VwGH 2010/03/0102

VwGH2010/03/010224.4.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des J R in E, vertreten durch Dr. Walter Sarg, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 24, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 1. Februar 2010, Zl BMVIT- 53.539/0001-II/L1/2010, betreffend Luftfahrthindernis, zu Recht erkannt:

Normen

LuftfahrtG 1958 §85 Abs2;
LuftfahrtG 1958 §92;
LuftfahrtG 1958 §96 Abs1;
LuftfahrtG 1958 §85 Abs2;
LuftfahrtG 1958 §92;
LuftfahrtG 1958 §96 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

A. Zum angefochtenen Bescheid

1. Mit dem für den Beschwerdeführer maßgeblichen Bescheid vom 17. Mai 1995 erteilte der Landeshauptmann von Tirol "die luftfahrtbehördliche Ausnahmebewilligung zur Betreibung der Materialseilbahn 'K Alm', Gemeinde W, deren Situierung der einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bildenden Lageskizze (Ausschnitt aus Österreichkarte M 1 : 50.000, Blatt) zu entnehmen ist, gemäß den §§ 91, 92 und 93 Luftfahrtgesetz" (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. wurde ausgesprochen, dass die genannte Materialseilbahn "ein Luftfahrthindernis im Sinne des § 85 Abs 2a des Luftfahrtgesetzes" darstellt, dessen Kennzeichnung im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt und zum Schutz der Allgemeinheit gemäß § 95 Abs 2 LFG erforderlich ist. Unter Spruchpunkt III. wurde der Eigentümer der Materialseilbahn gemäß § 95 Abs 1 LFG zur Durchführung einer Reihe von Kennzeichnungsmaßnahmen verpflichtet. Diesbezüglich wurde insbesondere Folgendes angeordnet:

"1) Auf dem links der Talstation befindlichen Hügel ist ein Gerüst mit 4 Warnkugeln, Durchmesser 60 cm, so zu errichten, daß der Sehnenverlauf des Seiles angedeutet wird. Im Bereich der Bergstation sind 3 Warnkugeln ebenfalls mit 60 cm Durchmesser anzubringen. Die Farbe der Kugeln muß Orange sein. (RAL 2004 oder RAL 2005) Die Kugeln müssen so hoch angebracht werden, daß sie sich über der höchsten Schneelage befinden."

Statuiert wurde weiters die Verpflichtung zur laufenden Instandhaltung der Kennzeichnungen (Punkt 4.) und dazu, die Kennzeichnungen in Hinkunft pfleglich zu halten (Punkt 6.).

2. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer als Eigentümer des Luftfahrthindernisses "K Alm" gemäß § 36 Abs 1 des Luftfahrtgesetzes - LFG, BGBl Nr 253/1957, der Auftrag erteilt, das Tragseil der Materialseilbahn unverzüglich zu entfernen.

In der Begründung wurde ausgeführt, dass diesem Auftrag ein Mandatsbescheid des Landeshauptmanns von Tirol vom 29. Juni 2009 (berichtigt mit Bescheid vom 7. Juli 2009) zugrunde liege. Dieser sei im Wesentlichen damit begründet worden, dass bei der schon seit Jahren mangelhaft gekennzeichneten Seilweganlage nunmehr auch die Kennzeichnung bei der Talstation entfernt worden sei und die drei Luftwarnkugeln im Gebäude der Talstation gelagert würden. Da diverse Aussagen von Luftfahrttechnikern, der Polizeiinspektion N sowie von Piloten des Bundesministeriums für Inneres auf die schlechte Sichtbarkeit und somit auf die Gefährdung der Sicherheit der Luftfahrt durch das Hindernis hingewiesen hätten, die Seilweganlage in einem beliebten Wandergebiet liege und somit weiterhin mit Such- und Rettungsflügen gerechnet werden müsse, liege eindeutig Gefahr im Verzug vor. Gegen diesen Mandatsbescheid habe der Beschwerdeführer Vorstellung eingebracht, von der erstinstanzlichen Behörde sei dann ein Ermittlungsverfahren samt Parteiengehör durchgeführt worden. Da auch dieses Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass die Seilweganlage eine Gefährdung der Sicherheit der Luftfahrt darstelle, sei der Mandatsbescheid mit Bescheid des Landeshauptmanns von Tirol vom 22. Dezember 2009 bestätigt worden.

In der dagegen eingebrachten Berufung werde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Seilweganlage zwar ruhend sei, nun aber durch alle im Bescheid des Landeshauptmanns von Tirol vom 17. Mai 1995 geforderten Kennzeichnungsmaßnahmen gesichert sei. Weiters sei die Anlage gut sichtbar und in den Luftfahrtkarten eingezeichnet.

