Normen
EStG §2 Abs3;
EStG §22 Z2;
EStG §23 Z2;
EStG §29 Z4;
EStG 1988 §37 Abs5 idF 1996/201;
EStG §2 Abs3;
EStG §22 Z2;
EStG §23 Z2;
EStG §29 Z4;
EStG 1988 §37 Abs5 idF 1996/201;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der am 21. November 1938 geborene Beschwerdeführer war Geschäftsführer der H GmbH und an dieser zu 33,33 % beteiligt.
Bei Beendigung seines Dienstverhältnisses am 31. Jänner 1999 entstand dem Beschwerdeführer gegenüber der H GmbH ein Anspruch auf Abfertigung in Höhe von 1,348.800 S, für den er in der Einkommensteuererklärung 1999 den Hälftesteuersatz gemäß § 37 EStG 1988 beanspruchte.
Neben den gegenständlichen Einkünften als Gesellschafter-Geschäftsführer erklärte der Beschwerdeführer für das Streitjahr Einkünfte gemäß § 29 Z 4 EStG 1988 als Vorsteher einer Fachgruppe der Wirtschaftskammer, eine Funktion, die der Beschwerdeführer seit 1995 innehatte und bis zum Ende der fünfjährigen Funktionsperiode am 24. April 2000 ausübte, in Höhe von 50.173 S.
Das Finanzamt versagte der besagten Abfertigung im Einkommensteuerbescheid 1999 die begünstigte Besteuerung mit der Begründung, dass der Beschwerdeführer nach wie vor Einkünfte im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 beziehe (Firmenpension) und daher keine Betriebsaufgabe im Sinne der einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen vorliege, weshalb für die Ermittlung eines Übergangsgewinnes und folglich für die Tarifbegünstigung des § 37 Abs. 5 EStG 1988 kein Raum bleibe.
In der dagegen erhobenen Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, dass alle Voraussetzungen des § 37 Abs. 5 EStG 1988 erfüllt seien, weil er das 60. Lebensjahr vollendet und infolge Pensionierung seine Tätigkeit als Geschäftsführer per 31. Jänner 1999 eingestellt habe und seitdem auch keine Erwerbstätigkeit mehr ausübe, sondern ausschließlich Pensionseinkünfte beziehe. Beim Übergangsgewinn zum 31. Jänner 1999 handle es sich um die Abfertigung für seine Dienstzeit bei der H GmbH. Gleichzeitig mit der Einstellung der Tätigkeit seien sämtliche Aktiven und Passiven der betrieblichen Tätigkeit in das Privatvermögen übernommen worden, insbesondere die Forderung auf die ausständige Abfertigung. Die Tatsache, dass Pensionsbezüge bezogen würden, die kraft der gesetzlichen Sonderbestimmung des § 22 Z 2 vorletzter Satz EStG 1988 als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit zu erfassen seien, ändere nichts daran, dass die Betriebstätigkeit am 31. Jänner 1999 beendet worden sei.
Nach Vorhalt der Funktionseinkünfte durch die belangte Behörde gab der Beschwerdeführer an, seine diesbezügliche Tätigkeit habe sich auf eine rund sieben Betriebe umfassende Fachgruppe beschränkt, er habe nur an wenigen Sitzungen im Jahr teilgenommen und einige, nicht von ihm selbst verfasste Briefe unterfertigt. Kumuliert sei für diese Funktionärstätigkeit cirka eine Stunde pro Monat an Arbeitsaufwand angefallen, weshalb die dafür erhaltene Funktionsgebühr nicht einmal die ASVG-Geringfügigkeitsgrenze erreicht habe und nicht davon ausgegangen werden könne, dass diese Tätigkeit als Erwerbstätigkeit im Sinne des Einkommensteuerrechtes anzusehen sei. Es könne ihm nicht vorgeworfen werden, dass er seine Funktion nicht vorzeitig zurückgelegt habe, ohne Rücksicht darauf, ob seine Funktion durch einen Nachfolger übernommen werde oder nicht. Der Beschwerdeführer habe unmittelbar im Anschluss an die Beendigung seiner aktiven Laufbahn als Geschäftsführer begonnen, einen Nachfolger für seine Funktion als Fachgruppenvorsteher zu suchen, wobei er die in Frage kommenden Betriebe nach deren Interesse an seiner Position gefragt und darauf hingewiesen habe, dass er lieber früher als später seine Funktion beenden wolle.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung mit der Begründung ab, dass die Funktionärstätigkeit des Beschwerdeführers eine Erwerbstätigkeit darstelle. Eine Erwerbstätigkeit liege auch dann vor, wenn der Zeitaufwand dafür nur geringfügig sei und mit dieser Tätigkeit zur Deckung der Lebenshaltungskosten nicht ausreichende Einnahmen erzielt würden. Aus § 37 Abs. 1 EStG 1988 iVm § 37 Abs. 5 EStG 1988 sei ableitbar, dass die Einstellung aller Erwerbstätigkeiten eine in zeitlichem Zusammenhang mit der Aufgabe der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit stehende Maßnahme sein müsse. Dies treffe im Beschwerdefall nicht zu, weil das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers am 31. Jänner 1999 aufgelöst, die Funktionärstätigkeit aber erst nach Ablauf der Funktionärsperiode (per 24. April 2000) im Mai 2000 beendet worden sei.
Der Beschwerdeführer habe auch weder eine Rechtsnorm nennen können, die einer Aufgabe der Funktion vor Ablauf der Funktionsperiode entgegengestanden wäre noch habe er behauptet, dass "der Abschluss eines Vertrages" einer Aufgabe der Tätigkeit vor Ablauf der Funktionsperiode entgegengestanden wäre.
Da der Beschwerdeführer somit in zeitlicher Nähe zur Beendigung der Geschäftsführertätigkeit nicht alle Erwerbstätigkeiten eingestellt habe, sei sein Begehren, die Abfertigung begünstigt zu besteuern, abzuweisen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 27. November 2006, B 916/06, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
Nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie einer Replik seitens des Beschwerdeführers hat der Verwaltungsgerichtshof über die ergänzte Beschwerde erwogen:
§ 37 Abs. 1 EStG 1988 in der im Streitjahr maßgebenden Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201/1996, lautete:
"Der Steuersatz ermäßigt sich für
- Einkünfte auf Grund von Beteiligungen (Abs. 4)
- außerordentliche Einkünfte (Abs. 5)
- Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen (Abs. 6) sowie
- Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen (§ 38)
auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden
Durchschnittssatzes."
§ 37 Abs. 5 leg. cit lautete:
"Außerordentliche Einkünfte sind Veräußerungs- und Übergangsgewinne, wenn der Betrieb deswegen veräußert oder aufgegeben wird, weil der Steuerpflichtige
- gestorben ist
- erwerbsunfähig ist oder
- das 60. Lebensjahr vollendet hat und seine Erwerbstätigkeit einstellt.
Für Veräußerungsgewinne steht der ermäßigte Steuersatz nur über Antrag und nur dann zu, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind."
Unter den Begriff "Erwerbstätigkeit" fallen alle Tätigkeiten, die sich als aktive Betätigung im Erwerbsleben darstellen (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Band III C, § 37 Tz. 23, Quantschnigg/Bruckner, Die Halbsatzbegünstigung nach dem StruktAnpG 1996, ÖStZ 1997, 158).
Einkünfte aus Pensionsbezügen sind daher auch dann, wenn sie gemäß § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 betriebliche Einkünfte darstellen, wie die belangte Behörde zu Recht erkannt hat, nicht begünstigungsschädlich.
In seinem Erkenntnis vom 9. März 1982, 82/14/0044, 0045, hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 EStG 1972 ausgeführt, dass - neben dem Bezug einer Zuzugsbegünstigung nicht schädlichen Pensionen - auch eine mitunternehmerische Beteiligung dann keine Erwerbstätigkeit darstellt, wenn ein Kommanditist keine wesentlich andere Funktion als ein Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft hat, er also keine besonderen wirtschaftlichen Tätigkeiten ausübt.
