VwGH 96/01/1032

VwGH96/01/103221.12.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Bachler, Dr. Pelant und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des TK, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 22. März 1996, Zl. UVS 20.3-13/95-19, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §67a Abs1 Z2;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art94;
SPG 1991 §22 Abs3;
SPG 1991 §29;
StPO §139;
StPO §174;
StPO §175;
StPO §176;
StPO §177;
StPO §178;
StPO §221 Abs1;
StPO §24;
WaffGG 1969 §4;
WaffGG 1969 §5;
WaffGG 1969 §6;
AVG §67a Abs1 Z2;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art94;
SPG 1991 §22 Abs3;
SPG 1991 §29;
StPO §139;
StPO §174;
StPO §175;
StPO §176;
StPO §177;
StPO §178;
StPO §221 Abs1;
StPO §24;
WaffGG 1969 §4;
WaffGG 1969 §5;
WaffGG 1969 §6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 22. März 1996 wies die belangte Behörde die an sie gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers wegen behaupteter Rechtswidrigkeit einer Festnahme und Anhaltung sowie der damit verbundenen Handlungen gemäß § 67c AVG als unbegründet ab. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer zum Ersatz der mit S 6.865,-- bemessenen Kosten des Verfahrens verpflichtet.

Mit Beschluss vom 23. September 1996, B 1877/96, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat diese gleichzeitig dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der bereits in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ausgeführten Verwaltungsgerichtshofbeschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten auf rechtliches Gehör, auf Belehrung über Tatverdacht und Festnahmegrund, über Angehörigen- und Rechtsbeistandverständigungsmöglichkeit gemäß § 178 StPO sowie auf Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs, insbesondere Unterlassung erniedrigender und unmenschlicher Behandlung gemäß § 29 SPG verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde ging auf Grund einer am 11. März 1996, durchgeführten mündlichen Verhandlung in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, dass der Beschwerdeführer am 18. Juli 1995 um ca. 01.45 Uhr eine Geburtstagsfeier im Hause Vgasse Nr. 3 in G., bei welcher er auch alkoholische Getränke konsumiert habe, zeitgleich mit Dr. R. verlassen habe. Dr. R. habe dem Beschwerdeführer angeboten, ihn mit seinem Pkw nach Hause zu bringen, was der Beschwerdeführer aber unter Hinweis auf seine nur etwa 200 m entfernte Wohnung abgelehnt habe. Der zumindest mittelgradig alkoholisierte Beschwerdeführer habe sich zu seinem in der V-gasse abgestellten Fahrrad begeben und sei ca. 5 bis 6 m mit dem Fahrrad in der V-gasse gegen die Einbahnrichtung gefahren. Der ihm in seinem Kraftfahrzeug entgegenkommende Dr. R. habe angehalten und dem Beschwerdeführer neuerlich angeboten, ihn nach Hause zu bringen. Zu diesem Zeitpunkt hätten zwei in einem Streifenwagen Dienst versehende Sicherheitswacheorgane ihr Fahrzeug unmittelbar neben dem Fahrzeug des Dr. R. angehalten. Der Beamte BI B. sei ausgestiegen und habe festgestellt, dass der Beschwerdeführer aus dem Mund nach alkoholischen Getränken gerochen habe. Nach Aufforderung zur Ausweisleistung habe der Beschwerdeführer seinen Rechtsanwaltsausweis dem Beamten mit dem Bemerken übergeben, die Obrigkeit werde das begangene Delikt wohl nachsehen. Der Beschwerdeführer habe versucht, sein Fahrrad weiterzuschieben, und habe den Beamten, der die Amtshandlung habe weiterführen wollen, in aggressiver und beleidigender Weise beschimpft. Eine Aufforderung zum Alkotest habe der Beschwerdeführer mit weiteren Beschimpfungen beantwortet und in der Folge unvermittelt dem Beamten seinen Rechtsanwaltsausweis entrissen. Dann habe der Beschwerdeführer sein Fahrrad heftig in Richtung des Beamten gestoßen und habe in der Folge versucht, in Richtung H-straße davon zu laufen. Dies sei ihm nicht gelungen, weil ihn der Beamte mit beiden Händen am Oberarm ergriffen habe. Daraufhin habe der Beschwerdeführer das Fahrrad fallen gelassen und den Beamten, in der Absicht ihn zu Boden zu reißen, im Bereich der Brust an der Kleidung