VwGH 2012/17/0326

VwGH2012/17/032627.1.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde des MS in Wien, vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schauflergasse 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats im Land Niederösterreich (als belangte Behörde eingetreten: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich) vom 28. Juni 2012, Zl. Senat-PP-11-0073, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer als gemäß § 9 VStG verantwortliches Organ der K GmbH der Übertretung des "§ 52 Abs. 1 Z 1 GSpG" wegen der Durchführung verbotener Ausspielungen mit sechs Eingriffsgegenständen mit näheren Gerätebezeichnungen im Zeitraum vom 20. April 2009 bis zum 2. November 2010 für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe bzw. für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheides und des Verfahrensganges aus, dass die K GmbH die sechs Glücksspielgeräte in dem gegenständlichen Lokal aufgestellt habe. Die Geräte seien seit dem 30. April 2009 in Betrieb gewesen. Der Beschwerdeführer sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der K GmbH.

Die gegenständlichen Ausspielungen hätten in einem näher genannten Lokal in Niederösterreich stattgefunden. Zu Einwänden hinsichtlich fehlender Feststellungen über die Funktion der Spielapparate wurde darauf hingewiesen, dass nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Novelle zum Glücksspielgesetz BGBl. Nr. 747/1996 auch technische Hilfsmittel wie EDV-Anlagen als Eingriffsgegenstände zu verstehen seien. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, der sich darauf berufen habe, dass die Ausspielungen in der Steiermark stattgefunden hätten, ergebe sich, "dass eine Teilnahme an einer Ausspielung nicht bestritten" worden sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob es sich bei den gegenständlichen Eingriffsgegenständen um Glücksspielautomaten oder Glücksspielapparate handle, da auch nach der alten Rechtslage das Veranstalten von Glücksspielen pönalisiert gewesen sei und der in Aussicht gestellte maximale Gewinn jedenfalls über der Wertgrenze nach § 4 GSpG in der Fassung BGBl. Nr. 620/1989 von EUR 20,-- gelegen sei.

Dadurch, dass der Beschwerdeführer die im Straferkenntnis genannten verbotenen Ausspielungen in dem näher genannten Lokal in Niederösterreich zum Zeitpunkt der Kontrolle als Unternehmer veranstaltet habe, sei der Tatbestand des "§ 52 Abs. 1 Z 1 GSpG" in objektiver Weise verwirklicht.

Abschließend begründete die belangte Behörde die Strafbemessung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdefall gleicht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht bezüglich der Frage der Zuständigkeit der belangten Behörde in den entscheidungserheblichen Punkten jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit hg. Erkenntnis vom 23. Juli 2013, Zl. 2012/17/0249, entschieden wurde. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen. Auch im gegenständlichen Beschwerdefall wurden keine ausreichenden Feststellungen dazu getätigt, welche Höchsteinsätze an den Geräten möglich waren.

Der angefochtene Bescheid ist daher schon aus den im genannten Erkenntnis dargelegten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Darüber hinaus gibt der Beschwerdefall Anlass zu folgenden Bemerkungen:

Die belangte Behörde ging von einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG (offenbar in der Fassung BGBl. I Nr. 54/2010 oder auch BGBl. I Nr. 73/2010 und BGBl. I Nr. 111/2010) aus (Seite 10 unten des angefochtenen Bescheides). Sie hat durch die Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses mit Ausnahme der Strafhöhe den Spruch des Bescheides der Strafbehörde erster Instanz übernommen. Diesem zu Folge wurde dem Beschwerdeführer die Übertretung des "§ 52 Abs. 1 Z 1 GSpG" ohne nähere Angabe einer Fundstelle bzw. Fassung vorgeworfen.

§ 52 Abs. 1 Z 1 GSpG lautete in der Fassung BGBl. I Nr. 54/2010:

"Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;"

Mit der Novelle durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 111/2010 entfiel die Wendung " , anbietet" in Z 1.

Der Beschwerdeführer wendet sich auch gegen die Annahme der belangten Behörde, die K GmbH, deren Geschäftsführer er war, sei Veranstalter der von der belangten Behörde angenommenen rechtswidrigen Ausspielungen gewesen.

