VwGH 2012/17/0250

VwGH2012/17/025025.9.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerden 1. der H in N (hg. Verfahren Zl. 2012/17/0250), und 2. der HI in K (hg. Verfahren Zl. 2012/17/0251), beide vertreten durch Grilc und Partner, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 14/III, gegen die Bescheide des Bundesministers für Finanzen jeweils vom 14. Juli 2009, zu 1. Zl. BMF-180000/0030-VI/I/2009, und zu

2. Zl. BMF-180000/0037-VI/I/2009, jeweils betreffend Erteilung einer Bewilligung gemäß § 56 Abs. 2 Glücksspielgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

12010E056 AEUV Art56;
62011CJ0176 HIT und HIT LARIX VORAB;
EURallg;
GSpG 1989 §56 Abs2;
12010E056 AEUV Art56;
62011CJ0176 HIT und HIT LARIX VORAB;
EURallg;
GSpG 1989 §56 Abs2;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit ihren vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf Erteilung einer Bewilligung gemäß § 56 Abs. 2 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung BGBl. Nr. 126/2008 (in der Folge: GSpG), ab. Begründend führte die Behörde in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen gleichlautend aus, die jeweils beschwerdeführende Partei verfüge laut einer Bestätigung des Finanzministeriums der Republik Slowenien als Aufsichtsbehörde für Glücksspielveranstalter über Konzessionen zur Veranstaltung von speziellen Glücksspielen. Die beschwerdeführenden Parteien betrieben auch Glücksspiele an näher angeführten Standorten in Slowenien. Das Spielangebot umfasse dabei nach den vorgelegten Urkunden Sonderglücksspiele an Scheiben- oder Videospielautomaten mit Videoanimationen, Pokerspielautomaten und elektronische Roulettespiele.

Inhalt einer Bewilligung nach § 56 GSpG - so die belangte Behörde in der Begründung ihrer Bescheide jeweils weiter - sei es, in Österreich den physischen "Vor-Ort-Besuch" ausländischer Spielbankenbetriebsstätten in Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes zur dortigen Spielteilnahme zu bewerben. Eine Bewilligung nach § 56 Abs. 2 GSpG dürfe nur einem Antragswerber erteilt werden, der für die Spielbankenbetriebsstätte eine aufrechte Konzession des Standortstaates inne habe, die Konzession auch im Konzessionserteilungsland aktuell ausübe und diese Konzession einer Konzession nach § 21 GSpG entspreche; weitere Voraussetzung sei, dass die gesetzlichen Spielerschutzbestimmungen des Mitgliedstaates der EU oder dieses Staates des EWR den österreichischen entsprächen und schließlich der Antragswerber in seinen Werbeauftritten in Österreich einen verantwortungsvollen Maßstab zu beachten bereit sei.

Nach der Rechtsprechung des EuGH (nunmehr Gerichtshofes der Europäischen Union, in der Folge weiterhin EuGH) obliege es dem Entscheidungs- und Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten, den Umfang einer etwaigen oder vollständigen Beschränkung des Glücksspiels sowie der Regelung der Kontrollformen festzulegen. Es stehe den Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der sich aus der Rechtsprechung ergebenden Anforderungen hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen um das angestrebte Schutzniveau selbst zu bestimmen. So sei ein nationales Konzessionssystem ein wirksamer Mechanismus, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, die Glücksspieltätigkeiten in überschaubare Rahmen zu lenken und der Ausnutzung zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen. Auch sei die Zulässigkeit der Einrichtung eines am Spielerschutz und der Kriminalitätsabwehr ausgerichteten und verhältnismäßig ausgestalteten nationalen Konzessionssystems ausdrücklich bekräftigt worden.

Die Sicherstellung von hohen Spielerschutzstandards sei eines der zentralen Anliegen des österreichischen Glücksspielgesetzes und in mehreren Bestimmungen desselben gesetzlich verankert worden. So würden Konzessionen nur nach einer strengen Zuverlässigkeitsprüfung vergeben. Das mit der Konzessionsvergabe einhergehende strenge Prüfungsverfahren diene insbesondere der Geldwäsche- und Betrugsvorbeugung, der allgemeinen Kriminalitätsabwehr, der Sicherstellung einer ausreichenden Abwicklungssicherheit für Spielgewinne sowie der Überprüfung eines verantwortungsvollen Maßstabes im Umgang mit Glücksspiel. Auch nach erfolgter Konzessionsvergabe bestünden zahlreiche Aufsichtsmittel und Genehmigungserfordernisse sowie eine laufende strenge Aufsicht über die Einhaltung der glücksspielrechtlichen Bestimmungen durch die Konzessionäre.

