VwGH 2008/07/0202

VwGH2008/07/020221.10.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. Sulzbacher und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des J S in B, vertreten durch Dr. Eduard Wegrostek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Domgasse 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 18. September 2008, Zl. RU4-K-1074/001- 2008, betreffend Feststellung nach § 6 Abs. 6 AWG 2002 (mitbeteiligte Partei: Niederösterreichische Umweltanwaltschaft, Wiener Straße 54, 3109 St. Pölten), zu Recht erkannt:

Normen

AWG 2002 §2 Abs4 Z1;
AWG 2002 §2 Abs7 Z4;
AWG 2002 §5 Abs1;
VwRallg;
AWG 2002 §2 Abs4 Z1;
AWG 2002 §2 Abs7 Z4;
AWG 2002 §5 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei wandte sich mit Schriftsatz vom 20. Mai 2008 an die belangte Behörde und brachte vor, dass auf Parzelle Nr. 174/1 KG L im Grünland ca. 12.000 m3 Aushubmaterial angeschüttet worden sei, wobei die durch den Pächter, den Beschwerdeführer, in diesem Zusammenhang geltend gemachte Agrarstrukturverbesserung grundsätzlich in Frage gestellt werde. Um festzustellen, ob es sich hiebei um eine Deponie handle und somit das Regime des AWG 2002 zur Anwendung komme, stelle die mitbeteiligte Partei hiermit einen Antrag gemäß § 6 Abs. 6 AWG 2002 auf Einleitung eines Feststellungsverfahrens.

Diesem Antrag war eine Verhandlungsschrift (offenbar der BH W-U vom 7. April 2008) beigefügt, derzufolge eine Begehung des genannten Areals ergeben habe, dass auf einer Gesamtfläche von ca. 7.000 m2 Anschüttungen mit einer Höhe von mehr als 1 m durchgeführt worden seien. Im Zuge von Zwischenerhebungen habe festgestellt werden können, dass ca. eine Kubatur von 12.000 m3 aufgebracht worden sei. Die Fläche befinde sich in einem Natura 2000-Gebiet, im Landschaftsschutzgebiet W.wald und im Biosphärenpark W.wald. Eine Bewilligung nach dem NÖ Bodenschutzgesetz oder dem NÖ Naturschutzgesetz liege nicht vor. Der Beschwerdeführer habe angegeben, diese Geländeveränderungen für eine Verbesserung der landwirtschaftlichen Benutzbarkeit dieses Bereiches getroffen zu haben, weil einerseits steilere Böschungen vorhanden gewesen seien und zahlreiche vernässte Stellen eine maschinelle Pflege unmöglich gemacht hätten. In Hinkunft solle die Nutzung in Form einer Pferdekoppel erfolgen. Auf die vorhandene Schüttung solle noch Humus aufgebracht und danach wieder eine Wiese angebaut werden.

Aus der Verhandlungsschrift geht weiters hervor, dass der Vertreter der mitbeteiligten Partei einen Antrag gemäß § 35 NÖ Naturschutzgesetz auf bestmögliche Anpassung an den Bestand der Umgebung stellte. Weiters kündigte er an, unabhängig davon einen Feststellungsantrag gemäß AWG 2002 bei der zuständigen Behörde stellen zu wollen. Aus einer im Rahmen der Verhandlung erstatteten Stellungnahme der technischen Gewässeraufsicht ergibt sich, dass zwei Materialbeurteilungen vorlägen und als Untersuchungsergebnis "Bodenaushub" festgestellt worden sei. Nach Angaben des Beschwerdeführers sei bereits eine dritte Bodenprobe entnommen worden und werde ebenso untersucht. Aus fachlicher Sicht sei eine Versteilung der rechtsseitigen Böschung des Grabens durch die gegenständliche Schüttung eingetreten. Daraus resultierend bestehe die Gefahr der Verminderung des Hochwasserabflussvermögens.

Der Grundeigentümervertreter nahm schließlich ebenfalls Stellung und brachte vor, zur gegenständlichen Schüttung sei keine Zustimmung erteilt worden und eine solche Zustimmung sei auch nicht beabsichtigt. In ähnlicher Weise äußerte sich der Vertreter der Gemeinde.

