Normen
AMG 1983 §1 Abs1;
AMG 1983 §5;
AMG CannabisV 2009;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
Neue-Psychoaktive-SubstanzenG 2012 §3 Abs1;
Neue-Psychoaktive-SubstanzenV 2012;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AMG 1983 §1 Abs1;
AMG 1983 §5;
AMG CannabisV 2009;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
Neue-Psychoaktive-SubstanzenG 2012 §3 Abs1;
Neue-Psychoaktive-SubstanzenV 2012;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er sich in seinen Spruchpunkten 2. und 3. auch auf andere Produkte als die gemäß Spruchpunkt 1. vorläufig beschlagnahmten Arzneispezialitäten "Monkees Go bananas! 2g" und "DANGER 3g" bezieht, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Im übrigen Umfang wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen hat mit Bescheid vom 27. Jänner 2011 gegenüber dem Beschwerdeführer, der unter der Bezeichnung "Q" einen Handel mit "Produkten aus der Ethnobotanik" betreibt, gemäß § 1 Abs. 3b Arzneimittelgesetz - AMG, BGBl. Nr. 185/1983 idF BGBl. I Nr. 146/2009, festgestellt, dass es sich bei den Produkten "Monkees Go bananas! 2g!" und "DANGER 3g" um Arzneimittel im Sinn von § 1 Abs. 1 AMG und um Arzneispezialitäten im Sinn von § 1 Abs. 5 leg. cit. handle. Gleichzeitig wurden gemäß § 78 AMG folgende Maßnahmen verfügt:
1. Die vorläufige Beschlagnahme von 231 Stück der Arzneispezialität "Monkees Go bananas! 2g!" und 23 Stück der Arzneispezialität "DANGER 3g";
2. die unverzügliche Einstellung jeglicher weiteren Aktivität zum Inverkehrbringen, Import und Verbringen von "Räuchermischungen/Produkten, welche cannabinomimetisch wirksame Stoffe enthalten";
3. binnen zwei Wochen ab Zustellung des Bescheides
a) die Namen und Adressen von mit "diesbezüglichen Räuchermischungen/Produkten" belieferten Firmen (Wiederverkäufer) bekanntzugeben sowie die Lieferbelege der jeweils letzten Lieferung der gegenständlichen Produkte der belangten Behörde zu übermitteln;
b) Namen und Adressen der Lieferanten sowie der Lieferbelege der jeweils letzten Lieferung der gegenständlichen Produkte der belangten Behörde zu übermitteln.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass am 20. Jänner 2011 bei einer Inspektion in den Geschäftsräumlichkeiten des Beschwerdeführers die Produkte "Monkees Go bananas! 2g" und "DANGER 3g" vorgefunden worden seien, welche vom Beschwerdeführer in Verkehr gebracht würden. Das Produkt "Monkees Go bananas!" enthalte den Stoff "JWH-122". Nach Auskunft des Beschwerdeführers sei dieser Stoff auch im Produkt "DANGER" enthalten.
Beim Produkt "Monkees Go bananas!
Tropical car perfume 2g" fänden sich folgende Angaben auf der Kennzeichnung: "Incredients: Potpourri, Dry leaves, Aromatic flowers and Tropical fruit extracts. This product is a car perfume. Do not burn, do not ingest, avoid contact with the skin, keep out of reach of children. For further information: XY@XY 18+"
Bei "DANGER 3g" fänden sich folgende Angaben auf der Kennzeichnung: "Poison. Chemisches Präparat auf pflanzlichem Trägermaterial. Warnung: Verwendung ausschließlich zu Studienzwecken und als Anschauungsmaterial. Nicht zur Anwendung an Mensch & Tier. Leicht entzündlich, nicht verbrennen. Für Kinder unerreichbar aufbewahren! 30EUR".
Diese Produkte würden typischerweise in Head- bzw. Smartshops oder im Internet als Pflanzenwachstumsregler, Räuchermischung, Autoduft oder Chemikalie vertrieben. Als Headshop bezeichne man meist kleine Läden, die Zubehör für die "Cannabis-Szene" und szenetypische Produkte verkauften. Als Smartshop würden Läden bezeichnet, die - vermeintlich legale - Drogen und berauschende Nahrungsergänzungsmittel verkauften.
