VwGH 2009/07/0118

VwGH2009/07/011821.11.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des Mag. EH in W, vertreten durch Mag. Elisabeth Moser-Marzi, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Schwertgasse 3/11, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom 28. Februar 2007, Zl. MA 22 - 4014/2006, betreffend Behandlungsauftrag nach dem AWG 2002, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs2;
AVG §66 Abs4 impl;
AVG §8;
AWG 1990 §32 Abs1;
AWG 1990 §32;
AWG 2002 §1 Abs3;
AWG 2002 §15 Abs1;
AWG 2002 §15 Abs3;
AWG 2002 §73 Abs1;
AWG 2002 §73;
AWG 2002 §74 Abs1;
AWG 2002 §74 Abs2;
AWG 2002 §74 Abs3;
AWG 2002 §74;
VwGG §30;
VwGG §33 Abs1 impl;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §31;
AVG §59 Abs2;
AVG §66 Abs4 impl;
AVG §8;
AWG 1990 §32 Abs1;
AWG 1990 §32;
AWG 2002 §1 Abs3;
AWG 2002 §15 Abs1;
AWG 2002 §15 Abs3;
AWG 2002 §73 Abs1;
AWG 2002 §73;
AWG 2002 §74 Abs1;
AWG 2002 §74 Abs2;
AWG 2002 §74 Abs3;
AWG 2002 §74;
VwGG §30;
VwGG §33 Abs1 impl;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §31;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 17. November 2006 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) der Auftrag erteilt, auf der Liegenschaft EZ 102, KG S., näher bezeichnete Sanierungsmaßnahmen durchzuführen.

Der Begründung dieses Bescheides ist zu entnehmen, dass auf der Liegenschaft eine mittlerweile stillgelegte Tankstelle betrieben worden sei, dass aus dem Betrieb dieser Tankstelle aus der Zeit vor 1985 Bodenkontaminationen vorhanden seien, die eine Bedrohung für das Grundwasser darstellten und dass der Beschwerdeführer als Liegenschaftseigentümer zur Sanierung herangezogen werde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde.