Die (gemeinsam mit der BH W U) mit weiteren Ermittlungen betraute Bezirkshauptmannschaft M (BH) übermittelte mit Schriftsatz vom 18. Juni 2008 an die belangte Behörde mehrere Unterlagen, darunter Überprüfungsberichte der technischen Gewässeraufsicht und ein Gutachten eines staatlich befugten und beeideten Zivilingenieurs für technische Chemie DI Dr. Michael B., wonach im Ergebnis die ermittelten Eluatkonzentrationen und Gesamtgehalte die Grenzwerte der Anlage 1, Tabelle 1 und 2 der Deponieverordnung nicht überschritten. Eine Deponierung auf Bodenaushubdeponien sei unter Beachtung der entsprechenden Deponieauflagen zulässig.

Weiters wurde eine Stellungnahme des naturschutzfachlichen Amtssachverständigen vom 8. April 2008 vorgelegt, wonach eine Bewilligungspflicht nach dem NÖ Naturschutzgesetz gegeben sei. Aus einer (ebenfalls übermittelten) Niederschrift der BH mit dem Beschwerdeführer vom 17. Juni 2008 geht hervor, dass dieser einen landwirtschaftlichen Betrieb im Vollerwerb betreibe und von dort aus die gegenständliche Parzelle bewirtschafte. Ab September 2007 habe er Bodenaushubmaterial, welches im Vorfeld immer beprobt worden sei, liefern lassen und selbst auf dem Grundstück eingearbeitet. Beprobungen seien vorgenommen und vorgelegt worden. Er habe vor ca. 14 Tagen insgesamt neun Stück Probeschlitze angefertigt und dabei eine durchschnittliche Höhe der Anschüttung von 134 cm festgestellt. Es handle sich um eine Fläche von ca. 7.000 m2, woraus sich eine Kubatur von ca. 9.380 m3 ergebe. Es würden noch massive Setzungen von ca. 20 % eintreten und es könne sodann durch entsprechende Nachjustierungen eine Aufhöhung von weniger als 1 m erreicht werden. Die Anschüttung sei noch nicht vollständig abgeschlossen. Nunmehr läge die grundsätzliche Zustimmung des Grundeigentümers zu den Anschüttungen vor; diese hätten den Zweck, das Grundstück für eine landwirtschaftliche Nutzung mit Maschineneinsatz zu präparieren. Mit der Abteilung Wasserrecht werde er das Einvernehmen herstellen.

In einem Aktenvermerk vom 30. Juni 2008 wird eine Stellungnahme des Amtssachverständigen für Naturschutz wiedergegeben, wonach die gegenständlichen Anschüttungen keine Bodenverbesserung darstellten, weil das Material auf dem bestehenden natürlich gewachsenen Boden einfach ohne Entfernung des Humus aufgeschüttet worden sei. Die Notwendigkeit einer Bodenverbesserung sei auf dem betreffenden Grundstück nicht gegeben gewesen. Überdies seien vom Beschwerdeführer die Bestimmungen des NÖ Bodenschutzgesetzes nicht eingehalten worden. Im Falle einer Bodenverbesserung müsste durch den Beschwerdeführer außerdem ein Gutachten eines agrartechnischen Sachverständigen vorgelegt werden. Diese Aussagen des naturschutztechnischen Amtssachverständigen der BH würden vom Sachverständigen für Naturschutz der Bezirkshauptmannschaft W-U bestätigt.

Die belangte Behörde ersuchte in weiterer Folge einen agrartechnischen Amtssachverständigen um Stellungnahme dazu, ob die genannten Anschüttungen eine zulässige Verwertung im Sinne des Bundesabfallwirtschaftsplanes 2006 darstellten und ob öffentliche Interessen durch die Anschüttung von Aushubmaterial beeinträchtigt werden könnten. Zu klären sei insbesondere die Frage, ob im konkreten Fall eine Bodenverbesserung im Sinne einer besseren landwirtschaftlichen Nutzung erzielt werde.