Mit der Neufassung des § 56 GSpG habe der österreichischen Gesetzgeber zunächst inhaltliche Vorgaben für die Werbung seiner Konzessionäre festgelegt. Diese müssten einen "verantwortungsvollen Maßstab" wahren. Dessen Einhaltung werde durch den Bundesminister für Finanzen überwacht. Gleichzeitig habe § 56 Abs. 2 GSpG erstmals eine Werbemöglichkeit für nicht im Inland konzessionierte Anbieter geschaffen. Wenngleich auch ein generelles Werbeverbot ausländischer Anbieter im Inland in einem nationalen Konzessionssystem grundsätzlich nicht im Widerspruch zu Gemeinschaftsrecht (Unionsrecht) stehen dürfte, habe doch die Möglichkeit der Erteilung einer Werbebefugnis für ausländische Konzessionäre von physischen Spielbanken eröffnet werden sollen.

Bei der Regelung des § 56 GSpG sei davon ausgegangen worden, dass die Spielteilnahme vom Inland aus der nationalen Regelungshoheit der Mitgliedstaaten unterliege, denen dabei im Sinne der Rechtsprechung des EuGH ein materiell-rechtlicher Ermessensspielraum zukomme. Darüber hinaus sei davon ausgegangen worden, dass jeder Mitgliedstaat innerhalb der Europäischen Union bzw. im Europäischen Wirtschaftsraum seine besondere gesellschaftliche Verantwortung im Glücksspielbereich auch dadurch wahrnehme, dass er für Glücksspiele, bei denen die Teilnahme vom Inland aus erfolge, auch die Verantwortung für eine effektive eigene staatliche Aufsicht trage.

Für eine Spielteilnahme vom Ausland aus stelle sich dies anders dar. Reise eine in Österreich ansässige Person in andere Mitgliedstaaten, so müsse ihr bewusst sein, dass sie sich damit in die Verantwortung der staatlichen Glücksspielaufsicht eines anderen Mitgliedstaates begebe. Werde daher der physische Besuch einer ausländischen Spielbank eines anderen Mitgliedstaates beworben, so sei eine eigene nationale Aufsichtsverantwortung Österreichs nicht mehr gegeben.

Die österreichische Verantwortung zum Schutz der Verbraucher sei allerdings auch in diesen Fällen nicht völlig aufgehoben:

Österreich müsse aus einer gesellschaftlichen und sozialpolitischen Verantwortung für seine Gebietsansässigen heraus auch in diesen Fällen sicherstellen können, dass eine inländische Bewerbung für derartige ausländische Angebote nur dann erfolgen dürfe, wenn vergleichbare gesetzliche Mindeststandards betreffend Spielerschutz wie in Österreich gelten würden. Die Werbung in Österreich für Spielbanken in Mitgliedstaaten mit deutlich niedrigeren Spielerschutzstandards und die dadurch ausgelösten Spielbankenbesuche in anderen Mitgliedstaaten könnten nämlich "sittlich" und "finanziell" schädliche Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft mit sich bringen und damit in Österreich ansässige Personen, Familien und die "öffentliche Gesundheit" in Österreich ernstlich gefährden. Auch der EuGH habe den Schutz der Sozialordnung vor sittlich und finanziell schädlichen Folgen im Zusammenhang mit etwa der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen als zwingenden Grund des Allgemeininteresses anerkannt. Ein strenges Nationalsystem könnte aber unterlaufen werden, wenn eine Werbeerlaubnis für ausländische Anbieter nicht vergleichbare ausländische Spielerschutzstandards zur Voraussetzung habe. Wenn Österreich nämlich aus wohlüberlegten ordnungspolitischen Gründen Glücksspielangebote mit niedrigen Spielerschutzstandards nicht erlaube, so wäre es inkonsequent, für derartige ausländische Angebote in Österreich Werbung zuzulassen. Die gesellschaftspolitischen Bedenken gegenüber derartigen Angeboten würden ja für diese Angebote gleichermaßen gelten. Insofern sei die Vergleichbarkeitsprüfung auch Ausfluss des gemeinschaftsrechtlichen Kohärenzgebotes. Ein "Spielerschutzdumping über Werbung für Standorte mit niedrigerem Schutzniveau" solle damit nicht erfolgen können.

