VwGH 2012/12/0097

VwGH2012/12/009713.3.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und den Hofrat Dr. Zens, die Hofrätin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Dr. Thoma sowie die Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde der CT in S, vertreten durch Dr. Gerhard Taufner, Rechtsanwalt in 3390 Melk, Bahnhofplatz 4, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 14. Februar 2011, Zl. LAD2-P-151.9475/42-2010, betreffend Reisegebühren, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §39 Abs2;
AVG §40 Abs1;
B-VG Art129a;
B-VG Art129b Abs2;
B-VG Art129b;
B-VG Art20 Abs1;
DPL NÖ 1972 §167;
DPL NÖ 1972 §4 Abs9;
RGV 1955 §2 Abs1;
UVSG NÖ 1990 §11;
UVSG NÖ 1990 §17 Abs2;
UVSG NÖ 1990 §17 Abs3;
UVSG NÖ 1990 §17 Abs8;
UVSG NÖ 1990 §5 Abs1;
UVSG NÖ 1990 §8;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich.

Mit Antrag vom 6. Juli 2010 begehrte sie eine bescheidmäßige Absprache in Ansehung von ihr für die Monate Dezember 2009 und Jänner 2010 geltend gemachter Reisegebühren und Mehrdienstleistungsentschädigungen, welche im Zusammenhang mit Verhandlungstätigkeiten außerhalb des Dienstortes der Beschwerdeführerin in St. Pölten entstanden seien.

Nach Durchführung eines Verwaltungsverfahrens (siehe hiezu die tieferstehende Wiedergabe der Begründung des angefochtenen Bescheides) wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 14. Februar 2011 diese Anträge hinsichtlich der Tage 2., 4., 11., 14. und 16. Dezember 2009 sowie 15. Jänner 2010 gemäß § 17 Abs. 2 des Gesetzes über den Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich (im Folgenden: UVSG) in Verbindung mit §§ 4 Abs. 9, 71 Abs. 10 und 140 der Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972, LGBl. 2200 (im Folgenden: DPL 1972), ab.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides heißt es:

"1. Sachverhalt:

Mit E-Mail vom 6. Juli 2010 richteten Sie an den Präsidenten des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich (UVS) folgendes Ersuchen:

'Sehr geehrter Herr Präsident!

Wie Ihnen bekannt ist, haben Sie meine Reisegebührenanträge, sowohl für Dezember 2009 als auch für Jänner 2010, nicht genehmigt. Ich ersuche um Übermittlung eines rechtsmittelfähigen Bescheides Ihrer abweisenden Entscheidung.

Mit freundlichem Gruß

Beschwerdeführerin'

Dieses Ersuchen, das als Antrag auf bescheidmäßige Erledigung der in den Reisegebührenanträgen für die Monate Dezember 2009 und Jänner 2010 beantragten und nicht ausbezahlten Reisegebühren und Mehrdienstleistungsentschädigungen zu deuten ist, wurde vom Präsidenten des UVS der Dienstbehörde zuständigkeitshalber zur Entscheidung vorgelegt.

Angeschlossen wurden jeweils ein Ausdruck der von Ihnen im Programm 'PA.Net' elektronisch erstellten Reisegebührenanträge für die Monate Dezember 2009 und Jänner 2010.

Der von Ihnen im Programm 'PA.Net' elektronisch erstellte Reisegebührenantrag für Dezember 2009 enthält folgende Stellungnahme des Vorsitzenden:

'Dem gegenständlichen Antrag liegen keine Dienstreiseaufträge zugrunde, weshalb der geltend gemachte Anspruch nicht besteht.'

Der von Ihnen im Programm 'PA.Net' elektronisch erstellte Reisegebührenantrag für Jänner 2010 enthält folgende Stellungnahme des Vorsitzenden:

'Sehr geehrte Fr. Beschwerdeführerin! Da mir der erforderliche Dienstreiseauftrag nicht in Erinnerung ist, ist der Antrag abzulehnen. Sollte ein entsprechender schriftlicher Dienstreiseauftrag vorliegen, ersuche ich um umgehende Vorlage. Mit freundlichen Grüßen Dr B'.

Weiters wurde eine Kopie einer vom Vorsitzenden unter Anwesenheit des Stellvertretenden Vorsitzenden und einer Schriftführerin mit Ihnen aufgenommenen Niederschrift vom 12. Jänner 2010 vorgelegt.

Der Inhalt dieser Niederschrift lautet:

'Über Befragen gibt die Beschwerdeführerin an:

Hinsichtlich meines Reisegebührenantrages für den Kalendermonat Dezember 2009 gebe ich an, dass ich für diese Dienstreisen keinen Dienstreiseauftrag hatte. Ich habe mehrmals ersucht, im Sinne der Gleichbehandlung aller Mitglieder von einem solchen Abstand zu nehmen. Da ich in den Kalendermonaten zumindest ab August 2009 relativ wenige Außendienste hatte, habe ich angenommen, dass diese Weisung nicht mehr gilt und habe daher für den Dezember keine Dienstreiseaufträge mehr ausgestellt, zumal ich auch in diesem Monat nur wenig Außendienste zu verrichten hatte. Ich habe daher aus der geringen Anzahl der Außendienste die Schlussfolgerung gezogen, dass die Weisung nicht mehr gilt.

Seitens des Präsidenten wird darauf hingewiesen, dass die Weisung, auswärtige Verhandlungen nur auf Grund eines Dienstreiseauftrages verrichten zu dürfen, so lange gilt, bis diese Weisung ausdrücklich widerrufen wird. Der Präsident erklärt ausdrücklich, dass die Weisung aufrecht bleibt.'

Auf Grund der angeführten (ablehnenden) Stellungnahmen des Vorsitzenden als Dienststellenleiter des UVS zu den beiden Reisegebührenanträgen gemäß § 167 DPL 1972 war keine Auszahlung der beantragten Reisegebühren gemäß § 168 leg. cit. erfolgt.

Nach Vorliegen Ihres Antrages vom 6. Juli 2010 um Übermittlung eines rechtsmittelfähigen Bescheides betreffend Ihre Reisegebührenanträge vom Dezember 2009 und Jänner 2010 wurde Ihnen mit Schreiben vom 5. August 2010 gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb einer Frist von drei Wochen für die von Ihnen in Geltung gebrachten Dienstreisen in den Monaten Dezember 2009 und Jänner 2010 entsprechende Dienstreiseaufträge vorzulegen.

Der Inhalt Ihres hierauf vorgelegten Schreibens vom 20. August 2010 lautet (Fettdruck im Original):

'Zu Ihrer Aufforderung vom 5. August 2010, mir zugestellt am 18. August 2010, teile ich innerhalb offener Frist mit, dass für die von mir im Dezember 2009 und Jänner 2010 erfolgten Dienstreisen keine Dienstreiseaufträge vorliegen, weshalb ich diese auch nicht vorlegen kann.

Aus nachstehenden Gründen ist die Einholung eines Dienstreiseauftrages zur Durchführung von Berufungsverhandlungen eines Mitgliedes außerhalb der Dienststelle in St. Pölten auch nicht erforderlich:

Gemäß § 24 VStG gilt, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren. Die §§ 2, 3, 4, 11, 12, 13 Abs. 8, 14 Abs. 3 zweiter Satz, 37 zweiter Satz, 39 Abs. 3, 41, 42, 44a bis 44g, 51, 51d, 57, 63 Abs. 1, 64 Abs. 2, 66 Abs. 2, 67a bis 67d, 67h, 68 Abs. 2 und 3, 75, 76a zweiter Satz, 78, 78a, 79, 79a, 80, 81 und 82 AVG sind im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden.

§ 40 AVG normiert in seinem Absatz 1:

§ (1) Mündliche Verhandlungen sind unter Zuziehung aller bekannten Beteiligten sowie der erforderlichen Zeugen und Sachverständigen vorzunehmen und, sofern sie mit einem Augenschein verbunden sind, womöglich an Ort und Stelle, sonst am Sitz der Behörde oder AN DEM ORT abzuhalten, der nach der SACHLAGE AM ZWECKMÄSSIGSTEN erscheint. Bei der Auswahl des Verhandlungsortes ist, sofern die mündliche Verhandlung nicht mit einem Augenschein verbunden ist, darauf zu achten, dass dieser für körperbehinderte Beteiligte gefahrlos und tunlichst ohne fremde Hilfe zugänglich ist. In verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2a) abzuhaltende mündliche Verhandlungen sind von der Behörde tunlichst gemeinsam durchzuführen.

(2) Die Behörde hat darüber zu wachen, dass die Vornahme eines Augenscheins nicht zur Verletzung eines Kunst-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses missbraucht werde.

Gemäß Art. 129 b Abs. 2 B-VG sind die Mitglieder der unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern bei Besorgung der ihnen nach den Art. 129a und 129b zukommenden Aufgaben an KEINE WEISUNGEN gebunden. Die Geschäfte sind auf die Mitglieder des unabhängigen Verwaltungssenates für die landesgesetzlich bestimmte Zeit im voraus zu verteilen; eine nach dieser Einteilung einem Mitglied zufallende Sache darf ihm nur im Falle der Behinderung durch Verfügung des Vorsitzenden abgenommen werden.

Seit Errichtung des UVS im Land NÖ, welcher in erster Linie geschaffen wurde, um unabhängig und weisungsfrei die in der Verfassung genannten Agenden innerhalb der ansonsten weisungsgebundenen Verwaltung wahrzunehmen, bestimmen die einzelnen Mitglieder die zur Erledigung der Verfahren erforderliche Aufnahme von Beweismitteln weisungsfrei und unabhängig. Dazu gehört nicht nur die erforderliche Ladung von Zeugen und Sachverständigen, sondern auch die Bestimmung, ob eine öffentliche mündliche Verhandlung und erforderlichenfalls auch an welchem Ort die Durchführung der Verhandlung notwendig ist.

Im übrigen normiert auch § 2 des Gesetzes über den UVS im Land NÖ, dass der UVS gem. Art. 129 a Abs. 1 B-VG, also unabhängig, erkennt.

