VwGH 2011/15/0074

VwGH2011/15/00742.10.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Beschwerde des H E in K, vertreten durch Martin Friedl, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 4650 Lambach, Marktplatz 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 2. März 2011, Zl. RV/0940-L/10, miterledigt Zl. RV/0939-L/10, betreffend u.a. Abrechnung, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §216;
BAO §216;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf die hg. Erkenntnisse vom 26. Juli 2000, 95/14/0145, und vom 28. Oktober 2008, 2006/15/0102, verwiesen.

Mit dem zuletzt angeführten Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof eine Berufungsentscheidung des unabhängigen Finanzsenates betreffend Einkommensteuer 1989 mit der Begründung auf, dass der angefochtene im Instanzenzug ergangene Bescheid gegen die Rechtskraft des für 1989 am 29. März 1995 ergangenen Einkommensteuerbescheides verstößt. In der Folge hob der unabhängige Finanzsenat mit Ersatzbescheid vom 28. Jänner 2009 den gegen den Grundsatz ne bis in idem verstoßenden Einkommensteuerbescheid 1989 vom 29. September 1998 ersatzlos auf.

Mit Schreiben vom 17. November 2009 beantragte der Beschwerdeführer die Erlassung eines Abrechnungsbescheides über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung laut Buchungsmitteilung Nr. 6 vom 13. Oktober 2009 und die Rückgängigmachung des belastenden Buchungsvorganges mit der Bezeichnung "Übertrag" in Höhe von 419.849,13 EUR. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die (beschränkte) Einkommensteuer 1989 sei am 29. März 1995 die antragsgegenständliche Einkommensteuer unter der Annahme einer unbeschränkten Steuerpflicht vorgeschrieben worden. Dieser Bescheid sei aus dem Rechtsbestand genommen bzw. die Bescheidaufhebung am 18. September 1998 verbucht worden.

Das Finanzamt stellte mit Abrechnungsbescheid vom 1. Februar 2010 fest, dass die Verrechnung rechtmäßig erfolgt und die Verpflichtung zur Zahlung der Einkommensteuer 1989 in Höhe von 419.849,13 EUR nicht erloschen sei. In der Bescheidbegründung wurde auf das hg. Erkenntnis 2006/15/0102 verwiesen, demzufolge der Einkommensteuerbescheid vom 29. März 1995 in Rechtskraft erwachsen und aufrecht sei.

In der dagegen erhobenen Berufung warf der Beschwerdeführer dem Finanzamt vor, dass es die Aussagen des Verwaltungsgerichtshofes im genannten Erkenntnis missverstehe. Von der Abgabenbehörde werde außer Acht gelassen, dass der auf der Vermutung einer unbeschränkten Steuerpflicht basierende Einkommensteuerbescheid vom 29. März 1995 kein ersetzender Bescheid des wieder in Wirksamkeit erwachsenen Einkommensteuerbescheides vom 27. März 1991 für beschränkte Steuerpflicht sein könne, da § 39 EStG getrennte Verfahren für beschränkte und unbeschränkte Einkommensteuerbemessung bestimme. Auch die diesbezügliche Gebarung sei gemäß § 213 Abs. 3 BAO getrennt vorzunehmen. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens könne bei beschränkter Steuerpflicht nur einen neuerlichen Einkommensteuerbescheid für beschränkte Steuerpflicht hervorbringen. Eine beschränkte und unbeschränkte Steuerpflicht sei für dasselbe Jahr nicht möglich. Der Einkommensteuerbescheid vom 27. März 1991 sei nicht aufgehoben worden, sodass für 1989 ab Erlassung des Einkommensteuerbescheides vom 29. März 1995 zwei Einkommensteuerbescheide in Rechtsbestand gewesen seien. Dem Einkommensteuerbescheid vom 29. März 1995 mangle es an der Feststellung, zu welchem Zeitpunkt die unbeschränkte Steuerpflicht eingetreten und wann sie beendet sei. Sollte die Abgabenbehörde nicht zu dem Ergebnis kommen, dass der Einkommensteuerbescheid 1989 vom 25. März 1995 mangels wesentlicher Spruchbestandteile keine Wirkung entfaltet habe, so werde auf den Zurückweisungsbescheid vom 17. August 1998 verwiesen. Unter Heranziehung des hg. Erkenntnisses vom 9. Dezember 2004, 2000/14/0197, könne der Einkommensteuerbescheid vom 29. März 1995 nicht mehr im Rechtsbestand sein.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Oktober 2008, 2006/15/0102, gehe klar hervor, dass der Einkommensteuerbescheid 1989 vom 29. März 1995 rechtskräftig und nicht aus dem Rechtsbestand ausgeschieden sei.

Das Finanzamt habe die dieser Rechtslage entsprechende Buchung am 13. Oktober 2009 vorgenommen (Einkommensteuer 1989 mit Fälligkeitstag 5. Mai 1995). Die Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheides sei im Verfahren nach § 216 BAO nicht zu prüfen. Einen gesetzlichen Tilgungstatbestand habe der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt, weshalb das Finanzamt im Abrechnungsbescheid zu Recht den Bestand der Zahlungsverpflichtung an Einkommensteuer 1989 in Höhe von 419.849,13 EUR festgestellt habe.