ergriffen. Beide seien zu Boden gefallen. Dem Beamten sei es infolge der heftigen Gegenwehr des Beschwerdeführers nicht gelungen, diesem Handfesseln anzulegen. Der mit dem Dienstfahrzeug weiter gefahrene RI G. sei zu diesem Zeitpunkt wieder in die V-straße eingebogen, dann ausgestiegen und habe BI B. Hilfe beim Versuch geleistet, dem Beschwerdeführer Handfesseln anzulegen, was allerdings wegen dessen heftiger Gegenwehr zunächst nicht gelungen sei. Bis zum Eintreffen von über Funk angeforderten Verstärkungsstreifen sei der Beschwerdeführer im sogenannten "Schwitzkasten" festgehalten worden; erst mit der Verstärkung sei es gelungen, die Handschellen vollkommen zu schließen. Zu diesem Zeitpunkt sei die vorläufige Festnahme ausgesprochen worden. Der Beschwerdeführer sei aufgehoben und auf den Gehsteigrand gesetzt worden, wo er auf den Arrestantenwagen wartend die Beamten weiter beschimpft und das Lösen der Handfesseln gefordert habe. Um 02.15 Uhr sei der Beschwerdeführer in das Polizeigefangenenhaus eingeliefert worden, wo ihm sofort die Handfesseln abgenommen worden seien. Eine Belehrung über die Festnahme habe wegen des renitenten Verhaltens des Beschwerdeführers nicht durchgeführt werden können, doch sei ihm ein Informationsblatt für Festgenommene ausgehändigt worden. Die Unterfertigung des Haftberichtes bezüglich seiner Effekten habe der Beschwerdeführer verweigert. Um ca. 3.00 Uhr sei der Beschwerdeführer polizeiärztlich untersucht worden, wobei Schürfwunden im Bereich der Schienbeine und der Ellbogen festgestellt worden seien. Eigenen Angaben zufolge habe der Beschwerdeführer in der Folge in der Arrestzelle bis ca. 06.30 Uhr gut geschlafen. Ein um 07.30 Uhr angebotenes Frühstück habe der Beschwerdeführer verweigert. Von 08.25 Uhr bis 09.15 Uhr sei der Beschwerdeführer von Kriminalbeamten einvernommen und um 09.30 Uhr aus der Haft entlassen worden. Die Wachzimmeranzeige sei um 06.30 Uhr beim Journaldienst der Bundespolizeidirektion Graz eingelangt; der Haftakt sei um 07.50 Uhr einer Kriminalbeamtengruppe zur Bearbeitung zugeteilt worden, welche nach dem bis 08.20 Uhr andauernden Einlesen in den Akt die Einvernahme des Beschwerdeführers vorgenommen habe.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde sei zu Unrecht seinem in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde vom 11. März 1996 gestellten Antrag auf Einvernahme seines behandelnden Arztes nicht nachgekommen. Dieser hätte durch seine Aussage belegen können, dass der Beschwerdeführer auf Grund von auf "das Anlegen des Schwitzkastens" zurückzuführenden Verletzungen der Halswirbelsäule eine Woche lang unter Genickschmerzen gelitten habe. Der Beschwerdeführer sei durch diese Behandlung derart traumatisiert gewesen, dass er eine Woche lang nicht in der Lage gewesen sei, "irgendwelche zweckdienliche zielgerichtete Arbeit" zu verrichten. Die Einvernahme des behandelnden Arztes wäre umso erforderlicher gewesen, als aus der - von der belangten Behörde allerdings als subjektiv gefärbt gewerteten - Aussage des Dr. R. hervorgehe, dass BI B. den Beschwerdeführer bei jeder Beschimpfung weiter zu Boden gedrückt habe. Daraus sei zu ersehen, dass die Behandlung des Beschwerdeführers durch BI B. in exzessiver Weise erfolgt sei. Aus der Einvernahme des behandelnden Arztes hätte sich auch ergeben, dass die Aussage des Dr. R. nicht subjektiv gefärbt gewesen sei, sondern den tatsächlichen Ablauf der Dinge wiedergebe. Ebenso stelle die Nichtzulassung der Frage, ob BI B. Motive für die seitens des Beschwerdeführers ausgesprochenen Beschimpfungen darlegen könne, eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar, weil sich bei Beantwortung dieser Frage ergeben hätte, dass diese Beschimpfungen eine Reaktion des Beschwerdeführers auf das gewaltsame Vorgehen des angeführten Beamten gewesen seien. Dadurch dass die belangte Behörde die Frage, auf welcher Straßenseite sich der Vorfall zugetragen habe, nicht zugelassen habe, sei der Ort des Geschehens und insbesondere die Stelle, an welcher der Beschwerdeführer sein Fahrrad gegen BI B. gestoßen habe, ungeklärt geblieben.

