VwGH 2001/16/0306

VwGH2001/16/030619.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des D, Rechtsanwalt in 1010 Wien, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 14. Dezember 2000, Zl. RV 537- 09/07/00, betreffend Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §891;
B-VG Art144 Abs3;
GebG 1957 §13 Abs2;
GebG 1957 §13 Abs3;
GebG 1957 §9 Abs1;
VerfGG 1953 §17a Abs1;
VerfGG 1953 §17a;
VwGG §24 Abs3;
ABGB §891;
B-VG Art144 Abs3;
GebG 1957 §13 Abs2;
GebG 1957 §13 Abs3;
GebG 1957 §9 Abs1;
VerfGG 1953 §17a Abs1;
VerfGG 1953 §17a;
VwGG §24 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erhob als Beschwerdevertreter am 18. Juni 1997 beim Verfassungsgerichtshof eine zu B 1483/97 protokollierte Beschwerde gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 25. April 1997, Zl. MA 61/IV-G 162/93, mit dem Eventualantrag auf Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 23. Februar 1998 ab und trat die Beschwerde gemäß § 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof ab, wo sie am 8. Mai 1998 in der gemeinsamen Einlaufstelle des Verwaltungsgerichtshofes/Verfassungsgerichtshofes einlangte und protokolliert wurde.

Die Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichtshofes forderte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 12. Mai 1999 auf, ein festgestelltes Stempelgebrechen durch Nachreichung von S 2.500,-- in Bundesstempelmarken zu beheben. Diese Gebühr wurde nicht entrichtet.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien schrieb dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 9. November 1999 gemäß § 24 Abs. 3 VwGG Stempelgebühr in Höhe von S 2.500,-- und eine Gebührenerhöhnung gemäß § 9 Abs. 1 GebG in Höhe von S 1.250,--, insgesamt somit S 3.750,-- vor.

In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er habe seiner Verpflichtung zur Vergebührung ohnehin entsprochen, weil bereits der Verfassungsgerichtshofbeschwerde S 1.080,-- an Bundesstempelmarken beigeschlossen worden seien und damit sowohl die Verwaltungs- als auch die Verfassungsgerichtshofbeschwerde vergebührt worden sei. Keineswegs könne ihm eine Gebührenerhöhung von S 1.250,-- angelastet werden, weil bei Einbringung der Beschwerde, wie bisher immer gehandhabt, die erforderlichen Bundesstempel beigeschlossen waren. Bei einer Eingabe wie einer Verwaltungs- bzw. Verfassungsgerichtshofbeschwerde treffe die Gebührenpflicht den Beschwerdeführer, somit die Partei, dies unabhängig davon, ob deren rechtsfreundlicher Vertreter für allfällige Fehler bei der Vergebührung von Eingaben gegenüber seiner Mandantschaft einzustehen habe. Jedenfalls müsse die von ihm der Verfassungsgerichtshofbeschwerde beigeschlossene Gebühr von S 1080,-- auf die nunmehr ihm angelastete Gebühr angerechnet werden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 28. Juli 2000 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, die Gebührenschuld gemäß § 24 Abs. 3 VwGG in der ab dem 1. September 1997 geltenden Fassung entstehe im Zeitpunkt des Einlangens der Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5 Juli 1999, Zl. 99/16/0182). Nach § 13 Abs. 3 GebG sei zur Entrichtung der Stempelgebühren zur ungeteilten Hand verpflichtet, wer im Namen eines anderen eine Eingabe überreiche. Damit werde in Bezug auf bestimmte Stempelgebühren eine solidarische Gebührenschuld für denjenigen normiert, der im fremden Namen handle. Werde eine nicht vorschriftsmäßig entrichtete Stempelgebühr mit Bescheid festgesetzt, so sei gemäß § 9 Abs. 1 GebG eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 % der verkürzten Gebühr zu erheben. Dieser bei nicht ordnungsgemäßer Entrichtung verschuldensunabhängig festzusetzende Nebenanspruch decke im Durchschnitt nur einen geringen Teil des entstandenen Verwaltungsmehraufwandes.

