Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei ist Arzthelferin in der Ordination ihres Ehemannes und erwarb am 10. August 2006 eine Eigentumswohnung. Die Immobilie wurde von der Mitbeteiligten durch die Aufnahme zweier Kredite in Höhe von jeweils 180.000 EUR finanziert. Als Sicherheiten wurden jeweils vereinbart: Zession einer Lebensversicherung, Pfandrecht 900.000 EUR auf der privaten Liegenschaft (Einfamilienhaus), die je zur Hälfte im Miteigentum der Mitbeteiligten und ihres Ehemannes steht, ein Pfandrecht von 450.000 EUR auf der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft, eine Bürgschaft und ein Deckungswechsel des Ehemannes.
Die Mitbeteiligte und ihr Ehemann schlossen einen Mietvertrag über die beschwerdegegenständliche Immobilie beginnend mit 1. Juli 2007 ab, wobei der Ehemann in die Immobilie ca. 39.000 EUR investierte, um sie für die Erfordernisse einer Arztpraxis zu adaptieren und insbesondere behindertengerecht zu gestalten, was eine Voraussetzung für den Abschluss von Kassenverträgen ist.
Im Mietvertrag über die beschwerdegegenständliche Immobilie wurde unter anderem vereinbart:
- Das Mietverhältnis kann vom Mieter unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten auf den Monatsletzten gekündigt werden.
- Die Vermieterin verzichtet auf eine Kündigung des Mietverhältnisses.
- Vom Mieter gewünschte Veränderungen bzw Verbesserungen des Mietgegenstandes sind ausnahmslos zulässig. Beabsichtigte Arbeiten am Mietgegenstand hat der Mieter der Vermieterin jedoch schriftlich unter detaillierter Angabe von Art und Umfang sowie unter Benennung des in Aussicht genommenen befugten Gewerbetreibenden so rechtzeitig vorher anzuzeigen, dass die Vermieterin alle eigenen Interessen sowie jene des Hauses und der übrigen Bewohner wahrnehmen kann.
- Der Mieter verzichtet - sofern im Einzelfall keine gesonderte schriftliche Vereinbarung getroffen wird - auf jeden Ersatzanspruch im Zusammenhang mit allfälligen, von ihm vorgenommenen Investitionen. Auf Wunsch der Vermieterin ist bei Beendigung des Mietverhältnisses der ursprüngliche Zustand wiederherzustellen.
- Die gänzliche oder teilweise Untervermietung oder sonstige Überlassung des Mietobjekts ist ohne Zustimmung der Vermieterin zulässig.
- Ausdrücklich abbedungen werden Ansprüche nach §§ 1096, 1097, 1036, 1037 ABGB, womit einerseits der Mieter verpflichtet ist, den Bestandszins auch in Zeiten zu entrichten, in denen der Bestandgegenstand unbrauchbar ist, und andererseits der Ersatzanspruch des Mieters für von ihm getätigte notwendige bzw. nützliche Aufwendungen ausgeschlossen wird.
Der Mietvertrag wurde vereinbarungsgemäß durchgeführt.
Das Finanzamt Bregenz führte bei der Mitbeteiligten gemäß § 150 BAO eine Außenprüfung hinsichtlich Umsatzsteuer für den Zeitraum 2006 und eine Nachschau für den Zeitraum 1/2007 bis 3/2007 durch. Der Prüfer stellte fest, in Anbetracht der geringen Einkünfte der Mitbeteiligten erscheine die Anschaffung einer Eigentumswohnung um ca. 380.000 EUR ungewöhnlich bzw. missbräuchlich im Sinne des § 22 BAO. Werde der abgabensparende Effekt ausgeklammert, sei aus betriebswirtschaftlicher Sicht der eingeschlagene Weg ungewöhnlich, weil dieser aus unternehmerischer Sicht nur zusätzliche, aber vermeidbare Kosten verursache, denn die Mietentgelte seien höher als die für einen begrenzten Zeitraum (von 25 Jahren Laufzeit) anfallenden, niedrigeren Finanzierungskosten für die Immobilie. Der übliche und kostengünstigere Weg sei in solchen Lagen die unmittelbare Anschaffung der Immobilie durch den Arzt ins Betriebsvermögen. Diverse Regelungen im Mietvertrag seien ungewöhnlich und fänden ihre Begründung in der familienhaften Beziehung der Vertragspartner als Ehegatten. Der Mieter sei deshalb nach Ansicht des Finanzamtes als wirtschaftlicher Eigentümer der Eigentumswohnung (Arztpraxis) anzusehen. Ein Vorsteuerabzug für die Anschaffung der Wohnung stehe der Mitbeteiligten nicht zu, weil sie keine Unternehmerin im Sinne des § 2 UStG 1994 sei und die von ihr in Rechnung gestellten Bestandszinse keine Umsätze im Sinne des § 2 UStG 1994 seien.