Dagegen wendet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 216 BAO idF des Abgabenänderungsgesetzes 2004, BGBl. I Nr. 180, hat die Abgabenbehörde auf Antrag des Abgabepflichtigen mit Bescheid über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, abzusprechen (Abrechnungsbescheid).

Bei der Bestimmung des § 216 BAO geht es um die Klärung umstrittener abgabenrechtlicher Gebarungsakte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juli 2006, 2006/14/0029).

Die Beschwerde wirft der belangten Behörde vor, sie habe sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, worin die Rechtsgrundlage für den Buchungsvorgang laut Buchungsmitteilung Nr. 6 vom 13. Oktober 2009 mit der Bezeichnung "Übertrag von 419.849,13 EUR" zu finden sei. Das Finanzamt habe ausgesprochen, dass die "Verrechnung" rechtmäßig erfolgt sei, während sich der Antrag des Beschwerdeführers vom 17. November 2009 - der Bezeichnung der Buchungsmitteilung folgend - auf die "Übertragung" bezogen habe. Damit habe die belangte Behörde über einen Antrag entschieden, den der Beschwerdeführer in Wahrheit gar nicht gestellt habe.

Dieses Vorbringen zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, kann doch kein Zweifel darüber bestehen, dass die Belastung des Abgabenkontos des Beschwerdeführers mit der Einkommensteuer 1989 in Höhe von 419.849,13 EUR Gegenstand der Antragstellung und Gegenstand des Abrechnungsbescheides war.

Die Beschwerde nimmt weiters Bezug auf die Bestimmung des § 213 Abs. 3 BAO, wonach im Falle des Wechsels von unbeschränkter zu beschränkter Steuerpflicht die hievon betroffenen Abgaben je nachdem, ob sie sich auf Zeiträume oder Zeitpunkte vor oder nach diesem Wechsel beziehen, getrennt zu verbuchen sind.

Ein (unterjähriger) Wechsel des Beschwerdeführers von der beschränkten in die unbeschränkte Steuerpflicht hat nach der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen im Beschwerdefall nicht stattgefunden. Der erstmaligen Einkommensteuerfestsetzung (in Höhe von Null) für das Jahr 1989 mit Bescheid vom 27. März 1991 lag (wie vom Beschwerdeführer erklärt) die Annahme einer beschränkten Steuerpflicht zu Grunde. Diese Annahme hat sich im Laufe abgabenbehördlicher Ermittlungen nicht bestätigt, sodass mit dem nach Wiederaufnahme des Verfahrens ergangenen Einkommensteuerbescheid 1989 vom 29. März 1995 eine Besteuerung des Welteinkommens nach den Grundsätzen der unbeschränkten Steuerpflicht erfolgte. Aus diesem Vorgang kann eine Unrichtigkeit der gegenständlich strittigen Gebarung nicht abgeleitet werden.

Der Beschwerdeführer vertritt weiters die Ansicht, dass die Einkommensteuer 1989 gemäß § 238 BAO bereits verjährt und daher die Verpflichtung zur Zahlung der Einkommensteuer 1989 in Höhe von 419.849,13 EUR erloschen sei. Das Finanzamt habe im Zeitraum vom 18. September 1998 bis zum 13. Oktober 2009 (Verbuchung der streitgegenständlichen "Übertragung"), somit über zehn Jahre die strittige, am 5. Mai 1995 fällig gewesene Abgabenschuld gegenüber dem Beschwerdeführer nicht geltend gemacht.

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.

Gemäß § 238 Abs. 2 BAO wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Gemäß § 238 Abs. 3 lit. b BAO ist die Einhebungsverjährung gehemmt, solange die Einhebung der Abgabe ausgesetzt ist.

Der Einwand der Verjährung wurde im Verwaltungsverfahren zu Recht nicht erhoben, weil er außer Acht lässt, dass die Einkommensteuer 1989 im Jahr 1998 (wenn auch zu Unrecht) neu festgesetzt wurde und in diesem Zusammenhang eine Aussetzung der Abgabeneinhebung nach § 212a BAO mit Bescheid vom 25. November 1998 erfolgt ist. Nach dem im Jahr 2006 verfügten Ablauf der Aussetzung wurde vom Beschwerdeführer um Stundung ersucht, welche nach der Aktenlage bis 28. Dezember 2006 auch bewilligt wurde. Somit begann die Verjährungsfrist hinsichtlich der Einkommensteuer 1989 im Jahr 2007 neu zu laufen und war im Jahr 2009 eine Verjährung demnach nicht eingetreten.

Soweit der Beschwerdeführer auch vor dem Verwaltungsgerichtshof die Ansicht vertritt, die Buchung ("Übertragung") hätte nicht erfolgen dürfen, weil der Einkommensteuerbescheid vom 29. März 1995 nicht mehr dem Rechtsbestand angehöre, ist den Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2008, 2006/15/0102, nichts hinzufügen, zumal das hg. Erkenntnis vom 9. Dezember 2004, 2000/14/0197, zu einer anderen Sachverhaltskonstellation ergangen ist.

Die Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 2. Oktober 2014

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