UFS RV/0025-I/07

UFSRV/0025-I/0721.6.2007

Bemessung ausgehend von einer bestimmten und unbestimmten Vertragsdauer

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/16/0149 eingebracht. Mit Erk. v. 5.3.2009 als unbegründet abgewiesen

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der X.GmbH, Adresse, vertreten durch Rechtsanwalt.M, vom 7. August 2006 gegen den gemäß § 200 Abs. 1 vorläufigen Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom 18. Juli 2006 betreffend Rechtsgebühr entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Frau M.H. schloss am 20. Juni 2006 als Vermieterin mit der X.GmbH als Mieterin einen Mietvertrag ab. Die Mietdauer wurde unter Punkt III wie folgt vereinbart:

" 1. Das Mietverhältnis beginnt am 01.10.2006 und wird auf unbestimmte Dauer abgeschlossen. Die Kündigung des Mietverhältnisses kann von der Vermieterin zum 31.01. eines jeden Jahres unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 12 Monaten erfolgen. Die Kündigung des Mietverhältnisses kann vom Mieter jeweils zum 31.01. eines jeden Jahres unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 12 Monaten erfolgen. 2. Der Mieter verzichtet auf die Ausübung des Kündigungsrechtes bis zum 31.01.2010, sodass er das Mietverhältnis daher frühestens so aufkündigen kann, dass es bis zum 31.01.2010 aufgelöst ist. Die Vermieterin verzichtet auf die Ausübung des Kündigungsrechtes in der Weise, dass sie das Mietverhältnis frühestens zum 31.01.2028 auflösen kann. Die Vertragsteile vereinbaren die Möglichkeit einer vorzeitigen Auflösung (auch während des Kündigungsverzichtszeitraumes), für den Fall, dass der nach Punkt IV. dieses Vertrages berechnete Mietzins nach dem 01.10.2007 unter einen jährlichen Betrag von netto € 220.000,- sinkt. Dieser Betrag wird wertgesichert nach dem VPI 2000, wobei die Ausgangsbasis der Durchschnittswert für das Jahr 2006 ist. Für dieses (Sonder)Kündigungsrecht gilt eine Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Ende eines jeden Monates. Dieses (Sonder)Kündigungsrecht ist verwirkt, wenn es nicht binnen 6 Monaten nach Bekanntwerden seiner jeweiligen Anwendbarkeit ausgeübt wird. Nur in den Geschäfts- und Mietjahren 2007/08, 2008/09 und 2009/10 kann die Mieterin das Sonderkündigungsrecht der Vermieterin dadurch abwenden, dass sie eine jährliche Nettomiete von € 220.000,- freiwillig bezahlt."

Hinsichtlich des Mietentgeltes wurden unter Punkt IV auszugsweise folgende Festlegungen getroffen:

"1. Der Mieter leistet einen Pauschalmietzins in Höhe von 5 % (in Worten: fünf Prozent) des in den Mieträumlichkeiten erwirtschafteten Netto- Bar- Jahresumsatz zuzüglich der Schulbuch- Nettoumsätze. 2. Als Barumsatz .... Für das erste Geschäfts- und Mietjahr wird ein fixer Mietzins vereinbart und zwar von monatlich € 20.500,-. Im Oktober 2007 gibt die Mieterin die Barumsatzzahlen sowie die Umsätze aus der Schulbuchaktion für das erste Geschäfts- und Mietjahr bekannt. Diese Zahlen sind Ausgangsbasis für die auf Monate aufgeteilten Mietzinszahlungen des folgenden Geschäfts- und Mietjahres. Der weitere monatliche Mietzins wird in der Weise errechnet, dass die Umsatzzahlen des jeweiligen vorangegangenen Geschäftsjahres (1. Oktober bis 30. September) zur Berechnung des ab 1.10. beginnenden neuen Geschäfts- und Mietjahres herangezogen werden."

