VwGH 2004/01/0133

VwGH2004/01/01336.12.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des LK in W, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 5. September 2003, Zl. UVS- 02/43/11008/2002/26, wegen Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §67a Abs1 Z2;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
BVG über die Beseitigung rassischer Diskriminierung 1973 Art1;
SPG 1991 §29;
SPG 1991 §39;
SPG 1991 §88 Abs2;
StGB §269 Abs1;
StPO §140 Abs3;
WaffGG 1969 §6 Abs1;
AVG §67a Abs1 Z2;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
BVG über die Beseitigung rassischer Diskriminierung 1973 Art1;
SPG 1991 §29;
SPG 1991 §39;
SPG 1991 §88 Abs2;
StGB §269 Abs1;
StPO §140 Abs3;
WaffGG 1969 §6 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 27. November 2002 führten Beamte der Bundespolizeidirektion Wien (BPD Wien) auf Grund eines Hausdurchsuchungsbefehls des Landesgerichts für Strafsachen Wien in den Räumlichkeiten des Hauses 1160 Wien, Redtenbachergasse 82/Top 5, eine Hausdurchsuchung durch. Von dieser Maßnahme war u.a. das in der Top 5 gelegene und vom Beschwerdeführer bewohnte Zimmer Nr. 10 betroffen.

In seiner an die belangte Behörde gerichteten Beschwerde "gem. Art. 129 Abs. 1 Z 2 B-VG" begehrte der Beschwerdeführer die Fällung nachstehenden "Erkenntnisses":

"Der Beschwerdeführer ist durch die Misshandlungen am 27.11.2002 gegen 5.00 Uhr früh durch Organe der

Bundespolizeidirektion Wien ... in seinem verfassungsgesetzlich

gewährleisteten Recht auf persönliche Integrität verletzt worden und dadurch, dass er beschimpft wurde, im Recht keiner unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden."

Dazu brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er sei im Zeitpunkt des Polizeieinsatzes in seinem Zimmer gewesen. Nachdem die Polizisten in sein Zimmer eingedrungen seien, hätten sie ihn zu Boden geworfen, geschlagen, gewürgt und, als er am Boden gelegen sei, mit dem Fuß auf seinen Hals getreten. Dabei habe er Verletzungen erlitten. Als er aufklären habe wollen, dass es sich bei der Aktion um einen Irrtum handle, sei er als "Neger", der Ruhe geben solle, angesprochen worden. Danach habe sich herausgestellt, dass eine Personenverwechslung vorgelegen habe. Die Misshandlungen und Beschimpfungen seien daher grundlos und rechtswidrig gewesen und es sei dadurch "gegen Art. 3 EMRK verstoßen" worden.

Die belangte Behörde leitete die Beschwerde an die BPD Wien weiter, die eine Gegenschrift erstattete, in der sie zusammengefasst ausführte, der Beschwerdeführer sei der Aufforderung durch die Polizeiorgane, sich nicht zu bewegen, nicht nachgekommen. Er habe auch die daran anschließende Anweisung, sein renitentes Verhalten einzustellen, nicht befolgt, sondern vielmehr versucht, sich aus dem Festhaltegriff der Polizeiorgane zu lösen. Es habe sich ein Handgemenge entwickelt, ehe es den Beamten gelungen sei, den Beschwerdeführer am Boden zu fixieren. Dabei sei, ohne den Beschwerdeführer zu misshandeln, nur jene Körperkraft eingesetzt worden, die zur Erreichung des Ziels der Herstellung der Sicherheit in den zu durchsuchenden Räumen notwendig gewesen sei.

In den mündlichen Verhandlungen vom 9. April 2003, 25. Juni 2003 und 5. September 2003 vernahm die belangte Behörde neben dem Beschwerdeführer zahlreiche Zeugen und insbesondere auch die im Zuge der durchgeführten Hausdurchsuchung in das Zimmer des Beschwerdeführers eingedrungenen Polizeibeamten RvI. P. und RvI. H.

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde über die Beschwerde wie folgt ab:

"Gemäß § 67a Abs. 1 Z 2 iVm § 67c Abs. 3 AVG wird die Beschwerde wegen behaupteter unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Misshandlung und Beschimpfung des Beschwerdeführers (Art. 3 EMRK) als unbegründet abgewiesen."

