Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt bei Beitragsschuldnern und Beitragsmithaftenden binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Hat der Dienstgeber Angaben über Versicherte bzw. über deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Tage der Meldung zu laufen. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Dienstgeber oder eine sonstige meldepflichtige Person (§ 36) keine oder unrichtige Angaben bzw. Änderungsmeldungen über die bei ihm beschäftigten Personen bzw. über deren jeweiliges Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2) gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als notwendig oder unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist.

(2) Das Recht auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden verjährt binnen zwei Jahren nach Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis der Feststellung. Die Verjährung wird durch jede zum Zwecke der Hereinbringung getroffene Maßnahme, wie zum Beispiel durch Zustellung einer an den Zahlungspflichtigen gerichteten Zahlungsaufforderung (Mahnung) unterbrochen; sie wird durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung gehemmt. Bezüglich der Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beitragsschuldners/der Beitragsschuldnerin gelten die einschlägigen Vorschriften der Insolvenzordnung."

Im vorliegenden Fall geht es - wie aus dem erstinstanzlichen Bescheid hervorgeht - um Beiträge für Zeiten aus den Jahren 2002 bis 2007 für 174 bei der mitbeteiligten Partei beschäftigte Dienstnehmer.

Während es bei der Feststellungsverjährung genügt, Schritte zur Feststellung der Beitragsforderung zu unternehmen, die aber dem Zahlungspflichtigen zur Kenntnis gebracht worden sein müssen, sind im Falle der Einhebungsverjährung Einbringungsschritte erforderlich, wobei es aber auf die Kenntnis des Verpflichteten davon nicht ankommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2004, Zl. 2004/08/0099).

Eine Maßnahme im Sinne des § 68 Abs. 1 ASVG, die die Verjährung unterbricht, stellt insbesondere auch eine Beitragsprüfung, sohin auch die vorliegende GPLA dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 2009, Zl. 2007/08/0009, mwN). Eine einmal eingetretene Unterbrechung der Verjährung wird nicht beendet, solange ein Streit über die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen besteht.

Die Beitragsprüfung (GPLA) begann nach den - von der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse bestrittenen - Feststellungen der belangten Behörde frühestens am 1. Jänner 2011. Die belangte Behörde begründet diese Feststellung damit, dass "die hier verfahrensführende NÖ Gebietskrankenkasse darüber nichts zu berichten weiß". Damit setzt sie sich über die in den Verwaltungsakten enthaltenen Dokumente hinweg, die auf bereits lange vor dem 1. Jänner 2011 in Form der eingeleiteten GPLA gesetzte Maßnahmen hindeuten. Dazu gehören nicht nur die Protokolle über die im Jahr 2008 mit ehemaligen Dienstnehmern der mitbeteiligten Partei über deren Tätigkeit aufgenommenen Niederschriften, sondern auch das Vorbringen der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse in ihrer Stellungnahme vom 30. April 2013, wonach die Befragungen der Dienstnehmer im Zuge der GPLA erfolgt seien und seit dem Abschluss der GPLA und der Vorschreibung der Beiträge mit Beitragsabrechnung vom 6. April 2011 ausreichende weitere Schritte zur Verjährungshemmung gesetzt worden seien.

Unter diesen Umständen hätte sich die belangte Behörde nicht auf ihren oben wiedergegebenen Standpunkt zurückziehen dürfen, sondern hätte weitere Erhebungen zur Frage des Beginns der GPLA treffen und dabei auch auf das von der beschwerdeführenden Partei ins Treffen geführte Schreiben der mitbeteiligten Partei vom 20. September 2007 Bedacht nehmen müssen.