Dazu erstattete der agrartechnische Amtssachverständige am 1. August 2008 ein Gutachten, in welchem er auf eine am 30. Juli 2008 durchgeführte örtliche Erhebung verwies, bei der eine Anschüttung von ca. 9.400 m3 Aushubmaterial vorgefunden worden sei. Das angeschüttete Material sei steinig bis sandig mit kaum humosen Inhaltsstoffen. Die Steine erreichten Durchmesser bzw. Kantenlängen von über 30 cm (Bruchsteinblöcke), sodass eine maschinelle Bodenbearbeitung mit herkömmlichen landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten nicht möglich sei. Auf Grund des geringen Humusanteils sei das Material kaum bewuchsfähig, was auch daran erkennbar sei, dass trotz der reichlichen Niederschläge seit der erfolgten Schüttung (die Anzeige des Bürgermeisters datiere vom 28. März 2008) kaum Bewuchs aufgekommen sei. Nach einer näheren Darstellung des standorttypischen Bodenaufbaues laut der digitalen Bodenkarte fuhr der Sachverständige weiter fort, der vorhandene Humus des A- und des AP-Horizontes sei nicht wieder aufgebracht worden und es sei auch nicht ersichtlich, dass dieser für eine nachfolgende Rekultivierung seitlich gelagert worden wäre. Auch aus dem Aktenvermerk vom 30. Juni 2008 ergebe sich, dass der Amtssachverständige für Naturschutz der Ansicht sei, dass das Material auf dem bestehenden natürlich gewachsenen Boden einfach ohne Entfernung des Humus aufgeschüttet worden sei. Dazu sei festzustellen, dass im Falle einer im Vordergrund stehenden Nützlichkeit dieser Maßnahme für die Landwirtschaft keinesfalls auf dem gewachsenen Boden mit 40 cm bis 50 cm A-(AP)-Horizont das gegenständliche Material aufgebracht worden wäre, sondern natürlich mit höherem Aufwand das Material unten eingebaut worden wäre. Es sei somit naheliegend, dass hier nicht die Verbesserung der Bedingungen für die landwirtschaftliche Nutzung, sondern die Deponierung des Materials im Vordergrund gestanden sei.

Mit Schriftsatz vom 11. August 2008 wurde dem Beschwerdeführer dieses Gutachten im Wege des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Der Beschwerdeführer erstattete mit Schreiben vom 22. August 2008 eine Stellungnahme, aus der hervorgeht, dass die in Rede stehende Weide am Waldrand steile Böschungen und frei geschwemmte Wurzelstöcke aufgewiesen habe, die bei Stürmen Bäume entwurzeln ließen und Einzäunungen zerstörten. Diese Aspekte hätten die Weide landwirtschaftlich kaum nutzbar gemacht, weil die steilen Böschungen und die zahlreichen nassen Stellen in der Ebene die maschinelle Pflege völlig unmöglich machten. Diese Anschüttung habe daher sehr wohl der Verbesserung der Bedingungen im landwirtschaftlichen Sinn gedient, da die nassen ebenen Stellen ca. 1 m hoch angeschüttet worden und die Böschung zum Waldrand hin abgeflacht (entschärft) worden seien und somit die maschinelle Pflegbarkeit und bessere landwirtschaftliche Nutzung gegeben sei. Wenn die Humusschicht aufgetragen und begrünt sei, seien diese Fakten nicht abzustreiten oder zu verwerfen. Vor Beginn der Anschüttung im August 2007 habe man versucht, die Humusschicht maschinell abzutragen und seitlich zu lagern. Nach anfänglichen Versuchen habe der Maschinist aber seine Arbeit eingestellt, weil sich fast kein Humus auf dem betreffenden Weideabschnitt befunden habe. Die Humusschicht habe eine Stärke von ca. 10 cm inklusive Grasnarbe aufgewiesen. Deswegen hätten sie auch nur eine kleine Humusmenge seitlich lagern können (einmal ca. 250 m3 und einmal ca. 50 m3). Dieser Humus habe sich aber als sehr minderwertig erwiesen; es sei klar gewesen, dass er bei weitem nicht ausreichen würde, um die Anschüttung abzudecken. Die Anschüttung sei ca. 300 m lang und nur 20 bis 25 m breit, daher sei es auch bislang nicht möglich gewesen, auf fertig angeschütteten Abschnitten den Humus aufzubringen, da die Befahrbarkeit mit Lkws nicht mehr gegeben wäre. Das Aufbringen der Humusschicht werde erst als allerletzter Arbeitsschritt vorgenommen. Dieser Stellungnahme lag ein Satz von Fotografien des Beschwerdeführers bei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18. September 2008 stellte die belangte Behörde gemäß § 6 Abs. 6 Z. 1 AWG 2002 fest, dass für die gegenständlichen Anschüttungen von Bodenaushub im Ausmaß von ca. 9.400 m3 auf dem Grundstück Nr. 174/1 KG L, eine Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs. 3 Z. 1 AWG 2002 bestehe.