Die Mitbeteiligte legte Berufung gegen die Festsetzung der Umsatzsteuer für den Zeitraum 3/2007 ein. Mittels Kaufvertrag habe sie Büroflächen erworben und den Kaufpreis in mehreren Raten beglichen. Die Immobilie sei als Anlegerwohnung und in Vermietungsabsicht erworben worden. Da sie ausschließlich mit der Absicht der Einnahmenerzielung erworben worden sei, könne der Aberkennung ihrer Unternehmereigenschaft nicht gefolgt werden.
Die Mitbeteiligte habe mittlerweile - in Reaktion auf die abgabenrechtliche Prüfung - mit dem Mieter eine Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag abgeschlossen, wonach der Mietvertrag auf fünf Jahre befristet werde. Im Gegenzug ermäßige sich das Mietentgelt um 20% für den nunmehrigen Kündigungsverzicht.
Das Finanzamt wies die Berufung mittels Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab. Der Mietvertrag halte insbesondere hinsichtlich der Positionen Kündigungsverzicht der Mitbeteiligten und der Bürgschaftserklärung des Mieters dem Fremdvergleich ("Angehörigenjudikatur") nicht Stand. Die nachträglichen Änderungen des Mietvertrages verdeutlichten den fehlenden Interessensgegensatz von Vermieterin einerseits (Mitbeteiligter) und Mieter andererseits (Ehegatte der Mitbeteiligten).
Abgesehen davon spreche im Streitfall für wirtschaftliches Eigentum des Mieters, dass der Mietvertrag seitens der Vermieterin unkündbar sei, Änderungen und Verbesserungen durch den Mieter am Mietgegenstand ausnahmslos zulässig seien, die gänzliche oder teilweise Untervermietung durch den Mieter zulässig sei, der Mieter für die Bankverbindlichkeiten der Vermieterin bürge, die Mitbeteiligte als Assistentin in der Praxis des Gatten angestellt und wirtschaftlich nicht derart potent sei, die gänzliche Fremdfinanzierung aus eigenen Einkünften (aus eigenem Vermögen) bedienen zu können.
Überdies sei die gewählte Konstruktion über das Mietvertragsverhältnis nur verständlich, weil der Mieter als Arzt über keine Vorsteuerabzugsberechtigung verfüge. Der Vorteil der gewählten Konstruktion liege darin, das Recht auf Vorsteuerabzug (innerhalb des Familienverbandes) zu sichern.
Mit Schriftsatz vom 16. März 2009 legte die Mitbeteiligte Berufung hinsichtlich der am 2. März 2009 erfolgten Veranlagung zur (Jahres)Umsatzsteuer 2007 ein, mit welcher die Umsätze und die Vorsteuern mit Null festgesetzt wurden.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge. Begründend führte sie unter ausführlicher Würdigung der einzelnen Mietvertragsklauseln aus, das Vertragsverhältnis zwischen der Mitbeteiligten als Vermieterin der Arztpraxis und ihrem Gatten sei in einer Gesamtschau als unter fremdüblichen Bedingungen vereinbart anzusehen. Maßgeblich sei die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten, denen je nach Lage des Falles unterschiedliche Bedeutung zukommen könne. In diesem Sinne sei zu beachten, dass zwischen einzelnen Klauseln, wie zum Beispiel Miethöhe und Mietdauer, ein Zusammenhang bestehe. Eine Mietvertragsänderung, bei der die Miete im Gegenzug für eine Verkürzung der Mietdauer herabgesetzt werde, sei nicht fremdunüblich.