Er brachte vor, dass Verpflichtete sowie deren Rechtsnachfolger vorhanden seien, denen die Maßnahmen aufzutragen seien. Die Verunreinigungen seien der A-GmbH zuzurechnen, die als spätere AL -GmbH mit der A Schifffahrt und Lager GmbH (nunmehr: Al Schifffahrt und Lager GmbH in Liquidation) verschmolzen worden sei. Das Liquidationsverfahren sei jedoch noch nicht abgeschlossen, sodass diese Gesellschaft Normadressat des AWG 2002 sei. Im Jahr 1988 habe die AV GmbH als A AG die Tankstelle übernommen und dabei sämtliche Rechte und Pflichten der A-GmbH übernommen. Die A International AG sei Rechtsnachfolger der A AG, Teile davon seien von der A Tankstellenbetriebs-GmbH übernommen worden, die wiederum mit der O GmbH verschmolzen sei. Im Falle einer Verschmelzung, Umwandlung oder Spaltung komme es zu einer Universalsukzession des Rechtsnachfolgers, die auch die Verpflichtungen aus dem AWG 2002 umfasse. Ebenfalls kämen allfällige Erben der früheren Tankstellenbetreiber (JP und W W) als Verpflichtete im Sinne des § 73 Abs. 1 AWG 2002 in Betracht. Da somit noch mehrere gemäß § 73 AWG 2002 Verpflichtete feststellbar seien, bleibe für eine subsidiäre Haftung des Liegenschaftseigentümers nach § 74 AWG 2002 kein Platz. Der Beschwerdeführer habe keine Kenntnis von der Verunreinigung gehabt bzw. haben müssen. In den 70er- und 80er- Jahren des vorigen Jahrhunderts hätte es nicht der allgemeinen Lebenserfahrung entsprochen, dass der Betrieb von Tankstellen Verunreinigungen verursache. Weiters käme ihm die Privilegierung des § 74 Abs. 3 AWG 2002 zugute, da die Verunreinigung vor dem 1. Juni 1990 stattgefunden hätte. Es seien daher Feststellungen hinsichtlich einer ausdrücklichen Gestattung sowie Vorteilsziehung erforderlich. Tatsächlich habe man so gut wie keinen Vorteil aus dem Bestandsverhältnis gezogen, da der Bestandzins weit unter dem marktüblichen Preis gelegen sei. Eine Vergütung für allfällige Ablagerungen sei nicht erfolgt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Boden unter der Tankstelle mit grundwassergefährdenden Schadstoffen verunreinigt sei. Dabei handle es sich um ein Kohlenwasserstoffgemisch, das aus den Benzin- und Dieseltanks stamme. Man könne von einem Schadenseintritt vor 1985 ausgehen. Bis in das Jahr 1987 sei die Liegenschaft im Eigentum von AM und RM gestanden. 1987 hätten der Beschwerdeführer sowie HH Teile der Liegenschaft durch Schenkungsvertrag und Einantwortung erworben. Im Jahr 2002 hätten diese beiden Personen weitere Anteile des Grundstückes gekauft. Seit 9. Juni 2006 sei der Beschwerdeführer auf Grund einer Schenkung Alleineigentümer der Liegenschaft. Er sei damit Rechtsnachfolger jener Liegenschaftseigentümer, denen zum Zeitpunkt der Verursachung der Kontamination die Liegenschaft gehört habe. J und CP hätten von AM und RM das Tankstellenareal in Bestand genommen und die Tankstelle betrieben. Im April 1976 hätte die A-GmbH die Tankstelle vom Ehepaar P übernommen, welche in der Folge die Tankstelle betrieben habe. Von 1977 bis 1984 sei WW als Unterpächter Tankstellenbetreiber gewesen. Anfang 1988 sei die A AG in die Rechte der A-GmbH eingetreten und habe den Betrieb der Tankstelle übernommen. Im November 1999 sei die A AG anlässlich einer Verschmelzung zur A International AG geworden. Anfang 2002 sei die Tankstelle stillgelegt und im Dezember 2002 sei das Bestandverhältnis durch die A International AG beendet worden. Im Dezember 2003 sei aus der A International AG die AV AG bzw. im August 2004 die AV GmbH geworden. Bereits 1989 sei die A-GmbH in AL-GmbH umbenannt worden. Im September 2001 sei diese mit der A Schifffahrt und Lager GmbH verschmolzen worden. Im April 2005 sei diese in Al Schifffahrt und Lager GmbH umbenannt worden. Die Gesellschaft befinde sich in Liquidation, diese sei jedoch noch nicht abgeschlossen. 2003 habe die A Tankstellenbetriebs-GmbH das österreichische Tankstellennetz der A International AG entnommen. Im März 2005 sei deren Verschmelzung zur O GmbH erfolgt. Diese Gesellschaft sei noch im Firmenbuch eingetragen.