Nach wörtlicher Wiedergabe des Beschwerdevorbringens, des Vorbringens in der Gegenschrift der BPD Wien sowie der Aussagen des Beschwerdeführers und der Zeugen traf die belangte Behörde folgende Feststellungen:

"Der Beschwerdeführer war Bewohner des Hauses 1160 Wien, Redtenbachergasse 82/Top 5/Zimmer 10. Er befand sich am verfahrensgegenständlichen Tag, dem 27.11.2002 um 5.00 Uhr Früh in seinem Zimmer, und hatte noch etwas gelernt und sich auf den Arbeitstag vorbereitet. Aufgrund eines vom Handelsgericht für Strafsachen unter 283 Ur 199/02 w erlassenen Hausdurchsuchungsbefehles wurden sämtliche Räumlichkeiten des Heimes Redtenbachergasse 82/Top 5 untersucht, wobei dabei eine zur Fahndung ausgeschriebene Person (SM.) gesucht und Nachschau nach Suchtgift in den durchsuchten Räumlichkeiten gehalten wurde.

Zur Absicherung bei der genannten Hausdurchsuchung wurde die durchführende Kriminalabteilung durch Kräfte der Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung (WEGA) unterstützt, wobei die WEGA-Kräfte die Aufgabe hatten, gruppenweise in die zu durchsuchenden Räumlichkeiten einzudringen, einerseits um die Sicherheit herzustellen und dabei auch andererseits zu verhindern, dass von den Zimmerbewohnern Suchtmittel in die Toilette geschüttet oder diese anderweitig verdunkelt werden.

In den frühen Morgenstunden des 27.11.2002 fand bei den zuständigen Kräften der WEGA eine Einsatzbesprechung statt und wurde festgelegt, dass um 5.00 Uhr Früh paarweise durch so genannte Eindringteams gewaltsam in die Wohneinheiten eingedrungen wird und die Bewohner der Zimmer vor diese in das Stiegenhaus gebracht werden. Danach sollte die Wohnung durch Kriminalbeamte durchsucht werden.

Für das Zimmer Nr. 10 wurden RvI. H. und RvI. P. als Eindringteam festgelegt. Die Einsatzleiter der Amtshandlung waren Major P. und Hauptmann Z. Diese verfolgten das Eindringen der einzelnen Teams vom Stiegenhaus aus und koordinierten die Kräfte.

Um 5.00 Uhr drangen die Eindringteams in die einzelnen Wohneinheiten ein und wurde das Zimmer Nr. 10 durch einen Schulterstoß von RvI. P. geöffnet und beide Beamten drangen unmittelbar hintereinander in das Zimmer ein. Die Beamten trugen die übliche Einsatzbekleidung der Alarmabteilung, welche sich aus Einsatzoverall, Schutzweste, Gesichtsmaske und Helm zusammensetzt. Da im Zimmer bereits das Licht brannte, war auch die auf dem Einsatzoverall und auf der Schutzweste angebrachte Aufschrift 'Polizei' zu erkennen.

Als die Beamten in das Zimmer eindrangen, wurde der im Raum befindliche und gerade zwischen Bett und Tisch stehende Beschwerdeführer mit den Worten 'Polizei' angesprochen. Der Beschwerdeführer war durch das plötzliche gewaltsame Eindringen der Polizeibeamten begreiflicherweise erschrocken und machte mit den Armen eine Abwehrbewegung. Diese Abwehrbewegung wurde von den Polizeibeamten als Drohgebärde und Widerstand gewertet und wurde seitens der Beamten nunmehr versucht, durch Verwendung von Körperkraft diesen offensichtlichen Widerstand des Beschwerdeführers zu unterbinden.

Insgesamt folgte nunmehr eine teilweise recht heftige Rangelei, da nunmehr auch der Beschwerdeführer neuerlich versuchte, sich der durch die Polizeibeamten angewendeten Körperkraft zu entziehen. In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer durch die Polizisten gewaltsam zu Boden gebracht. Erst als er so liegend seinen Widerstand einstellte, wurde ihm wieder die Möglichkeit gegeben, aufzustehen und wurde er in weiterer Folge auf den Gang gebracht, wo die weitere Amtshandlung durch die Kriminalbeamten durchgeführt werden sollte.