Tatsächlich würden die gegenständlichen Produkte entgegen der Zweckbestimmung laut Kennzeichnung geraucht, um eine psychotrope Wirkung zu erzielen.
Die gegenständlichen Produkte seien sowohl nach der Präsentation als auch nach der Funktion als Arzneimittel einzustufen. Sie würden vorwiegend im Internet bzw. in Head- und Smartshops vertrieben. An der Bewerbung der Erzeugnisse im Internet und in diversen Internetforen sei zu erkennen, dass sie angewendet würden, um den Körperzustand gezielt zu beeinflussen. Die konsumierende Zielgruppe erwerbe die Produkte ausschließlich zum Zweck, durch den Konsum eine arzneiliche Wirkung, nämlich eine psychotrope Wirkung, herbeizuführen. Beispiele über Erfahrungsberichte der Konsumenten könnten im Internet eingesehen werden (dazu sind im angefochtenen Bescheid einige Internetadressen angeführt). Das bewusste Inverkehrbringen der gegenständlichen Produkte zu anderen als arzneilichen Zwecken diene ausschließlich der Umgehung der arzneimittelrechtlichen Vorschriften. Dies sei den konsumierenden Verbrauchern absolut bewusst.
Bei der zu beurteilenden Substanz JWH-122 handle es sich um einen synthetisch hergestellten Wirkstoff, der beim Rauchen eine psychotrope Wirkung entfalte, ähnlich jener von ?-9- Tetrahydrocannabinol (?-9-THC), dem für die psychotrope Wirkung von Cannabis hauptverantwortlichen Inhaltsstoff. JWH-122 werde Räuchermischungen beigefügt, um eine psychotrope Wirkung (Gelassenheit, Euphorie, Entspanntheit, erhöhtes sensorisches Bewusstsein oder Wahrnehmungsveränderungen) zu erzielen. Die pharmakologische Potenz von JWH-122 sei stärker als die von ?-9-THC.
Die gegenständlichen Produkte seien daher Arzneimittel im Sinn von § 1 Abs. 1 Z. 5 AMG. Da sie im Voraus stets in gleicher Zusammensetzung hergestellt und unter der gleichen Bezeichnung in einer zur Abgabe an den Verbraucher oder Anwender bestimmten Form in Verkehr gebracht würden, handle es sich um Arzneispezialitäten gemäß § 1 Abs. 5 AMG.
Da hinsichtlich dieser Arzneispezialitäten kein Zulassungsverfahren durchgeführt worden sei, seien die Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Qualität nicht geprüft worden. Es bestehe der begründete Verdacht, dass sie in ihrer Qualität nicht dem Stand der Wissenschaft entsprächen, weshalb es auch nicht als gesichert erscheine, dass bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen auftreten könnten. Da die Produkte Stoffe enthielten, deren Wirkung und/oder Nebenwirkungen noch genauer erforscht werden müssten und daher eine Anwendung nur unter ärztlicher Überwachung erfolgen dürfte, unterlägen sie überdies der Rezeptpflicht. Da ferner keine - im Zuge der Zulassung von der Behörde zu genehmigende - Gebrauchsinformation beiliege, würden die Konsumenten auch nicht auf Gegenanzeigen, Wechselwirkungen, Nebenwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen hingewiesen. Der belangten Behörde seien Einzelfälle von "Hospitalisationen" von Jugendlichen nach Konsum von derartigen Räuchermischungen bekannt geworden.
Zusammenfassend sei auszuführen, dass sich die gegenständlichen Arzneispezialitäten entgegen den arzneimittelrechtlichen Vorschriften im Verkehr befänden und mit ihrer Anwendung eine Gesundheits- bzw. Lebensgefährdung der Anwender verbunden sei.
Zur Verhinderung der weiteren Inverkehrbringung und Anwendung von Produkten, welche cannabinomimetisch wirksame Stoffe enthielten, sowie zur Erhebung der Distributionskette und deren Beteiligter seien die aus dem Spruch ersichtlichen Maßnahmen verfügt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes - AMG, BGBl. Nr. 185/1983 idF BGBl. I Nr. 146/2009, lauten (auszugsweise):
"§ 1. (1) Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen oder nach Art und Form des Inverkehrbringens dazu bestimmt sind, bei Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper
1. Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen,
2. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände erkennen zu lassen,
3. vom menschlichen oder tierischen Körper erzeugte Wirkstoffe oder Körperflüssigkeiten zu ersetzen,
4. Krankheitserreger, Parasiten oder körperfremde Stoffe abzuwehren, zu beseitigen oder unschädlich zu machen oder
5. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen.