Die Erläuternden Bemerkungen zur Einführung des § 56 GSpG hätten die Beweggründe für die Neufassung wie folgt dargestellt (StProt NR 23.GP, 68, 150):

"Ungeachtet des Umstandes, dass Österreich im Lichte der Rechtssache Placanica ein Werbeverbot für ausländische Glücksspielanbieter weiterhin nicht als gemeinschaftswidrig einstuft, soll dem Wunsch der Europäischen Kommission nach einer Adaption der geltenden Rechtslage entsprochen werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass jeder Mitgliedstaat innerhalb der Europäischen Union bzw. im EWR seine besondere gesellschaftliche Verantwortung im Glücksspielbereich dadurch wahrnehmen darf, dass er für Glücksspiele, bei denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, auch eine effektive eigene staatliche Aufsicht gewährleistet. Reist ein Inländer allerdings physisch in den EU/EWR-Raum und nimmt damit nicht mehr vom Inland aus an ausländischen Glücksspielangeboten teil, so ist ihm bewusst, dass er sich damit auch auf Vollziehungsebene in die hoheitliche Verantwortung der staatlichen Glücksspielaufsicht des anderen Staates begibt.

Aus seiner gesellschaftlichen Verantwortung heraus muss Österreich für die Zulassung von Werbemaßnahmen auf seinem Hoheitsgebiet jedoch weiterhin sicherstellen können, dass eine solche Bewerbung nur dann erfolgen darf, wenn für das beworbene ausländische Angebot auf gesetzlicher Ebene die gleichen Mindeststandards betreffend Spielerschutz wie in Österreich gelten.

Durch die Neufassung soll daher die inländische Bewerbung von Standorten von Spielbanken aus dem EU/EWR-Raum und einem dortigen Vor-Ort-Besuch zur Spielteilnahme nach Bewilligung durch den Bundesminister für Finanzen erlaubt sein. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Werbung ist, dass diese Spielbanken eine aufrechte Spielbankenkonzession im EU/EWR-Raum haben und die gesetzlichen Spielerschutzbestimmungen in ihrem Heimatland den inländischen entsprechen."

Die neue Fassung des § 56 GSpG habe das bisherige generelle Werbeverbot für ausländisches Glücksspiel somit nur in einem bestimmten Teilbereich gelockert und ausschließlich Werbung für den physischen Vor-Ort-Besuch ausländischer Spielbankstandorte unter strengen Bedingungen erlaubt, wobei die Teilnahme an dem beworbenen Glücksspiel nicht vom Inland aus erfolgen dürfe.

Die belangte Behörde legt in der Begründung ihrer angefochtenen Bescheide weiter dar, warum ihrer Ansicht nach die jeweils beschwerdeführende Partei die Voraussetzungen des § 56 Abs. 2 GSpG nicht erfülle: Der (jeweils) beschwerdeführenden Partei sei in Slowenien eine Konzession für einen Spielsalon erteilt worden. Vom Spielangebot sei das Angebot in slowenischen Casinos mit jenen in österreichischen Spielbanken vergleichbar. Die (jeweils) beschwerdeführende Partei besitze jedoch keine Konzession für den Betrieb eines Casinos (sondern nur für den Betrieb eines Spielsalons). Auch aus dem aufgelisteten Angebot des Spielsalons ergäben sich keine Hinweise auf ein der österreichischen Spielbankkonzession vergleichbares Angebot an Glücksspielen. In Österreich gebe es keine österreichische Spielbankkonzession für ein reines Automatenangebot (wie das der - jeweils - beschwerdeführenden Partei); es solle nämlich der Charakter des "Grand Jeu" betont werden, damit dem Besucher der Glücksspielcharakter des Angebots sowie das finanzielle Risiko deutlich bewusst gemacht und Verwechslungen mit Unterhaltungsautomaten ausgeschlossen werden. Die beschwerdeführenden Parteien verfügten daher über keine aufrechte Spielbankenbetriebsstätte im Heimatstaat, weshalb ihr Antrag schon aus diesem Grunde abzuweisen gewesen sei.

