Normen
LuftfahrtG 1958 §169 Abs1 Z1;
LuftfahrtG 1958 §169 Abs1 Z3a;
LuftfahrtG 1958 §9 Abs1;
LuftfahrtG 1958 §9 Abs2;
LuftfahrtG 1958 §9;
VStG §31;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 19. Juni 2009 wurde Herrn C M die luftfahrtbehördliche Bewilligung zur Durchführung von je einer Außenlandung und einem Außenabflug (Hochzeitsflug) am 20. Juni 2009 mit einem näher bezeichneten Luftfahrzeug und auf einer näher bezeichneten Liegenschaft erteilt. Als Pilot wurde in der Bewilligung der Beschwerdeführer angeführt.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe als Pilot des oben genannten Luftfahrzeuges insofern der erteilten luftfahrtbehördlichen Bewilligung vom 19. Juni 2009 zuwidergehandelt, als er 1.) beim Start am 20. Juni 2009 um ca 16.45 Uhr am Ortsrand von O, nahe der L 1153 - Wegparzelle 187 und 2.) bei der Landung am 20. Juni 2009 um ca 17.00 Uhr im Gemeindegebiet W, ParzNr 1389, mit dem Luftfahrzeug andere als die im Bewilligungsbescheid bestimmten Orte/Parzellen benützt habe.
Der Beschwerdeführer habe dadurch § 169 Abs 1 Z 3a Luftfahrtgesetz (LFG) iVm dem Bescheid "des Amtes der Nö Landesregierung" vom 19. Juni 2009 in zwei Fällen verletzt und es werde über ihn gemäß § 169 Abs 1 LFG eine Geldstrafe in der Höhe von je EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: je 3 Tage) verhängt.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es könne aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen angesehen werden, dass der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Flug als Pilot durchgeführt habe; weiters, dass sowohl der Ort des Startes als auch der Landung nicht mit den im Bewilligungsbescheid vom 19. Juni 2009 bezeichneten Parzellen übereingestimmt hätten. Der Beschwerdeführer habe deshalb die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen begangen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. § 9 und § 169 Luftfahrtgesetz, BGBl Nr 253/1957 idF BGBl I Nr 83/2008 (LFG), lauten (auszugsweise):
"Außenlandungen und Außenabflüge
§ 9. (1) Zum Abflug und zur Landung von Luftfahrzeugen dürfen, soweit nicht in den Abs. 2 bis 4 und in § 10 etwas anderes bestimmt ist, nur Flugplätze (§ 58) benützt werden.
(2) Abflüge und Landungen außerhalb eines Flugplatzes (Außenabflüge und Außenlandungen) dürfen, soweit es sich um Zivilluftfahrzeuge handelt, nur mit Bewilligung des Landeshauptmannes durchgeführt werden. (...) Strafbestimmungen
§ 169. (1) Wer
- 1. diesem Bundesgesetz,
- 2. den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen,
- 3. a) der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen,
b) der Verordnung (EG) Nr. 2027/97 über die Haftung von Luftfahrtunternehmen bei der Beförderung von Fluggästen und deren Gepäck im Luftverkehr, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 889/2002,
c) der Verordnung (EG) Nr. 785/2004 über Versicherungsanforderungen an Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugbetreiber,
d) der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 über gemeinsame Regeln für die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen in der Gemeinschaft, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 793/2004,
e) der Verordnung (EG) Nr. 1702/2003 zur Festlegung der Durchführungsbestimmungen für die Erteilung von Lufttüchtigkeits- und Umweltzeugnissen für Luftfahrzeuge und zugehörige Erzeugnisse, Teile und Ausrüstungen sowie für die Zulassung von Entwicklungs- und Herstellungsbetrieben,
f) der Verordnung (EG) Nr. 2042/2003 über die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit von Luftfahrzeugen und luftfahrttechnischen Erzeugnissen, Teilen und Ausrüstungen und die Erteilung von Genehmigungen für Organisationen und Personen, die diese Tätigkeiten ausführen,
g) der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91,
- 3. a) der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen,
- h) der Verordnung (EG) Nr. 549/2004 (Rahmenverordnung),
- i) der Verordnung (EG) Nr. 550/2004 (Flugsicherungsdienste-Verordnung),
- j) der Verordnung (EG) Nr. 551/2004 (Luftraum-Verordnung),
- k) der Verordnung (EG) Nr. 552/2004 (Interoperabilitäts-Verordnung),
l) der Verordnung (EG) Nr. 2096/2005 zur Festlegung gemeinsamer Anforderungen bezüglich der Erbringung von Flugsicherungsdiensten,
m) der Verordnung (EG) Nr. 3922/91 zur Harmonisierung der technischen Vorschriften und der Verwaltungsverfahren in der Zivilluftfahrt in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 8/2008,
n) der Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 über die Rechte von behinderten Flugreisenden und Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität,
3a. den auf Grund der in Z 1 bis 3 genannten Normen erlassenen Bescheide und den darin enthaltenen Auflagen, oder
4. den Anordnungen der Flugsicherungsorgane
zuwiderhandelt oder zuwiderzuhandeln versucht, begeht, wenn nicht ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen. Liegen erschwerende Umstände vor, so kann neben einer Geldstrafe auch eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. (...)"
2. Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt mit dem oben angeführten Luftfahrzeug außerhalb eines Flugplatzes von einem Grundstück abgeflogen bzw auf einem solchen gelandet ist, für das keine Außenabflug- bzw Außenlandungsgenehmigung vorgelegen hat.