Die von der belangten Behörde nicht gestattete Frage, ob die Beamten innerhalb ihres Reviers eingeschritten seien, wäre deswegen von Bedeutung gewesen, weil BI B. den Beschwerdeführer mit seinem Namen angesprochen habe, und weil für den Fall, dass die Beamten den Beschwerdeführer gekannt haben sollten, bereits das Zurückhalten des Beschwerdeführers rechtswidrig gewesen wäre.

Die belangte Behörde habe es unterlassen festzustellen, dass der Beschwerdeführer entgegen § 178 StPO nicht über den Tatverdacht, den Festnahmegrund und über Verständigungsmöglichkeiten informiert worden sei. Die Ausfolgung eines Informationsblattes könne den Anforderungen dieser Gesetzesstelle nicht genügen.

Weiters habe die belangte Behörde nicht berücksichtigt, dass die Fesselung rücklings und der Umstand, dass der Beschwerdeführer nach erfolgter Fesselung aufgehoben und auf den Gehsteig gesetzt worden sei, eine erniedrigende Behandlung darstelle, wobei nicht nachzuvollziehen sei, warum dem Beschwerdeführer nicht ein Sitzplatz in einem Polizeifahrzeug angeboten worden sei. Dadurch dass er einen längeren Zeitraum hindurch mitten in der Nacht am Gehsteig habe sitzen müssen, sei er der Lächerlichkeit preisgegeben worden. Dies stelle insbesondere eine Verletzung des aus § 29 SPG - diese Gesetzesstelle verpflichte die Sicherheitswacheorgane zur Verhältnismäßigkeit ihres Einschreitens - erfließenden Rechtes dar.

Gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG und § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist. Akte unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt sind auch dann der Behörde zuzurechnen, wenn die Behördenorgane im Dienste der Strafjustiz einschreiten und es sich nicht um eine Angelegenheit der Gerichtspolizei im engeren Sinn handelt. Darunter sind die in der StPO vorgesehene Akte zu verstehen, bei denen eine unmittelbare Heranziehung von Sicherheitsorganen durch gerichtliche Organe möglich ist (so z. B. bei der Vollstreckung eines richterlichen Befehls zur Hausdurchsuchung - §§ 139 ff in Verbindung mit § 24 StPO, zur Verhaftung - §§ 174 ff in Verbindung mit § 24 StPO, oder im Rahmen der sog Sitzungspolizei; dazu kommt noch die Tätigkeit von Exekutivorganen im Zug einer gerichtlichen Vollstreckung nach der Exekutionsordnung).

Im Beschwerdefall wurde die Festnahme des Beschwerdeführers, der auf Grund der bereits erfolgten Ausweisleistung dem einschreitenden Polizeibeamten bekannt war, deswegen durchgeführt, weil der Beschwerdeführer wegen des gegen den Beamten geführten Stoßes mit dem Fahrrad und wegen des Entreißens des Rechtsanwaltsausweises verdächtig war, das Verbrechen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt gemäß § 269 StGB begangen zu haben. Das daran anschließende Einschreiten dieses Beamten und der weiteren Sicherheitswacheorgane erfolgte unbestritten ohne Vorliegen eines richterlichen Befehls. Vielmehr handelte es sich um ein selbstständiges Vorgehen der Sicherheitswacheorgane gemäß §§ 175 ff StPO. In einem solchen Fall steht der Sicherheitsbehörde mehr Entscheidungsspielraum zur Verfügung als bei der Durchsetzung eines richterlichen Befehls. Ein allfälliger Eingriff in subjektive Rechte erfolgt auf Grund der Willensbildung des Verwaltungsorgans und ist daher, obwohl das Einschreiten im Dienste der Strafjustiz erfolgt, der Verwaltung zuzurechnen (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 2000, Zl. 96/01/0570, mit weiteren Nachweisen). Hiebei gelten gemäß § 22 Abs. 3 SPG, sobald ein bestimmter Mensch der strafbaren Handlung verdächtig ist, ausschließlich die Bestimmungen der Strafprozessordnung. In diesem Zusammenhang ist vorweg festzuhalten, dass der vom Beschwerdeführer behaupteten Verletzung seiner Rechte gemäß § 29 SPG nur insoweit Bedeutung zukommt, als die in dieser Bestimmung geregelten Sachverhalte durch die im Folgenden angeführten gesetzlichen Bestimmungen inhaltlich erfasst sind.