Aus der Aktenlage ergebe sich aber eindeutig, dass das Luftfahrthindernis nicht mehr in der von der Behörde mit Bescheid vom 17. Mai 1995 bewilligten Form vorhanden sei. So seien vom Beschwerdeführer sowohl das Zug- als auch das Telefonseil bereits entfernt worden. Diese Veränderungen des Hindernisses stellten eine wesentliche Änderung des Sachverhalts dar und hätten dazu geführt, dass die mit Bescheid aus dem Jahr 1995 vorgeschriebenen Kennzeichnungsmaßnahmen nicht mehr erfüllt würden oder vom Beschwerdeführer (ohne eine diesbezügliche Bewilligung beantragt zu haben) eigenmächtig verändert worden seien. So hätte er die ursprünglich auf dem Telefonseil befestigten Kugeln auf dem Tragseil montiert. Dieser Umstand werde vom Beschwerdeführer nicht bestritten, sondern vielmehr selbst dargelegt. Abgesehen von der nicht bewilligten Veränderung eines Luftfahrhindernisses habe die Wahrnehmung eines Organs der erstinstanzlichen Behörde am 20. Jänner 2010 ergeben, dass die angebrachte Kennzeichnung auf Grund der nicht geschnittenen Bäume nicht ausreichend wahrnehmbar sei. Auch dieser Umstand stelle ein Versäumnis des Beschwerdeführers dar, weil er dafür verantwortlich sei, dass die Kennzeichnung ausreichend sichtbar sei. Die Tatsache, dass das Hindernis auch in den Luftfahrkarten eingezeichnet sei, ändere nichts an dieser Verpflichtung. Auf Grund der glaubwürdigen Aussagen von Luftfahrttechnikern, der genannten Polizeiinspektion sowie von Piloten des Bundesministeriums für Inneres über die schlechte Sichtbarkeit der Kennzeichnungsmaßnahme sowie des Umstands, dass in diesem Bereich ein beliebtes Wandergebiet sei und somit weiterhin mit Such- und Rettungsflügen gerechnet werden müsse, ergebe sich, dass das gegenständliche Luftfahrthindernis wegen der vorgenommenen nicht bewilligten Veränderungen und der wiederholt vom Beschwerdeführer verabsäumten Instandhaltung der vorhandenen Kennzeichnungsmaßnahmen eine sehr große Gefährdung für die Sicherheit der Luftfahrt darstelle. Da die Materialseilbahn seit Jahren nicht mehr funktionstüchtig sei und nach der Entfernung des Zug- sowie des Telefonseils nunmehr auch das Tragseil durch die Montage der Kugel nicht mehr verwendet werden könne, stelle die aufgetragene Maßnahme der Entfernung des Tragseils das geeignetste Mittel zur Herstellung des gesetzeskonformen Zustands dar.

B. Beschwerdeverfahren

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts bzw wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

C. Erwägungen

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach § 85 Abs 2 LFG sind außerhalb von Sicherheitszonen Luftfahrthindernisse Bauten oberhalb der Erdoberfläche, Anpflanzungen, verspannte Seile und Drähte sowie aus der umgebenden Landschaft herausragende Bodenerhebungen, wenn ihre Höhe über der Erdoberfläche (lit a) 100 m übersteigt.

§ 91 LFG sieht das Erfordernis einer Ausnahmebewilligung für die Errichtung, Erweiterung bzw Abänderung eines Luftfahrthindernisses außerhalb von Sicherheitszonen gemäß § 85 Abs 2 LFG vor (grundsätzlich). Nach § 92 LFG sind im Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 91 LFG die Lage, die Art und Beschaffenheit sowie der Zweck des Luftfahrthindernisses anzugeben. Nach § 92 Abs 2 leg cit ist eine Ausnahmebewilligung mit Bescheid zu erteilen, wenn durch die Errichtung oder Erweiterung des Luftfahrthindernisses die Sicherheit der Luftfahrt nicht beeinträchtigt wird (insoweit bedingt oder mit Auflagen, als dies im Interesse der Sicherheit oder zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist).

Gemäß § 93 LFG ist zur Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 91 der Landeshauptmann zuständig.

§ 96 Abs 1 LFG idF BGBl I Nr 83/2008 (in der hier maßgeblichen Fassung) lautet wie folgt:

"Beseitigungspflicht

§ 96. (1) Die zur Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 93 beziehungsweise die zur Erteilung einer Bewilligung gemäß den §§ 94 oder 122 zuständige Behörde hat unter Bedachtnahme auf die Sicherheit der Luftfahrt und auf den Schutz der Allgemeinheit zu bestimmen, ob, inwieweit und innerhalb welcher Frist Luftfahrthindernisse bzw. deren Kennzeichnungen oder die in den §§ 94 oder 122 bezeichneten Anlagen, die entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder entgegen den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Bescheiden errichtet, abgeändert oder erweitert wurden bzw. betrieben werden, von den Eigentümern auf ihre Kosten zu beseitigen, abzuändern oder zu kennzeichnen sind."