…
(3) Keine Arzneimittel sind
1. Lebensmittel gemäß Art. 2 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 , sofern sie nicht nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen oder nach Art und Form des In-Verkehr-Bringens dazu bestimmt sind, die Zweckbestimmungen des Abs. 1 Z 1 bis 4 zu erfüllen,
…
(3b) Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen hat auf Antrag einer Person, die ein Produkt in Verkehr bringen will, festzustellen, ob ein Produkt unter die Definition des Arzneimittels fällt. Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen kann auch von Amts wegen feststellen, ob ein Produkt unter die Definition des Arzneimittels fällt. Im Rahmen dieser Verfahren kann es ein Gutachten des Abgrenzungsbeirats gemäß § 49a einholen.
…
(5) Arzneispezialitäten sind Arzneimittel, die im Voraus stets in gleicher Zusammensetzung hergestellt und unter der gleichen Bezeichnung in einer zur Abgabe an den Verbraucher oder Anwender bestimmten Form in Verkehr gebracht werden sowie Arzneimittel zur Abgabe an den Verbraucher oder Anwender, bei deren Herstellung sonst ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die gewerbsmäßig hergestellt werden.
…
§ 2. …
(11) Inverkehrbringen ist das Vorrätighalten, das Feilhalten oder die Abgabe von Arzneimitteln. Ein Inverkehrbringen liegt nicht vor, wenn durch geeignete Maßnahmen sichergestellt ist, dass ein Arzneimittel, das dem Gesetz nicht entspricht, nicht zum Verbraucher oder Anwender gelangt.
…
§ 3. (1) Es ist verboten, Arzneimittel in Verkehr zu bringen, bei denen es nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und nach den praktischen Erfahrungen nicht als gesichert erscheint, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine schädliche Wirkung haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgeht.
…
§ 7. (1) Arzneispezialitäten dürfen im Inland erst abgegeben oder für die Abgabe im Inland bereitgehalten werden, wenn sie vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen zugelassen sind …
…
§ 78. (1) Kommen dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen Tatsachen zur Kenntnis, auf Grund derer zu besorgen ist, dass ein im Verkehr befindliches Arzneimittel eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit von Mensch oder Tier darstellt, hat das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung alle notwendigen Maßnahmen zu verfügen, die das Inverkehrbringen oder die Verwendung dieses Arzneimittels hindern oder beschränken.
(2) Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen kann Maßnahmen gemäß Abs. 1 auch ohne vorausgegangenes Verfahren oder vor Erlassen eines Bescheides treffen; hierüber ist jedoch innerhalb von zwei Wochen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt.
(3) Organe des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen haben Arzneimittel vorläufig zu beschlagnahmen, wenn der begründete Verdacht besteht, dass diese eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Mensch oder Tier darstellen. § 76b Abs. 2 bis 9 und § 76c sind anwendbar.
…"
§ 1 Abs. 1 AMG stellt für das Vorliegen eines Arzneimittels - alternativ - auf zwei verschiedene Kriterien ab, nämlich darauf, ob Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen "nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen" (objektive Zweckbestimmung) oder "nach Art und Form des Inverkehrbringens dazu bestimmt sind" (subjektive Zweckbestimmung), bei Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper die in den Z. 1 bis 5 beschriebenen Wirkungen hervorzurufen bzw. Funktionen zu erfüllen. Das Vorliegen eines dieser beiden Kriterien bedingt unabhängig davon, ob auch das andere bejaht werden kann, schon für sich allein die Einstufung des Produkts als Arzneimittel (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2010, Zl. 2008/10/0277, mwN).
Die belangte Behörde kam zum Ergebnis, dass es sich bei den Produkten "Monkees Go bananas!" und "DANGER" sowohl nach der objektiven als auch nach der subjektiven Zweckbestimmung um Arzneimittel handle.