Dies wurde nach Darstellung des Ermittlungsverfahrens, insbesondere nach Wiedergabe des Gutachtens des agrartechnischen Amtssachverständigen vom 1. August 2008 und der bezughabenden Gesetzesbestimmungen damit begründet, dass sich aus dem Sachverhalt im Zusammenhang mit den erstatteten schlüssigen Gutachten ergebe, dass die gegenständliche Anschüttung als Bodenaushubdeponie, und somit als genehmigungspflichtige Behandlungsanlage gemäß § 37 Abs. 3 Z. 1 AWG 2002 zu qualifizieren sei. Es wäre daher ein entsprechender Antrag unter Vorlage der Projektsunterlagen bei der Behörde einzubringen. Da das Gesamtvolumen der Bodenaushubdeponie unter 100.000 m3 liege, wäre ein entsprechendes behördliches Genehmigungsverfahren im Wege des vereinfachten Verfahrens nach § 50 AWG 2002 durchzuführen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Stellungnahme.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des AWG 2002 haben folgenden Wortlaut:

"§ 2. (1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen, die unter die in Anhang 1 angeführten Gruppen fallen und

1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

(2) ...

(4) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

1. "Altstoffe"

a) Abfälle, welche getrennt von anderen Abfällen gesammelt werden, oder

b) Stoffe, die durch eine Behandlung aus Abfällen gewonnen werden,

um diese Abfälle nachweislich einer zulässigen Verwertung zuzuführen.

2. ....

(5) Im Sinne dieses Bundesgesetzes

1. umfasst 'Abfallbehandlung' die im Anhang 2 genannten Verwertungs- und Beseitigungsverfahren.

2. ...

(7) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

1. 'Behandlungsanlagen' ortsfeste oder mobile Einrichtungen, in denen Abfälle behandelt werden, einschließlich der damit unmittelbar verbundenen, in einem technischen Zusammenhang stehenden Anlagenteile;

  1. 2. ...
  2. 4. 'Deponien' Anlagen, die zur langfristigen Ablagerung von Abfällen oberhalb oder unterhalb (d.h. unter Tage) der Erdoberfläche errichtet oder verwendet werden, einschließlich betriebseigener Anlagen für die Ablagerung von Abfällen, oder auf Dauer (d.h. für länger als ein Jahr) eingerichtete Anlagen, die für die vorübergehende Lagerung von Abfällen genutzt werden. ...

§ 5. (1) Soweit eine Verordnung gemäß Abs. 2 nicht anderes bestimmt, gelten Altstoffe so lange als Abfälle, bis sie oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe unmittelbar als Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten verwendet werden.

(2) ....

§ 6. (1) ...

(6) Der Landeshauptmann hat auf Antrag eines Projektwerbers oder des Umweltanwaltes oder von Amts wegen innerhalb von drei Monaten festzustellen, ob

1. eine Anlage der Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs. 1 oder 3 oder gemäß § 52 unterliegt oder eine Ausnahme gemäß § 37 Abs. 2 gegeben ist,

2. ...

Ein ordentliches Rechtsmittel ist nicht zulässig. Parteistellung hat neben dem Projektwerber der Umweltanwalt.

(7) ...

§ 37. (1) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen bedarf der Genehmigung der Behörde.

(2) ...

(3) Folgende Behandlungsanlagen und Änderungen einer Behandlungsanlage sind nach dem vereinfachten Verfahren (§ 50) zu genehmigen:

1. Deponien, in denen ausschließlich Bodenaushub- und Abraummaterial, welches durch Ausheben oder Abräumen von im Wesentlichen natürlich gewachsenem Boden oder Untergrund anfällt, abgelagert werden, sofern das Gesamtvolumen der Deponie unter 100.000 m3 liegt;

2. ..."

Der Beschwerdeführer macht eingangs der Beschwerde geltend, der angefochtene Bescheid stütze sich auf einen Antrag der mitbeteiligten Partei auf Feststellung im Sinne des § 6 Abs. 6 AWG 2002. Tatsächlich habe die mitbeteiligte Partei aber in ihrem Schreiben vom 20. Mai 2008 einen Antrag gemäß § 35 NÖ Naturschutzgesetz auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes gestellt, weshalb der angefochtene Bescheid mit Aktenwidrigkeit belastet sei.