Dessen ungeachtet sei noch darauf verwiesen - so die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides weiter -, dass die (jeweils) beschwerdeführende Partei - gemessen an dem Eigenkapitalerfordernis entsprechend § 21 GSpG - über kein Eigenkapital verfüge, das in seiner Höhe geeignet erscheine, die Abwicklungssicherheit für die Spieler entsprechend zu gewährleisten. Stammkapital und Sicherheitsrücklagen der beschwerdeführenden Partei nach der slowenischen Gesetzgebung erschienen im Vergleich mit den österreichischen Schutzstandards zur Abwicklungssicherheit "sehr gering".

Kernstück der Werbebestimmung des § 56 Abs. 2 GSpG sei ein mit der österreichischen Rechtslage vergleichbares Spielerschutzniveau. Die Sicherstellung von hohen Spielerschutzstandards sei eine der zentralen Zielsetzungen des österreichischen Glücksspielgesetzes. Dabei würden die Konzessionäre insbesondere zu einer umfassenden Warn- und Sperrpflicht verhalten und Spielbankbesuchern eine unmittelbare zivilrechtliche Klagemöglichkeit eingeräumt. Aus den übermittelten Unterlagen ergäben sich keine Hinweise auf gesetzliche Warn- und Sperrpflichten der Spielbankleitung, somit keine Hinweise auf ein der österreichischen Rechtslage vergleichbares Monitoring-System, zu dem die (jeweils) beschwerdeführende Partei gesetzlich verpflichtet wäre. Auch aus den übermittelten Auszügen des slowenischen Glücksspielgesetzes seien für Spielsalons keine näheren Regelungen zum Jugendschutz zu entnehmen. So enthalte Art. 83 leg. cit. eine gesetzliche Verpflichtung, Personen erst ab einem Mindestalter von 18 Jahren den Zutritt zum Spielcasino zu gestatten. Für Spielsalons sei dem übermittelten Gesetzestext keine ausdrückliche Jugendschutzregelung zu entnehmen. Auch sei den übermittelten Unterlagen keine gesetzliche unmittelbare zivilrechtliche Klagemöglichkeit für Spielbankbesucher bei Fehlverhalten des Konzessionärs zu entnehmen. Bei der in § 25 Abs. 3 (ö) GSpG niedergelegten Regelung handle es sich um ein grundlegendes und tragendes Element der Spielerschutzarchitektur. Das effektive österreichische Warn- und Sperrsystem des Glücksspielgesetzes könne unterlaufen werden, wenn andere Staaten keine Sperren und keinen Schadenersatz böten. Die Verweigerung von Schadenersatzansprüchen in anderen Staaten würde zudem dem österreichischen Sozialsystem die Nachteile einer ungenügenden Warn- und Sperrpflicht aufbürden. Vor diesem Hintergrund müsse an einer Schadenersatzmöglichkeit als Voraussetzung der inländischen Bewerbung ausländischer Standorte festgehalten werden, um ein Unterlaufen des österreichischen Standards zu unterbinden. Eine kohärente Ausgestaltung der Werbung für Glücksspiele in Österreich erfordere auch, dass nur Angebote beworben werden dürften, die die gesetzlichen Spielerschutzstandards hinsichtlich verantwortungsbewussten Glücksspiels erfüllten. Insofern sei die Prüfung der Vergleichbarkeit der Spielerschutzbestimmungen für eine Werbebewilligung auch Ausfluss des gemeinschaftsrechtlichen Kohärenzgebotes. Werbung für ausländische physische Spielbankenstandorte könne demnach nur dann erlaubt werden, wenn an diesen Standorten vergleichbar strenge Spielerschutzstandards wie in Österreich herrschten. Unter Würdigung der übermittelten Unterlagen ergebe sich jedoch kein der österreichischen Rechtslage vergleichbares gesetzliches Spielerschutzniveau. Auch deshalb habe der Antrag mangels Vorliegens vergleichbarer Spielerschutzstandards nicht positiv erledigt werden können.

1.2. Mit den Beschlüssen jeweils vom 23. Februar 2010, B 1018/09 (betreffend die erstbeschwerdeführende Partei) und B 1065/09 (betreffend die zweitbeschwerdeführende Partei) lehnte der gegen die Bescheide der belangten Behörde zunächst jeweils mit Beschwerde angerufene Verfassungsgerichtshof deren Behandlung ab und trat die Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab.

Begründend führte der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen gleichlautend unter anderem aus, die vorliegende Beschwerde rüge die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Freiheit der Meinungsäußerung. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen sowie insbesondere der Frage, ob von der belangten Behörde innerstaatliche einfachgesetzliche Normen oder gemeinschaftsrechtliche Normen anzuwenden gewesen seien, insoweit nicht anzustellen.

