VwGH 2012/17/0464

VwGH2012/17/046429.11.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der

1. G GmbH in B, und 2. E in C, beide vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 20. Dezember 2011, Zl. UVS-1-1174/E4-2010, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz,

Normen

AVG §8;
GSpG 1989 §53;
VwGG §34 Abs1;
AVG §8;
GSpG 1989 §53;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

I. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird, soweit sich diese gegen die Abweisung der Berufung im Umfang betreffend die zwei Walzenspielgeräte (jeweils Geräte ohne Wortbezeichnung), den automatischen Roulettetisch, den Beobachtungsroulettetisch und die zwei Kartenspieltische (Gerätenummer 5 bis 11) richtet, als unzulässig zurückgewiesen.

Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird, soweit sich diese gegen die Abweisung der Berufung im Umfang betreffend die zwei Walzenspielgeräte "MULTI GAME 3000" (Gerätenummer 1 und 2) sowie die zwei Walzenspielgeräte "WEB@CRUISER" (Gerätenummer 3 und 4) richtet, als unzulässig zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführerinnen Aufwendungen in Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit erstinstanzlichem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 30. November 2010 wurde gegenüber den Beschwerdeführerinnen die Beschlagnahme von elf Glücksspielgeräten gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) angeordnet. Bei diesen Geräten handelte es sich um sieben Walzenspielgeräte (Gerätenummer 1 bis 7), einen automatischen Roulettetisch (Gerätenummer 8), einen Beobachtungsroulettetisch (Gerätenummer 9) und zwei Kartenspieltische (Gerätenummer 10 und 11).

1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung keine Folge.

Begründend führte die belangte Behörde unter anderem aus, mit den zum Kontrollzeitpunkt betriebsbereit aufgestellten Geräten seien Walzen-, Karten- und Zahlenspiele angeboten worden, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig sei.

Die beschlagnahmten Gegenstände wurden zur Dokumentation im Akt fortlaufend nummeriert (Gerätenummer 1 - 11) und zu den einzelnen Geräten - zusammengefasst - folgende Feststellungen getroffen: Die zwei Walzenspielgeräte "MULTI GAME 3000" (Gerätenummer 1 und 2) sowie die zwei Walzenspielgeräte "WEB@CRUISER" (Gerätenummer 3 und 4) seien im Eigentum der Erstbeschwerdeführerin, die übrigen drei Walzenspielgeräte (zwei Geräte jeweils ohne Wortbezeichnung - Gerätenummer 5 und 6; ein "Multi Game 3000" - Gerätenummer 7), der automatische Roulettetisch (Gerätenummer 8), der Beobachtungsroulettetisch (Gerätenummer 9) und die zwei Kartenspieltische (Gerätenummer 10 und 11) seien im Eigentum der Zweitbeschwerdeführerin gestanden.

Bei den hinsichtlich ihrer Softwareausstattung identen Walzenspielgeräten der Erstbeschwerdeführerin (Gerätenummer 1 bis 4) seien jeweils Spiele mit Einsätzen von bis zu EUR 12,00 angeboten worden.

Die Walzenspielgeräte der Zweitbeschwerdeführerin (Gerätenummer 5 und 6) hätten die Möglichkeit zu diversen Walzen-, Karten- und Zahlenratespielen geboten. Feststellungen zu den auf diesen beiden Geräten jeweils möglichen Höchsteinsätzen enthält der angefochtene Bescheid nicht. Das weitere im Eigentum der Zweitbeschwerdeführerin stehende Walzenspielgerät "Multi Game 3000" (Gerätenummer 7) sei mit der identen Gerätesoftware wie die Geräte der Erstbeschwerdeführerin ausgestattet gewesen. Der automatische Roulettetisch (Gerätenummer 8) habe die Möglichkeit zu Einsätzen von EUR 20,00 und mehr geboten. Zum weiteren Roulettetisch (Gerätenummer 9) führte die belangte Behörde aus, der Spieltisch sei spielbereit vorgefunden worden. Ein Croupier sei anwesend gewesen. Für die beiden Kartenspieltische "Two Aces" (Gerätenummer 10) und "Easy Poker" (Gerätenummer 11) sei jeweils ein Croupier bereit gestanden. Zu den im Rahmen der an diesen Tischen veranstalteten Spiele möglichen Höchsteinsätzen enthält der angefochtene Bescheid keine Feststellungen.

Für die gegenständlichen Ausspielungen sei zu keinem Zeitpunkt eine Konzession erteilt worden. Zu Recht sei die erstinstanzliche Behörde vom Vorliegen des Verdachts, dass mit den verfahrensgegenständlichen Geräten in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen und somit fortgesetzt gegen die Bestimmung des § 52 GSpG verstoßen werde, ausgegangen. Dieser Verdacht liege auch noch zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung vor.

Im Übrigen verwarf die belangte Behörde die unionsrechtlichen Bedenken der Berufung und hielt dem Vorbringen, wonach mit den gegenständlichen Geräten Einsätze von über EUR 10,00 tatsächlich geleistet worden seien, weshalb keine Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde vorliege, entgegen, dass trotz Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand bei Einsätzen von über EUR 10,00 die Zuständigkeit für die Beschlagnahme bei den Verwaltungsbehörden verbleibe.

2. Mit Beschluss vom 24. September 2012, B 157/2012, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat diese unter einem gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof ab. In der ergänzten Beschwerde wird beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die Beschwerde bringt unter anderem vor, die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden nach § 53 GspG sei nur solange gegeben, als nicht die ausschließliche Gerichtszuständigkeit feststehe. Im vorliegenden Fall sei auf Grund der tatsächlich geleisteten Einsätze von über EUR 10,00 die ausschließliche Gerichtszuständigkeit gegeben, weshalb die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden für die Beschlagnahme ausgeschlossen sei. Bei richtiger Beurteilung der Sach- und Rechtslage hätte die belangte Behörde den bekämpften Bescheid wegen Unzuständigkeit beheben müssen.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu I.:

Die Parteistellung einer vom Eigentümer des nach § 53 GSpG beschlagnahmten Gerätes verschiedenen Person kommt nur dann in Betracht, wenn sie als Veranstalter oder Inhaber im Sinne des GSpG anzusehen ist. Trifft dies nicht zu, ist die Beschwerde mangels Parteistellung zurückzuweisen. Die Zustellung eines Bescheides an eine Person macht diese nicht zur Partei des Verfahrens, wenn die Voraussetzungen für die Parteistellung objektiv nicht gegeben sind (vgl. die hg. Erkenntnisse jeweils vom 14. Dezember 2011, Zl. 2011/17/0171 und Zl. 2011/17/0084).

Die Beschwerde lässt die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur Eigentümereigenschaft der Beschwerdeführerinnen hinsichtlich jeweils nur eines Teiles der von der Beschlagnahme betroffenen Geräte unbestritten. Es wurde kein sonstiges gemäß dem GSpG relevantes Naheverhältnis zu den jeweils im Eigentum der anderen Beschwerdeführerin stehenden Geräte dargelegt. Den Beschwerdeführerinnen kommt daher nur jeweils hinsichtlich der Geräte, die in ihrem Eigentum standen, nicht aber hinsichtlich jener Geräte, die jeweils im Eigentum der anderen Beschwerdeführerin standen, Parteistellung im Beschlagnahmeverfahren zu. Aus diesem Grund ist die Beschwerde, welche sich im Namen beider Beschwerdeführerinnen gegen den angefochtenen Bescheid in seiner Gesamtheit richtet, hinsichtlich des in Spruchpunkt I. definierten Umfangs als unzulässig zurückzuweisen.

Zu II.:

Der Beschwerdefall gleicht im Übrigen - soweit es sich um die von der Beschwerde vorgebrachte ausschließliche Gerichtszuständigkeit wegen Überschreitung der Einsatzhöhe von EUR 10,00 handelt - vom entscheidungswesentlichen Sachverhalt und von der maßgeblichen Rechtslage her jenem Beschwerdefall, welchen der Verwaltungsgerichtshof mit hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 2013, Zl. 2012/17/0507, zu entscheiden hatte. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird daher auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

Hinsichtlich der Walzenspielgeräte, die im Eigentum der Erstbeschwerdeführerin standen (Gerätenummer 1 bis 4), und dem Walzenspiel "Multi Game 3000" der Zweitbeschwerdeführerin (Gerätenummer 7) wurde festgestellt, dass Einsatzhöhen bis EUR 12,00 möglich gewesen seien. Auch betreffend das automatische Roulette (Gerätenummer 8) der Zweitbeschwerdeführerin steht - unbestritten - fest, dass Einsätze von EUR 20,00 und mehr möglich gewesen seien. Soweit die Überschreitung der Einsatzhöhe von EUR 10,00 feststeht, ist vom Vorliegen einer ausschließlichen Gerichtszuständigkeit im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Juni 2012, G 4/12, auszugehen. Aus den im hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 2013, hg. Zl. 2012/17/0507, dargelegten Erwägungen besteht in solchen Fällen auch nicht länger die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden für die Beschlagnahme nach § 53 GSpG.

Hinsichtlich der übrigen zwei Walzenspielgeräte der Zweitbeschwerdeführerin (Gerätenummer 5 und 6) ist die belangte Behörde der ihr obliegenden Verpflichtung zur Feststellung des für die Beurteilung des Vorliegens der Gerichtszuständigkeit notwendigen Sachverhalts - nämlich ob (jeweils) eines der auf den Walzenspielgeräten angebotenen Spiele Einsätze von über EUR 10,00 ermöglichte - nicht nachgekommen, weshalb insoweit ein sekundärer Verfahrensmangel vorliegt. Dies gilt ebenso für den Beobachtungsroulettetisch (Gerätenummer 9) und die zwei Kartenspieltische (Gerätenummer 10 und 11), hinsichtlich welcher Feststellungen zur Höhe der jeweils möglichen Spieleinsätze fehlen.

Der angefochtene Bescheid ist aus diesen Gründen wegen Rechtwidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, im Rahmen des gestellten Begehrens.

Wien, am 29. November 2013

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