Ferner hielt es der Gesetzgeber bereits in der Fassung des Stammgesetzes über den UVS-NÖ (0015 - LGBL) derart bedeutsam, dass er sich im § 5 Abs. 1 leg.cit. ein weiteres Mal veranlasst sah, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass das Mitglied des UVS bei Besorgung ALLER ihm nach Art. 129 a und b B-VG zukommenden Aufgaben an KEINE WEISUNGEN gebunden ist, wozu auch die Auswahl des Verhandlungsortes zählt (lex specialis).

Aus diesem Grund ist seit Einrichtung der Senate zur Absolvierung von Außendiensten für Senatsmitglieder die Einholung von Dienstreiseaufträgen nicht erforderlich gewesen, weil eine derartige Maßnahme einen unzulässigen Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Norm des Art 129 b Abs. 2 b B-VG darstellen würde.

Im Jahr 2009 wurde mir vom Dienststellenleiter anheim gestellt, Dienstreiseaufträge von ihm einzuholen. Da diese mündliche Weisung verfassungswidrig (sachlich nicht gerechtfertigt und gleichheitswidrig, sowie überdies den strafrechtlichen Tatbestand des § 302 StGB darstellen würde (so ua. Prof. M Uni Wien)) ist, war ich nicht verpflichtet, ihr zu folgen und habe meine notwendigen Außendienste - wie bisher - und wie alle anderen Mitglieder auch - ohne Einholung eines Dienstreiseauftrages absolviert.

Da es zweifelsfrei einen unzulässigen verfassungswidrigen Eingriff in mein iudicium als unabhängiges Mitglied bedeutet, aufgrund der Akten- und Sachlage nicht zu bestimmen, wo ich meine Verhandlungen am zweckmäßigsten durchzuführen habe, sondern dies vom Dienststellenleiter zuvor geprüft werden soll, dieser also in die allein von mir vorzunehmende Durchführung des Beweisverfahrens eingreift, beantrage ich die von mir korrekt absolvierten Dienstreisen zu mündlichen Verhandlungen zu genehmigen. Die Vorabkontrolle und die Entscheidung über die zweckmäßigste Auswahl des Verhandlungsortes durch zur Erledigung der Berufungsentscheidung bzw. eines Teiles der Berufungsentscheidung unzuständige Personen stellt im Lichte obiger Ausführungen einen Verfassungsbruch dar und ist im übrigen auch in der Geschäftsverteilung des UVS NÖ keinem Mitglied zugewiesen. Ferner würde die Bestimmung des jeweiligen Verhandlungsortes durch den Präsidenten bei einem jährlichen Aktenanfall von ca. 4000 Stück (siehe Tätigkeitsbericht) eine unzumutbare und unzulässige Belastung des Genannten bedeuten.

Gänzlich unverständlich ist das Ansinnen, dass gerade ich zur Dienstreiseauftragsvorlegung aufgefordert werde, obzwar allgemein bekannt sein muss, dass eine solche Vorlage von keinem anderen Mitglied je verlangt worden ist. In den einzelnen bestehenden Anträgen war die Durchführung einer mündlichen Verhandlung am jeweiligen Sitz der Bezirkshauptmannschaft deswegen sachlich gerechtfertigt, weil sowohl die einzelnen Beschuldigten (im Sinne der Bürgernähe: 'näher zum Bürger, schneller in der Sache') als auch die geladenen Zeugen ihren Wohnsitz im Bezirk der Behörde 1. Instanz haben und allfällige Zeugengebühren die Fahrtkosten des Mitgliedes übersteigen.'

Mit E-Mail vom 10. September 2010 übermittelten Sie mit einem Nachhang zu Ihrem Schreiben vom 20. August 2010 noch je eine Kopie von Dienstreiseaufträgen für Dienstreisen am 26. November 2009 und am 29. Jänner 2010. (Anmerkung: Im Hinblick auf den von Ihnen geltend gemachten Anspruchszeitraum Dezember 2009 und Jänner 2010 ist jedoch nur der Dienstreiseauftrag vom 12. Jänner 2010 für eine Dienstreise am 29. Jänner 2010 relevant. Die Auszahlung der für diesen Tag beantragten Reisegebühren und Mehrdienstleistungsentschädigung ist mittlerweile schon erfolgt).

Die Stellungnahme des Vorsitzenden des UVS vom 28. Oktober 2010 zu Ihrem Antrag vom 6. Juli 2010 und Ihrem Schreiben vom 20. August 2010 lautet (Unterstreichungen im Original):

'Zu Ihrem Schreiben vom 28. September 2010 darf ich wie folgt Stellung nehmen:

Die Beschwerdeführerin hat mittlerweile Dienstreiseaufträge für den 26. November 2009 und den 29. Jänner 2010 vorgelegt. Jener für 26. November 2009 ist nicht verfahrensgegenständlich und erübrigt sich daher eine Stellungnahme hiezu.

Bezüglich des Dienstreiseauftrages für 29. Jänner 2010 besteht kein Zweifel, dass die darauf vorhandene Unterschrift von mir stammt. Dies ändert aber nichts am Umstand, dass ich mich daran nicht erinnern kann. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Beschwerdeführerin weder auf mein ursprüngliches Ersuchen noch auf das Ersuchen der Abteilung Personalangelegenheiten einen Dienstreiseauftrag vorgelegt und überdies sogar die Behauptung aufgestellt hat, dass ein solcher nicht existieren würde.

Zur grundsätzlichen Vorgangsweise bei Dienstreisen von Mitgliedern des UVS im Land NÖ ist Folgendes zu berichten:

Nach § 8 Abs. 1 und 2 NÖ-UVSG leitet der Vorsitzende den Unabhängigen Verwaltungssenat. Zur Leitung zählt insbesondere die Regelung des Dienstbetriebes und die Dienstaufsicht über das gesamte Personal.

Desweiteren regelt § 17 Abs. 2 NÖ-UVSG, dass die Bestimmungen der Dienstpragmatik der NÖ Landesbeamten sinngemäß heranzuziehen ist, soweit im NÖ-UVSG keine speziellen Regelungen für die Mitglieder des Unabhängigen Verwaltungssenates getroffen werden. Damit gelangen jedenfalls auch die Bestimmungen über die Landes-Reisegebührenvorschrift (VIII. Teil der DPL, §§ 140 ff) zur Anwendung. Nach § 140 Abs. 1 Z 1 leg.cit. gebührt den Beamten bei Dienstreisen der Ersatz des hiefür notwendigen Mehraufwandes (Reisegebühr). Nach § 4 Abs. 9 leg.cit. handelt es sich bei einer Dienstreise um eine Reise eines Beamten an einen von seiner Dienststelle über 2 km entfernten Ort zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstreiseauftrages oder zur Ablegung dienstrechtlich vorgesehener Dienstprüfungen. Damit ist gesetzlich eindeutig festgelegt, dass von einer Dienstreise erst dann gesprochen werden kann, wenn hiefür ein Dienstreiseauftrag vorliegt. Das Fehlen eines Dienstreiseauftrages schließt somit bereits begrifflich eine Dienstreise aus und somit auch den Anspruch auf Ersatz der Reisegebühren.

Es war beim Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ auch nie ein Thema, dass auch Mitglieder für Dienstreisen einen Dienstreiseauftrag benötigen. Auf Grund der Vielzahl an auswärtigen Berufungsverhandlungen hat bereits mein Amtsvorgänger Präsident aD. HR Dr. A den Mitgliedern eine Pauschalermächtigung dahingehend erteilt, dass für Außendienste (allerdings nur für öffentlich mündliche Verhandlungen) im Einzelfall kein gesonderter Dienstreiseauftrag mehr eingeholt werden muss, sondern dieser eben generell erteilt war, Diese Regelung der Erteilung eines Pauschaldienstreiseauftrages bedeutet aber nicht, dass ein solcher für eine auswärtige Dienstverrichtung nicht erforderlich ist

Bereits im Jahre 2008 und Anfang 2009 fiel massiv das 'Dienstreiseverhalten' der Beschwerdeführerin auf. Zunächst war auffällig, dass die Beschwerdeführerin nur vormittags verhandelte und der Außendienst somit immer gegen Mittag endete. Es ist mir zwar aus eigener Erfahrung bewusst, dass es nicht jedes Mal möglich ist, eine Verhandlungsterminisierung derart vorzunehmen, dass mehrere Verhandlungen an einem Tag abgewickelt werden (und somit ganztägig Verhandlungen abgewickelt werden), dass aber praktisch nie die Nutzung des Nachmittages möglich sei, war aber in der Tat besonders auffällig. Dies hatte im Übrigen die logische Konsequenz, dass auf Grund der geringen Anzahl von Verhandlungen pro Außendiensttag eine unnötig hohe Zahl von Außendiensttagen erforderlich war. Wiederholt wurden nämlich an ein und derselben Bezirkshauptmannschaft derart 'kurze' Verhandlungstage innerhalb von nur einer Woche angesetzt. Somit wurden unter diesem Gesichtspunkt unnötiger Weise Reisegebühren beansprucht, ebenso die Anwesenheit an der Dienststelle unnötiger Weise minimiert.

Zum anderen war auffällig, dass die Beschwerdeführerin Reisebewegungen durchführte, die logisch nicht mehr nachvollziehbar waren. So wurde etwa nach einer Berufungsverhandlung (die vertagt wurde) und noch vor Durchführung der fortgesetzten Berufungsverhandlung die Berufung zurückgezogen. Weil angeblich nicht alle Verhandlungsteilnehmer gesichert von der Zurückziehung verständigt werden konnten, ist die Beschwerdeführerin persönlich zum fortgesetzten Termin nach Gutenstein (!) gefahren und hat an Ort und Stelle auch noch eine Verhandlungsschrift aufgenommen. Eine logische und vernünftige Vorgangsweise hätte aber in einem derartigen Fall darin bestanden, die zuständige Erstbehörde oder die zuständige Polizeiinspektion telefonisch zu ersuchen, zum vereinbarten Treffpunkt jemanden hinzuschicken, um allfällig Anwesenden mitzuteilen, dass die Verhandlung entfällt. Dieser Vorfall war aber nicht der einzige, der das Reiseverhalten als sehr merkwürdig erscheinen hat lassen.