Soweit die Beschwerde aber (jeweils) insofern verfassungsrechtliche Fragen berühre, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet werde, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe:

Eine Regelung, die für die Beurteilung des in dem Staat, in welchem der Spielbankenbetreiber ansässig sei, herrschenden Spielerschutzniveaus auf das Vorliegen gesetzlicher Vorschriften abstelle, liege angesichts des damit verfolgten Ziels der Sicherstellung von Mindeststandards für den Spielerschutz und im Hinblick darauf, dass bei Abstellen auf freiwillige Maßnahmen des einzelnen Spielbankbetreibers eine staatliche Überprüfbarkeit der Einhaltung nicht gegeben wäre, im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers.

Hinsichtlich der behaupteten Unbestimmtheit des § 56 Abs. 2 Z. 2 GSpG ergebe sich - so der Verfassungsgerichtshof weiter - im Rahmen der gebotenen Heranziehung sämtlicher Auslegungsmethoden, dass angesichts des Ziels der Sicherstellung eines gewissen Spielerschutzniveaus und des Zusammenhangs mit Bestimmungen sowohl des Glücksspielgesetzes (Hinweis auf § 25 leg. cit.) als auch des allgemeinen Schadenersatzrechts ausreichend determiniert sei, welche Mindeststandards die der Vergleichbarkeitsprüfung unterliegende Rechtsordnung aufzuweisen habe.

Die unterschiedliche rechtliche Behandlung von Glücksspielen nach dem Glücksspielgesetz und anderen, nicht dem Glücksspielgesetz unterliegenden Glücksspielen (z.B. Automatenspiele) liege im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Angesichts der tatsächlichen Unterschiede und der unterschiedlichen von den jeweiligen Glücksspielen ausgehenden Gefahren für den Spieler sei die rechtliche Gleichbehandlung sämtlicher Glücksspiele nicht geboten.

1.3. Vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten die beschwerdeführenden Parteien ihre Beschwerden mit Schriftsatz jeweils vom 15. April 2010; sie machten darin Rechtswidrigkeit des Inhalts des (jeweils) angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte jeweils die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

1.4. Aus Anlass der vorliegenden Beschwerdeverfahren legte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 28. März 2011 dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV folgende Frage zur Vorabentscheidung vor:

"Ist eine Regelung eines Mitgliedstaates, die die Werbung für im Ausland gelegene Betriebsstätten von Spielbanken in diesem Mitgliedstaat nur dann erlaubt, wenn die gesetzlichen Spielerschutzbestimmungen an diesen Standorten den inländischen entsprechen, mit der Dienstleistungsfreiheit zu vereinbaren?"

Mit Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 12. Juli 2012, Rs C-176/11 , beantwortete der EuGH die Vorlagefrage wie folgt:

"Art. 56 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung des Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die die Werbung in diesem Mitgliedstaat für in einem anderen Mitgliedstaat gelegene Betriebsstätten von Spielbanken nur dann erlaubt, wenn die gesetzlichen Spielerschutzbestimmungen dieses anderen Mitgliedstaats im Wesentlichen gleichwertige Garantien bieten wie die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen des ersten Mitgliedstaats."

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

2.1. Die Werbung ist im Glücksspielgesetz im § 56 wie folgt geregelt:

"Zulässige Werbung

§ 56. (1) Die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber nach diesem Bundesgesetz haben bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren. Die Einhaltung dieses verantwortungsvollen Maßstabes ist ausschließlich im Aufsichtswege durch den Bundesminister für Finanzen zu überwachen und nicht dem Klagswege nach §§ 1 ff UWG zugänglich. Abs. 1 Satz 1 stellt kein Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB dar.

(2) Spielbanken aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes dürfen im Inland den Besuch ihrer ausländischen, in Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes gelegenen Betriebsstätten gemäß den Grundsätzen des Abs. 1 bewerben, wenn dem Betreiber der Spielbank dafür eine Bewilligung durch den Bundesminister für Finanzen erteilt wurde. Eine solche Bewilligung ist zu erteilen, wenn der Betreiber der Spielbank dem Bundesminister für Finanzen nachgewiesen hat, dass

1. die für den Betrieb der Spielbank erteilte Konzession § 21 entspricht und im Konzessionserteilungsland, das ein Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ein Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes ist, ausgeübt wird, und

2. die gesetzlichen Spielerschutzbestimmungen dieses Mitgliedstaates der Europäischen Union oder Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes den inländischen zumindest entsprechen.

