Normen
31997L0080 Beweislast-RL Art4 Abs2;
32000L0078 Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Beruf;
AVG §39 Abs2;
BGBGNov 2004;
B-GlBG 1993 §20a;
DVG 1984 §1 Abs1;
VwRallg;
31997L0080 Beweislast-RL Art4 Abs2;
32000L0078 Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Beruf;
AVG §39 Abs2;
BGBGNov 2004;
B-GlBG 1993 §20a;
DVG 1984 §1 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Amtsdirektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und beim Finanzamt H seit 23 Jahren im Bereich der Betriebsprüfung in Verwendung. Sein derzeitiger Arbeitsplatz als "Teamexperte Prüfer (BV-Team)" ist der Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 3, zugeordnet.
Ende des Jahres 2007 gelangte bei diesem Finanzamt die Funktion des "Teamleiter/Teamleiterin Betriebsveranlagung/- prüfung" nach § 20 des Ausschreibungsgesetzes 1989 zur Ausschreibung, für die die "Bewertung A2/6" ausgewiesen war.
Neben dem Beschwerdeführer bewarben sich drei weitere Personen um diese Stelle, mit der schließlich der Mitbewerber Dieter H. betraut wurde.
Der Beschwerdeführer beantragte zunächst bei der Gleichbehandlungskommission des Bundes die Feststellung, dass er durch die Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung um die genannte Funktion aufgrund seines Alters und seiner Weltanschauung diskriminiert worden sei. Die Gleichbehandlungskommission des Bundes gelangte in ihrer Sitzung vom 31. März 2007 im Rahmen eines Gutachtens zum Schluss, dass die Nichtberücksichtigung der Bewerbung des Beschwerdeführers um die genannte Funktion eine Diskriminierung aufgrund seiner Weltanschauung darstelle. Für eine Diskriminierung aufgrund des Alters habe kein Anhaltspunkt gefunden werde können.
In seiner Eingabe vom 27. Jänner 2009, betreffend "Schadenersatz gem. § 18a" beantragte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf das Gutachten der Gleichbehandlungskommission des Bundes bei seiner Dienstbehörde Schadenersatz nach § 18a B-GlBG.
Mit Bescheid vom 6. Mai 2009 wies das Finanzamt H als Dienstbehörde erster Instanz diesen Antrag ab. Sie gelangte nach kurzer Darstellung des Ausschreibungsverfahrens und Würdigung des Gutachtens der Gleichbehandlungskommission des Bundes zum Schluss, dass diese Kommission den Befund für das Besetzungsverfahren nur unvollständig erhoben habe. Das Gutachten der Gleichbehandlungskommission des Bundes sei somit alles in allem in sich nicht schlüssig und nachvollziehbar. Eine Diskriminierung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Weltanschauung habe nach eingehendem Studium des Ausschreibungsverfahrens, des Gutachtens der Kommission nach dem Ausschreibungsgesetz 1989 und des Gutachtens der Gleichbehandlungskommission des Bundes nicht erkannt werden können.
In seiner dagegen erhobenen Berufung monierte der Beschwerdeführer zusammengefasst, die Dienstbehörde erster Instanz habe lediglich eine Bewertung des Gutachtens der Gleichbehandlungskommission des Bundes vorgenommen anstatt tatsächliche Feststellungen zu treffen. Er beantrage "ein tatsächliches Ermittlungsverfahren durchzuführen, und zwar durch Einvernahme von Zeugen, Sichtung von Urkunden sowie durch Durchführung einer mündlichen Verhandlung". Es werde beantragt, festzustellen, ob der ernannte Mitbewerber für die Funktion des Teamleiters tatsächlich besser geeignet sei, und zu überprüfen, ob das Vorgehen der Begutachtungskommission tatsächlich objektiv sachlich und rechtmäßig gewesen sei. Weiters mögen dem Beschwerdeführer alle Unterlagen der Begutachtungskommission zur Stellungnahme und weiteren Antragstellung übermittelt werden. "Beweis: PV;
Akt der Begutachtungskommission;
Verwaltungsakt des Finanzamtes H;
Gutachten der Bundesgleichbehandlungskommission aus dem Jahr 2008;
Einvernahme der Mitglieder der Begutachtungskommission im Rahmen
einer
mündlichen Verhandlung;
weitere Beweise vorbehalten."