Gegen die Ansicht, dass es sich bei diesen Produkten nach der objektiven Zweckbestimmung um Arzneimittel handle, bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass dazu nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darzulegen sei, welche objektivarzneilichen Wirkungen im konkreten Fall, insbesondere auf Grund des Gehalts an bestimmten Substanzen unter Annahme des bestimmungsgemäßen Gebrauchs zu erwarten seien. Der bestimmungsgemäße Gebrauch der gegenständlichen Substanzen liege aber nicht im Inhalieren derselben. Überdies sei der angefochtene Bescheid dazu nicht ausreichend begründet.
Das Kriterium der objektiven Zweckbestimmung für die Einstufung als Arzneimittel ergibt sich aus der Wortfolge "die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen" in § 1 Abs. 1 AMG. Entscheidend ist dafür, ob das Produkt nach der objektiven Erwartung der Verkehrskreise (der Verbraucher, aber auch der Ärzte und Apotheker) geeignet ist, eine arzneiliche Wirksamkeit zu entfalten (Füszl/Semp, Pharmazeutische Vorschriften, Manzsche Lose-Blatt-Ausgabe, Anmerkung 1 zu § 1 AMG; Haas/Plank, Kommentar zum Arzneimittelgesetz (2008), 47 f).
Die belangte Behörde hat festgestellt, dass die gegenständlichen Produkte "Monkees Go bananas!" und "DANGER" von den Konsumenten entgegen der Zweckbestimmung laut Kennzeichnung geraucht würden, um eine psychotrope Wirkung zu erzielen. Die konsumierende Zielgruppe erwerbe diese Produkte ausschließlich zum Zweck, durch deren Anwendung den Körperzustand gezielt zu beeinflussen, somit eine arzneiliche, nämlich eine psychotrope Wirkung herbeizuführen. Den Konsumenten sei bewusst, dass die gegenständlichen Produkte nur deshalb zu anderen als arzneilichen Zwecken in Verkehr gebracht würden, um die arzneimittelrechtlichen Vorschriften zu umgehen. Tatsächlich sei den gegenständlichen Kräutermischungen ein mit dem Wirkstoff von Cannabis vergleichbarer synthetischer Stoff beigefügt, der die erwünschte psychotrope Wirkung hervorbringe.
Nach diesen - vom Beschwerdeführer nicht konkret bestrittenen - Feststellungen sind die Produkte "Monkees Go bananas!" und "DANGER" somit nach der Erwartung der Konsumenten von solchen Räuchermischungen (somit der "Verkehrskreise") geeignet, die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen, somit eine arzneiliche Wirkung gemäß § 1 Abs. 1 Z. 5 AMG zu erzielen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat u.a. in den von der Beschwerde zitierten Erkenntnissen vom 18. Mai 2004, Zl. 2004/10/0074, und vom 28. Juni 2004, Zl. 2002/10/0148, ausgeführt, dass die Begründung eines Bescheides, mit dem das Inverkehrbringen eines Produktes als Verzehrprodukt deshalb untersagt werde, weil dem Produkt objektiv-arzneiliche Wirkungen zukämen, nur dann dem Gesetz entspräche, wenn dargelegt werde, welche objektivarzneilichen Wirkungen im konkreten Fall, insbesondere auf Grund des Gehalts an bestimmten Substanzen, unter der Annahme des bestimmungsgemäßen Gebrauches zu erwarten seien.
Diese Judikatur erging zur Frage, ob ein als Verzehrprodukt gemäß § 3 Lebensmittelgesetz (vgl. nunmehr "Nahrungsergänzungsmittel" gemäß § 3 Z. 4 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz) angemeldetes Vitamin- bzw. Glucosamin-Präparat nach der objektiven Zweckbestimmung als Arzneimittel anzusehen sei. Der Verwaltungsgerichtshof verwies im zitierten Erkenntnis vom 18. Mai 2004 auf die Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (nunmehr: der Europäischen Union; EuGH), der im Urteil vom 29. April 2004, C-150/00 , Kommission/Österreich, u.a. Folgendes ausgesprochen habe:
"Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 28 EG verstoßen, dass sie Vitamin- oder Mineralstoffpräparate, die in anderen Mitgliedstaaten rechtmäßig als Nahrungsergänzungsmittel hergestellt oder in den Verkehr gebracht werden, durchgängig als Arzneimittel einstuft, wenn ihr Gehalt an Vitaminen außer den Vitaminen A, C, D oder K oder an Mineralstoffen außer solchen der Gruppe Chromate die einfache Tagesdosis dieser Nährstoffe überschreitet oder wenn sie, unabhängig von der Dosierung, die Vitamine A, D oder K enthalten."