Gemäß § 177 Abs. 1 Strafprozessordnung 1975 (StPO), BGBl. Nr. 631/1975, kann ausnahmsweise die vorläufige Verwahrung des eines Verbrechens oder Vergehens Verdächtigen zum Zwecke der Vorführung vor den Untersuchungsrichter auch durch Organe der Sicherheitsbehörden ohne schriftliche Anordnung vorgenommen werden:

1. in den Fällen des § 175 Abs. 1 Z. 1 (wenn der Verdächtige auf frischer Tat betreten oder unmittelbar nach Begehung eines Verbrechens oder Vergehens glaubwürdig der Täterschaft beschuldigt oder mit Waffen oder anderen Gegenständen betreten wird, die vom Verbrechen oder Vergehen herrühren oder sonst auf seine Beteiligung daran hinweisen) sowie

2. in den Fällen des § 175 Abs. 1 Z. 2 bis 4 (wenn der Täter flüchtig ist oder sich verborgen hält oder wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Gefahr besteht, er werde wegen der Größe der ihm mutmaßlich bevorstehenden Strafe oder aus anderen Gründen flüchten oder sich verborgen halten; wenn er Zeugen, Sachverständige oder Mitbeschuldigte zu beeinflussen, die Spuren der Tat zu beseitigen oder sonst die Ermittlung der Wahrheit zu erschweren versucht hat oder wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Gefahr besteht, er werde dies versuchen; oder wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, er werde eine strafbare Handlung begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist wie die ihm angelastete, oder er werde die ihm angelastete versuchte oder angedrohte Tat (§ 74 Z. 5 StGB) ausführen) und Abs. 2 (wenn es sich um ein Verbrechen handelt, bei dem nach dem Gesetz auf mindestens zehnjährige Freiheitsstrafe zu erkennen ist, muss die vorläufige Verwahrung des Verdächtigen angeordnet werden, es sei denn, dass auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, das Vorliegen aller im Abs. 1 Z. 2 bis 4 angeführten Haftgründe sei auszuschließen), wenn die Einholung des richterlichen Befehls wegen Gefahr im Verzug nicht tunlich ist.

Gemäß Abs. 2 dieses Paragrafen ist der Festgenommene unverzüglich zur Sache sowie zu den Voraussetzungen der Verwahrungshaft zu vernehmen und, wenn sich dabei ergibt, dass kein Grund zur weiteren Anhaltung vorhanden ist, sogleich freizulassen.

Gemäß Abs. 4 dieses Paragrafen sind Festnahme und Anhaltung nach Abs. 1 und 2 nicht zulässig, soweit sie zur Bedeutung der Sache außer Verhältnis stehen.

Gemäß § 178 leg. cit. ist jeder Festgenommene bei der Festnahme oder unmittelbar danach über den gegen ihn bestehenden Tatverdacht und den Festnahmegrund zu unterrichten sowie darüber zu belehren, dass er berechtigt sei, einen Angehörigen oder eine andere Vertrauensperson und einen Verteidiger zu verständigen, und dass er das Recht habe, nicht auszusagen. Dabei ist er darauf aufmerksam zu machen, dass seine Aussage seiner Verteidigung dienen, aber auch als Beweis gegen ihn Verwendung finden könne.

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Waffengebrauchsgesetzes 1969, BGBl. Nr. 149/1969, in der Fassung des Strafrechtsanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 422/1974, lauten:

"§ 4 Der Waffengebrauch ist nur zulässig, wenn ungefährliche oder weniger gefährliche Maßnahmen, wie insbesondere die Aufforderung zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, die Androhung des Waffengebrauches, die Verfolgung eines Flüchtenden, die Anwendung von Körperkraft oder verfügbare gelindere Mittel, wie insbesondere Handfesseln oder technische Sperren, ungeeignet scheinen oder sich als wirkungslos erwiesen haben.

§ 5 Stehen verschiedene Waffen zur Verfügung, darf nur von der am wenigsten gefährlichen, nach der jeweiligen Lage noch geeignet erscheinenden Waffe Gebrauch gemacht werden.