Mit Erledigung vom 6. Oktober 2010 räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer nach Darstellung des Ganges des Ausschreibungsverfahrens sowie des Verwaltungsverfahrens über den Ersatzanspruch (Seiten 1 bis 26 dieser Erledigung) Gehör dazu ein, sie beabsichtige, der Berufung nicht stattzugeben. Begründend führte sie hiezu unter Gegenüberstellung des Gutachtens der Gleichbehandlungskommission des Bundes mit den Ergebnissen der Begutachtungskommission nach dem Ausschreibungsgesetz 1989 abschließend (S. 39 der Erledigung) aus, aus der Sicht der belangten Behörde sei der Tatbestand der Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung nicht erfüllt, weil sich die Personalentscheidung ausschließlich auf die beim Hearing (vor der Begutachtungskommission) gemachten Eindrücke stütze. Dem Antrag auf Einvernahme der Mitglieder der Begutachtungskommission im Rahmen einer mündlichen Verhandlung werde seitens der belangten Behörde nicht nachgekommen, da die bessere Eignung des Mitbewerbers aufgrund der Beurteilungen der Kommissionsmitglieder eindeutig dargelegt worden sei und durch eine weitere Befragung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten seien, die zu einem neuen Ergebnis führen würden.
Hiezu nahm der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 28. Oktober 2010 Stellung, in der er unter Anderem vorbrachte, ein ordnungsgemäßes Verfahren erfordere, dass auf die Argumente und Anträge des Beschwerdeführers eingegangen und in Form eines Ermittlungsverfahrens tatsächlich festgestellt werde, ob die gegenständliche Personalmaßnahme ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, respektive, ob seitens der Begutachtungskommission tatsächlich eine mangelfreie Bewertung und seitens der Dienstbehörde eine mangelfreie Auswahl vorgenommen worden sei. Ausdrücklich widersprochen werde der Annahme der belangten Behörde, wonach eine Einvernahme der Mitglieder der Begutachtungskommission keine neuen Ergebnisse bringen würde, da die Empfehlung dieser Kommission gegen den Beschwerdeführer ausgefallen wäre. Tatsächlich habe er die Richtigkeit der Begutachtungsergebnisse nachvollziehbar in Zweifel gezogen und komme eine Verweigerung der Überprüfung der Begutachtungskommission der belangten Behörde der Verweigerung einer Sachentscheidung bzw. der Durchführung des gebotenen Verfahrens gleich. Die Berufung und die bisher genannten Beweisanträge, insbesondere der Antrag auf Einvernahme der wesentlichen Zeugen im Rahmen einer mündlichen Verhandlung, bleibe somit vollinhaltlich aufrecht.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nicht statt und bestätigte den Erstbescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG. Begründend führte sie nach Darstellung des Verfahrensganges aus (S 33 d. aB), sie habe im Rahmen des Ermittlungsverfahrens folgende Beweismittel, die dem Beschwerdeführer auch im Rahmen des Parteiengehörs übersendet worden seien, verwendet:
Das Gutachten der Gleichbehandlungskommission, das Protokoll der Hearing-Kommission, den Übertrag der Hearing-Ergebnisse des Beschwerdeführers, den Übertrag der Hearing-Ergebnisse des Bewerbers H., die Bewertungsblätter der Kommissionsmitglieder des Hearings vom 28. Dezember 2007 betreffend den Beschwerdeführer sowie den Bewerber H. und das mit dem damaligen Kommissionsmitglied B. geführte Telefonat betreffend die Bewertung des Beschwerdeführers bzw. des Bewerbers H.
