Normen
SchPflG 1985 §1;
SchUG 1986 §19 Abs2;
VwRallg;
SchPflG 1985 §1;
SchUG 1986 §19 Abs2;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den Bescheiden vom 4. März 2010 hat der Bezirksschulrat Hallein gemäß § 11 Abs. 4 Schulpflichtgesetz 1985 - SchPflG, BGBl. Nr. 76, jeweils angeordnet, dass die Kinder der Beschwerdeführerin, X, geboren am 30. Mai 1996, und Y, geboren am 7. August 1997, - die deutsche Staatsangehörige sind - ihre Schulpflicht ab Erlassung der angefochtenen Bescheide an der Hauptschule G. zu erfüllen haben.
In den im Wesentlichen gleichlautenden Begründungen dieser Bescheide führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin anlässlich ihrer Wohnsitzverlegung von Deutschland nach Österreich die beiden Kinder ab 15. Mai 2008 an einer bestimmten Adresse in G. polizeilich gemeldet habe. Ab 6. November 2008 sei eine Abmeldung vorgenommen worden, weil die Kinder mit der Beschwerdeführerin zu ihrem Vater nach Frankreich übersiedelt seien. Ab einem nicht mehr feststellbaren Zeitraum im Jänner 2009 hätten sich die Kinder wieder in G. aufgehalten, wobei sie jedoch nicht polizeilich gemeldet worden seien. Im Anschluss an diesen Aufenthalt seien sie wieder zu ihrem Vater zurückgekehrt, während sich die Beschwerdeführerin in G. gemeldet habe. Erst seit 9. Oktober 2009 hätten auch die Kinder ihren Wohnsitz wieder in G. und seien hier gemeldet.
Von der Beschwerdeführerin sei im Laufe des Verfahrens immer wieder behauptet worden, dass für die Kinder keine Schulpflicht in Österreich bestehe, weil sie sich nicht dauernd hier aufhielten. Ein die Schulpflicht begründender dauernder Aufenthalt im Sinn von § 1 SchPflG liege vor, wenn sich eine Person bis auf Weiteres, also nicht nur vorübergehend, an einem Ort aufhalte bzw. die aus den Umständen erkennbare Absicht habe, sich dort aufzuhalten. Als vorübergehend könne jedoch nicht jeder Aufenthalt angesehen werden, dessen Ende bereits absehbar sei. Für die Entstehung von Schulpflicht sei eine Mindestdauer des Aufenthalts im Ausmaß von etwa einer Beurteilungsperiode erforderlich.
Die Beschwerdeführerin habe seit ihrem Wohnsitzwechsel aus Deutschland ein durchgehendes Beschäftigungsverhältnis in G. und verfüge über einen länger dauernden Mietvertrag in dieser Gemeinde. Diese objektiven Umstände sprächen für einen dauernden Aufenthalt in G. Nicht zuletzt sei auch deshalb von einem dauernden Aufenthalt der Kinder in G. auszugehen, weil die Beschwerdeführerin mit der am 29. August 2008 erfolgten Anzeige des Besuches einer amerikanischen Privatschule mit Fernunterricht - die als Anzeige des häuslichen Unterrichts zu werten sei - die Absicht eines länger dauernden und somit zur Begründung von Schulpflicht führenden Aufenthalts in Österreich kundgetan habe. Der dauernde Aufenthalt der Kinder in Österreich sei nur durch einen vorübergehenden Aufenthalt beim Vater in Frankreich unterbrochen worden. Die Absicht zur Rückkehr sei aus den tatsächlichen Umständen (Rückkehr vorerst ab Jänner 2009, Wiederanmeldung nach neuerlicher Rückkehr am 9. Oktober 2009) zu erkennen.
Da die Teilnahme am häuslichen Unterricht von der Behörde nicht untersagt worden sei, hätten die Kinder am Ende des Unterrichtsjahres 2008/2009 gemäß § 11 Abs. 4 SchPflG an einer öffentlichen Hauptschule eine Prüfung über den zureichenden Erfolg des häuslichen Unterrichts ablegen müssen. Da die Kinder dieser Verpflichtung nicht nachgekommen seien, sei gemäß § 11 Abs. 4 leg. cit. die Erfüllung der Schulpflicht durch Besuch einer öffentlichen Hauptschule anzuordnen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst sei festgehalten, dass die Beschwerdeführerin mit dem Vorbringen, das Verfahren vor der belangten Behörde sei zu zwei verschiedenen Geschäftszahlen geführt und die beiden angefochtenen Bescheide seien mit identen Geschäftszahlen ausgefertigt worden, keine Rechtsverletzung durch die angefochtenen Bescheide aufzuzeigen vermag.
Die vorliegend maßgeblichen Normen haben folgenden Wortlaut:
Schulpflichtgesetz 1985 - SchPflG, BGBl. Nr. 76 idF BGBl. I Nr. 113/2006:
"§ 1. (1) Für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, besteht allgemeine Schulpflicht nach Maßgabe dieses Abschnittes.
(2) Unter Kindern im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Minderjährige zu verstehen, die nach Maßgabe dieses Abschnittes schulpflichtig oder zum Besuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule berechtigt sind.
§ 2. Die allgemeine Schulpflicht beginnt mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September.
§ 3. Die allgemeine Schulpflicht dauert neun Schuljahre.
…
§ 5. (1) Die allgemeine Schulpflicht ist durch den Besuch von allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren oder höheren Schulen (einschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen und der höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten) zu erfüllen.