Wie den vorgelegten Verwaltungsakten zu entnehmen ist, bezieht sich der Antrag der mitbeteiligten Partei vom 20. Mai 2008 ohne Zweifel auf § 6 Abs. 6 AWG 2002 und bezweckt die Einleitung und Durchführung des dort vorgesehenen Feststellungsverfahrens. Es trifft zwar zu, dass seitens der mitbeteiligten Partei im Rahmen des Lokalaugenscheins vom 7. April 2008 ebenfalls ein Antrag gemäß § 35 NÖ Naturschutzgesetz gestellt wurde. Allerdings äußerte sich die mitbeteiligte Partei bereits im Rahmen dieses Lokalaugenscheins dahingehend, dass unabhängig davon ein Feststellungsantrag nach § 6 Abs. 6 AWG 2002 gestellt werden würde. Der zitierte, das gegenständliche Verfahren auslösende Schriftsatz der mitbeteiligten Partei vom 20. Mai 2008 stellt die Umsetzung dieser Absicht dar. Die vom Beschwerdeführer erblickte Aktenwidrigkeit liegt daher nicht vor.

Der Beschwerdeführer führt weiter aus, der Spruch des bekämpften Bescheides stütze sich ausschließlich auf das Gutachten des agrartechnischen Amtssachverständigen vom 1. August 2008, welches aber mit mehreren Mängeln behaftet sei. So habe der Beschwerdeführer mehrmals der Behörde bekannt gegeben, dass zum Zeitpunkt der Begutachtung die Bodenverbesserungsarbeiten im Sinne einer besseren landwirtschaftlichen Nutzung nicht abgeschlossen gewesen seien und verweist diesbezüglich auf eine Verfügung der BH M vom 5. Mai 2008 über eine sofortige Einstellung der Arbeiten. Insbesondere sei die geplante Humusaufschüttung noch nicht aufgebracht gewesen, weshalb der beanstandete geringe Humusanteil naturgemäß keinen Bewuchs aufkommen hätte lassen können. Bei der Befundung handle es sich um eine bloße Momentaufnahme eines laufenden Arbeitsprozesses. Eine ausreichende Begründung sei dem Gutachten nicht zu entnehmen, der Gutachter begründe seine abschließende Meinung auch damit, sie sei bloß "naheliegend". Die Rechtsprechung lege selbst strenge Anforderungen an das Vorliegen einer Deponie nach § 2 Abs. 7 Z. 4 AWG 2002 und verlange unter anderem die Zweckwidmung oder die tatsächliche Verwendung einer Anlage zur Ablagerung von Abfällen. Der Bescheidbeschwerde werde ein Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen DI Dr. Ernst M. vom 6. August 2008 beigelegt, in welchem detailliert eine agrartechnische Beurteilung der Erdanschüttung auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück vorgenommen werde. Aus diesem Gutachten ergebe sich, dass die gegenständliche Anschüttung nicht als Deponie und somit als genehmigungspflichtige Behandlungsanlage zu qualifizieren sei, sondern als eine noch nicht abgeschlossene Verbesserungsmaßnahme für die landwirtschaftliche Nutzung.

Der Beschwerdeführer war dem Verfahren beigezogen und es wurden ihm die entscheidungswesentlichen Gutachten in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Das von ihm erst mit seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof vorgelegte Gutachten des Sachverständigen DI Dr. Ernst M. konnte wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes nicht berücksichtigt werden.

Die belangte Behörde ging - wenn auch knapp begründet - davon aus, dass eine Bewilligungspflicht der vorgefundenen Ablagerungen gemäß § 37 Abs. 3 Z 1 AWG 2002 vorliege, weil es sich bei der gegenständlichen Anschüttung um eine Bodenaushubdeponie und somit um eine genehmigungspflichtige Behandlungsanlage nach dieser Gesetzesstelle handle. Dieser rechtlichen Argumentation tritt der Beschwerdeführer (lediglich) mit dem Hinweis auf die Mangelhaftigkeit des Gutachtens und auf den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz entgegen, dass an das Vorliegen einer Deponie nach § 2 Abs. 7 Z 4 AWG 2002 strenge Anforderungen gestellt würden.

