Normen
JagdG Slbg 1993 §59
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2000:2000030207.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Salzburg hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid erließ die belangte Behörde gemäß § 60 Abs. 4 des Salzburger Jagdgesetzes 1993, LGBl. Nr. 100 in der Fassung LGBl. Nr. 69/1998, (JG) in Verbindung mit der Abschussrichtlinienverordnung, LGBl. Nr. 33/1997 und der Abschussplanverordnung 2000, LGBl. Nr. 79, den Abschussplan für das Jagdgebiet "JBG A-Jagd" für das Jahr 2000 in Ansehung des Rot- , Gams- und Rehwildes. Jagdinhaber des genannten Jagdgebietes mit einer Größe von 1581 ha ist die beschwerdeführende Partei, Jagdleiter ist Ing. T T. Es wurde festgesetzt: beim Rotwild ein Mindestabschuss bei: Hirschen der Klasse III von 4, Hirschen der Klasse "III einj." von 3, Tieren von 10 und Kälbern von 7, ein Höchstabschuss bei Hirschen der Klasse I von 1 und ein Ersatzabschuss bei Hirschen der Klasse II von 1; beim Gamswild ein Mindestabschuss bei: Böcken der Klasse III von 1, Geißen der Klasse III von 1 und Kitzen von 2, ein Höchstabschuss bei: Böcken der Klasse I von 2, Böcken der Klasse III von 1 und Geißen der Klasse I von 4 sowie ein Ersatzabschuss bei: Böcken der Klasse II von 1 und Geißen der Klasse II von 2; beim Rehwild ein Mindestabschuss bei: Böcken der Klasse III von 3, Geißen von 10 und Kitzen von 17 sowie ein Höchstabschuss bei Böcken der Klasse I von 6. In der Begründung wurde ausgeführt:
"Die Salzburger Landesregierung hat mit Verordnung für jeden Rot-, Gams- und Steinwildraum Mindest- und Höchstabschüsse festgelegt.
Mit dieser Verordnung wurden dem Wildraum 2.3 unter anderem 9 Hirsche der Klasse I, davon 3 Ersatzhirsche in der Klasse II sowie 9 Gamsböcke der Klasse I, davon 3 Ersatzböcke in der Klasse II und 18 Gamsgeißen der Klasse I, davon 9 Ersatzgeißen der Klasse II, jeweils im Höchstabschuss, zugeteilt.
Laut Bericht des Hegemeisters wurden für das Jagdrevier A-Tal 2 Hirsche der Klasse I ohne Ersatz und 2 Gamsböcke der Klasse I ohne Ersatz sowie 3 Gamsgeißen der Klasse I mit einem Ersatz vorgeschlagen.
Auf Grund des im Jahre 1999 getätigten Fehlabschusses - es wurde ein nicht genehmigter Hirsch der Klasse II mit Kronenausbildung erlegt - ist jedoch ein Hirsch in der Klasse I im Jahre 2000 einzusparen.
Der Jagdleiter der gegenständlichen Jagd erklärte sich damit für nicht einverstanden, da die A-Taljagd einen wesentlich besseren Rot- und Gamswildbestand habe (siehe Schreiben vom 5.4.2000). Herr T konnte seine Angaben jedoch keineswegs belegen, sodass die Behörde bei der Freigabe sowohl von dem langjährig durchschnittlich erzielten Abschuss beim Rot- und Gamswild auszugehen hatte, andererseits aber auch die Freigabe der benachbarten Reviere sowie der gesamten Hegegemeinschaft in Betracht ziehen musste.
Hiebei wird festgestellt, dass eine jährliche Freigabe von 2 Hirschen der Klasse I für ein Revier mit einem Rotwildlebensraum von unter 1000 ha weit über dem Durchschnitt der Freigabe vergleichbarer Jagden liegt.
Hinsichtlich des Gamswildabschusses wurde dem Wunsch des Jagdleiters insoferne entsprochen, als an Stelle von 3 vorgesehenen Geißen 4 Stück, bei 2 Ersatz, bewilligt wurden. Diese Freigabe liegt deutlich höher als der in den letzten 5 Jahren erzielte Abschuss.
Für eine allenfalls noch höhere Freigabe müsste der gesamte Gamswildbestand genau erhoben werden, weshalb der Hegegemeinschaft und dem Jagdinhaber eine gemeinsame Gamswildzählung noch in diesem Jahr angeraten wurde.
Der Abschuss bei den übrigen Wildarten wurde im Sinne der Jagdinhaberin der gegenständlichen Jagd festgesetzt, sodass hiefür eine weitere Begründung entfallen kann."