Besondere Bedeutung komme dem Umstand zu, dass die Mitbeteiligte im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung die Fremdüblichkeit des Mietzinses von 17,85 bzw. von 15 EUR/m2 (nach der Mietvertragsänderung) durch Vorlage eines Emails konkret nachgewiesen habe. Diesem Email sei zu entnehmen gewesen, dass der Bauträger vergleichbare Geschäftsflächen, die er nicht veräußert habe, um 17,53 EUR, 24,34 EUR bzw 17,45 EUR/m2 vermietet habe.
Der Kündigungsverzicht der Mitbeteiligten sei auf die Forderung des Mieters zurückzuführen, die Mieterinvestitionen abzusichern, die nach Beendigung des Mietverhältnisses entschädigungslos in das Eigentum der Vermieterin übergehen, und insoweit fremdüblich, zumal die Mitbeteiligte damit auf das Kündigungsrecht, nicht aber auf das Recht zur Aufhebung des Vertrages nach § 1118 ABGB verzichtet habe. Die Instandhaltungspflicht des Bestandnehmers entspreche im Wesentlichen § 8 Abs 1 MRG und sei daher fremdüblich. Gegenständlich seien Investitionen des Mieters ausnahmslos für zulässig erklärt worden. Im Gegenzug habe der Mieter auf den Ersatz seiner Investitionen in das Mietobjekt verzichtet. Da sich Vor- und Nachteile aus dem Vertragsverhältnis ausglichen, sehe die belangte Behörde darin keine Unüblichkeit. Das Vertragsverhältnis sei dadurch zum Nutzen von Vermieterin und Mieter gefestigt worden. Für den Bestandnehmer sei dadurch gesichert, dass er seinen Beruf ausüben und seinen Betrieb führen könne, ohne Eigentum erwerben zu müssen. Für die Mitbeteiligte bedeute dies relative Gewissheit, einen guten Mieter zu haben und Mieterträge zu erzielen, die es ihr im Wesentlichen ermöglichten bzw. erleichterten, die Kredite zu bedienen und mittel- bzw. langfristig für die Zukunft vorzusorgen. Hinzu komme, dass diese Klauseln bzw. die Stabilisierung des Mietverhältnisses auch im Interesse der finanzierenden Bank gewesen sein dürften.
Durch das Abbedingen der Ansprüche nach § 1096 ABGB sei der Mieter verpflichtet, den Bestandzins auch in Zeiten zu entrichten, in denen der Bestandgegenstand unbrauchbar sei. Das Eingehen einer solchen Verpflichtung sei zwar fremdunüblich, weil die Brauchbarkeit der Sache ein typisches Eigentümerrisiko darstelle. Allerdings sei zu beachten, dass die Abbedingung dieses Anspruches im Vorhinein ex lege unzulässig sei (§ 1096 Abs. 1 letzter Satz ABGB). Diese Bestimmung habe daher kein Gewicht. Sie sei nicht selten in Musterverträgen zu finden, wo ihnen allerdings nur die Funktion einer leeren Drohung zukomme.
Nach den Erfahrungen der belangten Behörde sei die Zulässigkeit der Untervermietung ohne Zustimmung des Vermieters nicht fremdüblich und spreche dafür, dass der Bestandnehmer unüblich weitgehende Rechte habe. Dies sei der Mitbeteiligten allerdings in zweifacher Form zugutegekommen: zum Einen in Form eines relativ hohen Mietzinses; zum Anderen sei dadurch garantiert gewesen, dass der Mieter das Bestandobjekt (durch Untervermietung) weiter nutzen habe können, wenn er seine Praxis verlegen sollte. Die Klausel habe letztlich auch der Sicherung der Mieterträge gedient, wobei zu berücksichtigen sei, dass die Mitbeteiligte nur ein Anlageinteresse habe und Eigenbedarf auszuschließen gewesen sei. Das Mietverhältnis sei gesamthaft betrachtet deshalb nicht als fremdunüblich zu beurteilen gewesen.
