European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2004:2003180034.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 28. Jänner 2003 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Steiermark vom 21. Oktober 2002, mit dem ihr Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung abgewiesen worden war, "gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurückgewiesen".
Die Beschwerdeführerin habe am 5. Februar 2002 "via ÖB Ankara" an das Amt der Steiermärkischen Landesregierung einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gestellt. Diese Antrag sei mit dem genannten Bescheid vom 21. Oktober 2002 abgewiesen worden.
Gegen diesen Bescheid habe die Beschwerdeführerin durch ihren Rechtsvertreter das Rechtsmittel der Berufung erhoben. Gemäß § 63 Abs. 5 AVG seien Berufungen binnen zwei Wochen nach erfolgter Zustellung einzubringen. Auf Grund der Aktenlage stehe fest, dass der Bescheid des Landeshauptmanns von Steiermark vom 21. Oktober 2002 rechtswirksam am 4. November 2002 (der Rsb‑Rückschein sei offensichtlich versehentlich "mit dem Datum 4.10.2002 von der Rechtsanwaltskanzlei unterzeichnet" worden) zugestellt und die Berufung der Beschwerdeführerin erst am 19. November 2002 ‑ und daher verspätet ‑ eingebracht worden sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin wendet sich nicht gegen die Feststellung der belangten Behörde, dass ihr der genannte Bescheid des Landeshauptmanns von Steiermark vom 21. Oktober 2002 am 4. November 2002 zugestellt wurde. Die Berufungsfrist nach § 63 Abs. 5 AVG lief somit gemäß § 32 Abs. 2 leg. cit. am 18. November 2002 ab.
2. Die Beschwerdeführerin bekämpft aber die Auffassung der belangten Behörde, dass die gegenständliche Berufung erst am 19. November 2002 zur Post gegeben worden sei. In ihrer Beschwerde bringt sie vor, dass sie die Berufung gegen den genannten Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark durch ihren ausgewiesenen Rechtsanwalt am 18. November 2002 zur Post gegeben und "an das Land Steiermark/Amt der Steiermärkischen Landesregierung" abgesendet habe. Dies sei aus dem Poststempel am Kuvert, mit welchem diese Berufung postalisch übermittelt worden sei, zu ersehen.
3. Mit hg. Verfügung vom 17. Dezember 2003 wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, dass das Kuvert, in dem die im bekämpften Bescheid angesprochene mit 18. November 2002 datierte Berufung zur Post gegeben worden sei, nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten (vgl. OZ 13) den Poststempel "19.11.02" trage. In ihrer hiezu aufgetragenen Stellungnahme vom 15. Jänner 2004 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass ihr Rechtsvertreter die besagte Berufung "in zwei Teilen verfasst" habe; der erste Teil dieser Berufung sei von diesem Rechtsanwalt am 15. November 2002 diktiert und von dessen Kanzlei geschrieben worden, der zweite Teil dieser Berufung sei am 18. November 2002 vom Rechtsanwalt diktiert und von dessen Kanzlei geschrieben worden. An diesem Tag sei die Berufung "an das Land Steiermark/Amt der Steiermärkischen Landesregierung durch die Kanzlei des Rechtsanwalts ... beim Postamt 8010 Graz zur Post gegeben" worden. Der Rechtsanwalt der Beschwerdeführerin führe diesbezüglich ein "Postausgangsbuch", aus welchem sich eindeutig ergebe, dass der erste Teil der Berufung am 15. November 2002 und der zweite Teil der Berufung am 18. November 2002 geschrieben worden sei; nach Fertigstellung der Berufung habe der Rechtsanwalt die Berufung "an das Land Steiermark/Amt der Steiermärkischen Landesregierung" unterfertigt, sodann sei die Berufung beim Postamt 8010 durch eine Kanzleiangestellte des Rechtsanwalts zur Post gegeben worden. Zum Beweis hiefür wurde eine Fotokopie aus dem "Postausgangsbuch" vorgelegt. Es sei unerklärlich, weshalb das Kuvert, in welchem die in Rede stehende Berufung eingelegt gewesen sei, "mit 19.11.2002" datiert sei. Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin habe sich diesbezüglich sicherlich kein Fristversäumnis zu Schulden kommen lassen. Er habe "es lediglich verabsäumt", die besagte Berufung eingeschrieben zur Post zu geben.
4.1. Nach der für den Fristenlauf allgemein ‑ somit auch für die Berufungsfrist ‑ maßgeblichen Regelung des § 33 Abs. 3 AVG sind die Tage des Postenlaufs in den Lauf einer Frist nicht einzurechnen. Für den Fall der Übermittlung einer Berufung im Weg der Übergabe einer entsprechenden Sendung an die Post bedeutet dies, dass die Berufung vor der tatsächlichen Entgegennahme durch die Behörde als eingebracht gilt, sofern dieses Anbringen der Post rechtzeitig zur Beförderung an die (richtige) Stelle übergeben wurde und bei der Behörde in der Folge tatsächlich eingelangt ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist für den Beginn des Postenlaufes maßgeblich, wann das Schriftstück von der Post in Behandlung genommen wird, wobei zur Beurteilung dieses Zeitpunkts grundsätzlich der auf der Briefsendung angebrachte Datumsstempel heranzuziehen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 2000, Zl. 2000/03/0152, mwH). Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof auch für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit einer im Weg der Post bei ihm eingelangten Beschwerde (für diese Beurteilung ist ebenfalls das AVG anzuwenden) ausgesprochen, dass maßgeblich ist, in welchem Zeitpunkt die betreffende Briefsendung der Post tatsächlich zur Weiterbeförderung übergeben wurde; dabei ist zur Beurteilung dieses Zeitpunktes grundsätzlich der auf der Briefsendung angebrachte Datumsstempel heranzuziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 1996, Zl. 94/20/0224, mwH).
4.2. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 15. Jänner 2004 bezieht sich demgegenüber nicht darauf, dass die in Rede stehende Berufung von der Post noch am 18. November 2002 in Behandlung genommen worden wäre, sondern nur darauf, dass auf Grund der Aufzeichnungen in der Kanzlei des Beschwerdevertreters der Berufungsschriftsatz am 18. November 2002 "zur Post gegeben" worden sei. Da im vorliegenden Fall die Berufung nicht eingeschrieben aufgegeben wurde und in der Beschwerde lediglich Beweismittel dafür angeboten wurden, dass die Berufung schon einen Tag vor dem Datum des Poststempels "zur Post gegeben" worden sei, betreffen die angebotenen Beweise nicht die Frage, wann das Schriftstück von der Post in Behandlung genommen wurde.
Die belangte Behörde hätte zwar angesichts des vorliegenden Kuverts, mit welchem das Schriftstück aufgegeben wurde, vor Erlassung des angefochtenen Bescheids der Beschwerdeführerin das Parteiengehör gemäß § 45 Abs. 3 AVG einzuräumen gehabt (was nach den vorgelegten Verwaltungsakten offenkundig tatsächlich nicht geschehen ist); der durch die Nichteinräumung des Parteiengehörs gegebene Verfahrensmangel führt indes nur dann zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheids, wenn der Mangel wesentlich ist. Da sich im vorliegenden Beschwerdefall unter Zugrundelegung des Vorbringens der Beschwerdeführerin ergibt, dass die belangte Behörde bei Vermeidung des Versäumnisses zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können, führt der in Rede stehende Verfahrensfehler nicht zur Aufhebung des bekämpften Bescheides.
5. Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 20. Februar 2004
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