In § 96a Abs 1 LFG idF BGBl I Nr 83/2008 wird Folgendes angeordnet:

"Zusätzliche Auflagen

§ 96a. (1) Ergibt sich nach Erteilung einer Bewilligung gemäß § 92, § 94 oder § 122, dass das Interesse der Sicherheit der Luftfahrt trotz Einhaltung der in den Bewilligungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt ist, so hat die gemäß § 93 oder § 94 Abs. 2 oder § 122 zuständige Behörde die zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen, die dem auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhenden Entwicklungsstand im Bereich der Technik entsprechen, vorzuschreiben. Bei Vorschreibung dieser Auflagen hat die Behörde die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zu beachten und mit möglichster Schonung erworbener Rechte vorzugehen."

2. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass das Luftfahrthindernis nicht mehr in der von der Behörde mit Bescheid vom 17. Mai 1995 bewilligten Form vorhanden und ferner die Materialseilbahn seit Jahren nicht mehr funktionstüchtig ist. Auch der Feststellung, dass auf dem Boden einer Wahrnehmung eines Organs im Jänner 2010 die angebrachte Kennzeichnung auf Grund der nicht geschnittenen Bäume nicht mehr ausreichend wahrnehmbar ist, tritt die Beschwerde nicht konkret entgegen. Bezüglich der von der Beschwerde vermissten Feststellungen dazu, dass das noch bestehende Tragseil ein Luftfahrthindernis iSd § 85 LFG darstelle, ist auf Spruchpunkt II. des rechtskräftigen Bescheides des Landeshauptmanns von Tirol vom 17. Mai 1995 hinzuweisen, wonach die in Rede stehende Materialseilbahn (somit auch das davon erfasste Tragseil) ein Luftfahrthindernis im Sinn dieser Bestimmung darstellen, weshalb solche Feststellungen im angefochtenen Bescheid entbehrlich waren. Wenn der Beschwerdeführer für seinen Standpunkt auf § 96a LFG verweist, ist für ihn deshalb nichts zu gewinnen, weil diese für den Fall der Einhaltung der in den Bewilligungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen die Vorschreibung zusätzlicher Auflagen erlaubende Bestimmung dem angefochtenen Bescheid nicht zugrunde liegt. Dieser Bescheid stützt sich vielmehr auf § 96 Abs 1 LFG, der eine Beseitigungspflicht für Luftfahrthindernisse statuiert, die entgegen den Bestimmungen des LFG oder entgegen den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Bescheiden errichtet, abgeändert oder erweitert wurden bzw betrieben werden. Eine solche Abänderung hat die belangte Behörde zutreffend darin gesehen, dass die Ausnahmebewilligung des Landeshauptmanns von Tirol vom 17. Mai 1995 zur Betreibung der in Rede stehenden Materialseilbahn erteilt worden war, dass aber von den für den Betrieb erforderlichen Seilen nur mehr das Tragseil vorhanden ist und derart die Materialseilbahn (offenbar schon seit längerem) nicht mehr betrieben werden kann, für diese Abänderung aber keine Ausnahmebewilligung besteht. Entgegen der Beschwerde war es auf der Grundlage des § 96 LFG für die Erlassung des angefochtenen Bescheids auch nicht erforderlich, (zuvor) die in Rede stehende Ausnahmebewilligung zu widerrufen.

Damit geht der Hinweis der Beschwerde auf Ausführungen des Amtssachverständigen mit Blick auf § 96a LFG in der Stellungnahme vom 21. Oktober 2009 bezüglich einer Sanierung und Erweiterung der luftfahrttechnischen Kennzeichnungsmaßnahmen fehl. Der Sachverständige hat im Übrigen (auch dem tritt die Beschwerde nicht entgegen) in dieser Stellungnahme den derzeitigen Zustand der luftfahrttechnischen Kennzeichen als absolut unzureichend betrachtet und ist von einer Gefährdung der Sicherheit der Luftfahrt durch die Anlage ausgegangen.

Dass ein Amtssachverständiger im Jahr 2007 auf Grund der damals gegebenen Lage auf Grund eines Lokalaugenscheins zum Ergebnis kam, dass die Auflagen aus dem Jahr 1995 erfüllt seien, vermag am Vorgesagten nichts zu ändern.

Angesichts der unstrittig seit Jahren bestehenden Funktionsunfähigkeit der Materialseilbahn kann auch nicht gesehen werden, dass die Vorgangsweise der Behörde mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Widerspruch stünde, zumal in einem Fall wie dem vorliegenden die unter Bedachtnahme auf die Sicherheit der Luftfahrt erforderliche Beseitigung auch die am wenigsten belastende Maßnahme darstellt.

3. Da die Beschwerde somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigt, war sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 24. April 2013

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