Normen
BAO §193 Abs2;
BAO §250 Abs1 litc;
BAO §250 Abs1 litd;
BAO §250;
BAO §275;
BAO §85 Abs2 idF 2009/I/020;
BAO §85 Abs2;
BewG 1955 §21;
VwGG §42 Abs2 Z2;
BAO §193 Abs2;
BAO §250 Abs1 litc;
BAO §250 Abs1 litd;
BAO §250;
BAO §275;
BAO §85 Abs2 idF 2009/I/020;
BAO §85 Abs2;
BewG 1955 §21;
VwGG §42 Abs2 Z2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer einer wirtschaftlichen Einheit des land- und fortwirtschaftlichen Vermögens.
Aufgrund eines Antrags des Beschwerdeführers auf Wertfortschreibung hat das Finanzamt den Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes mit Bescheid vom 4. Dezember 2007 zum 1. Jänner 2007 mit 2000 EUR festgestellt. Die gegen diesen Feststellungsbescheid erhobene Berufung hat die belangte Behörde mit Berufungsentscheidung vom 26. August 2009, RV/0016-K/09, abgewiesen. In der Begründung der Berufungsentscheidung ist sie im Detail auf die einzelnen Einwendungen des Beschwerdeführers eingegangen.
Mit Eingabe vom 10. Dezember 2009 beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Wertfortschreibung (Herabsetzung des Einheitswertes). Zur Begründung führte er aus, der Einheitswert sei viel zu hoch. Es müssten alle Umstände berücksichtigt werden, die auf den wirtschaftlichen Erfolg des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes Einfluss hätten. Der Verkauf land- und forstwirtschaftlicher Produkte werde zunehmend schwieriger, die Preise für Betriebsmittel stiegen demgegenüber an. Generell seien die Einheitswerte völlig überhöht und entsprächen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten.
Mit Bescheid vom 18. Jänner 2010 wies das Finanzamt den Antrag auf Wertfortschreibung des Einheitswertes zum Bewertungsstichtag 1. Jänner 2009 ab. In der Begründung wird u. a. ausgeführt, dass der Einheitswert zum 1. Jänner 2007 durch einen dem seinerzeitigen Antrag des Beschwerdeführers teilweise stattgebenden Bescheid vom 4. Dezember 2007 mit 2.000 EUR festgestellt und eine gegen diesen Bescheid erhobene Berufung durch die belangte Behörde abgewiesen worden sei.
Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 8. Februar 2010 Berufung ein. In der Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht, dass land- und forstwirtschaftliche Flächen seit Jahrzehnten fehlerhaft bewertet würden, Auch die Vergleichsbetriebe seien zu hoch bewertet. Die Bauerneinkommen seien von Oktober 2008 bis Oktober 2009 um ca. 20% eingebrochen. Die Feststellung der geänderten Ertragsfähigkeit der land- und forstwirtschaftlichen Flächen sei notwendig. Sie habe nach den tatsächlichen aktuellen und objektiven Kriterien zu erfolgen.
Das Finanzamt hat die Berufung der belangten Behörde vorgelegt. Im Vorlagebericht erwähnt sie die Möglichkeit, landwirtschaftliche Flächen aus dem Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes auszuweisen und als Grundvermögen zu bewerten.
In der Stellungnahme zum Vorlagebericht beurteilt der Beschwerdeführer dieses durch das Finanzamt erfolgte Ansprechen der Variante, die landwirtschaftlichen Flächen aus dem Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes auszuscheiden, als "absolute Böswilligkeit" des Finanzamtes. Eine andere als die land- und forstwirtschaftliche Nutzung der betroffenen Flächen wäre absurd und ausgeschlossen. Er führt aber auch aus, dass es grob fahrlässig wäre, bei dem in Rede stehenden Betrieb "betriebswirtschaftliche Ziele bzw. unternehmerisches Denken zu verfolgen, um einen Gewinn zu erzielen".
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
§ 250 Abs. 1 BAO lautet:
"Die Berufung muss enthalten:
- a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
- b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
- c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
- d) eine Begründung."
§ 85 Abs. 2 BAO idF AbgVRefG, BGBl. I Nr. 20/2009 lautet:
"Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, das die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht."
§ 275 BAO sah vor dem AbgVRefG vor, dass die Abgabenbehörde dem Berufungswerber, wenn eine Berufung den in § 250 Abs. 1 BAO umschriebenen Erfordernissen nicht entspricht, die Behebung dieser inhaltlichen Mängel mit dem Hinweis aufzutragen hat, dass die Berufung nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt.