In der weiteren Begründung ging die belangte Behörde auf die Beweismittel und auf die Einwände des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 28. Oktober 2010 betreffend das aus seiner Sicht ungewöhnliche Procedere des Bewerbungsverfahrens ein, um abschließend (S 47 f d. aB) auszuführen:
"Hinsichtlich der übrigen Mitglieder der Begutachtungskommission, deren Glaubwürdigkeit Sie pauschal auch anzweifeln und sich auf die B-GlBK stützen, kann nach Durchsicht des Gutachtens der B-GlBK seitens der Berufungsbehörde der Vorwurf der mangelnden Glaubwürdigkeit nicht explizit herausgelesen werden. Untermauert wird die Objektivität der Mitglieder der Begutachtungskommission auch dadurch, dass - wie aus dem Bewertungsblatt des Kommissionsmitgliedes S. ersichtlich - bei Ihnen zusätzlich ein Punkt ('3+1') beim Kriterium Konfliktfähigkeit und Verhandlungsgeschick festgehalten wurde, damit Sie einen höheren Punktewert erreichen.
Somit liegt für die Berufungsbehörde der entscheidungsrelevante Sachverhalt klar vor und eine mündliche Verhandlung vermag keine weiteren Fakten zu liefern.
Wie sich aus den voranstehenden Ausführungen ergibt, gehen auch sämtliche von der Bundes-Gleichbehandlungskommission ins Treffen geführten Argumente, die eine Diskriminierung gemäß § 13 Abs. 1 Z. 5 B-GlBG untermauern sollen, ins Leere. Nicht Ihre Weltanschauung war der Grund, dass Sie nicht mit der Funktion de Teamleiters des Finanzamtes H betraut worden sind, sondern vielmehr die Tatsache, dass einer Ihrer Mitbewerber (H.) für die ausgeschriebene Funktion besser geeignet war als Sie. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes gemäß § 13 Abs. 1 Z. 5 B-GlBG liegt im gegenständlichen Fall nicht vor, sodass sie gesetzlichen Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch gemäß § 18a B-GlBG nicht gegeben sind.
…"
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Ersatzleistung nach § 18a Abs. 1 B-GlBG verletzt; er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erblickt die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens "speziell unter dem Aspekt der Diskriminierungsbescheinigung" darin, schon von der Grundkonstellation her, die dadurch gekennzeichnet sei, dass eine Behörde ihre eigene Entscheidung zu verteidigen habe, weiters aufgrund der oben angeführten Überlegungen betreffend "weltanschauliche Zusammenhänge" und in Übereinstimmung mit allen Erfahrungen der Praxis sei es schlechthin als ausgeschlossen anzusehen, dass von einer Behörde im Verfahren der gegenständlichen Art Zeugenbefragungen auf solche Weise durchgeführt werden, dass hinter dem vordergründig von den Zeugen Angegebenen auch im Hintergrund eine diskriminierende Motivation deutlich werden könnte. Solle daher in einem Verfahren der gegenständlichen Art die Wahrheitsfindung ernstlich betrieben werden, sei es absolut unerlässlich, dass der Antragsteller Gelegenheit erhalte, in einer mündlichen Verhandlung selbst die maßgeblichen Zeugen zu befragen (bzw. durch seinen Vertreter befragen zu lassen). Geschehe dies nicht, so werde damit direkt jener Absicht des Gesetzgebers entgegen gewirkt, die darin zum Ausdruck gelange, dass er das Ausreichen der Bescheinigung für die Annahme der Diskriminierung statuiert habe. Wenn daher auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung grundsätzlich im Ermessen der Behörde stehe, sei sie hier seines Erachtens zwingend vorzunehmen, weil der Partei ansonsten die Bescheinigungsmöglichkeit de facto weitgehend entzogen werde. Die Nichtdurchführung der beantragten Verhandlung bedeute daher für sich allein einen wesentlichen Verfahrensmangel. Hinzu kämen die Mängel des Ermittlungsverfahrens (einschließlich unvollständiger Gewährung des Parteiengehörs) und der Bescheidbegründung. Die belangte Behörde habe keinerlei zusätzliche Beweise aufgenommen. Ein im angefochtenen Bescheid näher erörtertes Telefonat mit dem Kommissionsmitglied B. stelle im Hinblick darauf, dass darüber nicht einmal ein Aktenvermerk angefertigt worden sei, kein tragfähiges Beweismittel für irgendein Beweisthema dar.