Aus § 73 AWG 2002 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 AWG 2002 ergebe sich, dass dem Verpflichteten Maßnahmen aufzutragen seien. Bei dem ölverunreinigten Boden handle es sich um gefährlichen Abfall. Die Kohlenwasserstoffe drohten mit hoher Wahrscheinlichkeit ins Grundwasser verfrachtet zu werden, weshalb die Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse liege. Die gegenständlichen Bodenkontaminationen datierten aus 1985 und früher. Als Verursacher kämen damit JP, die A-GmbH sowie WW in Betracht. P und W seien verstorben und könnten nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden. Auch etwaige Erben könnten nicht herangezogen werden, weil verwaltungspolizeiliche Aufträge mit dem Tod erlöschten. Mangels gesetzlicher Anordnung gingen auch bei einer gesellschaftsrechtlichen Universalsukzession die Pflichten des § 73 AWG 2002 nicht auf Rechtsnachfolger über. Somit kämen auch die Rechtsnachfolger der A-GmbH - das seien die AV-GmbH, die O GmbH sowie die Al Schifffahrt und Lager GmbH in Liquidation - nicht als Verpflichtete in Betracht. Folglich könnten Verpflichtete nach § 73 AWG 2002 aus sonstigen Gründen im Sinne des § 74 Abs. 1 dritter Fall AWG 2002 nicht beauftragt werden, sodass § 74 Abs. 2 AWG 2002 zur Anwendung komme. Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers hafteten, wenn sie von der Lagerung oder Ablagerung Kenntnis gehabt hätten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit hätten haben müssen. Wie der Beschwerdeführer ausführe, befinde sich die gegenständliche Liegenschaft seit vielen Jahren in Familienbesitz. Weiters sei seinen Aussagen sowie jenen der HH zu entnehmen, dass die Firma A die Kontaminationen hätte sehen müssen und dass auf der Liegenschaft Grabungen vorgenommen sowie Tanks eingegraben worden seien. Es sei daher unglaubwürdig, wenn der Beschwerdeführer angebe, bis ins Jahr 2004 von den Kontaminationen nichts gewusst zu haben. Als er im Juni 2006 Alleineigentümer der Liegenschaft geworden sei, hätte er jedenfalls Kenntnis von den Verunreinigungen gehabt. Den Erwerber einer Liegenschaft treffe nach herrschender Meinung die Obliegenheit, sich vor dem Erwerb über bestehende Belastungen zu informieren und in diesem Zusammenhang Ermittlungen und Erhebungen durchzuführen. Die Art des Eigentumserwerbes sowie die Zahl der Zwischeneigentümer seien irrelevant. Weiters sei die Haftung des Rechtsnachfolgers des Liegenschaftseigentümers losgelöst von der Haftung seines Rechtsvorgängers. Es sei daher von einer Haftung des Beschwerdeführers als Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers im Sinne des § 74 Abs. 2 AWG 2002 auszugehen. Der privilegierende Tatbestand des § 74 Abs. 3 AWG 2002 komme nur demjenigen zu Gute, der im Zeitpunkt der Verunreinigung Liegenschaftseigentümer war, nicht jedoch dessen Rechtsnachfolger.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung mit Beschluss vom 2. Juli 2009, Zl. B 540/07-8, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Bereits in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurden unter einem für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und entsprechende Ausführungen dazu getätigt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorab ist festzuhalten, dass die Umsetzung eines Bescheides, der eine Leistung auferlegt, in die Wirklichkeit die anhängige Bescheidbeschwerde nicht gegenstandslos macht und nicht anders gesehen werden darf, als ob in der Zeit nach Erlassung des Bescheides, mit dem die Verpflichtung zur Leistung ausgesprochen worden ist, nichts geschehen wäre (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. April 1956, Zl. 936/53, VwSlg. 4040/A, sowie vom 23. März 2006, Zl. 2005/07/0173, VwSlg. 16.871/A). Die mit Eingabe vom 31. August 2009 erfolgte Zurückziehung des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie die dabei mitgeteilte Durchführung der mit dem angefochtenen Bescheid angeordneten Maßnahmen steht einer Behandlung der Beschwerde nicht entgegen.

Die Bestimmungen der § 73 Abs. 1 AWG 2002 sowie § 74 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 AWG 2002 samt Überschriften in der im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Stammfassung BGBl. I Nr. 102/2002 lauten wie folgt:

"Behandlungsauftrag

§ 73. (1)

1. Werden Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen gesammelt, gelagert oder behandelt,

2. werden Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder der EG VerbringungsV befördert oder verbracht oder

3. ist die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten,

hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen, einschließlich der Untersagung des rechtswidrigen Handelns, dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen.

