VwGH 2011/22/0186

VwGH2011/22/018613.10.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder sowie die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der A in W, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 26. Mai 2011, Zl. 158.567/2-III/4/11, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit betreffend Aufenthaltstitel nach dem NAG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §73 Abs1;
NAG 2005 §25 Abs1;
NAG 2005 §25 Abs2;
NAG 2005 §43 Abs2;
NAG 2005 §44 Abs3;
NAG 2005 §44b Abs1;
NAG 2005 §44b Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §73 Abs1;
NAG 2005 §25 Abs1;
NAG 2005 §25 Abs2;
NAG 2005 §43 Abs2;
NAG 2005 §44 Abs3;
NAG 2005 §44b Abs1;
NAG 2005 §44b Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 13. September 2010 brachte die Beschwerdeführerin, eine philippinische Staatsangehörige, im Inland einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung ein, den sie auf das Vorhandensein humanitärer Gründe stützte. Im Rahmen einer persönlichen Befragung vor der Behörde erster Instanz konkretisierte sie ihren Antrag dahingehend, dass die Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt " nach § 43 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) beantragt werde. Die Beschwerdeführerin führte aus, seit 20. September 2003 in Österreich aufhältig zu sein und einen Deutschkurs zu besuchen.

Mit Schreiben vom 6. Oktober 2010 ersuchte die Behörde erster Instanz (Landeshauptmann von Wien) die Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, um Bekanntgabe, ob gegen die Erteilung eines Aufenthaltstitels an die Beschwerdeführerin Bedenken bestünden. Seitens der Bundespolizeidirektion Wien wurde geantwortet, dass "ha. kein Aktenvorgang" registriert sei.

Mit Schreiben vom 1. Februar 2011 teilte die erstinstanzliche Behörde der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien mit, dass die Beschwerdeführerin am 13. September 2010 den gegenständlichen Antrag gestellt habe, und ersuchte die Sicherheitsdirektion gemäß § 44b Abs. 2 NAG bekanntzugeben, ob sie Bedenken gegen die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung hege oder die Erlassung einer Ausweisung auf Dauer unzulässig sei. Der im Akt erliegenden Zustellbestätigung zufolge langte diese - mit dem genannten Ersuchen verbundene - Mitteilung am 4. Februar 2011 bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien ein.

Mit Stellungnahme vom 4. Februar 2011, die bei der Behörde erster Instanz am 10. Februar 2011 einlangte, sprach sich die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien - mit näherer Begründung - gegen die Erteilung der begehrten Niederlassungsbewilligung aus und führte in der Zusammenfassung ihrer Erwägungen aus, die Erlassung einer Ausweisung gegen die Beschwerdeführerin sei unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zulässig.

Daraufhin teilte die Behörde erster Instanz der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 22. März 2011 unter Hinweis auf die bisherigen Ermittlungsergebnisse zwecks Einräumung von Parteiengehör mit, auf Grund der Stellungnahme der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien sei beabsichtigt, ihren Antrag zurückzuweisen.

Am 22. März 2011 brachte die Beschwerdeführerin gemäß § 73 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) einen an die Bundesministerin für Inneres (die belangte Behörde) gerichteten Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über den von ihr eingebrachten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ein.

Nachdem die belangte Behörde diesen Antrag der Behörde erster Instanz zur Kenntnis gebracht hatte, teilte letztere der belangten Behörde mit Schreiben vom 30. März 2011 mit, der gegenständliche Verwaltungsakt sei nach § 44b Abs. 2 NAG der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien zwecks Einholung einer Stellungnahme vorgelegt worden. Diese hätte bekannt gegeben, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen zulässig und eingeleitet worden seien. Dies sei auch dem rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht worden. Bis zum Vorliegen einer Entscheidung der Fremdenpolizeibehörde im aufenthaltsbeendenden Verfahren ruhe sohin das Verfahren zur Erteilung des Aufenthaltstitels.

Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Übergang der Entscheidungspflicht gemäß § 73 Abs. 1 und 2 AVG zurück.

