VwGH 2011/22/0317

VwGH2011/22/031713.12.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder und die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer-Kober und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des R in S, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 11. Oktober 2011, Zl. 320.927/2-III/4/11, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

NAG 2005 §43 Abs3 idF 2011/I/038;
NAG 2005 §44 Abs3;
NAG 2005 §44b Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2011:2011220317.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Magistrats Salzburg vom 10. März 2011, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen des Kosovo, auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 44b Abs. 1 "Z 3" Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zurückgewiesen worden war, keine Folge.

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe am 8. Dezember 2010 einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 44 Abs. 3 NAG (in der Fassung vor dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 38) gestellt. Auf Grund der Gesetzesänderung mit 1. Juli 2011 sei nun dieser Titel als Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 3 NAG zu werten. Die erstinstanzliche Behörde habe diesen Antrag gemäß § 44b Abs. 1 Z 3 NAG als unzulässig zurückgewiesen, weil gegen den Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 11. Mai 2010 eine Ausweisung verfügt worden sei und ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht erkennbar sei.

Der Beschwerdeführer sei erstmals am 15. November 2005 illegal eingereist und habe an diesem Tag einen Asylantrag gestellt. Dieser sei in zweiter Instanz mit 11. Jänner 2007 iVm einer Ausweisung als unbegründet abgewiesen worden. Nach erfolgter Ausreise und neuerlicher illegaler Einreise am 20. Mai 2009 habe der Beschwerdeführer abermals einen Asylantrag gestellt. Dieser sei in erster Instanz am 28. September 2009 negativ entschieden worden und es sei wieder gegen ihn eine asylrechtliche Ausweisung erlassen worden. Der Asylgerichtshof habe die Berufung mit 11. Mai 2010 als unbegründet abgewiesen.

Am 8. Dezember 2010 habe der Beschwerdeführer eine Niederlassungsbewilligung "beschränkt" beantragt. Die Behörde erster Instanz habe über diesen Antrag die Sicherheitsdirektion verständigt und eine begründete Stellungnahme angefordert. Gemäß dieser Stellungnahme vom 20. Dezember 2010 sei die Ausweisung unter Beachtung des Art. 8 MRK zulässig.

Wie bereits im Asylverfahren abgesprochen, lebten die Schwester und der Schwager des Beschwerdeführers in Österreich. Sämtliche andere Familienangehörige lebten im Kosovo. Der Beschwerdeführer habe eine Patenschaftserklärung des Schwagers und eine Bestätigung über die Möglichkeit einer Beschäftigung bei Erhalt einer gültigen Arbeitsgenehmigung vorgelegt.

Ein maßgeblich geänderter Sachverhalt seit der Ausweisung bis zur Entscheidung der erstinstanzlichen Behörde habe nicht festgestellt werden können. Im Hinblick auf die Unterlagenvorlage im Berufungsverfahren werde mitgeteilt, dass Umstände, die nach Erlassung des erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheides nach § 44b Abs. 1 "Z 1" NAG eingetreten seien, keinen Einfluss auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisungsentscheidung hätten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Das NAG wurde durch das FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 38, in wesentlichen Teilen geändert (in der Folge: NAG (neu)).

§ 43 Abs. 3 und 4 NAG (neu) lautet:

"(3) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen (§ 44a) oder auf begründeten Antrag (§ 44b), der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, eine 'Niederlassungsbewilligung' zu erteilen, wenn

1. kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt und

2. dies gemäß § 11 Abs. 3 zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

(4) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann trotz Vorliegen eines Erteilungshindernisses gemäß § 11 Abs. 1 Z 3 oder 5 in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, eine 'Niederlassungsbewilligung' erteilt werden, wenn

1. der Drittstaatsangehörige nachweislich seit dem 1. Mai 2004 durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist und

2. mindestens die Hälfte des Zeitraumes des festgestellten durchgängigen Aufenthalts im Bundesgebiet rechtmäßig gewesen ist.

Die Behörde hat dabei den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Z 2 bis 4 kann auch durch Vorlage einer Patenschaftserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 18) erbracht werden. Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 und 5 einschließlich fremdenpolizeilicher Maßnahmen hat die Behörde unverzüglich eine begründete Stellungnahme der der zuständigen Fremdenpolizeibehörde übergeordneten Sicherheitsdirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß § 74 und § 73 AVG gehemmt. Ein, einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag (Folgeantrag) ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt."

Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, der Beschwerdeführer erfülle sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Niederlassungsbewilligung "beschränkt" gemäß § 44 Abs. 4 NAG (alt), ist diesem Vorbringen schon deswegen der Boden entzogen, weil ein Antrag nach § 44 Abs. 3 NAG (alt) bzw. § 43 Abs. 3 NAG (neu) zu beurteilen war, nicht jedoch ein solcher nach § 44 Abs. 4 NAG (alt) bzw. § 43 Abs. 4 NAG (neu). Sachverhaltsmäßig bestreitet der Beschwerdeführer nicht, einen Antrag nach § 44 Abs. 3 NAG (alt) eingebracht zu haben.

Mit erstinstanzlichem Bescheid vom 10. März 2011 wurde dieser Antrag zurückgewiesen. Ob als Zurückweisungsgrund § 44b Abs. 1 Z 1 oder Z 3 NAG (alt) herangezogen wurde, kann dahinstehen, darf doch die Berufungsbehörde die Zurückweisung des Antrags auch aus einem anderen Grund bestätigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2009, 2009/22/0002). Die Frage einer überraschenden Rechtsansicht und der Verletzung des Parteiengehörs stellt sich vorliegend nicht.

Die belangte Behörde durfte davon ausgehen, dass eine Ausweisung mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 11. Mai 2010 erlassen wurde.

In beiden Instanzen wurde angenommen, dass ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorgekommen sei.

In der Beschwerde wird dazu lediglich darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer den erforderlichen Nachweis der deutschen Sprache durch erfolgreiche Absolvierung des Deutschkurses auf "Niveau 1" erbracht habe. Soweit der Beschwerdeführer damit die mit der Beschwerde vorgelegte Kursbestätigung vom 6. Juni 2011 anspricht, ist ihm zu entgegnen, dass - worauf die belangte Behörde zutreffend hingewiesen hat - nur solche Umstände bei Überprüfung der Zurückweisungsentscheidung maßgeblich sind, die bis zum erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheid eingetreten sind (vgl. das infolge insoweit unverändert gebliebener Rechtslage (arg: "auf begründeten Antrag") auch hier maßgebliche hg. Erkenntnis vom 22. Juli 2011, 2011/22/0110). Davon abgesehen stellt die Erlangung dieser Bestätigung keinen Umstand dar, der für sich allein eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes bewirken könnte.

Die belangte Behörde durfte daher frei von Rechtsirrtum die Zurückweisung des gegenständlichen Antrages bestätigen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 13. Dezember 2011

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