Mit vorläufigem Bescheid vom 18. Juli 2006 schrieb das Finanzamt Innsbruck der X.GmbH (im Folgenden: Bw) für den angeführten Mietvertrag eine Rechtsgebühr nach § 33 TP 5 Z 1 GebG von 15.580,00 € vor. Die dabei angesetzte Bemessungsgrundlage von 1,558.000 € ergab sich laut Begründung aus einem "vorläufigen Mietzins für 40 Monate plus unbestimmte Zeit (36 Monate) insgesamt daher 76 Monate a € 20.500,- d.s. 1,558.000,--."

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung bekämpft die Höhe der Gebührenfestsetzung im Wesentlichen mit dem Vorbringen, es sei von einer Bemessungsgrundlage von 738.000 € (= fixer Mietzins von monatlich 20.500 € x 36 für unbestimmte Vertragsdauer) auszugehen. Die Bestandvertragsgebühr betrage demzufolge 7.380 € und in diesem Umfang bleibe der Bescheid unangefochten. Da der Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen sei, könne hingegen keine Kombination aus "vorläufigem Mietzins für 40 Monate + unbestimmte Zeit" aus dem Vertragswortlaut entnommen werden. Weiters sei die Heranziehung einer Umsatzsteuer als Bemessungsgrundlage unzutreffend. Für das Gebührenrecht gelte das Urkundenprinzip. Im Mietvertrag sei ein Mietzins von monatlich € 20.500,-- festgehalten.

Die abweisende Berufungsvorentscheidung vom 25. Oktober 2006 wurde auf folgende Begründung gestützt:

"Gem. Pkt III des Mietvertrages verzichtet der Mieter bis zum 31.01.2010 und der Vermieter bis zum 31.01.2028 auf eine Kündigung des Mietverhältnisses. Da den Vertragsparteien daher frühestens ab 01.02.2010 ein Ausstieg aus dem Mietverhältnis möglich ist, ist für die Berechnung der Gebühr nach § 33 TP 5 GebG ein Zeitraum ab 01.10.2006 bis 31.01.2010 d.s. 40 Monate und danach die unbestimmte Vertragsdauer (36 Monate) insgesamt daher 76 Monate maßgebend. Der Mietzins ist umsatzorientiert. Für die vorläufige Gebührenbemessung war daher der monatliche Mietzins im Wege der Schätzung zu ermitteln. Im Zeitraum des Sonderkündigungsrechtes - für die Bemessungsgrundlage hinsichtlich der Dauer nach § 33 TP 5 (3) GebG ohne Auswirkung- kann ein Minderumsatz zu einer Vertragsauflösung führen, welche jedoch die Berufungswerberin dadurch verhindern kann, dass sie die vereinbarte Mindestnettomiete freiwillig bezahlt. Bei einer Schätzung des zukünftigen Mietzinses kann deshalb angenommen werden, dass der vereinbarte Nettomietzins des ersten Geschäftsjahres auch in Hinkunft mindestens erreicht wird. In Hinblick auf eine Gleichmäßigkeit der Besteuerung war deshalb dieser Wert vorläufig anzusetzen. Der tatsächlich bezahlte Mietzins wird bei der Erlassung des endgültigen Bescheides ermittelt und als Bemessungsgrundlage herangezogen werden. Die Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Gebührenbemessungsgrundlage ergibt sich aus Punkt V(5) des Vertrages, wonach zu sämtlichen Verpflichtungen des Mieters die gesetzliche Mehrwertsteuer hinzukommt. Aus der Sicht des Finanzamtes erfolgte die vorläufige Gebührenvorschreibung korrekt und in dem für eine vorläufige Bemessung angemessenen Umfang. Die Berufung war daher vollinhaltlich abzuweisen."