Subsidiäre Haftung für Behandlungsaufträge

§ 74. (1) Ist der gemäß § 73 Verpflichtete nicht feststellbar, ist er zur Erfüllung des Auftrags rechtlich nicht imstande oder kann er aus sonstigen Gründen nicht beauftragt werden, so ist der Auftrag nach Maßgabe der folgenden Absätze dem Eigentümer der Liegenschaft, auf der sich die Abfälle befinden, zu erteilen. Ersatzansprüche des Liegenschaftseigentümers an den gemäß § 73 Verpflichteten bleiben unberührt.

(2) Eine Haftung des Liegenschaftseigentümers besteht, wenn er der Lagerung oder Ablagerung entweder zugestimmt oder diese geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Die Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers haften, wenn sie von der Lagerung oder Ablagerung Kenntnis hatten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben mussten. Die Haftung des Liegenschaftseigentümers und der Rechtsnachfolge besteht nicht bei gesetzlichen Duldungsverpflichtungen.

(3) Erfolgte die Lagerung oder Ablagerung von Abfällen vor dem 1. Juli 1990, so ist Abs. 2 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Liegenschaftseigentümer nur dann zur umweltgerechten Behandlung herangezogen werden darf, wenn er die Ablagerungen auf eigenem Boden ausdrücklich gestattet und daraus in Form einer Vergütung für die Inanspruchnahme seines Eigentums einen Vorteil gezogen hat. Seine Leistungspflicht ist jedoch auf jenen Wert des Vorteils begrenzt, der die übliche Vergütung für die Inanspruchnahme seines Eigentums überstieg. Lässt sich die übliche Vergütung nicht vergleichsweise feststellen, ist sie nach dem Wert des verursachten Nutzungsentgangs und der verursachten sonstigen Nachteile - ausgenommen die Leistungspflicht nach Abs. 1 - zu bemessen.

…"

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine Heranziehung als Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers mit der Begründung, es seien noch Rechtsnachfolger des/der Verursacher vorhanden; deren Haftung gehe der Haftung des Rechtsnachfolgers des Liegenschaftseigentümers vor.

Ob eine Rechtsnachfolge in Rechte und Pflichten, die ihre Grundlage im öffentlichen Recht haben, stattfindet, ist jeweils anhand jener Vorschriften zu ermitteln, welche die öffentlichrechtlichen Rechte und Pflichten, um deren Übergang im Weg einer Rechtsnachfolge es geht, statuieren. Eine solche Rechtsnachfolge muss nicht zwingend ausdrücklich vorgesehen sein; sie kann sich aus einer Zusammenschau der jeweiligen öffentlich-rechtlichen Norm mit Bestimmungen des Zivilrechts ergeben. Von einer solchen Rechtsnachfolge wird insbesondere dann auszugehen sein, wenn die öffentlich-rechtliche Norm sie zwar nicht ausdrücklich anordnet, aber erkennbar darauf aufbaut oder wenn die öffentlich rechtliche Norm ohne eine solche Rechtsnachfolge nicht sinnvoll und vollständig wäre.

§ 73 AWG 2002 spricht vom "Verpflichteten". An ihn ist der Behandlungsauftrag zu erteilen. Für ihn besteht aber auch bereits vorher die Pflicht, den gesetzwidrigen Zustand zu beseitigen. Es liegt daher auch schon vor der Erlassung des Behandlungsauftrages eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung vor.

Den Ausdruck "Verpflichteter" verwendete auch die Vorgängerbestimmung des § 73 AWG 2002, § 32 AWG 1990. Als "Verpflichteten" sah die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes denjenigen an, der einen der Tatbestände des § 32 Abs. 1 AWG 1990 verwirklicht hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1995, Zl. 95/07/0113, VwSlg. 14.353/A).