…
§ 11. …
(2) Die allgemeine Schulpflicht kann ferner durch die Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule - ausgenommen die Polytechnischen Schule - mindestens gleichwertig ist.
(3) Die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten haben die Teilnahme ihres Kindes an einem im Abs. 1 oder 2 genannten Unterricht dem Bezirksschulrat jeweils vor Beginn des Schuljahres anzuzeigen. Der Bezirksschulrat kann die Teilnahme an einem solchen Unterricht innerhalb eines Monates ab dem Einlangen der Anzeige untersagen, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die im Abs. 1 oder 2 geforderte Gleichwertigkeit des Unterrichtes nicht gegeben ist. Gegen die Entscheidung des Bezirksschulrates kann Berufung an den Landesschulrat erhoben werden; gegen die Entscheidung des Landesschulrates ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
(4) Der zureichende Erfolg eines im Abs. 1 oder 2 genannten Unterrichtes ist jährlich vor Schulschluss durch eine Prüfung an einer im § 5 genannten entsprechenden Schule nachzuweisen, soweit auch die Schüler dieser Schulen am Ende des Schuljahres beurteilt werden. Wird ein solcher Nachweis nicht erbracht, so hat der Bezirksschulrat anzuordnen, dass das Kind seine Schulpflicht im Sinne des § 5 zu erfüllen hat. Gegen die Entscheidung des Bezirksschulrates ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
…
§ 17. Kinder, die sich in Österreich nur vorübergehend aufhalten, sind unter den gleichen sonstigen Voraussetzungen, wie sie für Schulpflichtige vorgesehen sind, zum Schulbesuch berechtigt."
Schulunterrichtsgesetz - SchUG, BGBl. Nr. 472/1986:
"§ 19. …
(2) Am Ende des ersten Semesters ist - ausgenommen die Vorschulstufe und die lehrgangs- und saisonmäßigen Berufsschulen - für jeden Schüler eine Schulnachricht auszustellen. Die Schulnachricht hat die Noten des Schülers in den einzelnen Unterrichtsgegenständen (§ 18) zu enthalten. …
…"
Die allgemeine Schulpflicht gemäß § 1 SchPflG besteht für alle (auch nicht österreichische; Jonak/Kövesi, Das österreichische Schulrecht12 (2009) Anm. 1 zu § 1 SchPflG) Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten. Für einen dauernden Aufenthalt ist erforderlich, dass sich eine Person an einem Ort dauernd bis auf Weiteres, d.h. nicht nur vorübergehend, aufhält oder die aus den Umständen erkennbare Absicht hat, sich aufzuhalten (Jonak/Kövesi, a.a.O., Anm. 2 zu § 1 SchPflG). Wie lange ein Aufenthalt mindestens dauern muss, um als "dauernd" im Sinn von § 1 SchPflG angesehen werden zu können, ist im Gesetz nicht definiert. Ein Aufenthalt in der Dauer von etwa einer Beurteilungsperiode (also einem Semester, siehe § 19 Abs. 2 SchUG) ist dafür jedenfalls ausreichend (vgl. Jonak/Kövesi, a.a.O., Anm. 2 zu § 1 SchPflG, mit Bezugnahme auf einen Ministerialerlass). Entgegen dem Beschwerdevorbringen kommt dem Umstand, dass "ein Daueraufenthalt nun im EU-Gesetz definiert ist", in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu. Ein Aufenthalt in der Dauer von etwa einem Semester kann somit - selbst wenn sein Ende vorhersehbar sein sollte - keinesfalls als bloß vorübergehend angesehen werden.
Mit den angefochtenen Bescheiden wurde die Erfüllung der Schulpflicht durch Besuch der Hauptschule G. (Pflichtschule) ab der Bescheidzustellung am 5. März 2010 angeordnet. Nach den Feststellungen der belangten Behörde befinden sich die Kinder der Beschwerdeführerin seit 9. Oktober 2009 (wieder) in Österreich. Dies wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. In der mit 15. Juni 2010 datierten Beschwerde bringt sie vor, dass sich ihre Kinder seit 9. Oktober 2009 "überwiegend" in G. aufhalten, ohne in diesem Zeitraum liegende Aufenthalte außerhalb Österreichs zu konkretisieren.
Im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides unterlagen die Kinder daher nach den obigen Ausführungen jedenfalls der Schulpflicht, wobei unbeachtlich ist, dass der Aufenthalt in G. nach dem Beschwerdevorbringen nur solange geplant sei, bis die Beschwerdeführerin nicht mehr auf das Einkommen aus der Tätigkeit in Österreich angewiesen ist.
Die Beschwerdeführerin bringt ausdrücklich vor, nur für das Schuljahr 2008/2009 und nicht für spätere Schuljahre (somit auch nicht für das bei Bescheiderlassung laufende Schuljahr 2009/2010) die Teilnahme ihrer Kinder am häuslichen Unterricht (Besuch einer Fernschule) gemäß § 11 Abs. 3 SchPflG angezeigt zu haben. Die Kinder waren daher gemäß § 5 Abs. 1 leg. cit. ab dem Schuljahr 2009/2010 jedenfalls zu dem mit den angefochtenen Bescheiden angeordneten Besuch der Pflichtschule verpflichtet. Schon aus diesem Grund vermag die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen, es habe im Schuljahr 2008/2009 keine Schulpflicht und somit auch keine Verpflichtung zur Ablegung einer Prüfung gemäß § 11 Abs. 4 erster Satz SchPflG bestanden, keine Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid aufzuzeigen.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II 455/2008.
Wien, am 13. Mai 2011
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