Begründend führte die belangte Behörde - auf das hier Wesentliche zusammengefasst - aus, § 44b NAG regle, wie die Niederlassungsbehörde im Falle eines Antrages nach § 43 Abs. 2 NAG vorzugehen habe.

Die Behörde erster Instanz habe mit Schreiben vom 1. Februar 2011 die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom von der Beschwerdeführerin eingebrachten Antrag informiert und eine "begründete Stellungnahme zu fremdenpolizeilichen Maßnahmen eingefordert". Dadurch sei der Ablauf der Entscheidungsfrist gehemmt gewesen. Da die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien in ihrer Stellungnahme vom 4. Februar 2011 auf die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen hingewiesen und gleichzeitig ausgeführt habe, aufenthaltsbeendende Maßnahmen würden eingeleitet, habe die Niederlassungsbehörde eine auf § 44b Abs. 1 Z 3 NAG gegründete Antragszurückweisung nicht vornehmen dürfen. "Durch die Feststellung der Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen - Schreiben der SID vom 04.02.2011, eingelangt bei der MA 35 am 10.02.2011 -" sei aber jedenfalls der Ablauf der Frist des § 73 Abs. 1 AVG gehemmt. Daher sei die Niederlassungsbehörde auch nicht säumig. Zu jenem Zeitpunkt, als der Devolutionsantrag eingebracht worden sei, nämlich am 22. März 2011, sei die Fremdenpolizeibehörde bereits über die Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen informiert gewesen. Somit sei im Zeitpunkt der Einbringung des Devolutionsantrages der Ablauf der Entscheidungsfrist bereits gehemmt gewesen, sodass die Behörde erster Instanz nicht habe säumig werden können.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Ansicht der belangten Behörde mit dem Argument, es sei weder von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien behauptet worden noch sonst bewiesen, dass ein Ausweisungsverfahren bereits eingeleitet oder zum Nachteil der Beschwerdeführerin rechtskräftig abgeschlossen worden sei. Ein nicht rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren einer anderen Behörde könnte jedoch nicht Entscheidungsgrundlage für das Verfahren auf Erteilung der begehrten Niederlassungsbewilligung sein. Ansonsten würde eine Entscheidung über den von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag "auf den Nimmermehrtag" verschoben sein. Im Übrigen habe die Beschwerdeführerin bis zur Verfassung der gegenständlichen Beschwerde seitens der Bundespolizeidirektion Wien keine Mitteilung erhalten, dass gegen sie ein aufenthaltsbeendendes Verfahren eingeleitet werde.

Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8 AVG) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen (abgesehen von hier nicht relevanten Ausnahmen) den Bescheid zu erlassen. Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht gemäß § 73 Abs. 2 AVG auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Die Beschwerdeführerin hat den Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung am 13. September 2010 eingebracht. Gemäß § 73 Abs. 1 AVG hätte die Behörde erster Instanz an sich sohin spätestens am 13. März 2011 über diesen Antrag zu entscheiden gehabt. Zutreffend ging die belangte Behörde im vorliegenden Fall allerdings davon aus, dass hier zur Bestimmung jenes Zeitpunktes, an dem die sechsmonatige Entscheidungsfrist als abgelaufen anzusehen ist, die Bestimmung des § 44b Abs. 2 NAG zu beachten war.

§ 44b Abs. 1 und 2 NAG (in der hier maßgeblichen Fassung des BGBl. I Nr. 29/2009) sowie § 44b Abs. 3 NAG (in der Fassung des BGBl. I Nr. 122/2009) lauten:

"§ 44b. (1) Liegt kein Fall des § 44a vor, sind Anträge gemäß §§ 43 Abs. 2 und 44 Abs. 3 als unzulässig zurückzuweisen, wenn

1. gegen den Antragsteller eine Ausweisung rechtskräftig erlassen wurde, oder

2. rechtskräftig festgestellt wurde, dass eine Ausweisung bloß vorübergehend (§ 10 AsylG 2005, § 66 FPG) unzulässig ist, oder