§ 275 BAO wurde mit dem AbgVRefG aufgehoben. Zugleich wurde der Anwendungsbereich des § 85 Abs. 2 BAO, der bis dahin auf Formgebrechen beschränkt war, auf inhaltliche Mängel von Eingaben erweitert (vgl. Ritz, BAO4, § 275). Im Ergebnis wurde sohin die Rechtslage betreffend die Behebung von Mängeln der Berufung inhaltlich nicht verändert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 2011, 2010/15/0024).
Liegen die Voraussetzungen des § 85 Abs. 2 BAO vor, ist die Behörde verpflichtet, einen Mängelbehebungsauftrag zu erlassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1987, 85/17/0082). Das ist u.a. dann der Fall, wenn eine Berufung nicht den in § 250 BAO angeführten Voraussetzungen entspricht (vgl. Ritz, BAO4, § 85 Tz 12a und 15).
Die Berufungsbehörde, der keine den Erfordernissen des § 250 BAO entsprechende Berufung vorliegt, ist zu einer Sachentscheidung nicht zuständig. Trifft sie eine solche dennoch, so belastet sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde (vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 4. April 1990, 89/13/0190, vom 16. Dezember 1987, 85/13/0108, und vom 4. Februar 1977, 148/76, Slg. Nr. 5078/F). Eine solche Unzuständigkeit, die vom Verwaltungsgerichtshof stets aufzugreifen ist (siehe Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 581), liegt beispielsweise vor, wenn die Berufung keinen Berufungsantrag oder keine Begründung enthält.
Der Berufungsantrag iSd § 250 Abs. 1 litt c BAO soll die Behörde in die Lage versetzen, klar zu erkennen, welche Unrichtigkeit der Berufungswerber dem Bescheid anlastet und beseitigt wissen will (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2574). Das Vorbringen, Abgaben seien unrichtig festgesetzt, stellt keinen ausreichenden Berufungsantrag dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1996, 92/14/0081). Das gilt entsprechend für ein auf Feststellungsbescheide bezogenes Vorbringen.
Die Berufungsbegründung iSd § 250 Abs. 1 lit. d BAO soll der Behörde aufzeigen, aus welchen Gründen der Berufungswerber sein Berufungsbegehren für gerechtfertigt bzw. erfolgversprechend hält (vgl. Ritz, aaO, § 250 Tz 14). Die Begründung soll aufzeigen, was der Berufungswerber anstrebt und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. Stoll, aaO, 2576).
Nicht näher begründete Behauptungen, eine vorgeschriebene Abgabe oder festgestellte Bemessungsgrundlage sei zu hoch, stellen keine ausreichende Begründung dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 1993, 91/13/0223).
Im gegenständlichen Fall ist der Berufung des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen, welche Änderung des erstinstanzlichen Bescheides er begehrt. Aus einer Zusammenschau der Berufung und der Stellungnahme des Beschwerdeführers zum Vorlagebericht des Finanzamtes kann geschlossen werden, dass der Beschwerdeführer den Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes mit einem niedrigeren Betrag festgestellt wissen will. Mit welcher konkreten Änderung aber den Vorstellungen des Beschwerdeführers entsprochen wäre, ist nicht annähernd zu erkennen. Es fehlt auch an einer Begründung, die in Konnex mit einem konkreten Begehren stehen und dieses untermauern soll.
Fortschreibungen iSd § 21 BewG können auch zur Beseitigung von Unrichtigkeiten, Fehlbeurteilungen, unzutreffenden Tatsachen- und Werturteilen vorgenommen werden, allerdings gegenüber früheren rechtskräftigen Feststellungsbescheiden nur auf spätere Stichtage. Nach der hg. Rechtsprechung ist es, wenn eine solche Fortschreibung auf Antrag vorgenommen werden soll, dem Antragsteller zuzumuten, für die Unrichtigkeit der bisherigen Bewertung den Nachweis zu erbringen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1988, 86/15/0141, VwSlg 6285 F/1988). Im Falle eines Antrages auf Wertfortschreibung nach § 193 Abs. 2 BAO hat somit der Antragsteller den Nachweis der Wertänderung zu erbringen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1999, 97/15/0169). In Bezug auf ein die Wertfortschreibung betreffendes Berufungsverfahren ist daraus abzuleiten, dass die Berufungsbegründung nach § 250 Abs. 1 lit. d BAO zumindest konkret ansprechen muss, in welcher Stufe der Berechnung des Einheitswertes die Unrichtigkeit erblickt wird und worin sie nach Ansicht des Berufungswerbers besteht.
Im gegenständlichen Fall hat die Berufung die Voraussetzungen des § 250 Abs. 1 lit. c und d BAO nicht erfüllt. Die belangte Behörde hat, ohne einen Mängelbehebungsauftrag zu erlassen, über die Berufung abgesprochen.
Der angefochtene Bescheid ist daher mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde belastet. Er war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 27. Juni 2013
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