Der Beschwerdeführer wendet jedoch ein, die Strafbehörden hätten den falschen Tatbestand herangezogen, weil eine Bestrafung wegen fehlender Außenlandebewilligung nach "§ 169 LFG iVm § 9 LFG" erfolgen hätten müssen, nicht aber nach "§ 169 iVm dem Bescheid der Nö Landesregierung". Hinsichtlich des korrekten Tatbestandes sei jedoch niemals eine Verfolgungshandlung gesetzt worden, sodass in der Zwischenzeit bereits Verfolgungsverjährung eingetreten sei.
3. Dem Beschwerdeführer ist im Ergebnis zuzustimmen, dass der von Strafbehörden herangezogene Straftatbestand des § 169 Abs 1 Z 3a LFG (iVm dem Bewilligungsbescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 19. Juni 2009) im gegenständlichen Fall schon deshalb nicht zur Anwendung gelangt, weil mit dem Beschwerdeführer nicht die Partei des Bewilligungsverfahrens (Herr M), die auch Adressat des genannten Bewilligungsbescheides gewesen ist, bestraft worden ist. Ein Zuwiderhandeln gegen den Bewilligungsbescheid iSd § 169 Abs 1 Z 3a LFG käme aber nur in Bezug auf jene Person in Betracht, der gegenüber der Bescheid erlassen worden ist bzw der gegenüber dieser Bescheid im Rahmen seiner subjektiven Grenzen Wirkung entfalten konnte (vgl dazu im Allgemeinen etwa Leeb, Bescheidwirkungen und ihre subjektiven Grenzen nach dem AVG (2010), 125ff). Dem LFG lässt sich auch keine Vorschrift entnehmen, die den Beschwerdeführer als verantwortlichen Piloten zur Einhaltung der Anordnungen des gegenständlichen Bewilligungsbescheides verhalten würde und es daher rechtfertigen könnte, ein Zuwiderhandeln gegen den angeführten Bescheid durch den Beschwerdeführer zu bestrafen.
Allerdings sieht § 9 Abs 1 LFG das - auch an den verantwortlichen Piloten gerichtete (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 8. September 2011, Zl 2009/03/0080) - Gebot vor, zum Abflug und zur Landung von Luftfahrzeugen nur Flugplätze zu benützen, soweit nicht (unter anderem) in Abs 2 leg cit etwas anderes bestimmt ist. Nach § 9 Abs 2 LFG dürfen Abflüge und Landungen außerhalb eines Flugplatzes (Außenabflüge und Außenlandungen) mit Zivilluftfahrzeugen grundsätzlich nur mit Bewilligung (des zuständigen Landeshauptmannes) durchgeführt werden (dass ein Fall einer nichtbewilligungspflichtigen Außenlandung oder eines nichtbewilligungspflichtigen Außenabfluges nach § 10 LFG vorgelegen hätte, wird im gegenständlichen Fall von keiner Seite behauptet). Soweit eine Bewilligung zum Außenabflug oder einer Außenlandung erteilt worden ist, kann sich auch der verantwortliche Pilot (aufgrund der Tatbestandswirkung dieser Genehmigung) bei von ihm durchgeführten Außenabflügen und Außenlandungen darauf berufen. Liegt eine solche Genehmigung für den strittigen Außenabflug oder die Außenlandung aber - wie im vorliegenden Fall - nicht vor, verstößt er gegen § 9 Abs 1 und 2 LFG und begeht dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 169 Abs 1 Z 1 LFG.
4. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als (inhaltlich) fehlerhaft, weil dem Beschwerdeführer - zu Unrecht - der Tatbestand des § 169 Abs 1 Z 3a LFG zur Last gelegt worden ist.
5. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, es sei in Bezug auf die Bestrafung nach § 169 Abs 1 Z 1 iVm § 9 Abs 1 und 2 LFG mangels einer diesbezüglichen Verfolgungshandlung bereits Verfolgungsverjährung eingetreten, ist ihm allerdings nicht zuzustimmen. Eine (die Verfolgungsverjährung nach § 31 VStG unterbrechende) Verfolgungshandlung nach § 32 Abs 2 VStG ist zwar auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzenden Verwaltungsvorschriften iSd § 44a Z 2 VStG zu beziehen; die (korrekte) rechtliche Qualifikation der Tat ist hingegen nicht erforderlich (vgl etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, § 32 VStG, E 107 ff zitierten Beispiele aus der hg Rechtsprechung).
Im gegenständlichen Fall wurde dem Beschwerdeführer (innerhalb der Verjährungsfrist) mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 10. November 2009 in sachverhaltsmäßiger Hinsicht vorgehalten, er habe (in zwei Fällen) am 20. Juni 2009 als Pilot des näher bezeichneten Luftfahrzeuges an näher umschriebenen Orten je eine Außenlandung und einen Außenabflug durchgeführt und dabei beim Start und bei der Landung mit dem Luftfahrzeug andere als die behördlich genehmigten Orte/Parzellen benützt. Diese Tatumschreibung reichte aus, um als taugliche Verfolgungshandlung in Bezug auf eine Übertretung nach § 169 Abs 1 Z 1 iVm § 9 Abs 1 und 2 LFG angesehen werden zu können.
6. Da die belangte Behörde jedoch in Verkennung der Rechtslage die falsche Strafnorm angewendet hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455. Der vom Beschwerdeführer begehrte Kostenzuspruch (Schriftsatzaufwand von EUR 2.000,--) findet darin keine Deckung, weshalb das Mehrbegehren abzuweisen war.
Wien, am 22. Oktober 2012
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