3. die Sicherheitsdirektion nach einer Befassung gemäß Abs. 2 in der Stellungnahme festgestellt hat, dass eine Ausweisung bloß vorübergehend unzulässig ist

und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 11 Abs. 3 ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(2) Liegt kein Fall des Abs. 1 Z 1 oder 2 vor, hat die Behörde unverzüglich die der zuständigen Fremdenpolizeibehörde übergeordnete Sicherheitsdirektion von einem Antrag gemäß §§ 43 Abs. 2 oder 44 Abs. 3 zu verständigen und eine begründete Stellungnahme zu fremdenpolizeilichen Maßnahmen, insbesondere ob eine Ausweisung auf Dauer oder bloß vorübergehend unzulässig ist, einzuholen. Bis zum Einlangen der begründeten Stellungnahme der Sicherheitsdirektion ist der Ablauf der Frist gemäß § 73 Abs. 1 AVG gehemmt. § 25 Abs. 2 gilt sinngemäß.

(3) Anträge gemäß §§ 43 Abs. 2 und 44 Abs. 3 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht nach diesem Bundesgesetz. Ebenso stehen sie der Erlassung und Durchführung fremdenpolizeilicher Maßnahmen nicht entgegen und können daher in fremdenpolizeilichen Verfahren keine aufschiebende Wirkung entfalten. Verfahren gemäß §§ 43 Abs. 2 und 44 Abs. 3 gelten über die Fälle des § 25 Abs. 2 hinaus als eingestellt, wenn der Fremde das Bundesgebiet verlassen hat.

..."

Die Behörde erster Instanz ist, weil eine der in § 44b Abs. 1 Z 1 oder Z 2 NAG genannten Entscheidungen nicht vorliegt, zutreffend nach § 44b Abs. 2 NAG vorgegangen und hat die örtliche zuständige Sicherheitsdirektion vom von der Beschwerdeführerin nach § 43 Abs. 2 NAG eingebrachten Antrag verständigt sowie eine begründete Stellungnahme zu fremdenpolizeilichen Maßnahmen angefordert. Auf Grund der Bestimmung des § 44b Abs. 2 zweiter Satz NAG war sohin der Ablauf der Frist des § 73 Abs. 1 AVG bis zum Einlangen der begründeten Stellungnahme der Sicherheitsdirektion gehemmt.

Anders als die belangte Behörde meint, trat das Ende der Fristenhemmung - in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass mit dem Wegfall des Hemmungsgrundes die früher begonnene Frist weiterläuft (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 9. September 2010, 2006/20/0139) - nach dem klaren Wortlaut des § 44b Abs. 2 zweiter Satz NAG mit dem am 10. Februar 2011 erfolgten Einlangen der begründeten Stellungnahme der Sicherheitsdirektion bei der Behörde erster Instanz ein. Eine darüber hinausgehende Fristenhemmung ist dem Gesetz für einen Fall, wie er hier vorliegt, nicht zu entnehmen. Zwar gilt gemäß § 44b Abs. 2 letzter Satz NAG die Bestimmung des § 25 Abs. 2 NAG in Fällen wie dem vorliegenden sinngemäß. Jedoch enthält auch diese Bestimmung keine Anordnung einer weitergehenden Fristenhemmung. Dass die Bestimmung des § 25 Abs. 1 letzter Satz NAG, die nach einem Antrag auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels - für bestimmte Konstellationen - eine Fristenhemmung während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung vorsieht, auch im hier gegenständlichen Fall eines Erstantrages nach § 43 Abs. 2 NAG anzuwenden wäre, ergibt sich aus dem Gesetz hingegen nicht.