Vor dem Zimmer klagte der Beschwerdeführer über Schmerzen im Bereich der Rippen und des Kopfes und er wurde von RvI. P. gefragt, ob er die Intervention eines Rettungsdienstes wünsche. Dieses Angebot wurde vom Beschwerdeführer abgelehnt und gab dieser an, sich selbst in ärztliche Behandlung begeben zu wollen. Der Beschwerdeführer gab jedoch vor dem Zimmer bereits an, von den eindringenden Polizeikräften geschlagen worden zu sein und wurde seitens der eindringenden Beamten diesbezüglich die Einsatzleitung der WEGA verständigt. Sichtbare Verletzungen konnten vor Ort weder durch die Einsatzbeamten noch durch die Einsatzleiter festgestellt werden.

Nach Abschluss der Amtshandlung begab sich der Beschwerdeführer in das Allgemeine Krankenhaus Wien, Universitätsklinik für Unfallchirurgie, wo der Beschwerdeführer über Schmerzen im Bereich des Halses, des Schädels und im Bereich des linken Rippenbogens klagte und seitens des behandelnden Arztes zwar klinische Verletzungen festgestellt wurden, jedoch nach radiologischer Abklärung keinerlei Knochenveränderungen festzustellen waren, im Bereich des Thorax auch kein Pneu und kein Erguss."

In der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde - soweit für das Verfahren von Relevanz - aus:

"Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien vermag ohne weiteres nachzuvollziehen, dass der Beschwerdeführer über das plötzliche und unerwartete Eindringen der in Spezialausrüstung auftretenden WEGA-Beamten stark überrascht reagierte und erscheint es nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer angesichts der unerwartend auftretenden 'Gestalten' unbewusst Abwehrmaßnahmen setzte, indem er die Arme nach den Beamten ausstreckte. Dadurch erscheint es auch nachvollziehbar, dass diese spontane Bewegung von den Beamten als Abwehrmaßnahme betrachtet wurde und lag in der Dienstpflicht der Beamten, diese Abwehrmaßnahme zu überwinden."

Rechtlich folgerte die belangte Behörde, der Beschwerdeführer sei durch das Einschreiten der Sicherheitsbeamten keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK unterworfen worden. Im Einzelnen argumentiert die belangte Behörde wie folgt:

"Das Eindringen der Polizeibeamten in die vom

Beschwerdeführer bewohnte Wohneinheit ... war durch einen

Hausdurchsuchungsbefehl gedeckt und, da es sich bei einem solchen Hausdurchsuchungsbefehl um einen Gerichtsakt handelt, der Prüfungsbefugnis durch den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien entzogen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hatte jedoch zu überprüfen, ob es im Zuge des durch den Hausdurchsuchungsbefehl gedeckten Vorgehens der Beamten der Bundespolizeidirektion Wien zu überschießendem Vorgehen, zu einem sogenannten Exzess, gekommen war.

Derartiges war, wie bereits die Schilderung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes hat erkennen lassen, zu verneinen. Es entspricht zwar den Tatsachen, dass das Vorgehen der Beamten der Bundespolizeidirektion Wien gegenüber dem Beschwerdeführer gewaltsam und mit relativer Härte gewesen ist, dieses Vorgehen hat sich der Beschwerdeführer allerdings selbst zuzuschreiben.

Die Anwendung von Gewalt durch Beamte der Bundespolizeidirektion Wien ist dann zulässig, wenn diese Anwendung von Gewalt der Überwindung eines ungerechtfertigten Widerstandes oder der Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr für die Beamten im Zuge des Einsatzes gilt. Die vom Beschwerdeführer verwendeten Handbewegungen wurden von den einschreitenden Beamten nachvollziehbarer Weise als Widerstand gegen die Amtshandlung gewertet und das Verhalten des Beschwerdeführers, als die Beamten versuchten, diesen offensichtlichen Widerstand zu brechen, ließ die Amtshandlung eskalieren und die Gefahr für die einschreitenden Beamten vermuten. Die gewählte Anwendung von Körperkraft war daher verfahrensgegenständlich absolut maßhaltend und durch das Gesetz gedeckt.

Dass die Beamten der Bundespolizeidirektion Wien - wie vom Beschwerdeführer vorgebracht - weitere Waffen einsetzten, oder weitere bedrohliche Gewaltmaßnahmen vorbereiteten, hat das durchgeführte Ermittlungsverfahren nicht erkennen lassen. Ebenso wenig ist dem durchgeführten Ermittlungsverfahren hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer in anderen als den vorgebrachten Recht verletzt wurde und war im Zuge des gegenständlichen Verfahrens auch darauf nicht weiter einzugehen."

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 24. Februar 2004, B 1528/03-3, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Über die im Folgenden ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

1. In der Beschwerdeergänzung erläutert der Beschwerdeführer im Einzelnen, aus welchen Gründen er den Polizeieinsatz als rechtswidrig betrachtet. Unter anderem nennt er dabei die seiner Auffassung nach exzessive Anwendung von Körperkraft durch die Sicherheitsbeamten und die Beschimpfung seiner Person. Beides waren Akte, die auch schon in der Maßnahmenbeschwerde bei der belangten Behörde angefochten waren und im Folgenden (Punkte 2. bis 4.) zu erörtern sein werden. Zusätzlich rügt er als rechtswidrig, dass die Polizisten in sein unversperrtes Zimmer "eingebrochen" seien, dass sie ihn mit der Dienstwaffe bedroht und angeschrien hätten, und dass er sich im Verlauf der Polizeiaktion auf dem Gang mit den Händen über dem Kopf von einem bewaffneten Polizisten kontrolliert an die Wand habe stellen müssen. Diese Beschwerdebehauptungen stellen sich im Vergleich zu jenem Vorbringen, das er in seiner Maßnahmenbeschwerde an die belangte Behörde erstattet hatte, als Neuerungen dar, die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässig sind und schon aus diesem Grund keine Beachtung finden können.

2. Gemäß Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG und § 67a Abs. 1 Z 2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes) in ihren Rechten verletzt zu sein. Werden solche behördlichen Akte in Durchführung richterlicher Befehle gesetzt, fallen sie nicht in den Bereich der Hoheitsverwaltung, sondern sie sind - solange die Verwaltungsorgane den ihnen durch den richterlichen Befehl gestellten Ermächtigungsrahmen nicht überschreiten - funktionell der Gerichtsbarkeit zuzurechnen. Bei offenkundiger Überschreitung des richterlichen Befehls liegt hingegen insoweit ein der Verwaltung zuzurechnendes Organhandeln vor (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. September 1998, Zlen. 97/01/1084, 1085 und 1087).

Ein richterlicher Hausdurchsuchungsbefehl deckt auch jene zu seiner Durchführung gesetzten Maßnahmen, die eine dem Zweck der Hausdurchsuchung dienende Funktion haben und denen kein eigenständiger Charakter zukommt; gehört es doch zur ordnungsgemäßen Vornahme einer Hausdurchsuchung, alles zu verhindern, was geeignet wäre, den Zweck der Durchsuchung zu vereiteln. Dem entsprechend sind auch polizeiliche Verhaltensanordnungen an die in den zu durchsuchenden Räumlichkeiten aufhältigen Personen (insbesondere wenn es darum geht, ungestörten Zutritt zu ermöglichen und allfällige Behinderungen abzustellen) von der richterlichen Verfügung gedeckt und damit der Kognition der unabhängigen Verwaltungssenate entzogen (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis vom 23. September 1998).

Wenden die behördlichen Organe im Rahmen ihrer exekutiven Zwangsbefugnisse gegen Personen Körperkraft an, so unterliegt diese Maßnahme denselben grundsätzlichen Einschränkungen wie ein im Waffengebrauchsgesetz geregelter Waffengebrauch. Sie muss demnach für ihre Rechtmäßigkeit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen, darf nur dann Platz greifen, wenn sie notwendig ist, um Menschen angriffs-, widerstands- oder fluchtunfähig zu machen (vgl. § 6 Abs. 1 Waffengebrauchsgesetz) und sie muss Maß haltend vor sich gehen. Es darf jeweils nur das gelindeste Mittel, das zum Erfolg führt, angewendet werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Dezember 2000, Zl. 96/01/1032, vom 14. Jänner 2003, Zl. 99/01/0013, und vom 29. Mai 2006, Zl. 2003/09/0040, mwN).

3. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde (unbestritten) festgestellt, dass die Durchsuchung des vom Beschwerdeführer bewohnten Raumes auf einem richterlichen Hausdurchsuchungsbefehl beruhte. Richtig hat sie auch erkannt, dass ihre Kognitionsbefugnis nur dann gegeben ist, wenn es "im Zuge des durch den Hausdurchsuchungsbefehl gedeckten Vorgehens der

Beamten ... zu überschießendem Vorgehen, zu einem sogenannten

Exzess, gekommen war" (Zitat Bescheid Seite 24). Einen solchen Exzess hat sie fallbezogen jedoch mit Rücksicht darauf, dass die von den Beamten der BPD Wien im Zuge der Amtshandlung gegen den Beschwerdeführer angewendete Körperkraft "absolut maßhaltend" gewesen sei, verneint. Ausgehend davon ist unverständlich, dass die belangte Behörde die Maßnahmenbeschwerde in diesem Punkt nicht (mangels Zuständigkeit) zurück-, sondern als unbegründet abgewiesen hat.

Davon abgesehen hat die belangte Behörde ihre Einschätzung, es habe im gegenständlichen Fall keine exzessive Gewaltanwendung der Sicherheitsbeamten gegeben, nicht nachvollziehbar begründet.

Die belangte Behörde sieht den Einsatz von körperlicher Gewalt gegen den Beschwerdeführer dadurch gerechtfertigt, dass die von ihm "verwendeten Handbewegungen" von den einschreitenden Beamten "nachvollziehbarer Weise als Widerstand gegen die Amtshandlung gewertet" wurden.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die belangte Behörde nicht näher erläutert hat, gegen welche Amtshandlung der Beschwerdeführer eigentlich Widerstand geleistet haben soll. So lässt sich dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen, dass bzw. welche Verhaltensanordnungen die Beamten an den Beschwerdeführer gerichtet hätten, die von diesem nicht befolgt worden wären.

Auch erweisen sich die Ausführungen der belangten Behörde in Bezug auf den angeblichen "Widerstand" des Beschwerdeführers als unklar. Sie stellte fest, der Beschwerdeführer habe (über das "plötzliche" Eindringen der Sicherheitsorgane "begreiflicherweise erschrocken") mit seinen Armen (gemäß den Ausführungen in der Beweiswürdigung: "unbewusst", indem er seine Arme "nach den Beamten" ausstreckte) eine "Abwehrbewegung" ausgeübt. Die belangte Behörde gesteht dem Beschwerdeführer also zu, dass er die von den Polizeibeamten als Widerstand gedeutete und nicht näher umschriebene Handbewegung "unbewusst" und nur deshalb gemacht hatte, weil er durch das plötzliche Eindringen der Sicherheitsorgane "begreiflicherweise erschrocken" war. Warum sie trotzdem davon ausging, dass die Polizeibeamten ein bloßes Erschrecken des Beschwerdeführers nicht in Erwägung ziehen mussten und von einem "offensichtlichen Widerstand" ausgehen durften, wird nicht schlüssig erklärt. Im Rahmen der Beweiswürdigung vermeinte die belangte Behörde nur, es erscheine ihr nachvollziehbar, dass die "spontane Bewegung" des Beschwerdeführers von den Beamten als Abwehrmaßnahme betrachtet wurde. Dem ist zu erwidern, dass eine bloße "Abwehrmaßnahme" durch das Ausstrecken von Armen nicht ohne Weiteres als Widerstandshandlung gewertet werden kann (vgl. zum Widerstand gegen die Staatsgewalt im Allgemeinen das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2006, Zl. 2005/01/0032).