Zu § 73 AWG 2002 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass als Verpflichteter eines Behandlungsbeauftrages jedenfalls derjenige anzusehen ist, der eine Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 zu verantworten hat sowie derjenige, der Abfälle entgegen dem § 15 Abs. 3 AWG 2002 sammelt, lagert oder behandelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. März 2006, Zl. 2005/07/0173, VwSlg. 16.871/A).

§ 73 AWG 2002 hat demnach den Verursacher eines gesetzwidrigen Zustandes im Auge. § 74 Abs. 1 AWG 2002 knüpft an diesen Begriff des Verpflichteten an: Wenn der gemäß § 73 Verpflichtete nicht feststellbar, zur Erfüllung des Auftrages rechtlich nicht imstande ist oder aus sonstigen Gründen nicht beauftragt werden kann, so ist der Auftrag dem Eigentümer der Liegenschaft zu erteilen, auf der sich die Abfälle befinden.

Aus den §§ 73 und 74 AWG 2002 ergibt sich daher, dass unmittelbar nach dem Verursacher der Liegenschaftseigentümer der Zweite in der Kette der Haftenden sein soll.

Daraus folgt aber, dass eine Rechtsnachfolge in die Verursacherposition in öffentlich-rechtlicher Hinsicht, die einen Behandlungsauftrag an den Rechtsnachfolger des Verursachers erlauben würde, nicht vorgesehen ist.

Das steht auch mit der Rechtsprechung des OGH zu der mit § 74 AWG 2002 vergleichbaren Bestimmung des § 31 WRG 1959 im Einklang:

In seinem Beschluss vom 27. August 1997, 1 Ob 72/97p, hat der OGH ausgesprochen, dass die primäre Haftung auf dem Boden des § 31 Abs. 2 und 3 WRG 1959 - anders als bei der als subsidiär beurteilten Haftung des Liegenschaftseigentümers, die auch unter bestimmten Voraussetzungen dessen Rechtsnachfolger zur Last fallen kann (§ 31 Abs. 4 zweiter Satz WRG 1959) - nicht auch den oder die Rechtsnachfolge des Verursachers trifft. Eine Haftung des Beschwerdeführers scheidet daher nicht deswegen aus, weil noch auf Rechtsnachfolger des Verursachers gegriffen werden könnte.

§ 74 Abs. 1 AWG 2002 nennt in der Kette der Haftungspflichtigen an zweiter Stelle nach dem Verursacher (Verpflichteter nach § 73 Abs. 1 AWG 2002) den Eigentümer der Liegenschaft, auf der sich die Abfälle befinden; § 74 Abs. 2 AWG 2002 erweitert die Haftungskette auf die Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers als dritte (und weitere) Glieder in der Haftungskette. Liegenschaftseigentümer ist derjenige, dem die Liegenschaft zur Zeit des haftungsbegründenden Ereignisses gehörte.

Die Bodenkontaminierung stammt nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid aus der Zeit vor 1985. Wie der Begründung des angefochtenen Bescheides weiters zu entnehmen ist, erwarb der Beschwerdeführer 1987, also nach der Kontaminierung, "Teile" der Liegenschaft und wurde 2006 deren Alleineigentümer. Er kommt daher nicht für eine Haftung als Liegenschaftseigentümer, sondern nur als Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers in Betracht, was deswegen von Bedeutung ist, weil für die Haftung des Rechtsnachfolgers des Liegenschaftseigentümers andere Voraussetzungen gelten als für jene des Liegenschaftseigentümers.