Dieses Ergebnis wird auch durch einen Blick auf die Erläuterungen in den Materialen zu § 44b Abs. 2 NAG (RV 88 BlgNR 24. GP  12f) bekräftigt, in denen ebenfalls ausschließlich nur vom "Zeitraum bis zum Einlangen der Stellungnahme" gesprochen wird. Da dort darüber hinaus ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Fremdenpolizeibehörde gemäß § 66 Abs. 3 FPG formal über die Ausweisung abzusprechen und, liegen die Voraussetzungen für die Erlassung einer Ausweisung vor, diese selbstverständlich zu erlassen haben wird, ergibt sich, dass dem Gesetzgeber durchaus bewusst war, dass die Einholung einer Stellungnahme zur Einleitung eines aufenthaltsbeendenden Verfahrens führen kann. Sohin muss aber auch davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber bewusst die Entscheidung traf, eine Fristenhemmung lediglich bis zum Einlangen der Stellungnahme der Sicherheitsdirektion vorzusehen, und bewusst darauf verzichtete, diese Fristenhemmung auch auf ein allenfalls danach eingeleitetes aufenthaltsbeendendes Verfahren auszuweiten.

Sohin ergibt sich, dass die Auffassung der belangten Behörde, die Fristenhemmung habe infolge des Inhalts der Mitteilung der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien auch über das Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde erster Instanz hinaus angedauert, nicht dem Gesetz entspricht.

Es bleibt daher fallbezogen die Frage zu klären, an welchem Tag die Fristenhemmung eingetreten ist.

Die Behörde erster Instanz fertigte ihr an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien gerichtetes Ersuchen am 1. Februar 2011 aus. Dieses Ersuchen langte am 4. Februar 2011 bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien ein. Am 10. Februar 2011 langte die Stellungnahme der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien bei der Behörde erster Instanz ein. Sollte der Fristenlauf bereits mit 1. Februar 2011 gehemmt worden sein, würde mit Blick auf das Datum der Einbringung des Antrages auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung und jenes des Wegfalles des Hemmungsgrundes die Entscheidungsfrist nach § 73 Abs. 1 AVG erst mit 22. März 2011 abgelaufen sein. Der an diesem Tag eingebrachte Devolutionsantrag würde sich daher als vor Ablauf der in § 73 Abs. 1 AVG festgelegten Sechsmonatsfrist eingebracht erweisen.

Das Abstellen auf den Tag der Ausfertigung der Anfrage verbietet sich hier allerdings sowohl auf Grund des Gesetzeswortlautes als auch auf Grund des vom Gesetz verfolgten Zwecks. § 44b Abs. 2 NAG stellt darauf ab, dass die der zuständigen Fremdenpolizeibehörde übergeordnete, also die örtlich zuständige, Sicherheitsdirektion zu verständigen ist. Daraus ergibt sich, dass diese, um die Fristenhemmung zu bewirken, vom Antrag nach §§ 43 Abs. 2 oder 44 Abs. 3 NAG in Kenntnis gelangen muss. Es stellte sich nicht als hinreichend dar, den diesbezüglichen Verfahrensabschnitt zur Einholung der Stellungnahme (etwa durch Herstellung der Ausfertigung der Mitteilung) lediglich in Gang zu setzen. Die Niederlassungsbehörde hätte es ansonsten nämlich in der Hand, durch Ausfertigung einer Verständigung, aber Unterlassen der Absendung, eine Fristenhemmung auf unbestimmte Zeit herbeizuführen (mit den Worten der Beschwerde: die Entscheidung auf den "Nimmermehrtag" zu verschieben).

Sohin kommt es zur Beurteilung, wann die Fristenhemmung eingetreten ist, allein darauf an, zu welcher Zeit die Verständigung der Niederlassungsbehörde bei der zuständigen Sicherheitsdirektion eingelangt ist. Dies war im vorliegenden Fall der 4. Februar 2011. Daraus ergibt sich, dass die Frist nur in der Zeit von 4. Februar 2011 bis 10. Februar 2011 gehemmt war, woraus wiederum folgt, dass die in § 73 Abs. 1 AVG festgelegte Entscheidungsfrist im Zeitpunkt der Einbringung des Devolutionsantrages bereits abgelaufen war. Die Zurückweisung des Devolutionsantrages mit der Begründung, die Behörde erster Instanz sei mangels Ablaufes der in § 73 Abs. 1 AVG genannten Frist nicht säumig, erweist sich sohin als verfehlt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 13. Oktober 2011

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