Kapitel II der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, ABl. L303/16 vom 2. Dezember 2000, lautet auszugsweise:
"RECHTSBEHELFE UND RECHTSDURCHSETZUNG
Artikel 9
Rechtsschutz
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in ihren Rechten für verletzt halten, ihre Ansprüche aus dieser Richtlinie auf dem Gerichts- und/oder Verwaltungsweg sowie, wenn die Mitgliedstaaten es für angezeigt halten, in Schlichtungsverfahren geltend machen können, …
…
Artikel 10
Beweislast
(1) Die Mitgliedstaaten ergreifen im Einklang mit ihrem nationalen Gerichtswesen die erforderlichen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass immer dann, wenn Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für verletzt halten und bei einem Gericht oder einer anderen zuständigen Stelle Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, es dem Beklagten obliegt zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat.
(2) Absatz 1 lässt das Recht der Mitgliedstaaten, eine für den Kläger günstigere Beweislastregelung vorzusehen, unberührt.
…
(5) Die Mitgliedstaaten können davon absehen, Absatz 1 auf Verfahren anzuwenden, in denen die Ermittlung des Sachverhalts dem Gericht oder der zuständigen Stelle obliegt."
Die Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 erfolgte für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse zum Bund u.a. durch das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz - B-GlBG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 65/2004, wie sich einerseits aus den Gesetzes-Materialien zu dieser Novelle (RV 285 BlgNR 22.GP) und andererseits aus der Kundmachung dieser Novelle unter ausdrücklicher Bezugnahme u.a. auf die eingangs zitierte Richtlinie ("(Celex-Nr.: … 32000L0078, …)") ergibt.
§ 18a B-GlBG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 65/2004 regelt Ersatzansprüche von Beamtinnen und Beamten wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes beim beruflichen Aufstieg.
Nach § 20 Abs. 2 B-GlBG sind Ansprüche von Beamtinnen oder Beamten gegenüber dem Bund nach § 18a binnen Frist bei der für sie zuständigen Dienstbehörde geltend zu machen. Nach Abs. 4 leg. cit. sind das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, BGBl. Nr. 29, und die dazu ergangenen Verordnungen auf die Zuständigkeit die Dienstbehörden zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch Beamtinnen oder Beamte anzuwenden.
§ 20a B-GlBG trifft Regelungen über die Beweislast, insoweit sich eine betroffene Person vor Gericht auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 4, 8, 8a, 13 Abs. 1 oder 16 beruft.
§ 20a B-GlBG gilt schon von seinem Wortlaut her nur für Verfahren vor Gericht. Im Dienstrechtsverfahren gilt hingegen - so die ErläutRV zu § 20a leg. cit., 285 BlgNR 22. GP 2 f - gemäß § 1 Abs. 1 DVG iVm § 39 Abs. 2 AVG der Grundsatz der Amtswegigkeit (die Offizialmaxime), weshalb dieses Verfahren unter die Ausnahmebestimmung des Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 97/80/EG fällt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 2008, Zl. 2007/12/0064).
Gemäß dem nach § 1 Abs. 1 DVG anwendbaren § 37 AVG ist Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.
Für die Durchführung des Ermittlungsverfahrens sind nach § 39 Abs. 1 AVG die Verwaltungsvorschriften maßgebend. Soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnung enthalten, hat die Behörde nach § 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesen Teilen enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen. Sie kann insbesondere von Amts wegen oder auf Antrag eine mündliche Verhandlung durchführen und mehrere Verwaltungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden oder sie wieder trennen. Die Behörde hat sich bei allen diesen Verfahrensanordnungen von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.