Auf Grund dieser Auffälligkeiten wurden mit der Beschwerdeführerin wiederholt Gespräche zur Klärung der Situation geführt. Ihr wurde dabei auch vor Augen gehalten, dass ihr Dienstreiseverhalten das gesamte Reisekostenbudget des UVS NÖ zu einem erheblichen Teil aufbraucht. Die Beschwerdeführerin hat sich in allen Gesprächen als uneinsichtig gezeigt. Das letzte diesbezügliche Gespräch fand im Frühjahr 2009 im Beisein des Herrn Vizepräsidenten statt. Da auch bei diesem Gespräch eine Einsicht nicht gezeigt wurde (so meinte sie z.B., dass wir ja eh wissen, dass sie gerne fahre) habe ich der Beschwerdeführerin bei diesem Gespräch mündlich mitgeteilt, dass ich sie mit sofortiger Wirkung von der Pauschalermächtigung herausnehme und sie in Hinkunft für jede auswärtige Berufungsverhandlung (pro Kalendertag) einen eigenen Dienstreiseauftrag benötige.

Ausgenommen hievon waren lediglich jene Berufungsverhandlungen, die im Zeitpunkt des damaligen Gespräches bereits ausgeschrieben waren.

Die Beschwerdeführerin hat sich in weiterer Folge daran auch gehalten und sank interessanter Weise dadurch die Zahl ihrer Außendienste auf ein noch nie da gewesenes Mindestmaß.

Zur Frage der behaupteten freien Gestaltungsmöglichkeit in Bezug auf die Wahl des Verhandlungsortes als Ausfluss der Unabhängigkeit wird folgende Rechtsauffassung vertreten:

Zunächst ist auf das Gesagte zu verweisen, dass nach den Bestimmungen der DPL von einer Dienstreise und somit einem Anspruch auf Reisegebühren erst dann auszugehen ist, wenn ein Dienstreiseauftrag vorliegt. Als Präsident und Leiter des Unabhängigen Verwaltungssenates bin ich daher verpflichtet, mich an diese gesetzliche Bestimmung zu halten.

Selbstverständlich sind auch diese Bestimmungen einer verfassungskonformen Interpretation zu unterziehen. Es liegt mir selbstverständlich fern, in die Unabhängigkeit der Mitglieder einzugreifen. Die in § 39 Abs. 2 AVG aufgestellten Grundsätze zum Ermittlungsverfahren gelten aber auch für die UVS. Danach hat sich die Behörde bei allen Verfahrensanordnungen (wie z.B. mündliche Verhandlung) 'von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten lassen'.

Die im B-VG normierte Unabhängigkeit der Mitglieder der Unabhängigen Verwaltungssenate hat genau so wie die Unabhängigkeit der Justizrichter ausschließlich den Zweck, eine Einflussnahme auf das Verfahrensergebnis und somit auf die Entscheidung zu unterbinden. Meines Erachtens ist daher ausschließlich unter diesem Gesichtspunkt zu beurteilen, ob von einer Verletzung der Unabhängigkeit gesprochen werden kann oder nicht.

Wenn daher beispielsweise ein Mitglied mir gegenüber behauptet, zur korrekten Verfahrensabwicklung sei ein Ortsaugenschein notwendig, so besteht aus meiner Sicht selbstverständlich die Verpflichtung, einen entsprechenden Dienstreiseauftrag auszustellen. Gleiches gilt etwa für die notwendige Befragung eines Zeugen, der auf Grund seines Gesundheitszustandes (etwa Bettlägrigkeit) nicht bei der Behörde erscheinen kann. Die Verpflichtung zur Ausstellung eines Dienstreiseauftrages in derartigen Fällen korrespondiert somit zur Verpflichtung des Mitgliedes im Hinblick auf die Einholung eines Dienstreiseauftrages, dies wäre eine verfassungskonforme Interpretation.

Im Gegensatz dazu kann aber nicht im Mindesten eine mögliche Einflussnahme auf das Verfahrensergebnis erblickt werden, wenn von einem Mitglied verlangt wird, Außendiensttage sinnvoll zu nutzen (soweit wie möglich ganztägig Verhandlungen durchzuführen). Die Verweigerung eines Dienstreiseauftrages etwa für beabsichtigte Außendienste mit Verhandlungen nur vormittags (wenn sich beispielsweise das Mitglied beharrlich weigert, auch nachmittags zu verhandeln und somit sinnloser Weise die Zahl der Außendienste und damit die Höhe der Reisegebühren vermehrt wird) erscheint aber zulässig.

Zusammenfassend darf daher festgestellt werden, dass die Bestimmungen der DPL als geltendes Recht jedenfalls zur Anwendung gelangen müssen. Die verfassungskonforme Interpretation verlangt meines Erachtens, dass bei Behauptung der Notwendigkeit eines Außendienstes durch das zuständige Mitglied meinerseits jedenfalls ein Dienstreiseauftrag auszustellen ist. Andere Fälle (z.B. beharrliche nicht sinnvolle Nutzung der Außendienstzeiten oder Festlegung eines Verhandlungsortes ohne plausiblen Hintergrund - um offenbar lediglich massive Reisegebühren zu lukrieren) rechtfertigen meines Erachtens aber auch die Verweigerung eines Dienstreiseauftrages, zumal grundsätzlich die Durchführung der Berufungsverhandlungen auch am Sitz der Behörde vorgenommen werden kann, ohne irgendeinen Einfluss auf das Ergebnis und somit auf die Unabhängigkeit zu nehmen.'

Ihre zu diesem Vorbringen des Vorsitzenden des UVS erfolgte Stellungnahme vom 25. November 2010, der Sie eine Darstellung der Aufteilung des Akteneinlaufes für 2008 und für Jänner bis März 2009 als auch eine Aufstellung der Anzahl der von Jänner bis März 2009 von den einzelnen Mitgliedern des UVS erledigten Akten anschlossen, lautet:

'Zu Ihrem Parteiengehör vom 9. November 2010, mit welchem Sie mir das Schreiben des Herrn Präsidenten HR Dr. B zur Kenntnis bringen, darf ich wie folgt Stellung nehmen:

Dass ich nachträglich Dienstreiseaufträge vorgelegt habe, ändert nichts daran, dass diese unzulässig von mir gefordert wurden, zeigt aber, dass ich mich sogar an verfassungswidrige Weisungen halte. Herr Präsident Dr. B war offensichtlich selbst dieser Meinung, da er sich 'nicht daran erinnern kann', einen derartigen Dienstreiseauftrag unterschrieben zu haben.

Die vom Vorsitzenden gemäß § 8 Abs. 1 und 2 NÖ UVSG wahrzunehmende Leitung, welche insbesondere die Dienstaufsicht über das gesamte Personal und die Regelung des Dienstbetriebes umfasst, schließt jene verfassungsmäßig gewährleisteten richterlich unabhängigen Agenden des einzelnen Mitgliedes des UVS aus, wie etwa die Entscheidung welche Beweise durchgeführt werden müssen und erforderlichenfalls an welchem Ort.

Deshalb war die Einholung eines Dienstreiseauftrages für öffentliche mündliche Verhandlungen für ein Mitglied des UVS, um die vom Herrn Präsidenten angewendete Formulierung zu verwenden, 'nie ein Thema', sondern wurde der gemäß § 4 Abs. 9 iVm § 140 Abs. 1 Z 1 DPL erforderliche Dienstreiseauftrag für Reisen zu öffentlichen mündlichen Verhandlungen seit Einrichtung des UVS vor zwanzig Jahren pauschal im Vorhinein für alle Richter erteilt. Dies muss nicht nur als unabdingbarer Ausfluss der richterlichen Unabhängigkeit im Gegensatz zur weisungsgebundenen Verwaltung gelten, sondern ist es bei einem Akteneinlauf von 4400 pro Jahr dem Leiter des UVS gar nicht möglich, zu beurteilen, ob und welche Beweise aufgenommen werden müssen, wie das Erfordernis der Durchführung einer Verhandlung oder eines Lokalaugenscheines, ohne den Akt zu studieren und dabei das Verfahrensergebnis zu beeinflussen.

Dass die Leitung des UVS mit der korrekten Beurteilung meiner Verfahren auch in Bezug auf die von so vehement verfolgte Kostenersparnis offenbar zeitgemäß überfordert war, zeigt die Beurteilung meiner Außendienste, die ihrer Auffassung nach 'immer nur vormittags' angesetzt waren. Hiezu darf ich mitteilen, dass ich meine Außendienste zuzüglich Anreise jedenfalls immer um 6.30 - 7.00 Uhr begonnen habe und ohne Einhaltung von Verhandlungspausen bis etwa 15.00 - 16.00 Uhr zuzüglich Heimreise beendet habe. 'Merkwürdig' ist daher weniger mein Verhalten in Bezug auf meine Außendienste, sondern die seit Amtsantritt dieses Leiters gegen mich gerichteten grundlosen strafrechtlichen und disziplinären Beschuldigungen.

Wenn mir auf Seite 3 der Stellungnahme des Herrn Dr. B vorgehalten wird, ich wäre zu einer fortgesetzten Verhandlung nach Gutenstein gereist und hätte trotz Zurückziehung der Berufung 'auch noch eine Verhandlungsschrift aufgenommen', so ist festzuhalten, dass dem Herrn Präsidenten bekannt sein muss, dass weder die Organe der Gemeinde noch die Organe der Polizei Hilfsorgane des UVS sind und als solche auch nicht eingesetzt werden dürfen, weshalb eine am Vortag der fortgesetzten Verhandlung zurückgezogene Berufung mich als Verhandlungsleiterin geradezu verpflichtet, zum Verhandlungsort zu reisen, um jene Parteien und Zeugen zu entlassen, die telefonisch am Nachmittag des Vortages nicht mehr zu erreichen waren. Desgleichen war ich im Sinne des § 44 Abs. 3 AVG verpflichtet im Zuge der fortgesetzten Verhandlung das Beweisverfahren zu schließen.

Wenn mir weiters vorgehalten wird 'das gesamte Reisekostenbudget zu einem erheblichen Teil aufzubrauchen', so wäre dies bei einem Reisekostenbudget für 30 Richter einerseits gar nicht möglich, andererseits darf ich den Aktenanfall 2008 und 2009 (Jänner bis März) vorlegen, aus welchem klar hervorgeht, dass ich den höchsten Aktenanfall hatte und daher möglicherweise auch die meisten Verfahren zu führen hatte.