§ 6 (1) Zweck des Waffengebrauches gegen Menschen darf nur sein, angriffs-, widerstands- oder fluchtunfähig zu machen. In den Fällen des § 2 Z 2 bis 5 darf der durch den Waffengebrauch zu erwartende Schaden nicht offensichtlich außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg stehen.

(2) Jede Waffe ist mit möglichster Schonung von Menschen und Sachen zu gebrauchen. Gegen Menschen dürfen Waffen nur angewendet werden, wenn der Zweck ihrer Anwendung nicht durch Waffenwirkung gegen Sachen erreicht werden kann."

Auf Grund der im Beschwerdefall gegebenen Situation konnten die Sicherheitswacheorgane zu Recht den begründeten Verdacht hegen, der Beschwerdeführer habe das Verbrechen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt verübt. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten wurde der Beschwerdeführer wegen dieses Vorfalles auch mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 29. Jänner 1996 u. a. wegen des im Zustand der vollen Berauschung begangenen Versuchs des Widerstandes gegen die Staatsgewalt verurteilt. Auch lag der für die Zulässigkeit einer Festnahme gemäß § 175 Abs. 1 Z. 1 StPO erforderliche unmittelbare zeitliche Zusammenhang vor. Die Festnahme des Beschwerdeführers erweist sich sohin dem Grunde nach als mit dem Gesetz in Einklang stehend.

Der Beschwerdeführer macht hinsichtlich der Durchführung der Festnahme geltend, er sei - wie sich aus der Zeugenaussage des Dr. R. ergebe - während des Zeitraumes, in dem er von BI B. im "Schwitzkasten" festgehalten worden sei, bei jeder von ihm ausgesprochenen Beschimpfung seitens dieses Beamten immer tiefer zu Boden gedrückt worden, und bringt in diesem Zusammenhang vor, bei Aufnahme des von ihm angebotenen Beweises der Einvernahme seines behandelnden Arztes hinsichtlich der von diesem festgestellten Verletzungen der Halswirbelsäule hätte die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung die angeführte Aussage des Dr. R. nicht als subjektiv gefärbt beurteilen können.

Die Anwendung von Körperkraft im Rahmen exekutiver Zwangsbefugnisse, die sich als Mittel zur Überwindung eines auf die Vereitelung einer rechtmäßigen Amtshandlung gerichteten Widerstands und zur Erzwingung einer Festnahme vom Waffengebrauch selbst nur graduell unterscheidet, unterliegt denselben grundsätzlichen Einschränkungen wie der Waffengebrauch selbst und darf daher zur Erreichung der vom Gesetz vorgesehenen Zwecke nur dann Platz greifen, wenn sie notwendig ist und Maß haltend vor sich geht (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. März 1998, VfSlg. Nr. 15109, mit weiteren Nachweisen). Der Beschwerdeführer hat hinsichtlich der Frage, ob das Festhalten im "Schwitzkasten" Maß haltend und somit im Einklang mit den sich aus den §§ 4 bis 6 Waffengebrauchsgesetz 1969 ergebenden Grundsätzen vor sich gegangen ist, in der Beschwerde an die belangte Behörde zunächst vorgebracht, der einschreitende Polizeibeamte habe ihn "an den Haaren und am Schädel hin- und her" gerissen. In der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde bringt er vor, der Beamte habe seinen Kopf mit jeder Beschimpfung immer mehr zu Boden gedrückt. Der Beschwerdeführer hat aber in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde lediglich die Einvernahme seines behandelnden Arztes zur Frage der seiner Ansicht nach zufolge der Anlegung des "Schwitzkastens" davongetragenen Verletzungen der Halswirbelsäule beantragt. Dieses Beweisthema ist allerdings nicht geeignet, die auch durch das sonstige Beschwerdevorbringen in ihrer Schlüssigkeit nicht erschütterte Beweiswürdigung der belangten Behörde in Zweifel zu ziehen. Denn einerseits kann das Festhalten des Beschwerdeführers im "Schwitzkasten" angesichts seines im berauschten Zustand gesetzten aggressiven Verhaltens nicht als überschießende Maßnahme angesehen werden, wobei auch aus den allenfalls sich aus dem diesem behördlichen Vorgehen entgegengesetzten Widerstand des Beschwerdeführers ergebenden Hin- und Her- bzw. Auf- und Abbewegungen für sich allein noch nicht auf eine nicht Maß haltende Ausübung körperlicher Gewalt geschlossen werden könnte. Andererseits könnte auch eine im Rahmen eines ärztlichen Gutachtens getroffene Feststellung über allfällige Verletzungen der Halswirbelsäule nicht als Beweis dafür angesehen werden, dass eine derartige Verletzung ausschließlich aus einer exzessiven Anwendung des "Schwitzkastens" und nicht lediglich aus der zur Brechung des der Festnahme entgegengesetzten Widerstandes des Beschwerdeführers eingesetzten - gesetzlich gedeckten - körperlichen Gewalt resultierte. Demzufolge könnte aus einer solchen ärztlichen Feststellung auch nichts für die Frage der Glaubwürdigkeit der Aussage des Dr. R. gewonnen werden. Die Ablehnung des Beweisantrages, den behandelnden Arzt des Beschwerdeführers hinsichtlich der Verletzungen seiner Halswirbelsäule einzuvernehmen, belastet den angefochtenen Bescheid somit nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, S 680 f, E 235 bis E 238, zitierte Judikatur).

