VwGH 99/11/0285

VwGH99/11/028528.6.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Dkfm. P in W, vertreten durch Dr. Gerhard Seidel, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Zollergasse 8, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 4. August 1999, Zl. MA 65-8/251/98, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
FSG 1997 §26 Abs7;
FSG 1997 §7 Abs3 Z4;
KFG 1967 §66 Abs2 liti;
VwRallg;
AVG §68 Abs1;
FSG 1997 §26 Abs7;
FSG 1997 §7 Abs3 Z4;
KFG 1967 §66 Abs2 liti;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Verwaltungsakt erliegt die Kopie eines Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 23. Jänner 1998, mit dem der Beschwerdeführer für schuldig befunden wurde, am 25. November 1997 um 9.10 Uhr mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw im Gemeindegebiet von R. die auf Grund des angebrachten Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 64 km/h überschritten zu haben, weshalb er gemäß § 99 Abs. 3 lit. a iVm. § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 zu bestrafen sei. Ein Zustellvorgang hinsichtlich dieses Bescheides ist dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 5. Mai 1998 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 und § 26 Abs. 3 FSG die Lenkberechtigung für die Zeit von zwei Wochen, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, entzogen. Einer Berufung wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs. 2 AVG aberkannt. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 25. November 1997 gegen 9.10 Uhr in R. die außerhalb des Ortsgebiets zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 50 km/h überschritten, er sei deshalb von der Bezirkshauptmannschaft Krems am 23. Jänner 1998 bestraft worden.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, ihm liege bisher keine Zustellung eines Bescheides vor, mit dem er seitens der Bezirkshauptmannschaft Krems bestraft worden sei. Er habe von der "gegenständlichen Sache" erstmalig durch Zustellung einer ersten Mahnung der Bezirkshauptmannschaft Krems erfahren.

Der Landeshauptmann von Wien gab mit Bescheid vom 4. August 1999 der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In der Begründung führte der Landeshauptmann von Wien nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften aus, der Beschwerdeführer sei angezeigt worden, weil er am 25. November 1997 um 9.10 Uhr im Gemeindegebiet von R. als Lenker eines dem Namen nach bezeichneten Pkw die außerhalb des Ortsgebietes zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um mehr als 50 km/h (um 64 km/h) überschritten habe. Die Geschwindigkeitsmessung sei durch Nachfahren mit einem Zivilstreifenwagen im annähernd gleich bleibenden Abstand und Ablesen von einem geeichten Tachometer, sohin mit einem technischen Hilfsmittel im Sinn des § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG, erfolgt. Wegen dieser Verkehrsübertretung sei der Beschwerdeführer mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 23. Jänner 1998 rechtskräftig bestraft worden. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei von der Bezirkshauptmannschaft Krems mit Bescheid vom 3. November 1998 abgewiesen worden, diese Abweisung sei durch den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Niederösterreich mit Bescheid vom 28. Juni 1999 bestätigt worden. Das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung sei vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden und könne bedenkenlos der Entscheidung zu Grunde gelegt werden. Soweit der Beschwerdeführer die Rechtskraft der der Entziehung zu Grunde liegenden Strafverfügung vom 23. Jänner 1998 bestreite, weil ihm diese nicht zugestellt worden sei, sei ihm entgegen zu halten, dass die Strafverfügung vom 23. Jänner 1998 laut Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 3. November 1998 ordnungsgemäß durch Hinterlegung nach § 17 Abs. 1 des Zustellgesetzes zugestellt worden sei. Für den vom Berufungswerber eingewendeten Zustellmangel hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben und habe der Beschwerdeführer auch nicht behauptet, im maßgeblichen Zeitraum der Hinterlegung des Schriftstücks ortsabwesend gewesen zu sein. An der ordnungsgemäßen Zustellung der Strafverfügung sowie dem Eintritt der Rechtskraft der Bestrafung sei somit kein Zweifel zu hegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise):

"§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

...

4. die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde;

...

§ 26.

...

(3) Im Falle der erstmaligen Begehung einer im § 7 Abs. 3 Z. 4 genannten Übertretung - sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs. 3 Z. 3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs. 1, 2 oder 4 vorliegt - hat die Entziehungsdauer zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

...

(7) Eine Entziehung gemäß Abs. 3 und 4 darf erst ausgesprochen werden, wenn das Strafverfahren in erster Instanz

durch Strafbescheid abgeschlossen ist. ... ."

In der Beschwerde bleibt das Ausmaß der dem Beschwerdeführer angelasteten Geschwindigkeitsüberschreitung ebenso unbestritten wie die Feststellung der belangten Behörde, die Geschwindigkeitsmessung habe mit einem geeichten Tachometer durch Nachfahren stattgefunden. Die Feststellung der Fahrgeschwindigkeit mit einem Tachometer ist eine solche, die mit einem technischen Hilfsmittel im Sinn des § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG erfolgt (vgl. z.B. zur gleich lautenden Bestimmung des § 66 Abs. 2 lit. i KFG 1967 das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1997, Zl. 96/11/0038). Angesichts dieser unbestrittenen Bescheidfeststellungen erwiese sich die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Entziehung der Lenkberechtigung für zwei Wochen nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet, wenn die in § 26 Abs. 7 FSG umschriebene zusätzliche Voraussetzung für die Entziehung der Lenkberechtigung erfüllt gewesen wäre, wenn also das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits in erster Instanz durch Strafbescheid abgeschlossen gewesen wäre. Ob das Strafverfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen worden ist, ist nach dem klaren Wortlaut des § 26 Abs. 7 entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht von Belang.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid, durch Übernahme von Feststellungen der Bezirkshauptmannschaft Krems in deren Bescheid vom 3. November 1998 über die näheren Umstände der Hinterlegung der Strafverfügung vom 23. Jänner 1998 (erster Zustellversuch am 27. Jänner 1998, Hinterlassung einer Ankündigung eines weiteren Zustellversuchs, zweiter Zustellversuch am 28. Jänner 1998, Zurücklassung einer Hinterlegungsanzeige an der Abgabestelle, Beginn der Abholfrist 29. Jänner 1998) Feststellungen zur Zustellung des das Strafverfahren in erster Instanz abschließenden Bescheides getroffen. Zu diesen im Berufungsverfahren erstmals getroffenen Feststellungen hat es die belangte Behörde freilich unterlassen, dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Entgegen der in der Gegenschrift vertretenen Auffassung der belangten Behörde unterliegt das Beschwerdevorbringen daher nicht dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist allerdings nicht geeignet, die Relevanz des der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels aufzuzeigen. Der Beschwerdeführer bringt nämlich ausschließlich vor, die Hinterlegung der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Krems sei allein schon auf Grund seiner "damaligen Ortsabwesenheit" ungesetzlich gewesen. Nähere Ausführungen zum Zeitpunkt und zur Dauer dieser Ortsabwesenheit sind in der Beschwerde nicht enthalten. Mit der bloßen Behauptung der Ortsabwesenheit ist für den Beschwerdeführer aber nichts gewonnen. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, kann mit der bloßen Behauptung einer Ortsabwesenheit das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung nicht dargetan werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. September 1995, Zl. 95/17/0072, mwN).

Die Annahme der belangten Behörde, auch die in § 26 Abs. 7 FSG normierte Voraussetzung für die Entziehung der Lenkberechtigung sei erfüllt, kann somit nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Wien, am 28. Juni 2001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte