VwGH 2006/15/0170

VwGH2006/15/017024.6.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der Miteigentumsgemeinschaft R S und G G in G, vertreten durch Dr. Herbert Wimmer, Rechtsanwalt in 8410 Wildon, Hauptplatz 58, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 4. April 2005, Zl. RV/0175-G/05, betreffend Umsatzsteuer 1999 bis 2002, zu Recht erkannt:

Normen

31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te;
62007CJ0460 Puffer VORAB;
EStG §20 Abs1 Z1;
EStG §20 Abs1 Z2 lita;
UStG 1994 §12 Abs2 Z2 lita;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te;
62007CJ0460 Puffer VORAB;
EStG §20 Abs1 Z1;
EStG §20 Abs1 Z2 lita;
UStG 1994 §12 Abs2 Z2 lita;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine aus zwei Halbbrüdern gebildete Miteigentumsgemeinschaft, errichtete 1998 ein Wohnhaus. Die Errichtung des Wohnhauses wurde wirtschaftlich fast ausschließlich von einem Miteigentümer finanziert, der das Gebäude in weiterer Folge auch zu ausschließlich privaten Wohnzwecken nutzte. Für 1998 erklärte die Beschwerdeführerin Umsätze von rund 3.500 S, Vorsteuern von rund 500.000 S und negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von rund 15.000 S.

Das Finanzamt ließ im Gefolge einer das Jahr 1998 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung die Aufwendungen für das Gebäude unter Berufung auf § 20 EStG 1988 nicht zum Abzug zu und verneinte wegen des Vorliegens einer bloßen Gebrauchsregelung einen umsatzsteuerlichen Leistungsaustausch zwischen der Miteigentumsgemeinschaft und einem Miteigentümer.

Die Abgabenbehörde zweiter Instanz wies die dagegen gerichtete Berufung als unbegründet ab. Sie stellte fest, dass das in Rede stehende Wohngebäude zur Gänze der Befriedigung des persönlichen Wohnbedürfnisses eines Miteigentümers diene, weshalb weder der Einkunftstatbestand des § 2 Abs. 3 Z 6 EStG verwirklicht sei, noch - da das "Wohngebäude" nicht dem Unternehmensbereich der Miteigentumsgemeinschaft zugeordnet werden könne - eine Unternehmerstellung im Sinne des UStG vorliege.

Einer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde blieb der Erfolg versagt. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Oktober 2004, 2001/15/0028, wurde - unter Hinweis darauf, dass von den Miteigentümern ausdrücklich eingeräumt worden sei, dass das in Rede stehende Wohnhaus von vornherein errichtet worden sei, um von einem Miteigentümer, von dem auch die Finanzierung der Errichtung des Gebäudes wirtschaftlich fast ausschließlich getragen worden sei, zu privaten Wohnzwecken verwendet zu werden - zu Recht erkannt, dass die getätigten Aufwendungen für das Privathaus den ihrer steuerlichen Berücksichtigung entgegenstehenden Charakter als Kosten der Lebensführung iSd § 20 EStG 1988 nicht deswegen verlieren würden, weil die Miteigentümer der privaten Nutzung des Hauses zivilrechtlich einen Bestandrechtstitel zu Grunde gelegt hätten. Da es sich folglich bei sämtlichen Aufwendungen, für die der Vorsteuerabzug begehrt worden sei, um Kosten des Haushalts und der Lebensführung eines Miteigentümers handle, sei im angeführten Erkenntnis auch ausgesprochen worden, dass der (damals) belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegen getreten werden könne, wenn sie für das für die Privatnutzung eines Miteigentümers errichtete Gebäude im Grunde des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 den Vorsteuerabzug nicht gewährt habe.

Für die Streitjahre 1999 bis 2002 wurden von der Beschwerdeführerin wiederum Umsätze und Vorsteuer (u.a. "positive Vorsteuerberichtigungen gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994") erklärt, die im Zusammenhang mit dem 1988 errichteten, an den Miteigentümer vermieteten Wohnhaus stehen.

Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuer der Jahre 1999 bis 2002 mit Null fest und verwies zur Begründung auf das Veranlagungs- und Rechtsmittelverfahren für das Jahr 1998.

Die Beschwerdeführerin berief vorerst gegen die Umsatzsteuerbescheide 1999 bis 2001 und stellte nach Ergehen einer diesbezüglich abweisenden Berufungsvorentscheidung "den Antrag auf Entscheidung über die Berufungen gegen die Umsatzsteuerbescheide 1999 bis 2001 durch die Abgabenbehörde 2. Instanz als Berufungssenat". Gleichzeitig wurde von der Beschwerdeführerin gegen den zwischenzeitig ergangenen Umsatzsteuerbescheid 2002 berufen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurden die gegen die Umsatzsteuerbescheide 1999 bis 2002 gerichteten Berufungen als unbegründet abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 28. Oktober 2004, 2001/15/0028, die Auffassung vertreten, dass es sich bei sämtlichen Aufwendungen, für die der Vorsteuerabzug begehrt worden sei, um Kosten des Haushalts und der Lebensführung eines der Miteigentümer gehandelt habe. Diese Aufwendungen würden den Charakter als Kosten der Lebensführung iSd § 20 EStG 1988 nicht deswegen verlieren, weil der privaten Nutzung ein Bestandrechtstitel zu Grunde gelegt worden sei. Folglich sei der Vorsteuerabzug für das für die Privatnutzung eines Miteigentümers errichtete Gebäude im Grunde des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 zu versagen.

Allein damit sei auch das Schicksal der gegenständlichen Berufungen besiegelt, da es - mangels Unternehmensbereiches - auch keine "unternehmerische Nutzung" ab dem Zeitpunkt geben könne, ab dem das Wohnhaus von einem Miteigentümer tatsächlich (als Privatwohnung) bewohnt worden sei (Frühjahr 1999). Der Antrag auf "positive Vorsteuerberichtigung" gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 ab dem Jahr 1999 gehe daher schon mangels Vorliegens der für die Anwendung der genannten Bestimmung notwendigen Voraussetzungen ins Leere.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser hat deren Behandlung abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten (Beschluss vom 27. Februar 2006, B 520/05).

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergänzte Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 normiert einen Vorsteuerausschluss in Bezug auf Lieferungen und sonstige Leistungen, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 sind. Dieselbe Regelung fand sich in § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1972.

§ 20 Abs. 1 EStG 1988 erfasst in Z 1 "die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge" und in Z 2 lit. a "Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung". Aufwendungen des Unternehmers für die seinen privaten Wohnzwecken dienende Wohnung stellen nicht abzugsfähige Aufwendungen der Lebensführung dar.

§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 schließt Aufwendungen für die private Lebensführung des Steuerpflichtigen vom Vorsteuerabzug aus. Unter den Begriff der Lebensführung fallen Aufwendungen für die Nahrung, bürgerliche Kleidung und die eigene Wohnung des Steuerpflichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2009, 2009/15/0100).

Die Beschwerde trägt vor, "die belangte Behörde schließt aus dem vermeintlichen Umstand, dass die Lieferungen im Zusammenhang mit der Errichtung des hier in Rede stehenden Gebäudes nicht dem Unternehmen zuordenbar sind, es keine unternehmerische Nutzung des Gebäudes und keinen Unternehmensbereich geben könne". Tatsächlich könne aus § 12 UStG 1994 niemals gefolgert werden, ob ein Unternehmen vorliege.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Die belangte Behörde stellte zutreffend fest, dass es sich bei den Aufwendungen im Zusammenhang mit der Errichtung des hier in Rede stehenden Wohnhauses um Kosten des Haushaltes und der Lebensführung eines Miteigentümers handle (vgl. etwa zu einer betrieblich tätigen Personenvereinigung das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 1992, 90/13/0057 sowie Doralt/Kauba, EStG10, § 23 Tz 249; dies gilt in gleicher Weise für Personengemeinschaften ohne betriebliche Einkünfte). Ausgehend davon wurde für das für die Privatnutzung des Miteigentümers errichtete Gebäude im Grunde des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 kein Vorsteuerabzug gewährt. Dies stößt auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken, weil die Miteigentümer - im das Jahr 1998 betreffenden Verfahren - ausdrücklich eingeräumt haben, dass das Wohnhaus errichtet worden sei, um von einem Miteigentümer zu ausschließlich privaten Wohnzwecken verwendet zu werden und das Wohnhaus auch im Streitzeitraum - Gegenteiliges wurde im Verwaltungsverfahren nicht behauptet und ist auch der Beschwerde nicht zu entnehmen - ausschließlich privaten Wohnzwecken eines Miteigentümers diente. Dass die Miteigentumsgemeinschaft außerhalb der Nutzung des hier in Rede stehenden Wohngebäudes keinen Unternehmensbereich haben und es (z.B. im Falle einer künftigen Fremdvermietung) keine unternehmerische Nutzung des hier in Rede stehenden Gebäudes geben könne, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.

Die Beschwerde wendet sich weiters dagegen, dass die belangte Behörde für das für die Privatnutzung des Miteigentümers errichtete Gebäude im Grunde des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 den Vorsteuerabzug verwehrt, und vermeint, diese Bestimmung sei auf Gebäude nicht anwendbar und widerspreche den Regelungen der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie.

Auch dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.

Mit Erkenntnis vom 28. Mai 2009, 2009/15/0100, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof - nach Einholung einer Vorabentscheidung im Sinne des Art 234 EG - zu Recht erkannt, dass § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 auf Gebäude anwendbar ist und nicht den Regelungen der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie widerspricht.

Soweit die Beschwerde schließlich rügt, über die Berufung habe der Referent, statt wie beantragt der Senat, entschieden, ist ihr zu entgegnen, dass die Entscheidung über Berufungen gemäß § 282 Abs. 1 BAO dem Referenten namens des Berufungssenates obliegt, wenn in der Berufung (§ 250), im Vorlageantrag (§ 276 Abs. 2) oder in der Beitrittserklärung (§ 258 Abs. 1) nicht die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat beantragt wird oder der Referent verlangt, dass der gesamte Berufungssenat zu entscheiden hat. Im Streitfall wurde nach Ergehen abweisender Berufungsvorentscheidungen betreffend die Jahre 1999 bis 2001 ein "Antrag auf Entscheidung über die Berufungen gegen die Umsatzsteuerbescheide 1999 bis 2001 durch die Abgabenbehörde 2. Instanz als Berufungssenat" gestellt. Das ist ein Vorlageantrag und kein Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch den gesamten Berufungssenat.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. Juni 2010

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