Auch dieses Vorbringen zeigt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid aus dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer dahin gehend verantwortet habe, dass die Ausspielungen nicht in Niederösterreich, sondern in der Steiermark stattgefunden hätten, geschlossen, dass "eine Teilnahme an einer Ausspielung nicht bestritten werde" (Seite 10 Mitte). Sie ist auf Grund dieser Feststellung resümierend davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer "die im Straferkenntnis genannten verbotenen Ausspielungen in dem Lokal C in (...) zum Zeitpunkt der Kontrolle als Unternehmer veranstaltet" habe. Dieser Schluss ist jedoch nicht zwingend. Auch aus den übrigen von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen lässt er sich nicht erhärten. Die Begründung lässt auch nicht erkennen, ob dem Beschwerdeführer die Übertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erster oder vierter Variante vorgeworfen wird.

So hat die belangte Behörde etwa nicht festgestellt, wem die Einnahmen aus den von ihr festgestellten Ausspielungen zugeflossen sind, und auch sonst nicht näher begründet, inwiefern der K GmbH die Stellung als Veranstalter zugekommen wäre oder (allenfalls) inwiefern sie sich an den Ausspielungen "als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 ... beteiligt" hätte. Der von der belangten Behörde gezogene Schluss, dass die K GmbH an den Ausspielungen "teilgenommen" habe, ist unpräzise und jedenfalls, auch wenn man darin den Vorwurf der Beteiligung als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG 1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 54/2010 erblicken wollte (§ 52 Abs. 1 Z 1 GSpG, vierte Variante), durch die getroffenen Feststellungen nicht gedeckt. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde als Berufungsbehörde gemäß § 24 VStG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG jedenfalls nur über die von der Behörde erster Instanz entschiedene Sache zu entscheiden hatte. Im Hinblick darauf, dass es aus den oben dargestellten Gründen im Beschwerdefall zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides kommt, kann es dahin gestellt bleiben, ob sich die belangte Behörde im Rahmen der Sache des erstinstanzlichen Bescheides bewegte (vgl. Köhler in:

Raschauer/Wessely (Hrsg.), VStG, vor § 51 Rz 7).

Wenn die belangte Behörde in der Gegenschrift die Auffassung vertritt, das Vorbringen des Beschwerdeführers im Verfahren, die K GmbH habe die Geräte lediglich transportiert, sei als Schutzbehauptung gewertet worden, so finden sich diesbezüglich einerseits keine entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid. Es wird damit auch andererseits nicht geklärt, welche konkreten Tathandlungen bzw. welche Tat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer überhaupt zur Last legt. Das Aufstellen oder Liefern von Geräten vermag für sich allein noch nicht einen der Tatbestände des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zu erfüllen.

Auf die weiteren Ausführungen in der Gegenschrift zur Frage, woraus ein "Interesse der Firma K, das den einfachen Transportes der Geräte weit" übersteige, abzuleiten gewesen sei (und welche rechtlichen Schlüsse daraus zu ziehen wären), ist schon im Hinblick darauf, dass fehlende Sachverhaltsfeststellungen und Begründungsteile in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden können, nicht einzugehen. Es erübrigt sich daher eine Auseinandersetzung damit, ob die in der Gegenschrift genannten Umstände geeignet sind, die Erfüllung des Tatbestandes gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG in der (für das Ende des Tatzeitraumes maßgeblichen) Fassung BGBl. I Nr. 54/2010 darzutun, und welche Rolle der Umstand spielt, dass im überwiegenden Teil des dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Tatzeitraumes § 52 GSpG in der Fassung des BGBl. I Nr. 126/2008 gegolten hat (vgl. § 52 Abs. 1 Z 1 und Z 5 GSpG in der genannten Fassung).

Die belangte Behörde hat somit die Rechtslage verkannt, wenn sie aus den von ihr getroffenen Feststellungen auf die Erfüllung des Tatbestandes des § 52 Abs. 1 Z 1 in der Fassung BGBl. I Nr. 54/2010 durch den gemäß § 9 VStG für die K GmbH verantwortlichen Beschwerdeführer geschlossen hat.

Der angefochtene Bescheid war im Sinne der obigen Ausführungen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aF in Verbindung mit § 79 Abs. 11 VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 27. Jänner 2014

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