Um beurteilen zu können, ob die Polizeibeamten das Verhalten des Beschwerdeführers tatsächlich als Widerstand gegen eine von ihnen vorgenommene Amtshandlung deuten durften, wäre es daher erforderlich gewesen, festzustellen, welche Verhaltensanordnungen die Polizisten dem Beschwerdeführer gegeben hatten und inwieweit er sich dagegen in einer Art und Weise zur Wehr setzte, dass die Sicherheitsorgane von einem Widerstand ausgehen mussten, den sie mit Körperkraft zu überwinden hatten. Auch bedürfte es einer näheren Präzisierung, inwieweit das Verhalten des Beschwerdeführers in der folgenden "Rangelei" den Einsatz von Körperkraft durch die Sicherheitsorgane notwendig und gerechtfertigt erscheinen ließ. Davon hängt ab, ob die Gewaltanwendung bei Durchführung des Hausdurchsuchungsbefehls durch diesen noch gedeckt war oder schon als exzessiv angesehen werden musste.

Da die belangte Behörde diese erforderlichen Feststellungen nicht getroffen hat, ist der Bescheid mit einem relevanten Begründungsmangel belastet.

4. Die belangte Behörde hat sich in der Begründung des Bescheides mit den behaupteten Beschimpfungen des Beschwerdeführers durch die Polizeibeamten nicht auseinander gesetzt. Sie hat allerdings spruchgemäß die gesamte Maßnahmenbeschwerde als unbegründet abgewiesen und damit - ohne nähere Begründung - auch den Beschwerdepunkt der Beschimpfung meritorisch entschieden.

Dazu hält der Verwaltungsgerichtshof fest, dass Beschimpfungen durch behördliche Organe im Zuge einer Amtshandlung keine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellen und daher als solche auch nicht selbstständig Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein können. Soweit ihnen eine sicherheitspolizeiliche Komponente innewohnt, könnten sie allerdings mit einer Beschwerde nach § 88 Abs. 2 SPG an die unabhängigen Verwaltungssenate herangetragen werden (vgl. dazu etwa Punkt 6. der Entscheidungsgründe im hg. Erkenntnis vom 29. März 2004, Zl. 98/01/0213).

Erfolgen rassistische Beschimpfungen durch Polizeiorgane bei ihrem Einschreiten im Dienste der Strafjustiz, kann grundsätzlich nicht angenommen werden, sie wären vom richterlichen Befehl gedeckt. Solche Beschimpfungen sind, so sie mit dem polizeilichen Handeln rechtlich oder tatsächlich verbunden sind (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2006, Zl. 2005/01/0032), als dessen Begleitumstände (Modalitäten) anzusehen, durch die eine richterliche Ermächtigung - wie sich schon der Wertung des Art. 1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 3. Juli 1973 zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. Nr. 390/1973, entnehmen lässt - in der Regel exzessiv überschritten wird.

Daraus folgt zweierlei:

Zum Einen sind derartige (exzessive) Beschimpfungen nicht der Kognition der unabhängigen Verwaltungssenate entzogen. Zum Anderen kann das angefochtene polizeiliche Handeln auch durch die dabei erfolgte (und mit dem Handeln verbundene) rassistische Beschimpfung rechtswidrig sein.

Im gegenständlichen Fall soll nach den Beschwerdebehauptungen der Beschwerdeführer im Zuge der Gewaltanwendung zur Herstellung der Sicherheit vor der Durchführung der Hausdurchsuchung in der Weise beschimpft worden sein, dass bei der Formulierung der an ihn gerichteten Befehle rassistische Beleidigungen erfolgten. Ausgehend davon kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ein tatsächlicher Zusammenhang mit dem zu beurteilenden Polizeihandeln nicht verneint werden. Wären die rassistischen Beschimpfungen tatsächlich erfolgt, könnte somit auch dadurch die Gewaltanwendung exzessiv und dadurch rechtswidrig gewesen sein.

Die Feststellungsmängel der belangte Behörde im Zusammenhang mit den behaupteten Beschimpfungen sind daher für den Verfahrensausgang relevant, weshalb auch sie zur Behebung des Bescheides führen müssen.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen des in der Beschwerdeergänzung gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Wien, am 6. Dezember 2007

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