Insgesamt liegen sämtliche vom Herrn Präsidenten aufgezählten 'Auffälligkeiten', die meine Außendienste betreffen, entweder gar nicht vor oder aber sind sachlich gerechtfertigt und zielen seine Unterstellungen, ich würde 'massive Reisekosten lukrieren' darauf ab, mir meine richterliche Unabhängigkeit abzuerkennen. Auch weichen die aufgezählten 'Auffälligkeiten' in keiner Weise von der Verhandlungspraxis der Kollegen ab, weder in Bezug auf die Höhe der Reisekosten noch in Bezug auf die Verhandlungsdauer oder ähnliches.

Schließlich erachtet der Präsident HR Dr. B ein seit Jahren dringend erforderliches Mitarbeitergespräch nicht für notwendig, es trifft also keinesfalls zu, wenn er von 'wiederholten Gesprächen' zur Klärung der 'Situation' schreibt, die er angeblich mit mir geführt hätte.

Ich kann nur nochmals betonen, dass die 'Herausnahme meiner Person aus der Pauschalermächtigung' für Dienstreisen zu öffentlichen mündlichen Verhandlungen in zweierlei Hinsicht verfassungswidrig ist, zum einen nimmt mir dies die richterliche Weisungsfreiheit, zum anderen werde ich dadurch in unsachlicher Weise ungleich mit meinen Kollegen behandelt, welche allesamt zur Durchführung ihrer Außendienste keinen vom Herrn Präsidenten eigens unterfertigten Dienstreiseauftrag benötigen. Indem einem Mitglied des UVS vom Leiter vorgeschrieben werden kann, wann, wo und wie verhandelt werden muss, wird zweifelsfrei entgegen der auf Seite 4 seiner Stellungnahme dementierten Einflussnahme auf das Verfahrensergebnis von ihm Einfluss genommen, sodass die verfassungsmäßig normierte Unabhängigkeit nicht gegeben ist.

Im letzten Absatz auf Seite 4 gibt Herr Präsident B geradezu selbst ein Beispiel für die Einflussnahme durch allfällige Verweigerung eines Dienstreiseauftrages in ein Verfahrensergebnis: Mit der sich selbst auferlegten Verpflichtung zur 'Ausstellung' eines Dienstreiseauftrages zur Durchführung eines Lokalaugenscheines bei 'Behauptung' eines Mitgliedes, ein solcher sei 'erforderlich', widerspricht er seiner eigenen Weisung an mich als unabhängigem Mitglied, von ihm Verfahrensabläufe zu beurteilen und anzuordnen oder zu verweigern. Dadurch, dass jeder Richter verpflichtet ist, selbst zu beurteilen, welche Beweisaufnahme zur Durchführung eines ordentlichen Verfahrens erforderlich ist, erübrigt sich die Einholung einer Weisung zur Durchführung einer Dienstreise nicht nur, sondern ist geradezu unzulässig.

Selbstverständlich entbehrt daher die Behauptung, ich würde Außendienst beharrlich nicht sinnvoll nutzen und den Verhandlungsort ohne plausiblen Hintergrund wählen, jeder Grundlage.

Ich beantrage daher, die Reisegebühren gemäß meinen Anträgen auszuzahlen.'

Ihre Außendiensttätigkeit als Mitglied des UVS besteht im Wesentlichen in der Durchführung von öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlungen am Sitz bzw. an einer Außenstelle einer Bezirksverwaltungsbehörde. Vom Vorsitzenden des UVS wurde Ihnen im Frühjahr 2009 die mündliche Weisung erteilt, vor der Durchführung von öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlungen außerhalb Ihrer Dienststelle jeweils einen Dienstreiseauftrag zu beantragen.

Im Gegensatz zu Ihrer Behauptung, Sie würden überwiegend auch nachmittags und somit den Tag nützend die Verhandlungen anberaumen, ergibt sich anhand der von Ihnen ab März 2007 mittels 'PA.Net' gestellten Reisegebührenanträge ein völlig anderes Bild über die Gestaltung Ihrer Außendienste:"

Sodann listete die belangte Behörde tabellarisch Dienstreisen der Beschwerdeführerin den Jahren 2007 bis 2009 auf und leitete daraus Folgendes ab:

"Dieser Beobachtungszeitraum erstreckt sich über mehr als zweieinhalb Jahre. Er beinhaltet sowohl die etwa zweijährige Zeitspanne vor dem Zeitpunkt der Ihnen im Frühjahr 2009 vom Vorsitzenden des UVS ausdrücklich erteilten Weisung, einen Dienstreiseauftrag zu beantragen, als auch die diesem Zeitpunkt folgende Zeit von ca. einem halben Jahr bis zu den von Ihnen im verfahrensgegenständlichen Antrag geltend gemachten Monaten Dezember 2009 und Jänner 2010.

Insgesamt wurden für den Zeitraum März 2007 bis November 2009 311 Reisetage abgerechnet. Dabei sind 222 Wochentags-Fahrzeitüberstunden und 3,75 Wochentags-Dienstleistungsüberstunden angefallen.

Von den abgerechneten 311 Dienstreisen wurde die die amtliche

Tätigkeit beendet:

um 17:30 Uhr: 1

um 17:00 Uhr: 2

um 16:15 Uhr: 1

zwischen 13:00 und 16:15 Uhr: 47

um 13:00 Uhr oder früher: 260

Demnach war bei 260 von 311 Dienstreisen die amtliche Tätigkeit spätestens um 13:00 Uhr beendet. Dies legt dar, dass Sie überwiegend Ihre Außendiensttätigkeit auf den Vormittag beschränkten, und widerlegt eindeutig Ihre Behauptung, regelmäßig auch nachmittags zu verhandeln.

Ihre tägliche Dienstzeit laut Dienstplan dauert(e) von 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr."

Aus der Auflistung von Dienstreisen im Dezember 2008 schloss die Behörde Folgendes:

"Daraus ist ersichtlich, dass im Dezember 2008 sämtliche Verhandlungen in Wiener Neustadt stattfanden und die Dauer der amtlichen Tätigkeit pro Tag zweimal 4 Stunden, einmal 3 Stunden, einmal 2,5 Stunden, zweimal 2 Stunden und zweimal 1 Stunde betrug."

Aus Dienstreisen der Beschwerdeführerin im Mai 2009 leitete die belangte Behörde Folgendes ab:

"Daraus ist ersichtlich, dass innerhalb eines Monats fünf Verhandlungstage in Klosterneuburg anberaumt wurden und die tatsächliche amtliche Tätigkeit pro Tag einmal 2,5 Stunden, einmal 2 Stunden, zweimal 1,5 Stunden und einmal 1 Stunde dauerte."

Sodann heißt es im angefochtenen Bescheid weiters:

"Aber auch die im gegenständlichen Verfahren von Ihnen in Geltung gebrachten Außendiensttätigkeiten im Dezember 2009 und Jänner 2010 ergeben ein ähnliches Bild. Die in den Reisegebührenanträgen angeführten auswärtigen Dienstverrichtungen begannen um 9:00 oder 10:00 Uhr und endeten entweder um 11:00, 11:30, 12:00, 12:30, 13:00 oder 13:30 Uhr. Die Fahrzeit zum Verhandlungsort gaben Sie mit eineinhalb bzw. zwei Stunden, die Fahrzeit zu Ihrer Wohnadresse mit einer bzw. eineinhalb Stunden an. Sie verhandelten in Baden am 2. und am 11. Dezember 2009 jeweils von 9:00 Uhr bis 11:30 Uhr. Für jeden dieser Verhandlungstage beantragten Sie Kilometergeld für 126 Kilometer und die Ausbezahlung von jeweils einer Überstunde für die Fahrzeit außerhalb der Dienstzeit. In Schwechat verhandelten Sie am 4. Dezember 2009 von 9:00 bis 12:00 Uhr und am 16. Dezember 2009 von 9:00 bis 11:00 Uhr. Für jeden dieser Verhandlungstage beantragten Sie Kilometergeld für 151 Kilometer und die Ausbezahlung von jeweils einer Überstunde für die Fahrzeit außerhalb der Dienstzeit. Sie verhandelten in Klosterneuburg am 14. Dezember 2009 von 9:00 Uhr bis 12:00 Uhr und am 15. Jänner 2010 von 10:00 bis 12:00 Uhr. Für jeden dieser Verhandlungstage beantragten Sie Kilometergeld für 74 Kilometer, für den 14. Dezember 2009 auch die Ausbezahlung von einer halben Überstunde für die Fahrzeit außerhalb der Dienstzeit.

Ihre Behauptung, dass 'ich meine Außendienste zuzüglich Anreise jedenfalls immer um 6.30 - 7.00 Uhr begonnen habe und ohne Einhaltung von Verhandlungspausen bis etwa 15.00 - 16.00 Uhr zuzüglich Heimreise beendet habe', ist somit nicht richtig.

2. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 4 Abs. 9 DPL 1972 ist eine Dienstreise die Reise eines Beamten an einen von seiner Dienststelle über zwei Kilometer entfernten Ort zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstreiseauftrages oder zur Ablegung dienstrechtlich vorgesehener Dienstprüfungen.

Gemäß § 140 Abs. 1 DPL 1972 gebührt dem Beamten bei Dienstreisen, Dienstzuteilungen und Versetzungen der Ersatz des hiefür notwendigen Mehraufwandes (Reisegebühren).

Gemäß § 167 DPL 1972 hat der Dienststellenleiter den Dienstreiseauftrag nach den Grundsätzen der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit zu erteilen. Er hat den Antrag auf Reisegebühren auf seine Richtigkeit und Plausibilität zu prüfen und gegebenenfalls zu bestätigen. Mit der Bestätigung wird ausgedrückt, dass die Dienstreise unter Beachtung dieser Grundsätze angeordnet wurde und bei deren Durchführung kein Grund zur Annahme eines Sachverhaltes nach § 140 Abs. 2 leg. cit. vorliegt, wonach der Beamte keinen Anspruch auf den Ersatz des Mehraufwandes hat, soweit er dem Land dadurch einen Aufwand verursacht hat, dass er die Dauer der Dienstreise ohne dienstlichen Grund verlängert hat oder es unterlassen hat, mehrere Dienstreisen zu verbinden, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre, oder eine Bestimmung der Landes-Reisegebührenvorschrift nicht beachtet hat.