In seinem Erkenntnis vom 4. Juni 2008, 2003/13/0077, hat der Verwaltungsgerichtshof diese Judikatur zur Bestimmung des § 37 Abs. 5 EStG 1988 weitergeführt und zum Ausdruck gebracht, dass eine "kapitalistische" Mitunternehmereigenschaft trotz ihrer Zuordnung zu den gewerblichen Einkünften nach § 23 Z 2 EStG 1988 für sich keine Erwerbstätigkeit im Sinne des § 37 Abs. 5 EStG 1988 darstellt.
Von einer Erwerbstätigkeit im hier maßgebenden Sinn kann auch dann nicht gesprochen werden, wenn der Steuerpflichtige einen Betrieb im Erbweg erwirbt und er diesen sodann in der Art einer Abwicklung in einem den Umständen nach kurzen Zeitraum einstellt (vgl. in jüngster Zeit das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 2010, 2008/15/0094).
Nach dieser Judikatur kommt es auf die Einordnung der aus einer Tätigkeit erzielten Einkünfte unter eine bestimmte Einkunftsart (etwa dem Vorliegen betrieblicher oder nichtselbständiger Einkünfte) nicht an. Dass die im Beschwerdefall strittigen Einkünfte des Beschwerdeführers als Funktionär einer Körperschaft öffentlichen Rechts nicht den Einkunftstatbeständen des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG 1988 zu subsumieren sind, steht ihrer Beurteilung als "Erwerbseinkünfte" iSd § 37 Abs. 5 EStG 1988 daher nicht entgegen.
Funktionsgebühren gemäß § 29 Z 4 EStG 1988 stellen, wenn sie wie im Beschwerdefall das Ausmaß tatsächlicher Auslagenersätze übersteigen, begünstigungsschädliche Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit iSd § 37 Abs. 5 EStG 1988 dar, weil sie für die aktive Ausübung eines Amtes oder Mandates gewährt werden (vgl. Doralt/Kohlbacher, Besteuerung der Betriebsveräußerung (1998), 204; Wiesner, Gewinne und Verluste im Lichte des Strukturanpassungsgesetzes 1996, RdW 1996, 242 sowie Doralt, EStG10, § 37 Tz. 65 und Herzog, RdW 1995, 285).
Dass der Zurücklegung der Funktion als Fachgruppenvorsteher im zeitlichen Zusammenhang mit der Einstellung der Tätigkeit als Geschäftsführer der H GmbH - entgegen den behördlichen Feststellungen - ein tatsächliches oder rechtliches Hindernis entgegengestanden wäre, legt die vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde mit dem Vorbringen, es habe sich bei der Fortführung der Kammerfunktion um eine reine Nebentätigkeit gehandelt, nicht dar. Auf die Höhe der erzielten Einkünfte kam es nach der im Streitjahr geltenden Rechtslage nicht an. Soweit der Beschwerdeführer auch vor dem Verwaltungsgerichtshof die vermeintliche Geringfügigkeit der strittigen Einkünfte für seinen Rechtsstandpunkt ins Treffen führt, ist ihm überdies zu entgegnen, dass im Beschwerdefall unstrittig Funktionsgebühren in einer Höhe bezogen wurden (monatlich rund 3.900 S), die selbst die mit dem AbgÄG 2004, BGBl. I Nr. 180, in die Bestimmung des § 37 Abs. 5 eingefügte Geringfügigkeitsgrenze von 730 EUR jährlich um ein Mehrfaches übersteigen.
Die in der Beschwerdeergänzung angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes sind zu einem anderen Rechtsbereich, nämlich dem Arbeitslosenversicherungsrecht und dem dabei zu beachtenden Regelungsgefüge ergangen.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 23. September 2010
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