Für die weitere Beurteilung der Frage, ob und inwieweit im vorliegenden Fall Feststellungsverjährung gemäß § 68 Abs. 1 ASVG eingetreten ist, kommt es auf die jeweils anzuwendende Verjährungsfrist an. Deren Dauer hängt vom Verschulden des Meldepflichtigen an der Meldepflichtverletzung ab. Die rechtswidrige Nichtmeldung indiziert dieses Verschulden. Es liegt am Meldepflichtigen darzutun, aus welchem besonderen Grund ihn ausnahmsweise kein Verschulden an der Meldepflichtverletzung trifft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. April 2009, Zl. 2006/08/0152, mwN). Bei der Beurteilung der Frage, ob die mitbeteiligte Partei als Dienstgeber gemäß § 68 Abs. 1 dritter Satz ASVG die Unrichtigkeit ihrer Angaben bei gehöriger Sorgfalt hätte erkennen müssen, ist davon auszugehen, dass sich ein Meldepflichtiger alle zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung notwendigen Kenntnisse verschaffen muss und den Mangel im Falle einer darauf zurückzuführenden Meldepflichtverletzung als Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt zu vertreten hat. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass ein Meldepflichtiger, der nicht über die genannten Kenntnisse verfügt, nicht schon deshalb im Sinne des § 68 Abs. 1 dritter Satz ASVG exkulpiert ist, weil er sich mit der strittigen Frage ohnedies, wenn auch nur auf Grund seiner eingeschränkten Kenntnisse, auseinandergesetzt hat und dementsprechend vorgegangen ist. Ihn trifft vielmehr eine Erkundigungspflicht, sofern er seine - objektiv unrichtige - Rechtsauffassung z.B. über seine Eigenschaft als Dienstgeber zum Zeitpunkt der Unterlassung der Meldung nicht etwa auf höchstgerichtliche (und erst später geänderte) Rechtsprechung oder - bei Fehlen einer solchen - auf eine ständige Verwaltungsübung zu stützen vermag (vgl. erneut das genannte Erkenntnis vom 1. April 2009, Zl. 2006/08/0152, sowie aus jüngerer Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2012, Zl. 2011/08/0002, jeweils mwN). Insbesondere geht diese Erkundigungspflicht dahin, sich über die Vertretbarkeit seiner Rechtauffassung bei der Behörde und/oder einer zur berufungsmäßigen Parteienvertretung befugten Person oder Stelle Gewissheit zu verschaffen und sich bei dabei zu Tage tretenden widersprüchlichen Rechtsauffassungen mit Gewissenhaftigkeit mit dem Für und Wider eingehend auseinanderzusetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1991, Zl. 90/08/0005). Die mitbeteiligte Partei hat nicht geltend gemacht, sich bei einer geeigneten Stelle erkundigt zu haben. Auch sonst sind keine Umstände erkennbar, die die Vornahme der falschen Meldung rechtfertigen könnten. Es ist daher von einer Verlängerung der Verjährungsfrist auf fünf Jahre auszugehen.

Sollte sich im fortzusetzenden Verfahren ergeben, dass die Beitragsprüfung in Bezug auf eine Beitragsforderung unter den oben dargestellten Gesichtspunkten rechtzeitig stattgefunden hat, so war der Lauf der Verjährungsfrist während der gesamten Dauer des gegenständlichen Verwaltungsverfahrens (und verwaltungsgerichtlichen Verfahrens) gemäß § 68 Abs. 1 letzter Satz ASVG gehemmt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2013, Zl. 2012/08/0287, mwN). Die Anhängigkeit eines Verfahrens zur Feststellung der Pflichtversicherung (einschließlich jenes vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts) kommt zwar nicht als verjährungsunterbrechend in Betracht, hemmt aber gemäß § 68 Abs. 1 letzter Satz ASVG den weiteren Lauf der Verjährungsfrist (vgl. erneut das genannte Erkenntnis vom 11. Dezember 2013, Zl. 2012/08/0287, sowie das zitierte Erkenntnis vom 1. April 2009, Zl. 2006/08/0152).

Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 1 Z 3 lit. b VwGG zur Gänze (auch in seinem von den Beitragsfragen abhängigen, die Verzugszinsen betreffenden Teil) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien , am 10. September 2014

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