Die Erteilung eines Dienstreiseauftrages sowie die Beachtung und die Bestätigung oder Nichtbestätigung der Einhaltung der Grundsätze gemäß § 167 DPL 1972 stellen somit Kernaspekte der Regelung des Dienstbetriebes dar und gehören damit dem Kreis der wesentlichen Leitungsaufgaben eines Dienststellenleiters an.

Gemäß § 8 Abs. 1 und Abs. 2 des NÖ UVSG leitet der Vorsitzende, dem die Funktionsbezeichnung 'Präsident des Unabhängigen Verwaltungssenates' zukommt, den UVS. Er ist somit Dienststellenleiter des UVS. Zu den Leitungsaufgaben eines Dienststellenleiters zählen insbesondere die Regelung des Dienstbetriebes und die Dienstaufsicht.

Laut § 17 Abs. 2 NÖ UVSG gelten die Bestimmungen der DPL 1972 für die Mitglieder des UVS insoweit sinngemäß, als das NÖ UVSG keine anderen Regelungen enthält. Nachdem das NÖ UVSG keine vom § 4 Abs. 9 DPL 1972 und vom VIII. Teil der DPL 1972 (Landes-Reisegebührenvorschrift, §§ 140 ff) abweichende Bestimmung aufweist, haben diese Regelungen betreffend Dienstreisen und Reisegebühren auch Anwendung bei der Gewährung von Reisegebühren für Mitglieder des UVS zu finden.

Der UVS ist eine Verwaltungsbehörde des Landes Niederösterreich und der Landesregierung organisatorisch untergeordnet. Die Mitglieder des UVS sind in Abweichung von Art. 20 Abs. 1 B-VG zum einen in der Besorgung der ihnen gemäß Art. 129a B-VG zukommenden behördlichen Aufgaben und zum anderen in der Besorgung der in Art. 129b B-VG genannten organisatorischen Aufgaben an keine Weisungen gebunden. Dieser Aufgabenkreis umgrenzt die Weisungsfreiheit der Mitglieder, legt aber damit gleichermaßen Bereiche fest, die von den Leitungsbefugnissen des Vorsitzenden als Dienststellenleiter und der Landesregierung als Dienstbehörde getragen sind (§ 5 Abs. 1 sowie § 8 Abs. 1 und 2 NÖ UVSG).

Wenngleich die Mitglieder des UVS bei der Besorgung aller ihnen nach den Art. 129a und 129b B-VG zukommenden Aufgaben an keine Weisungen gebunden sind, haben sie dennoch Weisungen, die Ausfluss aus der gesetzlich umgrenzten Leitungsbefugnis sind - verantwortung des Vorsitzenden sind, gegen sich gelten zu lassen und zu befolgen.

Dass ein Mitglied des UVS nicht schlichtweg weisungsfrei ist, ergibt sich darüber hinaus auch aus der Bestimmung des § 20 des NÖ UVSG, wonach das Mitglied des UVS, soweit es an Weisungen gebunden ist, schriftlich verlangen kann, dass Weisungen schriftlich erteilt werden.

Gemäß § 39 Abs. 2 AVG hat sich die Behörde bei allen Verfahrensanordnungen, wie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen. Dieser Grundsatz gilt auch für Mitglieder des UVS bei der Anordnung bzw. Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

Die Entscheidung, eine Verhandlung an der Dienststelle oder an einer Bezirkshauptmannschaft oder deren Außenstelle anzuberaumen, hat daher unter dem Aspekt der ökonomischen Verfahrensführung und unter Beachtung des von Ihnen angeführten Servicecharakters im Dienste (z.B. körperbehinderter) Beteiligter stattzufinden. Auch wenn es angezeigt erscheint, Verhandlungen außerhalb der Dienststelle durchzuführen, so sind diese jedenfalls Kosten sparend anzuberaumen (z.B. möglichst mehrere Verfahren an einem Tag und Ort). Die Einhaltung dieser Kosten sparenden Vorgangsweise ist vom Vorsitzenden des UVS als Dienststellenleiter zu überprüfen.

Ein Dienststellenleiter hat nämlich darauf zu achten, dass die der Dienststelle übertragenen Aufgaben zweckmäßig, rasch und Kosten sparend durch die Mitarbeiter der Dienststelle besorgt werden. Daraus folgt aber auch die Pflicht des Vorsitzenden des UVS als Dienstellenleiter, insbesondere bei Verdacht, dass ein Mitglied des UVS diese Grundsätze nicht beachtet, entsprechende Maßnahmen zu deren Einhaltung zu setzen. Dies kann in der Erteilung einer individuellen Weisung zur Einholung eines Dienstreiseauftrages erfolgen, wodurch überwacht werden kann, dass das Mitglied des UVS dadurch Kosten spart, dass der Ort der Verhandlung so festgelegt und ein Verhandlungstag so genützt wird, dass z. B. möglichst nicht nur eine Verhandlung sondern zwei oder mehrere Verhandlungen stattfinden und so die Anzahl der Verhandlungstage außerhalb der Dienststelle möglichst gering gehalten wird. Dadurch werden nicht nur Reisegebühren eingespart, sondern wird auch die Anwesenheit an der Dienststelle bzw. am Arbeitsplatz durch den Wegfall von Reisezeiten erhöht.

Dass der Vorsitzende des UVS auf Grund der bei Ihnen festgestellten Praxis, überwiegend lediglich vormittags zu verhandeln, die Maßnahme ergriff, (bis auf Widerruf) von Ihren ausdrücklich die Beantragung eines Dienstreiseauftrages für jede einzelne Dienstreise zu verlangen, ist somit sachlich nachvollziehbar. Diese Weisung stellt einen Ausfluss aus der gesetzlich umgrenzten Leitungsbefugnis und -verantwortung des Vorsitzenden als Dienststellenleiter dar, die ein Mitglied des UVS gegen sich gelten zu lassen und zu befolgen hat.

Die Befolgung einer solchen Weisung hat keinen Einfluss auf die inhaltliche Entscheidung hinsichtlich des vom Mitglied des UVS zu führenden Verfahrens und steht somit nicht im von Ihnen behaupteten Widerspruch zu Art. 129a und 129b B-VG. Diese Maßnahme stellt lediglich einen Ausfluss der dem Dienststellenleiter zukommenden allgemeinen Pflicht zur Regelung des Dienstbetriebes und zur Dienstaufsicht dar und findet darüber hinaus im § 167 DPL 1972 eine spezielle Rechtsgrundlage, wonach der Dienststellenleiter den Dienstreiseauftrag nach den Grundsätzen der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit zu erteilen hat.

Wenn auch der für die Mitglieder des UVS bereits vom Vorgänger des Vorsitzenden ausgesprochene und bisher generell nicht widerrufene pauschale Dienstreiseauftrag gilt, sodass ein Dienstreisauftrag für einzelne Dienstreisen im Allgemeinen nicht beantragt wird, so schließt dies jedoch nicht aus, dass in begründeten Fällen von dieser Pauschalermächtigung abgegangen werden kann.

Wie auch aus dem Vorbringen des Vorsitzenden des UVS hervorgeht, erging die an Sie gerichtete mündliche Weisung, einen Dienstreiseauftrag für von Ihnen geplante Außendienste zur Vornahme von öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlungen einzuholen. Die weisungsgemäße Beantragung eines Dienstreiseauftrages soll es ermöglichen, die Einhaltung der Ihnen aufgetragenen Kosten sparenden Vorgangsweise im Zusammenhang mit der Ausschreibung von Verhandlungsterminen zu kontrollieren.

Wäre von Ihnen für die verfahrensgegenständlichen Verhandlungstage ein Dienstreiseauftrag beantragt worden, hätte vom Vorsitzenden des UVS als Dienststellenleiter hinterfragt werden können, ob zumindest einige der am selben Ort an verschiedenen Tagen anberaumten Verhandlungen nicht auch an jeweils nur einem Tag stattfinden hätten können. Unabhängig davon, ob eine Zusammenlegung auch tatsächlich möglich gewesen wäre oder nicht, rechtfertigt Ihre Praxis, in knappen Zeitabständen am selben Ort nur halbtags zu verhandeln, jedenfalls die Vorgangsweise des Vorsitzendendes UVS als Dienststellenleiter, von Ihnen vor Antritt einer Dienstreise die Vorlage eines Antrages auf Erteilung eines Dienstreiseauftrages zu verlangen, um im Hinblick auf eine Kostenersparnis nach Möglichkeit eine Zusammenlegung von mehreren Verhandlungen an einem Tag zu bewirken. Dies gilt auch unabhängig davon, dass ein 'Pauschaldienstreiseauftrag' existiert, weil eine Überwachung einer Kosten sparenden Vorgangsweise bei der Anberaumung Ihrer Berufungsverhandlungen durch einen von Ihnen zu beantragenden Dienstreiseauftrag effizient durchgeführt werden kann.

Im Übrigen hätten Sie die Möglichkeit gehabt, gemäß § 20 NÖ UVSG zu verlangen, dass die Ihnen ursprünglich mündlich erteilte Weisung schriftlich erteilt werde. Nur im Falle der darauf nicht erfolgenden schriftlichen Ausfertigung, hätte die Weisung als zurückgezogen gegolten und nicht, wie Sie in Ihrer Stellungnahme ausführen, lediglich auf Grund der Tatsache, dass Sie in der Folge ohnehin weniger Außendienste durchgeführt hätten.

Wenn Sie vorbringen, dass es gleichheitswidrig sei, wenn nur von Ihnen dieser Dienstreiseauftrag abverlangt werde, für alle anderen aber der seit Bestehen des UVS erteilte 'Pauschaldienstreiseauftrag' gelte, so muss dem entgegengehalten werden, dass die Handhabung der Erteilung des Dienstreiseauftrages (pauschal oder individuell) auch Anlass bezogen sein kann und es im Ermessen des Dienstellenleiters liegt, bei Vorliegen eines sachlichen Grundes entsprechende Maßnahmen zu setzen. Ein solcher sachlicher Grund ist durch Ihre oben dargestellte Praxis bei der Anberaumung von Verhandlungsterminen gegeben. Somit erweist sich auch die Zulässigkeit der Ihnen vom Vorsitzenden des UVS als Dienststellenleiter erteilten Weisung, einen Dienstreiseauftrag für die Vornahme von öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlungen außerhalb Ihrer Dienststelle zu beantragen.