Die Bw. stellte daraufhin den Antrag auf Vorlage ihres Rechtsmittels zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Auf die Berufungsvorentscheidung replizierend wird darin ausgeführt, selbst wenn es auf die erstmalige Kündigungsmöglichkeit per 31.01.2010 ankommen würde, ändere dies nichts daran, dass es sich gemäß Punkt III Z.1 des Vertrages um einen Vertrag auf unbestimmte Dauer handle. Eine Kombination aus unbestimmter Vertragsdauer mit einem Kündigungsverzichtszeitraum sei daher gebührenrechtlich unzulässig. Es handle sich aufgrund des Sonderkündigungsrechtes gemäß Punkt III Z. 2 um einen Vertrag auf unbestimmte Dauer mit einer Vergebührung auf der Basis einer 3-jährigen Bemessungsgrundlage, weil dieses Sonderkündigungsrecht schon vor Ablauf der Kündigungsverzichtszeiträume ausgeübt werden könne.

Über die Berufung wurde erwogen:

Im vorliegenden Berufungsfall besteht allein Streit darüber, ob die Rechtsgebühr von einer unbestimmten Vertragsdauer (Ansicht der Bw.) oder von einer zunächst bestimmten und daran anschließenden unbestimmten Vertragsdauer (Ansatz des Finanzamtes) zu bemessen ist. Die Abklärung dieser Frage entscheidet letztlich den vorliegenden Berufungsfall, während die betragsmäßige Richtigkeit der Ermittlung der Bemessungsgrundlage als solche unbestritten blieb.

Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG ist für Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert im allgemeinen eine Gebühr von 1 v.H. zu entrichten. Nach § 33 TP 5 Abs. 3 GebG sind die wiederkehrenden Leistungen bei unbestimmter Vertragsdauer mit dem dreifachen Jahreswert zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch mit dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht.

Auf unbestimmte Dauer abgeschlossene Bestandverträge, bei denen aber zunächst für eine bestimmte Zeit ein beiderseitiger Kündigungsverzicht vereinbart wurde, sind für die Zeit des Kündigungsverzichtes als Verträge mit bestimmter Dauer und für die anschließende unbestimmte Zeit als solche von unbestimmter Vertragsdauer zu vergebühren. In derartigen Fällen ist die Rechtsgebühr von der Summe der Jahreswerte der bestimmten und der unbestimmten Vertragsdauer zu bemessen (siehe Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 145 zu § 33 TP 5 GebG und die dort referierte ständige VwGH- Rechtsprechung).

Bei der Entscheidung der vorliegenden Berufung war an Sachverhalt auf Grund des Punktes III "Mietdauer" unbedenklich davon auszugehen, dass der gegenständliche Mietvertrag beginnend am 1. Oktober 2006 auf unbestimmte Dauer abgeschlossen war. Außerdem wurde darin vereinbart, dass die Mieterin bis zum 31. Jänner 2010 und die Vermieterin bis zum 31. Jänner 2028 auf die Ausübung des Kündigungsrechtes verzichten. Die Vertragsteile vereinbarten weiters die Möglichkeit einer vorzeitigen Auflösung (auch während des Kündigungszeitraumes) für den Fall, dass der nach Punkt IV dieses Vertrages berechnete Mietzins nach dem 1. Oktober 2007 unter einen jährlichen Betrag von netto € 220.000,- sinkt. Nur in den Geschäfts- und Mietjahren 2007/08, 2008/09 und 2009/10 kann die Mieterin das Sonderkündigungsrecht der Vermieterin dadurch abwenden, dass sie eine jährliche Nettomiete von € 220.000,-- freiwillig bezahlt.

