Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Geschäftsführerin der beschwerdeführenden GmbH war im Streitzeitraum als Treuhänderin eines Rechtsanwaltes auch die einzige Gesellschafterin der Gesellschaft. Eine im Juli 2007 begonnene Außenprüfung bei der GmbH ergab in den Jahren 2004 und 2005 vorgenommene Zahlungen an den Treugeber, die auf einem Verrechnungskonto festgehalten waren. Zu Prüfungsbeginn wurden dazu fünf Darlehensverträge vorgelegt, deren Beträge und Angaben darüber, wann diese "auszuzahlen" seien, in etwa - aber nicht in allen Fällen genau - den auf dem Verrechnungskonto festgehaltenen Vorgängen entsprachen. Die Verträge selbst trugen kein Datum, ihre Vergebührung erfolgte erst im August 2007.
Das Finanzamt folgte der Ansicht der Prüferin, die an den Treugeber geflossenen Beträge seien verdeckte Ausschüttungen in den Streitjahren gewesen, und zog die beschwerdeführende Partei mit zwei Bescheiden vom 10. Oktober 2007 zur Haftung für Kapitalertragsteuer heran.
Die beschwerdeführende Partei erhob dagegen Berufung und beantwortete mit Schreiben vom 14. Juni 2011 einen Vorhalt der belangten Behörde.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie traf Feststellungen über die geleisteten Zahlungen und die Bilanzen der Gesellschaft sowie über Inhalte der Darlehensverträge, der darauf bezogenen Gebührenbescheide und vorgelegter Kontoausdrucke und begründete ihre Entscheidung auf der Basis dieser Sachverhaltsfeststellungen und allgemeiner Rechtsausführungen in fünf Punkten:
Erstens seien die Zahlungen zwar auf dem Verrechnungskonto verbucht und in den Jahresabschlüssen ausgewiesen, sämtliche Darlehensverträge laut Vorhaltsbeantwortung der beschwerdeführenden Partei aber erst nach dem Jahr 2005 (Wortlaut des Vorbringens: "Im Zeitraum 2006 und 2007 (...) Zu diesem Zeitpunkt begann auch die Betriebsprüfung") errichtet worden. Für den Streitzeitraum könne daher "von nach außen ausreichend zum Ausdruck gekommenen Vereinbarungen nicht gesprochen werden". Die Verträge hätten "eine Vertragsbasis geschaffen, die in den Jahren davor nicht gegeben war". In den Jahren 2004 und 2005 seien "andere Verhältnisse" vorgelegen, wobei auch darauf hinzuweisen sei, dass den im Jahr 2004 gezahlten Beträgen laut Jahresabschluss eine Forderung mit einer Restlaufzeit "über ein Jahr" entsprochen habe und der Stand des Verrechnungskontos im Jahresabschluss des Folgejahres als Forderung mit Restlaufzeit "bis ein Jahr" bezeichnet worden sei, was im Hinblick auf die jeweils zehnjährige Laufzeit der Darlehensverträge "drei Laufzeitangaben" ergebe. Die Umstände wiesen darauf hin, dass die Verträge nicht in den Jahren 2004 und 2005 sondern, wie auch in der Vorhaltsbeantwortung eingeräumt, "im Zuge der Umschuldung auf eine langfristige Darlehensregelung erstellt wurden". Die Berufung sei schon deshalb abzuweisen.
Zweitens wichen die bei Prüfungsbeginn vorgelegten Verträge mit ihren zehnjährigen Laufzeiten von dem (erst im März 2007 vorgelegten) Jahresabschluss für das Jahr 2005 ab, insofern die Forderung dort als solche mit einer Restlaufzeit "bis ein Jahr" ausgewiesen worden sei. Laut den Verträgen seien außerdem die Zinsen zusammen mit der Darlehensvaluta zum Laufzeitende zu entrichten, wohingegen in den Streitjahren vom Treugeber entrichtete Zinsen als Erlöse erfasst worden seien.
Drittens seien im ersten und fünften der insgesamt fünf vorgelegten Verträge etwas höhere als die laut Verrechnungskonto ausgezahlten Beträge angeführt.
Viertens seien keine Sicherheiten vereinbart worden, und fünftens die Zinsen in den Verträgen "zu niedrig angesetzt" gewesen, wie "eingeholte aktuelle Kreditanbote" ergeben hätten.
Da schließlich eine geltend gemachte (nicht sehr hohe) Tilgungszahlung des Treugebers vom August 2007 keine Entsprechung in den Darlehensverträgen finde und auch nicht auf den Streitzeitraum zurückwirken könne, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Ist in Fällen der vorliegenden Art, wie von der Prüferin und der belangten Behörde angenommen, davon auszugehen, dass auf Grund des zwischen dem Gesellschafter (hier: Treugeber) und der Gesellschaft bestehenden Naheverhältnisses Zahlungen erfolgten, die an einen Außenstehenden nicht unter den gleichen Bedingungen geleistet worden wären, so bedarf es, wie die Beschwerde zutreffend geltend macht, der Prüfung, worin der dem Gesellschafter (hier: Treugeber) dadurch zugewendete Vorteil besteht. Ein wesentliches Element dieser Prüfung ist die Auseinandersetzung mit der Frage, ob eine Rückzahlung der auf dem Verrechnungskonto verbuchten Beträge von vornherein nicht gewollt oder wegen absehbarer Uneinbringlichkeit nicht zu erwarten war. Diesfalls lägen verdeckte Ausschüttungen der von der belangten Behörde angenommenen, nicht nur die Konditionen der Zurverfügungstellung zurückzuzahlender Beträge betreffenden Art vor (vgl. in diesem Zusammenhang vor allem das hg. Erkenntnis vom 28. April 2009, 2004/13/0059, VwSlg 8440/F, und daran anknüpfend etwa noch die Erkenntnisse vom 28. September 2011, 2006/13/0084, vom 26. Februar 2014, 2009/13/0112, und vom 22. Mai 2014, 2011/15/0003).
Die belangte Behörde ist zutreffend davon ausgegangen, dass es auf die Verhältnisse im Streitzeitraum ankommt und später zustande gekommene Verträge oder Rückzahlungen an einer einmal erfolgten Ausschüttung nichts mehr ändern. Die im angefochtenen Bescheid angesprochenen "anderen Verhältnisse", unter denen die Zahlungen an den Treugeber im Streitzeitraum erfolgt seien, hat die belangte Behörde in ihren fallbezogenen Ausführungen aber nicht dahingehend gewürdigt, dass eine Rückzahlung der auf dem Verrechnungskonto und in den Jahresabschlüssen ausgewiesenen Beträge zunächst nicht vorgesehen gewesen sei, womit die Verbuchung nur zum Schein erfolgt wäre und im Vermögen der Gesellschaft keine durchsetzbaren Forderungen an die Stelle der ausgezahlten Beträge getreten wären. Soweit die belangte Behörde auf das Fehlen von Sicherheiten Bezug nahm, hat sie daraus auch nicht den Schluss gezogen, die verbuchten Forderungen gegen den Treugeber seien im Hinblick auf dessen unzureichende Bonität ohne Wert gewesen.
Nach den Maßstäben der zitierten Erkenntnisse, auf deren nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, hat die belangte Behörde den Sachverhalt daher nicht in einer für die getroffene Entscheidung ausreichenden Weise geklärt, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am 17. Dezember 2014
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