Die Finanzierung des Objektes sei dagegen zum Teil nicht fremdüblich erfolgt. Fremdunüblich sei, dass der Mieter für die Anschaffung des Mietgegenstandes durch die Vermieterin Bürgschaft leiste, einen Deckungswechsel unterfertige und auch seinen Hälfteanteil am privaten Einfamilienhaus verpfände. Dies sei gegenständlich nur durch die Tatsache zu erklären, dass der Mieter der Ehegatte der Mitbeteiligten sei. Da nun aber das gesamte Mietverhältnis selbst als fremdüblich zu werten sei und lediglich die Anschaffung des Mietobjektes zum Teil durch eine Maßnahme ermöglicht worden sei, die nur durch das Naheverhältnis der Vertragsparteien erklärbar sei, fehlten die Voraussetzungen, um dem Mietverhältnis die steuerliche Anerkennung mangels Fremdüblichkeit zu versagen.
Zur Frage des Missbrauchs von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts habe die Mitbeteiligte vorgebracht, die Immobilie aus Gründen der Pensionsvorsorge angeschafft zu haben. Die belangte Behörde schenke diesem Vorbringen Glauben und erblicke in diesen Überlegungen anzuerkennende, außersteuerliche, missbrauchsausschließende Gründe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde nach § 292 BAO.
Der angefochtene Bescheid sei insofern in sich widersprüchlich, als die Anschaffung der Immobilie und deren Finanzierung die Basis für die spätere Vermietung im Sinne einer Conditio sine qua non darstellten. Es sei daher gegenständlich völlig irrelevant, ob der Mietzins und die Mietbedingungen den Marktkonditionen entsprächen. Entscheidend sei vielmehr, dass ein Mieter unter keinen Umständen bereit sei, für die Nutzung einer Immobilie einen (üblichen) Mietzins zu entrichten und zusätzlich für die ordentliche Rückführung des der Finanzierung des Mietobjektes dienenden Fremdkapitals notfalls als Bürge einstehen zu müssen.
Gemäß § 22 Abs. 1 BAO könne im Übrigen die Abgabepflicht durch Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes nicht umgangen oder gemindert werden. Liege ein Missbrauch vor, so seien die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären. Die gewählte Konstruktion im Beschwerdefall sei insofern missbräuchlich, als sie nur vor dem steuerlichen Hintergrund verständlich sei, dass der Ehegatte als Arzt über keine Vorsteuerabzugsberechtigung (§ 6 Abs. 1 Z 19 und § 12 Abs. 3 UStG 1994) für seine Praxisräume verfüge und diese fehlende Berechtigung über das Konstrukt der Vermietung beseitigt werden solle. Gerade das Argument der Mitbeteiligten, eine "Anlegerwohnung" erworben zu haben, überzeuge wegen des Widerspruchs von sofort gegebener hoher Verschuldung (und der daraus latent gegebenen "Insolvenzgefahr") im Verhältnis zur (zukünftig) erhofften Altersabsicherung nicht. Zudem sei das Argument der beabsichtigten Pensionsvorsorge kein unternehmerisches, sondern eines, das der Privatsphäre zuordenbar sei. Werde die Steuervorteilhaftigkeit im Beschwerdefall ausgeblendet, hätte der Bestandnehmer zweifellos nicht die schwerfällige, umständliche und administrativ aufwändige Lösung über das Bestandverhältnis präferiert, sondern ausschließlich den unmittelbaren Eigentumserwerb in Betracht gezogen.
Abschließend werde angemerkt, dass die ursprünglich eingereichte Berufung gegen die (Nicht‑)Festsetzung der Umsatzsteuer für den Zeitraum 1/2007 bis 3/2007 - nach Einlangen der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2007 - gemäß § 274 BAO einer Erledigung zuzuführen gewesen wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, dass die Mitbeteiligte auf Grund der Vermietung der in Rede stehenden Wohnung Unternehmerin iSd § 2 UStG 1994 geworden ist und damit die Mehrwertsteuer, die ihr in Zusammenhang mit der Vermietung in Rechnung gestellt worden ist, als Vorsteuer abziehen kann.