In der Begründung habe der EuGH Folgendes dargelegt:
"Da Vitamine und Mineralstoffe gewöhnlich als Stoffe definiert werden, die in ganz geringer Menge für die tägliche Ernährung und das ordnungsgemäße Funktionieren des Organismus unbedingt erforderlich sind, können sie im Allgemeinen nicht als Medikamente angesehen werden, soweit sie nur in kleinen Mengen eingenommen werden. Dagegen ist unstrittig, dass Vitamin- oder Mineralstoffpräparate bisweilen, im Allgemeinen in starken Dosen, zu therapeutischen Zwecken bei bestimmten Krankheiten verwendet werden, deren Ursache nicht der Vitamin- oder Mineralstoffmangel ist. In diesen Fällen stellen diese Präparate unbestreitbar Arzneimittel dar …"
Weiters habe der EuGH auf seine ständige Rechtsprechung verwiesen, wonach es den nationalen Behörden obliege, von Fall zu Fall zu entscheiden, ob ein Vitamin- oder Mineralstoffpräparat als Arzneimittel einzustufen sei. Dazu habe er darauf hingewiesen, dass Präparate, die bestimmte Vitamine enthielten, nicht als "Arzneimittel nach der Funktion" einzustufen seien, wenn ihr Gehalt an diesen Stoffen zu gering sei, um ihre Eignung zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen Körperfunktionen zu begründen.
Ausgehend davon führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass es für die Einstufung der als Verzehrprodukte angemeldeten Präparate als Arzneimittel nach der objektiven Zweckbestimmung maßgeblich sei, ob in der Bescheidbegründung dargelegt worden sei, welche objektiv-arzneilichen Wirkungen im konkreten Fall, insbesondere auf Grund des Gehalts an bestimmten Substanzen, unter der Annahme des bestimmungsgemäßen Gebrauches zu erwarten seien.
Diese Judikatur erging somit zur Frage der Abgrenzung, ob ein bestimmtes Produkt, das einen Wirkstoff enthält, der auch in Nahrungsmitteln enthalten und für die ordnungsgemäße Ernährung erforderlich ist, auf Grund der Konzentration dieses Wirkstoffes als Verzehrprodukt nach dem Lebensmittelgesetz oder auf Grund der objektiven Zweckbestimmung als Arzneimittel im Sinn des AMG anzusehen ist. Dazu sind exakte Feststellungen über den Wirkstoffgehalt und die bei Einhaltung der Einnahmeempfehlung zu erwartende Wirkung erforderlich.
Derartige Abgrenzungsfragen sind jedoch vorliegend nicht zu lösen, weshalb exakte Feststellungen zum Wirkstoffgehalt und zum Ausmaß der - dem Grunde nach feststehenden - psychotropen Wirkung nicht erforderlich sind. Im Übrigen wäre eine Feststellung des aufgenommenen Wirkstoffes bei Einhaltung der Einnahmeempfehlung mangels Vorliegen einer solchen gar nicht möglich, werden die gegenständlichen Produkte doch unstrittig unter der Bezeichnung "Autoduft" bzw. "Chemisches Präparat" in Verkehr gebracht.
Aus all diesen Gründen hat die belangte Behörde die Produkte "Monkees Go bananas! 2g" und "DANGER 3g" zu Recht nach der objektiven Zweckbestimmung als Arzneimittel im Sinn von § 1 Abs. 1 Z. 5 AMG qualifiziert und eine entsprechende amtswegige Feststellung gemäß § 1 Abs. 3b AMG getroffen.
Daher kann es dahinstehen, ob die gegenständlichen Produkte auch nach ihrer subjektiven Zweckbestimmung als Arzneimittel anzusehen sind.
Da die Produkte "Monkees Go bananas! 2g" und "DANGER 3g" unstrittig im Voraus stets in gleicher Zusammensetzung hergestellt und unter der gleichen Bezeichnung in einer zur Abgabe an den Verbraucher oder Anwender bestimmten Form in Verkehr gebracht werden, ist auch die Ansicht der belangten Behörde unbedenklich, dass es sich hiebei um Arzneispezialitäten im Sinn von § 1 Abs. 5 AMG handelt.