In diesem Zusammenhang stellt sich zunächst die Frage, ob die Haftung des Rechtsnachfolgers eine vom Liegenschaftseigentümer abgeleitete ist, mit anderen Worten, ob der Rechtsnachfolger nur dann haftet, wenn beim Liegenschaftseigentümer alle für dessen Haftung vorgesehenen Voraussetzungen gegeben waren. Das ist zu verneinen.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum AWG 2002 (984 Blg.NR XXI. GP, 104) heißt es zu § 74:

"Die Verantwortung des 'Rechtsnachfolgers' ist nicht abgeleiteter Natur und setzt daher auch nicht voraus, dass der Eigentümer, während dessen Eigentumsperiode die Abfälle abgelagert wurden, kraft Zustimmung oder Duldung haftbar geworden wäre. Vielmehr genügt die Kenntnis der Ablagerung, ja sogar die fahrlässige Unkenntnis des Nacheigentümers. Die Zahl der 'Zwischeneigentümer' und die (zivilrechtliche) Art des Eigentumserwerbes sind nicht relevant."

Daraus ergibt sich eindeutig, dass es sich bei der Haftung des Rechtsnachfolgers des Liegenschaftseigentümers nicht um eine abgeleitete, sondern um eine originäre Haftung handelt. Um Missverständnisse zu vermeiden, wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieses den § 74 AWG 2002 betreffende Auslegungsergebnis nicht automatisch auf die Haftung des Rechtsnachfolgers des Liegenschaftseigentümers im WRG 1959 übertragen werden kann, da sie sich aus den Materialien zum AWG 2002 ergibt und diese Materialien für die früher erlassenen Bestimmungen des WRG 1959 nicht herangezogen werden können. Ob es sich bei der Haftung des Rechtsnachfolgers im Wasserrecht um eine originäre oder eine abgeleitete handelt, muss hier nicht untersucht werden.

Die Kontaminationen stammen aus der Zeit vor dem 1. Juli 1990. Für Ablagerungen aus dieser Zeit enthält § 74 Abs. 3 AWG 2002 Sonderbestimmungen für die Haftung. Es stellt sich daher die Frage, ob die Haftungsbeschränkungen des § 74 Abs. 3 AWG 2002 auch dem Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers zugute kommen.

§ 74 Abs. 3 AWG 2002 enthält eine von Abs. 2 abweichende Sonderregelung nur für den ursprünglichen Liegenschaftseigentümer, nicht aber für den Rechtsnachfolger, ordnet aber im Übrigen uneingeschränkt die Geltung des Abs. 2, also auch von dessen Bestimmungen über die Haftung des Rechtsnachfolgers des Liegenschaftseigentümers, an. Die Haftungsbeschränkung des ursprünglichen Liegenschaftseigentümers ist untrennbar daran gekoppelt, dass er durch die Gestattung von Anlagen etc. einen Vorteil gezogen hat (arg.: "daraus"). Da für den Rechtsnachfolger die Gestattung keine Haftungsvoraussetzung ist, kommt für ihn auch diese Koppelung von Gestattung und daraus gezogenem Vorteil nicht in Betracht. Der Rechtsnachfolger haftet daher, wenn er von der Lagerung oder Ablagerung Kenntnis hatte oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben musste. Hingegen ist es keine Voraussetzung für die Haftung des Rechtsnachfolgers, dass er einen Vorteil im Sinne des Abs. 3 erlangt hat. Seine Haftung ist auch nicht beschränkt. Dies gilt jedenfalls im Fall eines Liegenschaftserwerbes nach dem 1. Juli 1990.

Fraglich könnte sein, ob diese (uneingeschränkte) Haftung auch für denjenigen gilt, der die Liegenschaft nach der Ablagerung, aber vor dem 1. Juli 1990 erworben hat (verneinend List/Schmelz, Kommentar zum AWG 20023, 2008, 469 f).

Diese Frage muss aber im Beschwerdefall nicht beantwortet werden.

Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer und HH 1987 "Teile" der Liegenschaft EZ 102 erworben haben. Aus einem im Akt erliegenden Grundbuchsauszug geht hervor, dass es sich dabei nicht um "Teile" im Sinne von Grundstücken oder Grundstücksteilen der EZ, sondern um Anteile (Miteigentum) handelt. Der Beschwerdeführer wurde 1987 zu 1/4, HH zu 3/4 Miteigentümerin. Was es mit dem im angefochtenen Bescheid erwähnten Kauf von "weiteren Anteilen des Grundstückes" auf sich hat, geht aus dem Akt nicht hervor. 2006 wurde der Beschwerdeführer Alleineigentümer der EZ 102.