Der Beschwerdeführer stellte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Es sei für die Beurteilung, ob für an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Beschwerden die Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG oder (noch) die Gebühr des § 14 TP 6 Abs. 1 GebG zu entrichten sei, das Einlangen beim Verwaltungsgerichtshof entscheidend. Da der Schriftsatz am 8. Mai 1998, also nach dem 1. September 1997, einlangt sei, sei die Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG zu entrichten. § 13 Abs. 3 GebG ordne ohne weitere Unterscheidung die gesamtschuldnerische Gebührenpflicht für alle an, die in offener Stellvertretung handelten. Es sei nicht zwischen berufsmäßigen Parteienvertretern und anderen Vertretern zu unterscheiden, auch Rechtsanwälte und Steuerberater fielen unter diese Bestimmung. Die Gebührenerhöhung werde nach § 9 Abs. 1 GebG als objektive Rechtsfolge einer nicht vorschriftsmäßigen Entrichtung von Gebühren in Stempelmarken zwingend angeordnet, wobei ein Verschulden des Abgabepflichtigen keine Voraussetzung der Erhöhung darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhalts (in der Beschwerde wurde der Antrag nach § 42 Abs. 1 VwGG - auf Abweisung gestellt - offenkundig war aber § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG gemeint) geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich erkennbar in seinem Recht auf Nichtvorschreibung der Gebühr samt Gebührenerhöhung verletzt.

Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 24 Abs. 3 VwGG erster und zweiter Satz (in der am 1. September 1997 in Kraft getretenen Fassung, BGBl. I Nr. 88/1997) lauten:

"Für Beschwerden, Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens einzelner, mit Ausnahme von Gebietskörperschaften - einschließlich der Beilagen -, ist spätestens im Zeitpunkt ihrer Überreichung eine Gebühr von 2 500 S zu entrichten. Die Gebühr ist durch Aufkleben von Stempelmarken auf einer Ausfertigung der Schriftsätze oder durch Einzahlung mit Erlagschein auf das Konto des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien unter Angabe des Verwendungszwecks zu entrichten."

§ 13 GebG 1957 lautet:

"§ 13. (1) Zur Entrichtung der Stempelgebühren sind verpflichtet:

1. Bei Eingaben, deren Beilagen und den die Eingaben vertretenden Protokollen sowie sonstigen gebührenpflichtigen Protokollen derjenige, in dessen Interesse die Eingabe eingebracht oder das Protokoll verfasst wird;

2. bei amtlichen Ausfertigungen und Zeugnissen derjenige, für den oder in dessen Interesse diese ausgestellt werden;

3. bei Amtshandlungen derjenige, in dessen Interesse die Amtshandlung erfolgt;

(2) Trifft die Verpflichtung zur Entrichtung der Stempelgebühr zwei oder mehrere Personen, so sind sie zur ungeteilten Hand verpflichtet.

(3) Mit den im Abs. 1 genannten Personen ist zur Entrichtung der Stempelgebühren zur ungeteilten Hand verpflichtet, wer im Namen eines anderen eine Eingabe oder Beilage überreicht oder eine gebührenpflichtige amtliche Ausfertigung oder ein Protokoll oder eine Amtshandlung veranlasst."

Im hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1999, Zl. 99/16/0182, hat der Verwaltungsgerichtshof über die Frage der Vergebührung der so genannten Sukzessivbeschwerde entschieden:

"Die Gebührenschuld nach § 24 Abs. 3 VwGG entsteht mit der Überreichung der Beschwerde; unter Überreichung ist aber, wie zuletzt im hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1999, Zl. 99/16/0118, dargetan wurde, das "Einlangen" beim Verwaltungsgerichtshof zu verstehen....

Es kann aber nicht bezweifelt werden, dass eine unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete, im Postweg übermittelte Beschwerde den Gebührentatbestand des § 24 Abs. 3 VwGG erfüllt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Beschwerde unabhängig davon "überreicht" wird, ob sie in der Einlaufstelle abgegeben, per Post übersendet oder vom Verfassungsgerichtshof über die Einlaufstelle übermittelt wird. Bei § 17a VfGG einerseits und § 24 Abs. 3 VwGG andererseits handelt es sich um jeweils verschiedene Abgabentatbestände, die aufeinander in keiner Weise Bezug nehmen. Der Gesetzgeber differenziert auch im § 207 Abs. 2 BAO in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 1998/9, zwischen Gebühren nach § 17a VfGG und Gebühren nach § 24 Abs. 3 VwGG. Mit dem Einlangen der abgetretenen Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ist der gebührenpflichtige Tatbestand im Sinne des § 24 Abs. 3 VwGG somit (selbstständig) erfüllt."