Wenn die Sache zur Entscheidung reif ist, kann die Behörde nach Abs. 3 leg. cit. das Ermittlungsverfahren für geschlossen erklären. Neue Tatsachen und Beweismittel sind von der Behörde nur zu berücksichtigen, wenn sie allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens eine anderslautende Entscheidung der Sache herbeiführen könnten.
Nach § 45 Abs. 2 AVG hat die Behörde im Übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Nach Abs. 3 leg. cit. ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.
Soweit § 39 Abs. 2 AVG mangels besonderer Regelung in den Verwaltungsvorschriften uneingeschränkt zur Anwendung kommt, steht es im Ermessen der Behörde, aufgrund eines Antrages der Partei oder von Amts wegen eine mündliche Verhandlung abzuhalten, sie ist dazu jedoch im Allgemeinen nicht verpflichtet (vgl. die hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2005, Zl. 2002/08/0132, vom 7. Nov. 2005, Zl. 2005/17/0086, sowie vom 20. Dezember 2005, Zl. 2005/12/0157). Die Parteien des Verfahrens haben auch dann, wenn sie ein dahingehendes Begehren erheben, keinen Anspruch auf eine mündliche Verhandlung (vgl. etwa die in Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum AVG, 2. Teilband, unter RZ 26 zu § 39 AVG wiedergegebene Rechtsprechung).
Die Behörde hat den Sachverhalt ausreichend zu erheben. Die Beweiswürdigung kann sich aber nur mit bereits vorliegenden Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens auseinandersetzen. Eine vorgreifende (antizipatorische) Beweiswürdigung, die den Wert eines Beweises im Vorhinein und damit abstrakt beurteilt, ist unzulässig (vgl. wiederum die in Hengstschläger/Leeb, aaO, unter RZ 19 zu § 45 AVG wiedergegebene Judikatur).
Vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Rechtslage ist beschwerdefallbezogen davon auszugehen, dass die Dienstbehörde die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des zur Beurteilung des geltend gemachten Ersatzanspruches maßgebenden Sachverhaltes traf. Der Beschwerdeführer hatte schon in seiner Berufung zum Beweis seiner Behauptung einer verpönten Diskriminierung im Zuge des Besetzungsverfahrens formell unter anderem die Einvernahme seiner Person ("PV") sowie der Mitglieder der Begutachtungskommission - im Rahmen einer mündlichen Verhandlung - beantragt. Hievon nahm die belangte Behörde der Begründung des angefochtenen Bescheides zufolge deshalb Abstand, weil das Hearing selbst und die Person des Dienstbehördenleiters ausreichende Informationen für die Entscheidung geboten hätten, weswegen keine weiteren Informationen hätten eingeholt werden müssen. Damit beurteilte die belangte Behörde den Wert der vom Beschwerdeführer beantragten, noch ausständigen Beweisaufnahmen abstrakt anhand der Ergebnisse der von ihr aufgenommenen Beweise, womit sie eine im Sinn der wiedergegebenen Rechtsprechung unzulässige vorgreifende Beweiswürdigung vornahm und damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastete, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Für das zur Ergänzung anstehende Verfahren ist festzuhalten, dass nach der wiedergegebenen Rechtsprechung die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in das Ermessen der Behörde gestellt ist. Wohl kommt der Partei kein subjektives Recht auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu, allerdings wird die belangte Behörde im Rahmen ihrer am Zweck des Ermittlungsverfahrens zu orientierenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen haben, dass die Ermittlung der materiellen Wahrheit eine gezielte Befragung der Zeugen und des (ebenfalls zur Einvernahme beantragten) Beschwerdeführers voraussetzt, zu der eine Einvernahme der Zeugen im Rahmen einer mündlichen Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers beizutragen vermag. Dem entgegenstehende Gesichtspunkte hätte die belangte Behörde im Rahmen einer Ermessensentscheidung darzulegen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 14. November 2012
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