Es steht fest, dass die Mitbeteiligte die Wohnung an ihren Ehemann vermietet hat. Das beschwerdeführende Finanzamt erachtet diese Vermietung allerdings als missbräuchliche Gestaltung iSd § 22 BAO. Aus diesem Grund seien die Vermietung und die daraus abgeleitete Unternehmereigenschaft der Mitbeteiligten nicht anzuerkennen.
Wie der EuGH u.a. im Urteil vom 22. Dezember 2010, C-103/09 , Weald Leasing zum Ausdruck gebracht hat, setzt die Annahme einer missbräuchlichen Praxis auf dem Gebiet der Umsatzsteuer voraus, dass die fraglichen Umsätze einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit den MwSt-Richtlinien verfolgten Ziel zuwiderläuft (Rn 29). Der Vorteil aus einer Gestaltung wie jener, die auch dem Beschwerdefall zugrunde liegt, besteht dabei darin, die Entrichtung der auf einen Erwerb eines Gegenstandes (im gegenständlichen Fall den Erwerb der Wohnung) entfallenden Mehrwertsteuer "zu staffeln" und somit "aufzuschieben" (Rn 31). Eine solche Gestaltung steht aber nicht von vornherein in Widerspruch zu den mit den MwSt-Richtlinien verfolgten Zielen (Rn 32ff).
In diesem Zusammenhang führt der EuGH in Rn 38 aus, die von ihm beurteilte Gestaltung führe "in Bezug auf einen Gegenstand nicht an sich dazu, dass der auf diesen Umsatz entfallende Mehrwertsteuerbetrag geringer wäre als der, der im Fall des Erwerbs dieses Gegenstands entrichtet worden wäre". Daraus ergibt sich für den Beschwerdefall Folgendes:
Im Beschwerdefall besteht der Steuervorteil im sofortigen Vorsteuerabzug für die Wohnung. Dem steht die laufende Entrichtung der Mehrwertsteuer aus der Vermietung gegenüber. Die Beschwerde des Finanzamtes zeigt allerdings nicht auf, die gewählte Gestaltung wäre darauf angelegt, dass - im Sinne von Rn 38 des Urteils des EuGH - der zu entrichtende Mehrwertsteuerbetrag in einer Gesamtbetrachtung geringer ist.
Was weiters die von der Amtsbeschwerde ins Treffen geführte Bestimmung des § 274 BAO und die Rüge einer fehlenden Erledigung der Berufung gegen die (Nicht‑)Festsetzung der Umsatzsteuer für 1/2007 bis 3/2007 anbelangt, so ist die Amtsbeschwerde auch damit nicht im Recht.
§ 274 BAO lautet:
"Tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Berufung angefochtenen Bescheides, so gilt die Berufung als auch gegen den späteren Bescheid gerichtet. Soweit der spätere Bescheid dem Berufungsbegehren Rechnung trägt, ist die Berufung als gegenstandslos zu erklären."
Wenn die Amtsbeschwerde nun offenbar meint, aus der Verwendung des Wortes "auch" schließen zu können, dass sowohl über die Festsetzung der Umsatzsteuer für 1/2007 bis 3/2007 als auch über die Festsetzung der Jahresumsatzsteuer abzusprechen gewesen wäre, so verkennt sie die Rechtslage. § 274 BAO selbst spricht ja davon, dass ein Bescheid "an die Stelle eines mit Berufung angefochtenen Bescheides" tritt. Dies ist auch im Beschwerdefall gegeben, weil durch den Jahresbescheid die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide ohnedies bereits aus dem Rechtsbestand ausscheiden. In diesem Fall gilt die (sonst nunmehr hinfällige) Berufung als "auch" gegen den Ersatzbescheid gerichtet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juni 2008, 2004/13/0124), wodurch die Berufung aufrecht bleibt. Eine behördliche Erledigung hat jedoch nur mehr im Verfahren über den an die Stelle des bisherigen Bescheides getretenen Bescheid zu erfolgen.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das Mehrbegehren war abzuweisen, seit diese Bestimmungen eine darüber hinaus gehende Ersatzpflicht nicht vorsehen.
Wien, am 25. April 2013
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