Für Sie gilt somit seit Frühjahr 2009 die vom Vorsitzenden ausgesprochene mündliche Weisung, bis auf Widerruf für Außendienste zur Vornahme von öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlungen einen Dienstreiseauftrag einzuholen. Dass Ihnen diese Weisung erteilt wurde und auch ein ausdrücklicher Widerruf dieser Weisung nicht erfolgt ist, haben Sie auch nicht bestritten. Solange diese Weisung nicht ausdrücklich widerrufen wird, ist auch der 'Pauschaldienstreiseauftrag' für Sie nicht gültig.

Wie Sie selbst vorgebracht haben, gibt es für die im gegenständlichen Verfahren relevanten Tage 2., 4., 11., 14. und 16. Dezember 2009 sowie 15. Jänner 2010 keine Dienstreiseaufträge Ihres Dienststellenleiters. Lediglich für den 29. Jänner 2010 wurde von Ihnen ein Dienstreiseauftrag nachträglich vorgelegt.

§ 4 Abs. 9 DPL 1972 definiert den Begriff Dienstreise. Demnach ist das Vorliegen eines Dienstreiseauftrages essenzieller Bestandteil einer Dienstreise im Sinne der DPL 1972. Wie oben dargestellt, gibt es jedoch für die antragsgegenständlichen Tage 2., 4., 11., 14. und 16. Dezember 2009 sowie 15. Jänner 2010 keine Dienstreiseaufträge und liegen somit keine Dienstreisen gemäß § 140 Abs. 1 Z. 1 DPL 1972 vor. Aus diesem Grund kann den Anträgen auf Gewährung von Reisegebühren für Außendiensttätigkeiten an diesen Tagen gemäß § 140 Abs. 1 DPL 1972 nicht entsprochen werden.

Auch die von Ihnen in den Reisegebührenanträgen für Dezember 2009 und Jänner 2010 beantragte Ausbezahlung einer Mehrdienstleistungsentschädigung für Außendienstüberstunden (Fahrzeiten außerhalb der Dienstzeit) an den Tagen 2., 4., 11., 14. und 16. Dezember 2009 sowie 15. Jänner 2010 kann mangels Vorliegens einer genehmigten Außendiensttätigkeit nicht erfolgen.

Gemäß § 71 Abs. 10 der DPL 1972 gebühren Mehrdienstleistungsentschädigungen ohne Anordnung gemäß Abs. 1 bei Dienstverrichtungen außerhalb der Dienststelle, wenn die 40- Stunden-Woche durch die Dauer der Außendiensttätigkeit einschließlich der sonstigen Dienstleistung überschritten wird; hiebei werden Zeiten, in denen keine tatsächlichen Dienstleistungen erbracht werden (z.B. Reisezeiten), nur mit der Hälfte des nach Abs. 3 und 4 zustehenden Betrages abgegolten.

Mangels Dienstreiseauftrags liegen an den Tagen 2., 4., 11., 14. und 16. Dezember 2009 sowie 15. Jänner 2010 keine angeordneten Dienstverrichtungen außerhalb der Dienststelle vor. Wenn jedoch schon keine anzuerkennenden Dienstverrichtungen außerhalb der Dienststelle gegeben sind, so können hiefür auch keine Mehrdienstleistungen anerkannt werden. Somit mangelt es auch an der Grundlage für die Gewährung von Mehrdienstleistungsentschädigungen für geltend gemachte Überstunden an diesen Tagen.

Die mit Reisegebührenantrag für Jänner 2010 beantragten Reisegebühren und Mehrdienstleistungsentschädigungen für den 29. Jänner 2010 wurden Ihnen bereits angewiesen. Soweit Ihrem Reisegebührenantrag für Jänner 2010 damit entsprochen wurde, bedarf es keiner bescheidmäßigen Erledigung."

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, in welcher sie sich in ihren verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten auf Unabhängigkeit und im Gleichheitsgrundsatz verletzt erachtete.

Mit Beschluss vom 12. Juni 2012, B 455/11-8, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Begründung dieses Beschlusses heißt es:

"Die Beschwerde rügt die Verletzung in den gemäß Art. 7, 83 Abs. 2, 87 Abs. 2 und 129b Abs. 2 B-VG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen. Die Sache ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen."

In ihrer über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides mit dem Antrag geltend, ihn aus diesem Grunde aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. In der Gegenschrift werden Entscheidungs- bzw. Ermessensressourcen des Vorsitzenden des Unabhängigen Verwaltungssenates insbesondere im Bereich der Zusammenfassung auswärtiger Verhandlungen an bestimmten Tagen, sowie bezüglich der Frage, ob (etwa aus Gründen der "Bürgernähe") auswärtige Verhandlungen oder solche am Sitz des Verwaltungssenates stattfinden sollen, erblickt. In anderen Fällen gehe die belangte Behörde davon aus, dass der Vorsitzende zur Erteilung eines Dienstreiseauftrages verpflichtet sei.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 4 Abs. 9 DPL 1972 in der Fassung dieses Absatzes nach dem LGBl. 2200-17 lautet:

"(9) Eine Dienstreise ist die Reise eines Beamten an einen von seiner Dienststelle über zwei Kilometer entfernten Ort zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstreiseauftrages oder zur Ablegung dienstrechtlich vorgesehener Dienstprüfungen."

§ 167 DPL 1972 in der Fassung dieses Paragrafen nach dem Landesgesetz LGBl. 2200-58 lautet:

"§ 167

Bestätigung des Dienststellenleiters

Der Dienststellenleiter hat den Dienstreiseauftrag nach den Grundsätzen der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit zu erteilen. Er hat den Antrag auf Reisegebühren auf seine Richtigkeit und Plausibilität zu prüfen und gegebenenfalls zu bestätigen. Mit der Bestätigung wird ausgedrückt, dass die Dienstreise unter Beachtung dieser Grundsätze angeordnet wurde und bei deren Durchführung kein Grund zur Annahme eines Sachverhaltes nach § 140 Abs. 2 vorliegt."

§ 71 Abs. 10 DPL 1972 lautet:

"(10) Mehrdienstleistungsentschädigungen und Sonn- und Feiertagsvergütungen gebühren ohne Anordnung gemäß Abs. 1 bei Dienstverrichtungen außerhalb der Dienststelle, wenn die 40- Stunden-Woche durch die Dauer der Außendiensttätigkeit einschließlich der sonstigen Dienstleistung überschritten wird; hiebei werden Zeiten, in denen keine tatsächlichen Dienstleistungen erbracht werden (z.B. Reisezeiten), nur mit der Hälfte des nach Abs. 3 und 4 zustehenden Betrages abgegolten."

Art. 129a B-VG lautet:

"Artikel 129a. (1) Die unabhängigen Verwaltungssenate in den

Ländern erkennen nach Erschöpfung des administrativen

Instanzenzuges, sofern ein solcher in Betracht kommt,

1. in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen,

ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes,

2. über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch

die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und

Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in

Finanzstrafsachen des Bundes,

3. in sonstigen Angelegenheiten, die ihnen durch die

die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder

Landesgesetze zugewiesen werden,

4. über Beschwerden wegen Verletzung der

Entscheidungspflicht in Angelegenheiten der Z 1, soweit es sich um

Privatanklagesachen oder um das landesgesetzliche

Abgabenstrafrecht handelt, und der Z 3.

(2) Es kann gesetzlich vorgesehen werden, dass die Entscheidungen in erster Instanz unmittelbar beim unabhängigen Verwaltungssenat im Land angefochten werden können. In den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung sowie der Art. 11 und 12 dürfen derartige Bundesgesetze nur mit Zustimmung der beteiligten Länder kundgemacht werden.

(3) Art. 89 gilt sinngemäß auch für die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern."

Art. 129b Abs. 2 B-VG lautet:

"(2) Die Mitglieder der unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern sind bei Besorgung der ihnen nach den Art. 129a und 129b zukommenden Aufgaben an keine Weisungen gebunden. ..."

§ 5 Abs. 1 UVSG lautet:

"§ 5

Unabhängigkeit, Amtsenthebung

(1) Die Mitglieder des Unabhängigen Verwaltungssenates sind bei Besorgung aller ihnen nach den Art. 129a und 129b B-VG zukommenden Aufgaben an keine Weisungen gebunden. Im übrigen stehen sie unter der Leitung der Landesregierung."

§ 8 Abs. 1 und 2 UVSG lautet:

"§ 8

Leitung

(1) Der Vorsitzende leitet den Unabhängigen Verwaltungssenat. Er wird im Verhinderungsfall vom Stellvertretenden Vorsitzenden, wenn auch dieser verhindert ist, von dem an Lebensjahren ältesten Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates am Sitz in St. Pölten vertreten. Dies gilt auch dann, wenn die Stelle des Vorsitzenden oder Stellvertretenden Vorsitzenden unbesetzt ist.

(2) Zur Leitung zählt insbesondere die Regelung des Dienstbetriebes und die Dienstaufsicht über das gesamte Personal."

Die Fassung des § 8 Abs. 2 UVSG geht auf die Novelle LGBl. 0015-5 zurück. In der Stammfassung des § 8 Abs. 2 UVSG war eine Kompetenz des Vorsitzenden des Unabhängigen Verwaltungssenates vorgesehen, unter Bedachtnahme auf einen ordnungsgemäßen Geschäftsgang die Tage festzusetzen, an denen die Kammern zur Beratung und Beschlussfassung zusammenzutreten haben.