Die Beschwerdeausführungen bieten keinen Anlass, von dieser Rechtsansicht abzugehen.

Nach dem eben zitierten Erkenntnis ist entscheidend, dass eine Beschwerde auch dann "überreicht" wird, wenn sie vom Verfassungsgerichtshof über die Einlaufstelle an den Verwaltungsgerichtshof übermittelt wird (vgl. auch das hg Erkenntnis vom 17. Februar 2000, Zl. 2000/16/0050), sodass der Gebührentatbestand des § 24 Abs. 3 VwGG im vorliegenden Fall am 8. Mai 1998 verwirklicht wurde. Durch die Einbringung der Verfassungsgerichtshofbeschwerde beim Verfassungsgerichtshof entstand die Gebühr nach einem eigenen Gebührentatbestand und durch die nachfolgende Einbringung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (im Wege der beantragten Abtretung) entstand eine weitere Gebührenschuld selbst dann, wenn die Verfassungsgerichtshofbeschwerde und die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde in einem Schriftsatz zusammengefasst sind. Eine Anrechnung der anlässlich der Einbringung der Verfassungsgerichtshofbeschwerde beim Verfassungsgerichtshof entstandenen Gebühr auf die nach § 24 Abs. 3 VwGG entstandene Gebühr kommt daher schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich um zwei eigenständige Gebührentatbestände handelt und das Gesetz ein Anrechnung nicht normiert.

Auch die Meinung des Beschwerdeführers, dass er allenfalls nur subsidiär neben der von ihm vertretenen Partei als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden dürfe, ist im Gesetz nicht begründet. Nach Abs. 2 des § 13 GebG wird - ebenso wie in dessen Abs. 3 - für den Fall, dass die Gebührenschuld mehrere Personen trifft, ein abgabenrechtliches Gesamtschuldverhältnis normiert (vgl. Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren6, Anm. 3 zu § 13). Liegen Gesamtschuldverhältnisse vor, so liegt es im Auswahlermessen der Behörde, welchen der Gesamtschuldner sie für die Gebührenschuld heranzieht. Dies liegt im Wesen eines Gesamtschuldverhältnisses (§ 891 ABGB), nach dem es vom Gläubiger abhängt, ob er von allen oder von einigen Mitschuldnern das Ganze oder nach von ihm gewählten Anteilen, oder ob er das Ganze von einem einzigen fordern will (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2534). Über eine Vorrangigkeit eines der in Betracht kommenden Abgabenschuldner kann dem Gesetz nichts entnommen werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 7. Oktober 1993, Zl. 93/16/0018, und vom 2. Juli 1998, Zl. 98/16/0137).

Die gegenständliche Gebührenschuld entstand nach § 24 Abs. 3 VwGG mit dem Einlangen der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof am 8. Mai 1998, weil im Fall einer so genannten Sukzessivbeschwerde die Beschwerde zunächst beim Verfassungsgerichtshof eingebracht wird und die Beschwerde erst nach der Entscheidung durch den Verfassungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einlangt. Von einer Rückwirkung des mit 1. September 1997 in Kraft getretenen § 24 Abs. 3 VwGG kann daher keine Rede sein.

Die Einwendungen gegen die Gebührenerhöhung im Sinne des § 9 Abs. 1 GebG gehen deswegen ins Leere, weil eine solche Gebührenerhöhung als eine objektive Rechtsfolge einer nicht vorschriftsmäßigen Entrichtung von Gebühren in Stempelmarken zwingend angeordnet ist (vgl. das hg Erkenntnis vom 27. Februar 1997, Zl. 97/16/0003). Dem Beschwerdeführer wurde überdies zunächst von der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichtshofes Gelegenheit gegeben, das festgestellte Stempelgebrechen durch Nachreichung von S 2.500,-- in Bundesstempelmarken zu beheben. Diese Möglichkeit wurde vom Beschwerdeführer nicht wahr genommen.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde in einem im Hinblick auf die durch die bisherige Rechtsprechung klargestellten Rechtsfragen gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat nach § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. September 2001

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