Der Beschwerdeführer wendet insbesondere auch ein, er sei durch seine Fesselung am Rücken und dadurch, dass er einen längeren Zeitraum hindurch in diesem Zustand auf dem Gehsteig habe sitzen müssen, einer erniedrigenden Behandlung ausgesetzt gewesen. Hiezu ist zunächst festzuhalten, dass angesichts des aggressiven Verhaltens des Beschwerdeführers das Anlegen der Handfesseln am Rücken nicht als der Situation unangemessen angesehen werden kann, weil der Beschwerdeführer, der dem einschreitenden BI B. körperlichen Widerstand entgegengesetzt und dessen Uniform beschädigt hatte, dadurch zuverlässig von der Begehung weiterer, die körperliche Sicherheit der einschreitenden Sicherheitswacheorgane gefährdender Handlungen abgehalten werden konnte. Ebenso wenig kann aus dem Sitzen lassen des gefesselten Beschwerdeführers am Gehsteig abgeleitet werden, dass der Beschwerdeführer dadurch erniedrigend behandelt oder der Lächerlichkeit preisgegeben worden wäre, weil einerseits dieser Zustand lediglich bis zum Eintreffen des angeforderten Arrestantenwagens aufrecht erhalten wurde, wobei zwischen dem Verlassen der Geburtstagsfeier und der Einlieferung des Beschwerdeführers in das Polizeigefangenenhaus insgesamt lediglich ein Zeitraum von etwa dreißig Minuten verstrichen war. Andererseits kann im Hinblick darauf, dass die Amtshandlung während der Nachtstunden stattfand und sohin nicht unterstellt werden kann, dass die Festnahme bzw. Fesselung des Beschwerdeführers von außenstehenden Beobachtern wahrgenommen worden ist - der Beschwerdeführer hat in dieser Hinsicht keine dem widersprechenden Behauptung vorgebracht -, nicht davon ausgegangen werden, dass das Sitzen lassen des Beschwerdeführers am Gehsteig den Beschwerdeführer in der Öffentlichkeit der Lächerlichkeit preisgegeben hätte. Die belangte Behörde ist daher zu Recht nicht von einer erniedrigenden Behandlung des Beschwerdeführers ausgegangen.

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, er sei nicht umgehend im Sinne des § 178 StPO informiert worden, unterliegt er, da er derartige Behauptungen im Verfahren vor der belangten Behörde nicht erhoben hat, mit diesem Vorbringen dem Neuerungsverbot gemäß § 41 VwGG. Die Rüge, er sei in seinem rechtlichen Gehör "gemäß § 43 AVG" verletzt, hat der Beschwerdeführer nicht ausgeführt, sodass sich ein Eingehen darauf erübrigt.

Hinsichtlich der gerügten Nichtzulassung von Fragen des Beschwerdeführers an BI B. (Darlegung der Motive für die vom Beschwerdeführer ausgesprochenen Beschimpfungen, Angaben über die Straßenseite, auf der sich der Vorfall zutrug, Einschreiten der Beamten innerhalb ihres Reviers) kann die Wesentlichkeit eines allenfalls in diesem Vorgehen der belangten Behörde gelegenen Verfahrensmangels nicht erblickt werden, sodass insoweit eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit nicht vorliegt.

Die sich sohin insgesamt als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil vor der belangten Behörde eine solche bereits stattgefunden hat und somit Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten dem nicht entgegensteht.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. Dezember 2000

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