In den Materialien zur Stammfassung dieses Gesetzes (Motivenbericht der Niederösterreichischen Landesregierung LAD-VD- 0076/65, I/P-A-DR-30/7-90) heißt es:

"Zu § 8:

Diese Bestimmung enthält einerseits Zuständigkeitsbestimmungen für den Fall der Verhinderung des Vorsitzenden und gibt andererseits eine demonstrative Aufzählung der Leitungsaufgaben des Vorsitzenden. Im Begutachtungsverfahren ist die Bestimmung, wonach der Vorsitzende die Tage festzusetzen hat, an denen die Kammern zur Beratung und Beschlußfassung zusammenzutreten haben, vielfach auf Kritik gestoßen. So wurde eingewendet, daß der Vorsitzende lediglich die organisatorischen Vorkehrungen zu treffen habe, um eine Beratung und Beschlußfassung der Kammern zu ermöglichen, ihm aber kein Einfluß auf die Tätigkeit der Kammern eingeräumt werden dürfe.

Zu diesem Vorbringen wird die Auffassung vertreten, daß die Aufgaben des Vorsitzenden verfassungskonform nur als Organisationsaufgaben interpretiert werden können. Jede andere Auslegung liefe auf eine Einschränkung der Unabhängigkeit der Mitglieder im Grunde des Art. 129b Abs. 2 B-VG hinaus und erweist sich somit als unzulässig. Es ist daher nicht erforderlich, Abs. 2 zu verändern. Im übrigen sei bemerkt, daß diese Bestimmung dem § 9 Abs. 1 letzter Satz des Verwaltungsgerichtshofgesetzes entspricht."

In den Materialien zur Änderung des § 8 Abs. 2 UVSG durch die Novelle LGBl. 0015-5 (LAD-VD-0076/127), heißt es:

"Die Festsetzung von Kammersitzungen soll in Zukunft durch den Kammervorsitzenden erfolgen. Der Präsident sollte bei Bedarf die Termine koordinieren."

§ 11 UVSG lautet:

"§ 11

Aufgaben des Vorsitzenden der Kammer

Die Anordnung einer mündlichen Verhandlung obliegt dem Vorsitzenden der Kammer. Er eröffnet, leitet und schließt die mündliche Verhandlung und handhabt die Sitzungspolizei. Er verkündet die Beschlüsse der Kammer und unterfertigt deren schriftliche Ausfertigungen."

§ 17 Abs. 1, 2 und 8 UVSG in der Fassung dieses Paragrafen

nach dem Landesgesetz LGBl. 0015-18 lautet:

"§ 17

(1) Durch die Ernennung zum Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 3 Abs. 3) wird ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich begründet, soweit nicht bereits ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich besteht.

(2) Für die Mitglieder des Unabhängigen Verwaltungssenates gelten die Bestimmungen der DPL 1972, LGBl. 2200, insoweit sinngemäß, als dieses Gesetz nicht anderes bestimmt.

...

(8) Soweit die DPL 1972, LGBl. 2200, dem Vorgesetzten oder Dienststellenleiter Aufgaben zuweist, sind diese vom Vorsitzenden wahrzunehmen; im Übrigen ist die Landesregierung Dienstbehörde."

§ 17 Abs. 3 UVSG enthält eine Aufzählung von Bestimmungen der DPL 1972, welche auf die Mitglieder des Unabhängigen Verwaltungssenates keine Anwendung finden. Zu diesen Bestimmungen zählen § 4 Abs. 9 und § 167 DPL 1972 nicht.

In den Materialien zur Stammfassung des UVSG, auf die auch § 17 Abs. 2 leg. cit. zurückgeht, heißt es zu dieser Bestimmung:

"Im Sinne einer möglichst einheitlichen Behandlung aller NÖ Landesbediensteten sieht Abs. 2 vor, daß grundsätzlich die DPL 1972, LGBl. 2200, sinngemäß anzuwenden ist. Soweit erforderlich, wird der DPL 1972 allerdings durch die speziellen Bestimmungen des beiliegenden Gesetzentwurfes derogiert. Im übrigen steht der gesamte dritte Abschnitt unter der Zielsetzung, das Dienstrecht der Mitglieder des Unabhängigen Verwaltungssenates entsprechend den unter I. dargelegten Grundsätzen zu gestalten und daher Ermessensentscheidungen, die auf eine Beeinträchtigung der Unabhängigkeit hinauslaufen könnten, möglichst auszuschließen."

In dem dort Bezug genommenen Abschnitt I. dieser Gesetzesmaterialien heißt es schließlich:

"Der beiliegende Entwurf unternimmt es, die dem Landesgesetzgeber zukommende Regelung der Organisation des Unabhängigen Verwaltungssenates in Niederösterreich sowie das Dienstrecht seiner Mitglieder zu schaffen. Bei dieser Aufgabe waren allerdings nicht nur die skizzierten verfassungsrechtlichen Grundlagen zu berücksichtigen, sondern darüber hinaus das erklärte Ziel des Bundesverfassungsgesetzgebers, mit den Unabhängigen Verwaltungssenaten Einrichtungen zu schaffen, die als 'Tribunale' im Sinne des Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention, d. h. als unabhängig und unparteiisch anerkannt werden. Das bedeutet nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, daß die zu schaffenden Regelungen die Mitglieder des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht bloß unabhängig stellen, sondern darüber hinaus insgesamt gewährleisten müssen, daß der Unabhängige Verwaltungssenat ein Erscheinungsbild der Unabhängigkeit bietet (vgl. dazu etwa das Piersack-Urteil, EuGRZ 1985, 301, das De Cubber-Urteil, EuGRZ 1985, 407 sowie das Sramek-Urteil, EuGRZ 1985, 336, in denen der EGMR die Bedeutung des äußeren Anscheins betont hat: 'Justice must not only be done, it must also be seen to be done.')

Dementsprechend versucht der beiliegende Gesetzesentwurf nicht nur den verfassungsrechtlichen Grundlagen zu entsprechen, sondern sowohl die Organisation als auch das Dienstrecht so zu regeln, daß jeder Anschein von Abhängigkeit möglichst vermieden wird. So stehen etwa die dienstrechtlichen Regelungen unter dem Grundsatz, Ermessensentscheidungen der Landesregierung auszuschließen. ..."

§ 20 UVSG lautet:

"§ 20

Dienstgehorsam

Soweit das Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates an Weisungen gebunden ist, kann es schriftlich verlangen, daß Weisungen schriftlich erteilt werden. Geschieht dies nicht, gilt die Weisung als zurückgezogen."

§ 39 Abs. 2 AVG in der Fassung dieses Paragrafen nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 65/2002 lautet:

"(2) Soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, hat die Behörde von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen. Sie kann insbesondere von Amts wegen oder auf Antrag eine mündliche Verhandlung durchführen und mehrere Verwaltungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden oder sie wieder trennen. Die Behörde hat sich bei allen diesen Verfahrensanordnungen von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen."

§ 40 Abs. 1 AVG in der Fassung dieses Paragrafen nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 65/2002 lautet:

"Mündliche Verhandlung

§ 40. (1) Mündliche Verhandlungen sind unter Zuziehung aller bekannten Beteiligten sowie der erforderlichen Zeugen und Sachverständigen vorzunehmen und, sofern sie mit einem Augenschein verbunden sind, womöglich an Ort und Stelle, sonst am Sitz der Behörde oder an dem Ort abzuhalten, der nach der Sachlage am zweckmäßigsten erscheint. Bei der Auswahl des Verhandlungsortes ist, sofern die mündliche Verhandlung nicht mit einem Augenschein verbunden ist, darauf zu achten, daß dieser für körperbehinderte Beteiligte gefahrlos und tunlichst ohne fremde Hilfe zugänglich ist. In verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2a) abzuhaltende mündliche Verhandlungen sind von der Behörde tunlichst gemeinsam durchzuführen."

Weder die besonderen Bestimmungen für das Verfahren vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten im 2. Abschnitt des IV. Teiles des AVG noch die Bestimmungen über den Rechtsschutz durch Unabhängige Verwaltungssenate im 5. Abschnitt des II. Teiles des VStG enthalten Vorschriften, welche den §§ 39 Abs. 2 und 40 Abs. 1 AVG widersprechen.

§ 2 Abs. 1 erster Satz der Reisegebührenvorschrift des Bundes, BGBl. Nr. 133/1955 in der Fassung dieses Paragrafen nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 130/2003 (im Folgenden: RGV), lautete:

"§ 2. (1) Eine Dienstreise im Sinne dieser Verordnung liegt vor, wenn sich ein Beamter zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages oder auf Grund einer Dienstinstruktion an einen außerhalb des Dienstortes (außerhalb des Ortes der Dienstzuteilung) gelegenen Ort begibt und die Wegstrecke von der Dienststelle zu diesem Ort mehr als 2 Kilometer beträgt. ..."

Die belangte Behörde vertritt - zusammengefasst - die Auffassung, das Vorliegen einer Dienstreise (und damit auch die Gebührlichkeit der hier von der Beschwerdeführerin angesprochenen Geldleistungen) sei deshalb zu verneinen, weil es an einem "Dienstreiseauftrag" im Verständnis des § 4 Abs. 9 DPL 1972 des hiefür gemäß § 167 DPL 1972 in Verbindung mit § 17 Abs. 2 und 8 UVSG zuständigen Vorsitzenden des Unabhängigen Verwaltungssenates gefehlt habe.

Unter Dienstreiseauftrag ist für den Bereich der hierarchisch gegliederten Verwaltung wohl die (individuelle oder kollektive) Weisung an einen oder mehrere Beamte zu verstehen, in einem über 2 km vom Dienstort entfernten Ort eine bestimmte Dienstleistung zu erbringen, wobei § 167 DPL 1972 als zur Erteilung einer solchen Weisung zuständigen Vorgesetzten den jeweiligen Dienststellenleiter festlegt.

Wie die Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zutreffend ausführt, verstieße aber eine Übertragung dieses Verständnisses eines "Dienstreiseauftrages" auf die hier von der Beschwerdeführerin außerhalb ihres Dienstortes durchgeführten mündlichen Verhandlungen als Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates gegen Art. 129b Abs. 2 erster Satz B-VG:

Zufolge der zitierten Verfassungsbestimmung sind nämlich die Mitglieder der unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern u.a. bei Besorgung der ihnen nach Art. 129a B-VG zukommenden Aufgaben an keine Weisungen gebunden.

Zu den in Art. 129a B-VG umschriebenen Entscheidungstätigkeiten zählt aber auch die Durchführung des der Entscheidungstätigkeit vorgelagerten Verwaltungsverfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat, einschließlich der Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Die Anberaumung der mündlichen Verhandlung erfasst ihrerseits insbesondere auch die Festlegung des Ortes und des Zeitpunktes derselben.

Diesem Grundsatz hat auch der niederösterreichische Landesgesetzgeber im UVSG Rechnung getragen, indem er nicht nur die Weisungsfreiheit der Mitglieder des Unabhängigen Verwaltungssenates bei Besorgung u.a. aller ihnen nach Art. 129a B-VG übertragenen Aufgaben in § 5 Abs. 1 UVSG festschreibt, sondern auch in § 11 erster Satz leg. cit. die Anordnung einer mündlichen Verhandlung in die Zuständigkeit des Kammervorsitzenden verweist. Damit brachte der niederösterreichische Landesgesetzgeber klar seine Auffassung zum Ausdruck, dass eine solche Anordnung Teil der von den Mitgliedern des Unabhängigen Verwaltungssenates weisungsfrei zu besorgenden Aufgaben im Verständnis des Art. 129b Abs. 2 B-VG bildet. Konsequenterweise sieht § 8 UVSG in diesem Zusammenhang keine Zuständigkeit des Vorsitzenden des Unabhängigen Verwaltungssenates als monokratischem Leitungsorgan vor.

Dies zeigt sich umso deutlicher daran, dass die in der Stammfassung des § 8 Abs. 2 UVSG vorgesehenen Aufgaben des Vorsitzenden des Unabhängigen Verwaltungssenates im Zusammenhang mit der Festlegung von Sitzungstagen (welche nach den dazu ergangenen Materialien ohnedies verfassungskonform ausschließlich als Kompetenz zum Treffen organisatorischer Vorkehrungen auszulegen waren) durch die Novelle LGBl. 0015-5 gänzlich entfielen. Nach Maßgabe der Materialien zu der zuletzt genannten Novellierung soll sich die Tätigkeit des Vorsitzenden des Unabhängigen Verwaltungssenates in diesem Zusammenhang lediglich auf die Koordinierung von Terminen (offenbar verschiedener Kammern zur Vermeidung räumlicher oder personeller Terminkollisionen) beschränken.

Zusammengefasst ergibt sich, dass für den Fall der Kammerzuständigkeit die Anordnung der mündlichen Verhandlung dem Kammervorsitzenden im Rahmen der von ihm weisungsfrei zu besorgenden Aufgaben obliegt. Die Anordnung der mündlichen Verhandlung umfasst auch die Festlegung ihres Zeitpunktes bzw. ihres Ortes, einschließlich der in § 40 Abs. 1 erster Satz AVG vorgesehenen Prüfung, welcher Ort nach der Sachlage hiefür am zweckmäßigsten erscheint. Entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat nicht als Kammer sondern als Einzelmitglied, obliegt die in § 11 erster Satz UVSG umschriebene Aufgabe dem jeweils zur Entscheidung berufenen Einzelmitglied im Rahmen der von ihm weisungsfrei zu besorgenden Aufgaben.

Aus dem Vorgesagten folgt aber, dass eine Zuständigkeit des Vorsitzenden des Unabhängigen Verwaltungssenates als monokratischem Leitungsorgan zur Einflussnahme auf die Festlegung von Ort und Zeit einer vor dem unabhängigen Verwaltungssenat durchzuführenden mündlichen Verhandlung weder nach Art. 129b Abs. 2 B-VG noch nach dem UVSG in Betracht kommt. Die Erteilung eines "Dienstreiseauftrages" im oben aufgezeigten Verständnis einer Weisung durch den Vorgesetzten kommt daher vorliegendenfalls nicht in Betracht.

Der - insofern entsprechenden - Situation im Bereich der Ausübung der ordentlichen Gerichtsbarkeit trägt für den Bereich des Dienstrechtes des Bundes § 2 Abs. 1 erster Satz RGV Rechnung, indem er neben dem Fall eines dem Beamten erteilten Dienstauftrages auch vorsieht, dass eine Dienstreise "auf Grund einer Dienstinstruktion" vorliegen kann. Durch den Begriff der Dienstinstruktion ist auch der Fall gedeckt, dass ein Richter beispielsweise auf Grund eines von ihm gefassten Beweisbeschlusses einen Lokalaugenschein vornimmt (vgl. hiezu Germ-Zach, Die Reisegebührenvorschrift, Anmerkung 4 zu § 2 RGV; die zitierte Bestimmung verwendet hier den Begriff "instruieren" im altertümlichen Verständnis der "Vorbereitung einer Rechtssache zur Entscheidung", vgl. hiezu etwa Duden, Band 5, Fremdwörterbuch, 6. Auflage, S. 366).

Aber auch die niederösterreichische reisegebührenrechtliche Gesetzeslage erlaubt durchaus eine den oben angeführten, aus Art. 129b Abs. 2 B-VG abgeleiteten Grundsätzen entsprechende Lösung:

Gemäß § 17 Abs. 2 UVSG gelten nämlich die Bestimmungen der DPL 1972 bloß sinngemäß, und darüber hinaus nur insoweit, als das UVSG selbst nicht anderes bestimmt.

Jedenfalls im Rahmen einer sinngemäßen Anwendung des § 4 Abs. 9 DPL 1972 kann der dort verwendete Begriff des "Dienstreiseauftrages" durchaus auch so verstanden werden, dass er die Durchführung auswärtiger Verhandlungen auf Grund einer vom Kammervorsitzenden oder von einem Einzelmitglied eines unabhängigen Verwaltungssenates im Rahmen seiner weisungsfreien Tätigkeit erfolgten Anordnung mitumfasst. Der Verweis des § 17 Abs. 2 UVSG erstreckt sich nach den vorgesagten Grundsätzen hingegen nicht auch auf § 167 DPL 1972, weil das UVSG selbst anderes bestimmt. "Anderes" im Verständnis des § 17 Abs. 2 UVSG kann sich nämlich nicht nur aus Abs. 3 leg. cit. ergeben, sondern aus dem gesamten UVSG. Vorliegendenfalls würde - wie oben aufgezeigt - eine Weisungs- oder Anordnungsbefugnis des Vorsitzenden des Unabhängigen Verwaltungssenates bezüglich der Festlegung von Zeit und Ort mündlicher Verhandlungen sowohl dem § 5 Abs. 1 als auch dem § 11 erster Satz UVSG widersprechen.

Da somit eine Interpretation des § 17 Abs. 2 UVSG dazu führt, dass § 167 DPL 1972 für die hier in Rede stehenden Dienstreisen nicht gilt, kann hier auch aus der an die Zuständigkeit des Dienststellenleiters anknüpfenden Bestimmung des § 17 Abs. 8 UVSG keine Kompetenz des Vorsitzenden des Unabhängigen Verwaltungssenates zur Erteilung eines Dienstreiseauftrages abgeleitet werden.

Für die hier vertretene Auslegung des § 17 Abs. 2 UVSG sprechen insbesondere auch die hiezu ergangenen Gesetzesmaterialien, wonach der gesamte 3. Abschnitt des UVSG unter der Zielsetzung steht, das Dienstrecht der Mitglieder des Unabhängigen Verwaltungssenates entsprechend dem Grundsatz gestalten, dass jeder Anschein von Abhängigkeit möglichst vermieden werden soll. Ein solcher Anschein von Abhängigkeit entstünde aber, wenn der Vorsitzende des Unabhängigen Verwaltungssenates als monokratisches Verwaltungsorgan im Wege von (dann der hierarchisch gegliederten Verwaltung zuzurechnenden) Ermessensentscheidungen Einfluss auf die Festlegung von Zeit und Ort der Durchführung mündlicher Verhandlungen vor einem Unabhängigen Verwaltungssenat (und damit jedenfalls auch einen Einfluss auf den Zeitpunkt der Entscheidungsfällung durch denselben) ausüben könnte.

Aus dem Vorgesagten folgt, dass die hier strittigen Dienstreisen sehr wohl auf einem sinngemäß verstandenen "Dienstreiseauftrag" nach § 17 Abs. 2 UVSG in Verbindung mit § 4 Abs. 9 DPL 1972 ("Dienstinstruktion") beruhten. Ein diesbezüglicher Willensakt (Weisung) des Vorsitzenden des Unabhängigen Verwaltungssenates war hiefür nicht erforderlich.

Zur Erlassung gegenteiliger Anordnungen in Weisungsform war der Vorsitzende des Unabhängigen Verwaltungssenates nach dem Vorgesagten unzuständig. Diesbezügliche Weisungen desselben konnten daher schon aus dem Grunde des Art. 20 Abs. 1 B-VG keine Wirkung entfalten. Einer Vorgangsweise der Beschwerdeführerin nach § 20 UVSG bedurfte es daher zur Unwirksamkeit diesbezüglicher Weisungen nicht.

Indem die belangte Behörde diese Rechtslage verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aus diesem Grunde aufzuheben war.

Zur Vermeidung von Missverständnissen ist freilich klarzustellen, dass die Mitglieder der Unabhängigen Verwaltungssenate bei weisungsfreier Ausübung ihrer Tätigkeit die in § 39 Abs. 2 letzter Satz AVG umschriebenen Grundsätze sehr wohl zu beachten haben. Der Umstand, dass die Anberaumung auswärtiger Verhandlungen nach dem Vorgesagten durch die Mitglieder des Unabhängigen Verwaltungssenates weisungsfrei zu besorgen ist und dem Mitglied in diesem Zusammenhang auch die weisungsfreie Zuständigkeit zur Ausübung des in den §§ 39 Abs. 2 und 40 Abs. 1 AVG eingeräumten behördlichen Ermessens zukommt, schließt eine disziplinäre Verantwortlichkeit etwa bei missbräuchlicher Ausübung desselben nicht aus (vgl. zur Frage der disziplinären Verantwortlichkeit von Richtern für den Inhalt ihrer rechtsprechenden Tätigkeiten etwa RS 0072522, sowie für die rechtsprechende Tätigkeit eines Rechtspflegers den Bescheid der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt vom 15. Jänner 2013, GZ 111/13-BK12).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 13. März 2013

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