VwGH 2012/09/0075

VwGH2012/09/00753.10.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der A in W, vertreten durch Dr. Andreas Manak, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stephansplatz 6, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 20. März 2012, Zl. BMUKK- 13.612/0001-IV/3/2012, betreffend Antrag gemäß § 5 DMSG (mitbeteiligte Partei: Ö AG in W, vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 12), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §8;
DMSG 1923 §1 Abs12;
DMSG 1923 §26;
DMSG 1923 §5;
UNESCOÜbk Welterbe 1993 Art4;
UNESCOÜbk Welterbe 1993 Art5;
UVPG 2000 §19 Abs10;
UVPG 2000 §19;
UVPG 2000 §2 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei stellte beim Landeshauptmann von Niederösterreich (LH) für näher beschriebene Maßnahmen zum Vorhaben "Semmering Basistunnel neu", welches im Wesentlichen die zweigleisige Neubaustrecke zwischen den Bahnhöfen Gloggnitz und Mürzzuschlag umfasst und die Verknüpfung der Neubaustrecke mit der bestehenden Semmeringstrecke im Bahnhof Gloggnitz und dem Freistreckenabschnitt bis zum Tunnelportal Gloggnitz inklusive Adaptierungen bestehender Infrastrukturanlagen, das zweiröhrige Tunnelbauwerk sowie die Einbindung der Neubaustrecke und der Bestandsstrecke in den Bahnhof Mürzzuschlag beinhaltet, mit Eingabe vom 15. Juli 2010, präzisiert und geändert in der Verhandlung am 17. Oktober 2011, den Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 24 Abs. 3 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) iVm §§ 9 und 32 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), § 92 Luftfahrtgesetz (LFG) und § 5 Denkmalschutzgesetz (DMSG).

Mit Bescheid vom 13. Dezember 2011 erteilte der LH "als teilkonzentrierte Behörde" gemäß § 24 Abs. 3 UVP-G 2000 (Anm.: idF BGBl. I Nr. 87/2009) - soweit im Beschwerdefall von Bedeutung - iVm § 5 DMSG die denkmalschutzrechtliche Genehmigung für die Veränderung des Denkmals "Semmeringbahn" durch (1) Veränderung der Bestandsstrecke im Bereich des Bahnhofes Gloggnitz, (2) Abbruch des Wächterhauses Nr. 123 und (3) Abbau des Unterwerks Schlöglmühl und der dazugehörigen 110 kV-Zuleitung.

Die gegen diesen Bescheid von der beschwerdeführenden Partei erhobene Berufung wies die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG im Umfang der in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Materie nach § 5 DMSG als unbegründet ab.

In ihrer Bescheidbegründung führte die belangte Behörde einleitend aus, dass sich in einem teilkonzentrierten Genehmigungsverfahren nach § 24 Abs. 3 UVP-G 2000 infolge Aufsplittung der Zuständigkeit bei Erhebung einer Berufung ihre Zuständigkeit gemäß § 29 Abs. 1 DMSG, idF BGBl. I Nr. 2/2008, im Zusammenhang mit dem Bundesministeriengesetz 1986, BGBl. Nr. 76/1986 idgF, auf die Materie Denkmalschutz zu beschränken habe.

Sie hielt anschließend fest, das Bundesdenkmalamt habe mit Bescheid von 17. März 1997 festgestellt, dass die Erhaltung der Semmeringbahn, ÖBB-Hauptlinie: Wien bis Staatsgrenze bei Spielfeld/Straß im öffentlichen Interesse gelegen sei. Dieser Bescheid enthalte ausführliche Angaben zur Charakteristik und Geschichte der Bahn sowie eine Beschreibung der Strecke. Im Wesentlichen werde darin ausgeführt, es handle sich hier um eine außerordentlich innovative Leistung auf dem Gebiet des Eisenbahnwesens, die die technische Weiterentwicklung dieses damals relativ neuen Verkehrssystems nachhaltig beeinflusst habe. Die Vielzahl an Kunstbauten mache die Anlage insgesamt zu einem als solches erkennbaren "Bauwerk" in der Landschaft. Die Erkennbarkeit als Bauwerk, eingebunden in eine als romantisch zu empfindende Landschaft, habe die Semmeringbahn auch dem Laien stets als eine großartige Verbindung von (innovativer) Technik und Natur verständlich gemacht und sie zeichne sich als eine epochale Leistung menschlichen Geistes von ansprechender architektonischer Form in bedeutender Naturlandschaft aus; daher werde die Semmeringbahn einschließlich aller Kunst- und Hochbauten unter Denkmalschutz gestellt.

Im Weiteren legte die belangte Behörde detailliert den Verfahrensgang unter Zitierung des für den Bereich Denkmalschutz eingeholten Gutachtens des Amtssachverständigen Dr. M vom 10. Oktober 2011 dar und hielt der Berufung der beschwerdeführenden Partei Folgendes entgegen:

"dass das UNESCO Welt(kultur)erbe kein Bestandteil der Kompetenz Denkmalschutz ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vorn 19. März 1964, K II-4/63, kundgemacht mit BGBl. Nr. 140/1965, feststellte, sind 'Denkmale bewegliche oder unbewegliche, von Menschen geschaffene Gegenstände von historischer, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung. Felder, Alleen und Parkanlagen und sonstige derartige Erscheinungsformen der gestalteten Natur sind keine Denkmale'. Aufgrund verfassungsrechtlicher Vorgaben kann somit nur ein Denkmal Gegenstand dieses Verfahrens sein. Über das Landschaftsbild, die Welterbestätte und dergleichen hat die Berufungsbehörde nicht zu entscheiden. Diesbezügliche Vorbringen sind daher irrelevant und von der Berufungsbehörde nicht zu behandeln.

Die den Entscheidungsspielraum der Berufungsbehörde begrenzende Sache iSd § 66 Abs. 4 AVG ist ausschließlich die, die durch den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides begrenzt ist (VwGH 13. Oktober 2010, 2009/06/0189). Bei dem gegenständlichen Verfahren handelt es sich um ein Veränderungsverfahren gemäß § 5 Abs. 1 DMSG. Der Verfahrensgegenstand wird durch den Antrag begründet. Im gegenständlichen Fall liegt ein Antrag der (mitbeteiligten Partei) vom 15. Juli 2010 vor, welcher im Rahmen der Verhandlung am 17. Oktober 2011 präzisiert und abgeändert wurde, und konkret die Veränderung des Denkmals Semmeringbahn durch:

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