Entsprechen die Werbemaßnahmen nicht den Anforderungen nach Abs. 1, kann dem Betreiber der ausländischen Spielbank die Werbung durch den Bundesminister für Finanzen untersagt werden."

2.2. Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid zunächst davon aus, dass die beschwerdeführenden Parteien über keine den §§ 21 ff GSpG vergleichbare Spielbankenkonzession in ihrem Heimatstaat bzw. über keine Spielbankenbetriebsstätte in demselben verfügten; schon deshalb könne die beantragte Bewilligung nicht erteilt werden.

Unbestritten ist jedoch, dass die beschwerdeführenden Parteien eine aufrechte Konzession in ihrem Heimatstaat für die von ihnen dort veranstalteten Spiele besitzen.

Speziell zur Glücksspielwerbung hat der EuGH bereits entschieden, dass eine nationale Regelung, die bewirkt, dass die Werbung in einem Mitgliedstaat für Glücksspiele, die in anderen Mitgliedstaaten rechtmäßig veranstaltet werden, verboten ist, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellt (vgl. nur das bereits erwähnte Urteil des Gerichtshofes vom 12. Juli 2012, Randnr. 17, mwN). Ein generelles Werbeverbot für die Veranstalter von Glücksspielen in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union wäre daher ohne sachliche Rechtfertigung eine unzulässige Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit. Eine derartige sachliche Rechtfertigung kann in zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, wie etwa in Gründen des Verbraucherschutzes, liegen (vgl. nur EuGH 12. Juli 2012, Randnrn. 20f mwN). Jedoch müssen die Beschränkungen durch die Mitgliedstaaten den sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergebenden Anforderungen an ihre Verhältnismäßigkeit genügen, das heißt, sie müssen geeignet sein, die Erreichung des verfolgten Zieles zu gewährleisten, und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist. Eine nationale Regelung ist aber nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Zieles zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Auf jeden Fall dürfen die Beschränkungen nicht diskriminierend sein (vgl. EuGH 12. Juli 2012, Randnr. 22, mwN). Eine derartige Diskriminierung wäre etwa auch die Schlechterstellung im Vergleich zu inländischen Anbietern gleichartiger Glücksspiele.

Es kann daher - zur Vermeidung eines vom österreichischen Gesetzgeber sichtlich nicht gewünschten Ergebnisses - § 56 Abs. 2 GSpG, insbesondere Z. 1, unionsrechtskonform trotz der sich aus dem Wortlaut ergebenden Einschränkung auf Spielbanken nur dahin verstanden werden, dass Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Erlaubnis für die Werbung im Inland der nach den Gesetzen des Mitgliedstaates erlaubte (konzessionierte) und ausgeübte Glücksspielbetrieb (gleich ob in einem Spielcasino mit "Grand Jeu" oder mit Spielautomaten) ist.

2.3. Die belangte Behörde hat des Weiteren in der Begründung der angefochtenen Bescheide jeweils ausgeführt, warum sie das Schutzniveau in Slowenien für geringer als das in Österreich erachtet hat. Wie der EuGH mit seinem bereits mehrfach erwähnten Urteil vom 12. Juli 2012 dargelegt hat, steht Art. 56 AEUV einem derartigen Vergleich der Schutzstandards in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und dem in Österreich bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Werbung grundsätzlich nicht entgegen.

Die belangte Behörde hat aber - obwohl sie die Ansicht vertrat, die beschwerdeführenden Parteien hätten keine der österreichischen Spielbankenkonzession vergleichbare Konzession (siehe oben Punkte 1.1. und 2.2.) - dennoch als Maßstab die für österreichische Spielbanken geltenden Regelungen (vgl. insbesondere § 25 GSpG) für den Vergleich der Schutzstandards herangezogen. Die belangte Behörde hätte jedoch rechtlich zutreffend den Schutzstandard heranzuziehen gehabt, der in Österreich für Unternehmen mit einem Spielbetrieb vorgesehen ist, der dem zu Grunde gelegten (erlaubten) Spielbetrieb der beschwerdeführenden Unternehmen gleicht.

2.4. Dadurch, dass die belangte Behörde - ausgehend von einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht - einen derartigen Vergleich der Spielerschutzstandards anhand des jeweils erlaubten Spielbetriebes nicht vorgenommen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 25. September 2012

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte