VwGH 2007/16/0149

VwGH2007/16/01495.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und Hofrat Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde der T GmbH in L, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 21. Juni 2007, Zl. RV/0025-I/07, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Normen

GebG 1957 §15;
GebG 1957 §33 TP5 Abs3;
GebG 1957 §15;
GebG 1957 §33 TP5 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin (als Bestandnehmerin) schloss am 20. Juni 2006 mit einer Bestandgeberin über ein in Innsbruck gelegenes Geschäftslokal einen Mietvertrag, der auszugsweise folgenden Inhalt hat:

"III. Mietdauer

1. Das Mietverhältnis beginnt am 01.10.2006 und wird auf unbestimmte Dauer abgeschlossen. Die Kündigung des Mietverhältnisses kann von der Vermieterin zum 31.01. eines jeden Jahres unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 12 Monaten erfolgen.

Die Kündigung des Mietverhältnisses kann vom Mieter jeweils zum 31.01. eines jeden Jahres unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 12 Monaten erfolgen.

2. Der Mieter verzichtet auf die Ausübung des Kündigungsrechtes bis zum 31.01.2010, sodass er das Mietverhältnis daher frühestens so aufkündigen kann, dass es bis zum 31.01.2010 aufgelöst ist.

Die Vermieterin verzichtet auf die Ausübung des Kündigungsrechtes in der Weise, dass sie das Mietverhältnis frühestens zum 31.01.2028 auflösen kann.

Die Vertragsteile vereinbaren die Möglichkeit einer vorzeitigen Auflösung (auch während des Kündigungsverzichtszeitraumes), für den Fall, dass der nach Punkt IV. dieses Vertrages berechnete Mietzins nach dem 01.10.2007 unter einen jährlichen Betrag von netto EUR 220.000,-- sinkt. Dieser Betrag wird wertgesichert nach dem VPI 2000, wobei die Ausgangsbasis der Durchschnittswert für das Jahr 2006 ist. Für dieses (Sonder)Kündigungsrecht gilt eine Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Ende eines jeden Monates. Dieses (Sonder)Kündigungsrecht ist verwirkt, wenn es nicht binnen 6 Monaten nach Bekanntwerden seiner jeweiligen Anwendbarkeit ausgeübt wird.

Nur in den Geschäfts- und Mietjahren 2007/08, 2008/09 und 2009/10 kann die Mieterin das Sonderkündigungsrecht der Vermieterin dadurch abwenden, dass sie eine jährliche Nettomiete von EUR 220.000,-- freiwillig bezahlt."

Für diesen Vertrag setzte das Finanzamt Innsbruck (im Folgenden kurz: Finanzamt) mit Bescheid vom 18. Juli 2006 Gebühr gem. § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG ausgehend von einer Vertragsdauer von zunächst 40 Monaten und anschließend von einer unbestimmten Vertragsdauer (dreifacher Jahreswert = 36 Monate) insgesamt also ausgehend von einer Vertragsdauer von 76 Monaten vorläufig fest.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin (soweit dies für den Beschwerdefall noch von Relevanz ist) mit dem Argument, es liege ein Vertrag auf unbestimmte Zeit vor. Eine Kombination einer Vertragsdauer von zunächst 40 Monaten mit einer dann anschließend unbestimmten Vertragsdauer sei dem Vertrag nicht zu entnehmen.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 25. Oktober 2006 als unbegründet ab, wogegen die Beschwerdeführerin unter Aufrechterhaltung ihres Berufungsargumentes fristgerecht die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz begehrte.

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab, wobei sie wie schon die Abgabenbehörde erster Instanz die Meinung vertrat, es sei zunächst eine bestimmte Vertragsdauer von 40 Monaten und anschließend eine unbestimmte Vertragsdauer der Gebührenbemessung zu Grunde zu legen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, dass die Gebühr unter Zugrundelegung nur einer unbestimmten Vertragsdauer (Bemessungsgrundlage berechnet für drei Jahre) zu berechnen sei.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 33 TP5 GebG lautet auszugsweise:

"5. Bestandverträge

(1) Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert

  1. 1. im allgemeinen ... 1 vH,
  2. 2. ...

(2) ...

(3) Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht. ...

(4) ...

(5) ..."

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist allein die Frage der Vertragsdauer strittig.

Zentrales Beschwerdeargument ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass die Vertragsparteien in der Vertragsurkunde wörtlich festgelegt haben, den Vertrag auf unbestimmte Zeit abzuschließen. Über diesen Urkundeninhalt hätte sich nach Ansicht der Beschwerde die belangte Behörde nicht hinwegsetzen dürfen.

Dem ist zu entgegnen, dass nach ständiger hg. Rechtsprechung (siehe z.B. die bei Fellner, MGA Stempel- und Rechtsgebühren8 unter E 61 zu § 15 GebG referierte Judikatur) nie die von den Parteien gewählte Bezeichnung, sondern stets der Vertragsinhalt maßgeblich ist. Danach sind aber jedenfalls beide Vertragsteile zufolge des vereinbarten Kündigungsverzichtes bis zum 31. Oktober 2010 gebunden, woraus folgt, dass damit von den Vertragspartnern zunächst eine bestimmte Vertragsdauer von jedenfalls 40 Monaten (1. Oktober 2006 bis 31. Jänner 2010) vereinbart wurde. Erst ab dem 1. Februar 2010 ist die Vertragsdauer unbestimmt, weil danach zumindest die Beschwerdeführerin als Mieterin berechtigt ist, den Vertrag einseitig und ohne Vorliegen irgendeines besonderen Grundes im Wege einer Kündigung zur Auflösung zu bringen.

Im Sinne der zu solchen Vertragsgestaltungen vorliegenden hg. Judikatur (vgl. dazu z.B. die bei Fellner a.a.O. unter E 264 und 265 zu § 33 TP 5 GebG referierte hg. Rechtsprechung) durfte demnach die belangte Behörde frei von Rechtsirrtum die Kombination einer zunächst bestimmten Vertragsdauer (von 40 Monaten) mit einer daran anschließenden unbestimmten Vertragsdauer annehmen.

Was das im Vertrag vereinbarte "Sonderkündigungsrecht" anlangt, das auch schon während der ersten 40 Monate besteht, so übersieht die Beschwerdeführerin, dass einem derartigen Vorbehalt zufolge der ausdrücklichen Anordnung im § 33 TP 5 Abs. 3 Satz 2 GebG keinerlei Bedeutung zukommt, weil im Beschwerdefall das "Sonderkündigungsrecht" nicht schrankenlos zusteht sondern nur, wenn ein bestimmtes qualifiziertes Sinken des Mietzinses eintreten sollte (vgl. dazu die bei Fellner aaO unter E 209 zu § 33 TP 5 GebG referierte hg. Judikatur). Im Übrigen steht nach dem Vertragstext das "Sonderkündigungsrecht" keinesfalls beiden Vertragsparteien zu, weil ja der letzte Satz des Punktes III. 2. des Vertrages ausdrücklich vom "Sonderkündigungsrecht der Vermieterin" spricht. Ein entsprechendes "Sonderkündigungsrecht" der Mieterin, das von Sinken des Mietzinses unter eine bestimmte Untergrenze abhängig wäre, wäre im Übrigen auch wenig sinnvoll, weil ja die Mieterin durch den Eintritt einer derartigen Situation nur begünstigt wäre und es daher keinen vernünftigen Sinn für eine "Sonderkündigung" des Vertrages durch die Mieterin in einem derartigen Fall gäbe. Auch aus dem "Sonderkündigungsrecht" ist daher bezogen auf die erste zeitliche Phase des Vertrages von 40 Monaten keine unbestimmte Vertragsdauer zu gewinnen.

Aus all diesen Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die vorstehende Entscheidung konnte mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Rechtsprechung klargestellte Rechtslage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-AufwErsV BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 5. März 2009

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