Wenn auf Grund bestimmter Tatsachen zu besorgen ist, dass ein in Verkehr befindliches Arzneimittel eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit von Mensch oder Tier darstellt, hat das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen gemäß § 78 Abs. 1 AMG entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung alle notwendigen Maßnahmen zu verfügen, die das Inverkehrbringen oder die Verwendung dieses Arzneimittels hindern oder beschränken.
Die belangte Behörde führte aus, dass die gegenständlichen Arzneispezialitäten nicht zugelassen worden seien und daher mangels Überprüfung nicht gesichert erscheine, dass bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen auftreten würden. Die Wirkungen und/oder Nebenwirkungen müssten unbedingt noch genauer erforscht werden, sodass eine Anwendung nur unter ärztlicher Aufsicht möglich wäre. Überdies sei keine Gebrauchsinformation vorhanden, mit der die Konsumenten auf Gegenanzeigen, Wechselwirkungen, Nebenwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen hingewiesen würden. Aus diesen Umständen hat die belangte Behörde zu Recht - und von der Beschwerde nicht bekämpft - auf das Vorliegen von Tatsachen geschlossen, auf Grund derer zu besorgen sei, dass die gegenständlichen, vom Beschwerdeführer in Verkehr gesetzten Arzneimittel eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit von Menschen darstellten.
Auf Grund dessen hat die belangte Behörde gemäß § 78 Abs. 1 AMG die vorläufige Beschlagnahmung der Produkte "Monkees Go bananas! 2g" und "DANGER 3g", jegliche weitere Aktivität zum Inverkehrbringen, Import und Verbringen dieser Produkte und die Bekanntgabe der Daten von Lieferanten und belieferten Wiederverkäufern verfügt. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass diese Maßnahmen notwendig sind, um das Inverkehrbringen oder die Verwendung dieser Arzneispezialitäten zu hindern oder zu beschränken. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt dagegen keine Bedenken. Die belangte Behörde hat daher in Bezug auf die Arzneimittelspezialitäten "Monkees Go bananas! 2g" und "DANGER 3g" zu Recht die mit dem angefochtenen Bescheid angeordneten Maßnahmen verfügt.
Der Beschwerdeführer rügt jedoch zu Recht, dass der angefochtene Bescheid, soweit dem Beschwerdeführer jede weitere Aktivität zum Inverkehrbringen, Import und Verbringen auch von allen anderen "Räuchermischungen/Produkten, welche cannabinomimetisch wirksame Stoffe enthalten", verboten wurde und ihm auch hinsichtlich dieser Produkte die Bekanntgabe der Daten von Lieferanten und belieferten Wiederverkäufern aufgetragen wurde, gänzlich unbegründet geblieben ist.
In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (Zustellung an den Beschwerdeführer nach dessen Vorbringen am 27. Jänner 2011) die auf Grund von § 5 AMG erlassene Verordnung des Bundesministers für Gesundheit betreffend das Inverkehrbringen, den Import und das Verbringen von Räuchermischungen, die cannabinomimetisch wirksame Stoffe enthalten, BGBl. II Nr. 58/2009, noch in der Fassung vor der Novelle BGBl. II Nr. 57/2011 anzuwenden war, in der die Stoffe, deren Inverkehrbringen in Räuchermischungen untersagt wird, taxativ aufgezählt sind. Das Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz, BGBl. I Nr. 146/2011, das in seinem § 3 Abs. 1 die Möglichkeit einräumt, anstelle einzelner Substanzen ganze Substanzklassen als gefährliche psychoaktive Stoffe zu definieren, und die auf Grund dieses Gesetzes erlassene Neue-Psychoaktive-Substanzen-Verordnung, BGBl. II Nr. 468/2011, die die cannabinomimetisch wirksamen Substanzen allgemein nach der chemischen Grundstruktur umschreibt, sind erst am 1. Jänner 2012 in Kraft getreten.
Der angefochtene Bescheid war daher, soweit er sich in seinen Spruchpunkten 2. und 3. auf andere Produkte als die gemäß Spruchpunkt 1. vorläufig beschlagnahmten Arzneispezialitäten bezieht, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Im übrigen Umfang erweist sich die Beschwerde nach dem oben Gesagten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil im pauschalierten Schriftsatzaufwandersatz Umsatzsteuer bereits enthalten ist.
Wien, am 23. Jänner 2012
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