Auf Grund des auf unbestimmte Dauer abgeschlossenen Mietvertrages, bei denen aber zunächst bis zum 31. Jänner 2010 und somit für einen Zeitraum von 40 Monaten ein beiderseitiger Kündigungsverzicht vereinbart war, hat das Finanzamt in Übereinstimmung mit der vorzitierten Lehre und Rechtsprechung von der Summe der bestimmten (40 Monate) und der unbestimmten (36 Monate) Vertragsdauer die Vertragsgebühr bemessen. Wenn die Bw. im Vorlageantrag im Wesentlichen dagegen einwendet, auf Grund des Sonderkündigungsrechtes gemäß Punkt III Z 2 des Mietvertrages handle es sich nur um einen Vertrag auf unbestimmte Dauer, weil dieses Sonderkündigungsrecht schon vor Ablauf der Kündigungsverzichtsräume ausgeübt werden könne, dann steht diesem Vorbringen Folgendes entgegen. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 29.06.1992, 91/15/0040 in einem ebenfalls auf unbestimmte Dauer abgeschlossenen Mietvertrag die Ansicht vertreten, dass das Unterscheidungsmerkmal zwischen einem auf bestimmte Zeit und einem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandvertrag darin zu erblicken ist, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nicht im Wege steht. Ausnahmsweise bestehende Kündigungsmöglichkeiten vermögen die grundsätzliche Bindung der Vertragsteile an ein nach dem Vertragsinhalt auf bestimmte Dauer abgeschlossenes Bestandverhältnis aus gebührenrechtlicher Sicht nicht aufzuheben. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (siehe auch VwGH vom 17.09.1990, 90/15/0034 und VwGH vom 27.01.2000, 99/16/0017).

Im Gegenstandsfall steht (im wirtschaftlichen Ergebnis ausgeübt wohl nur von der Vermieterin) das Sonderkündigungsrecht nach dem 1. Oktober 2007 allein für den Fall des Unterschreitens eines jährlichen Mietzinsbetrages von netto € 220.000 zu, wobei aber für die Geschäfts- und Mietjahre bis einschließlich 2009/2010 die Mieterin das Sonderkündigungsrecht der Vermieterin durch die freiwillige Bezahlung einer jährlichen Nettomiete von € 220.000 abwenden kann. Bestand daher während des beiderseitigen Kündigungsverzichtszeitraumes bis 31. Jänner 2010 nur die Möglichkeit, aus einem einzigen im Mietvertrag ausdrücklich bezeichneten Grund den Mietvertrag vorzeitig aufzulösen, wobei überdies das der Vermieterin zustehende Sonderkündigungsrecht für die Mietjahre bis 2009/2010 durch die Mieterin abgewendet werden konnte, so steht unter Beachtung obiger VwGH- Rechtsprechung die Möglichkeit, den Vertrag aus diesem einzigen bestimmt bezeichneten Grund vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung dieses Bestandverhältnisses als eines im Ausmaß des beiderseitigen Kündigungsverzichtes auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nicht im Wege. Das Finanzamt hat unter Beachtung der zitierten Lehre und Rechtsprechung zu Recht die Gebühr von der Summe der bestimmten (40 Monate) und unbestimmten (36 Monate) Vertragsdauer, somit von gesamt 76 Monaten bemessen. Den im Rahmen der vorläufigen Gebührenvorschreibung bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage von € 1,558.000,-- angesetzten monatlichen Mietwert von 20.500,-- € hat auch die Bw. in ihrer eigenen Berechnung lt. Berufung berücksichtigt und dieser bildet demzufolge einen unbedenklichen Wert. Auf das Vorbringen bezüglich der Umsatzsteuer, das im Übrigen im Vorlageantrag augenscheinlich nicht mehr weiter aufrecht erhalten worden war, braucht nicht näher eingegangen zu werden, entspricht doch dieser monatliche Wert von 20.500 € dem für das erste Geschäfts- und Mietjahr fix vereinbarten (bezahlten) Mietzins und bildete unbestrittenermaßen einen tauglichen Wertansatz für die gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufige (siehe VwGH vom 26.6.1997, 96/16/0239) Gebührenvorschreibung.

Die im bekämpften Gebührenbescheid ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von € 1,558.000,-- (Vertragsdauer: 76 Monate, monatlicher Mietzins € 20.500) festgesetzte Rechtsgebühr von 15.580 € war folglich rechtens. Es war somit die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Innsbruck, am 21. Juni 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 33 TP 5 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957

Schlagworte:

Vertragsdauer, Kündigungsverzicht, unbestimmte Dauer, bestimmte Dauer

Stichworte