Damit stellt sich die Frage, ob es einen Unterschied macht, ob auf den Erwerb des 1/4-Anteiles im Jahre 1987 die Haftungsbestimmungen des AWG 2002 anzuwenden sind oder nicht. Dies ist zu verneinen. Das Ergebnis ist in beiden Fällen dasselbe. Entscheidend ist, dass auch nach dem 1. Juli 1990, nämlich im Jahr 2006, ein Eigentumserwerb (Erwerb von weiteren Anteilen) an der Liegenschaft durch den Beschwerdeführer stattgefunden hat.

Wie bereits dargestellt, ist die Haftung des Rechtsnachfolgers des Liegenschaftseigentümers eine originäre, nicht vom Liegenschaftseigentümer abgeleitete. Das Gleiche muss auch für die weiteren Erwerber in der Haftungskette in Bezug auf ihre (mittelbaren und unmittelbaren Vorgänger) gelten. Das bedeutet, dass der Beschwerdeführer in Bezug auf den Erwerb der übrigen Anteile an der EZ 102 im Jahr 2006 als Rechtsnachfolger anzusehen ist und nach den dafür geltenden Regeln haftet, dh wenn er von der Lagerung oder Ablagerung Kenntnis hatte oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben musste. Eine "Aliquotierung" der Haftung kommt nicht in Frage. Das wird sofort klar, wenn man sich vor Augen hält, worum es im § 74 AWG 2002 geht, nämlich nicht (primär) um die Kosten, sondern um die Erteilung eines Behandlungsauftrages. Ein solcher aber kann nicht aliquotiert werden.

Schließlich bleibt noch zu prüfen, ob der Beschwerdeführer von der Ablagerung Kenntnis hatte oder bei gehöriger Aufmerksamkeit haben musste.

Der Betrieb einer Tankstelle stellt eine gefahrgeneigte Tätigkeit dar. Den Erwerber einer Liegenschaft, auf der sich ein solches Betriebsobjekt, bei dem die Herbeiführung von Umweltgefährdungen naheliegt, befindet, treffen Erkundigungsverpflichtungen (vgl. Onz, Liegenschaftseigentum und Haftung, 1995, 127). Der Beschwerdeführer hat nie behauptet, dass er solchen Pflichten nachgekommen wäre. Dies wäre für ihn umso leichter möglich gewesen, da er - nach seinen eigenen Angaben in einer Vernehmung vor dem Magistrat der Stadt Wien am 10. April 2006 - seit 1962 auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft wohnt. Die anlässlich dieser Vernehmung getätigte Aussage, wonach "uns nie bekannt" gewesen sei, "dass es Kontaminationen auf dem Grundstück gab… Es war nie ein Thema in der Familie." steht im Widerspruch zur Aussage von HH in ihrer Vernehmung vor dem Magistrat der Stadt Wien vom selben Tag, wonach sie gehört habe, dass es "auf dem Grundstück Kontaminationen gibt. Da war die Tankstelle schon geschlossen".

Nach den insoweit unbestritten gebliebenen Feststellungen der belangten Behörde in ihrem angefochtenen Bescheid war die Tankstelle schon seit Anfang 2002 - also lange vor dem Eigentumserwerb weiterer Anteile der Liegenschaft durch den Beschwerdeführer im Jahre 2006 - stillgelegt worden.

Die belangte Behörde konnte daher in schlüssiger Beweiswürdigung davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer jedenfalls im Zeitpunkt seines Eigentumserwerbes im Jahre 2006 von den Verunreinigungen Kenntnis haben musste.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 21. November 2012

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