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass das Bodenaushubmaterial Abfall sei. Die Beschwerde beinhaltet keine Ausführungen dazu, aus welchen Gründen das abgelagerte Material nicht oder nicht mehr Abfall sein solle. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren, wonach das Aufbringen des Bodenaushubmaterials dem Ziel einer Geländeeinebnung und der Verbesserung der Bewirtschaftung des Grundstückes diene, ist allerdings ableitbar, dass der Beschwerdeführer damit zum Ausdruck bringen wollte, dass der Abfall durch seine Aufbringung einer zulässigen Verwertung zugeführt werde und dadurch seine Abfalleigenschaft verloren habe. In diese Richtung kann auch die Rüge in der Beschwerde verstanden werden, wonach auf sachverständiger Basis die Funktion der Ablagerungen des Beschwerdeführers unrichtig eingeschätzt worden sei.

Möglicherweise hatte der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen die Bestimmung des § 5 Abs. 1 AWG 2002 in Verbindung mit § 2 Abs. 4 Z 1 AWG 2002 vor Augen. Nach dieser Bestimmung endet die Abfalleigenschaft nämlich dann, wenn Altstoffe oder aus ihnen gewonnene Stoffe unmittelbar als Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten verwendet werden. Im Zusammenhang mit der Frage des Abfallendes im Sinn des § 5 leg. cit. bei der Verwendung von Bodenaushubmaterial zum Zweck der Verfüllung ist der Tatbestand des § 5 Abs. 1 AWG 2002 erst dann erfüllt, wenn es sich bei dem Aushubmaterial überhaupt um einen "Altstoff" im Sinn des § 2 Abs. 4 Z 1 leg. cit. handelt (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 25. Februar 2009, 2008/07/0182, und vom 20. Mai 2010, 2008/07/0122, mwH).

§ 2 Abs. 4 Z 1 AWG 2002 definiert den Begriff des Altstoffes und spricht dabei von einer nachweislichen zulässigen Verwertung von Abfällen. Eine solche zulässige Verwertung liegt allerdings nur dann vor, wenn dadurch nicht dem AWG 2002 (oder anderen Normen) zuwidergehandelt wird. Eine zulässige Verwertung liegt im vorliegenden Fall schon deshalb nicht vor, weil die Ablagerung - vom Beschwerdeführer unbestritten - ohne die notwendige naturschutzrechtliche und bodenschutzrechtliche Bewilligung erfolgte.

Schon im Hinblick darauf, dass das gegenständliche Erdaushubmaterial keinen "Altstoff" im Sinn des Begriffsdefinition des § 2 Abs. 4 Z. 1 AWG 2002 darstellt, kann von einer Beendigung der Abfalleigenschaft gemäß § 5 Abs. 1 leg. cit. keine Rede sein. Darauf, ob die vom Beschwerdeführer vorgenommene Abfallablagerung durch das Aufbringen der geplanten Humusschüttung bereits abgeschlossen war oder nicht, kommt es daher nicht an. Im Übrigen unterlässt es er Beschwerdeführer auch, nachvollziehbar darzutun, inwiefern dies zu einer anderen rechtlichen Qualifikation der Ablagerung geführt hätte.

Aus dem vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnis vom 19. Juli 2007, 2004/07/0011, ergibt sich, dass Voraussetzung für das Vorliegen einer Deponie nach § 2 Abs. 7 Z 4 AWG 2002 unter anderem die Zweckwidmung oder die tatsächliche Verwendung einer Anlage zur Ablagerung von Abfällen ist. Dass das genannte Grundstück tatsächlich als Anlage zur Ablagerung von Abfällen verwendet wird, wird in der Beschwerde aber nicht bestritten. Zweifel daran, dass die in § 2 Abs. 7 Z. 4 AWG 2002 genannten Voraussetzungen für das Vorliegen einer Deponie gegeben sind, sind beim Verwaltungsgerichtshof nicht entstanden; dass im vorliegenden Fall die dort genannten Ausnahmen (Zwischenlagerung; Vorbereitung zum Weitertransport) verwirklicht wären, ist nicht hervorgekommen und wurde auch nicht behauptet.

Die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, wonach für die gegenständlichen Anschüttungen eine Genehmigungspflicht nach § 37 Abs. 3 Z 1 AWG bestehe, verletzt daher keine Rechte des Beschwerdeführers.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 21. Oktober 2010

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