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die §§ 59 und 60 JG lauten auszugsweise:
"§ 59
(1) Der Abschuss des Rot-, Gams-, Stein- und Rehwildes darf außerhalb von Freizonen nur im Rahmen eines Abschussplanes erfolgen. Weiters darf der Abschuss von wild lebenden Vogelarten, die nicht im Anhang II der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten angeführt sind, nur im Rahmen eines Abschussplanes vorgenommen werden. Die Landesregierung kann durch Verordnung festlegen, dass bei bestimmten weiteren Wildarten der Abschuss ebenfalls nur im Rahmen eines Abschussplanes erfolgen darf, wenn dies erforderlich ist, um einen den Grundsätzen des § 3 entsprechenden Wildbestand zu erreichen und zu erhalten. Die Abschussplanung hat beim Rot-, Gams- und Steinwild im Rahmen von Wildräumen, Wildregionen und Jagdgebieten, bei anderen Wildarten im Rahmen von Wildregionen und Jagdgebieten zu erfolgen.
(2) Bei jeder Abschussplanung sind die in den Vorjahren getätigten Abschüsse, das nachgewiesene Fallwild, das Ausmaß und die Entwicklung der Wildschäden am Wald sowie der Gesundheitszustand und die Sozialstruktur des Wildes zu berücksichtigen.
(3) Die zur Erstellung und Erlassung des Abschussplanes erforderlichen näheren Bestimmungen sind durch Verordnung der Landesregierung festzulegen (Abschussrichtlinien). Diese hat auch einen hiefür zu verwendenden Vordruck aufzulegen. Die Verordnung hat Bestimmungen zu enthalten, die unter Bedachtnahme auf Abs. 2 der Vermeidung sowohl einer untragbaren Vermehrung als auch einer untragbaren Verminderung oder Schädigung des Wildstandes dienen. Auch die Möglichkeit der gemeinsamen Freigabe verschiedener Alters- und Geschlechtsklassen einer Wildart sowie der Freigabe einzelner Altersklassen auf mehrere Jahre kann vorgesehen werden.
....
§ 60
(1) Die Landesregierung hat auf die Dauer von längstens drei Jahren mit Verordnung für jeden Rot-, Gams- und Steinwildraum die Abschüsse, die jährlich mindestens durchgeführt werden müssen (Mindestabschüsse), soweit erforderlich auch aufgegliedert nach Geschlechtern und Altersklassen, sowie die Aufteilung dieser Abschüsse auf die einzelnen Wildregionen festzulegen. Soweit erforderlich, können auch die Abschüsse, die höchstens durchgeführt werden dürfen (Höchstabschüsse) festgelegt werden. Erforderliche Änderungen dieser Festlegungen sind bis zum 15. März jedes Jahres vorzunehmen. Zur Ermittlung der für die Abschussplanung maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse (§ 59 Abs. 2) hat die Landesregierung längstens alle drei Jahre für jeden Wildraum eine Besprechung durchzuführen. Zu dieser sind die Leiter der betroffenen Hegegemeinschaften, Vertreter der Salzburger Jägerschaft, der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Salzburg, des forsttechnischen Dienstes der Wildbach- und Lawinenverbauung, der betroffenen Bezirkshauptmannschaften und im Bereich des Nationalparks Hohe Tauern des Salzburger Nationalparkfonds einzuladen.
(2) Die Abschusszahlen sind unter Bedachtnahme auf die Zoneneinteilung (§ 58 Abs. 2) so festzulegen, dass im Wildraum und in den einzelnen Wildregionen ein Bestand an Rot-, Gams- und Steinwild erreicht und erhalten wird, der den Grundsätzen des § 3 entspricht. Örtlich und zeitlich begrenzte Engpässe der Tragfähigkeit des Lebensraumes können dabei unberücksichtigt bleiben, wenn sie durch jagdbetriebliche Maßnahmen so ausgeglichen werden können, dass keine untragbaren Schäden, insbesondere keine waldgefährdenden Wildschäden (§ 90 Abs. 3), auftreten. Treten dennoch solche Schäden auf, sind die Abschusszahlen gegenüber den vorangegangenen Jagdjahren angemessen zu erhöhen. Auf die jagdlichen Verhältnisse in den außerhalb des Landesgebietes liegenden Teilen des Lebensraumes einer Wildpopulation ist Bedacht zu nehmen.
(3) Zur Ermittlung der für die Abschussplanung maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse in jeder Wildregion (§ 57 Abs. 2) hat die Salzburger Jägerschaft bis spätestens 30. März jedes Jahres für jede Wildregion eine Abschussplanbesprechung durchzuführen. Zu dieser hat sie die Jagdinhaber, die Bezirksbauernkammer, die Jagdbehörde, die zuständigen Leiter der Hegegemeinschaften und im Bereich des Nationalparks Hohe Tauern auch einen Vertreter des Salzburger Nationalparkfonds einzuladen. Die Jagdgebietsinhaber sind durch Anschlag an der Amtstafel der betreffenden Gemeinden und im Verlautbarungsorgan der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Salzburg über die Termine der Abschussplanbesprechung rechtzeitig zu informieren. Über Verlauf und Ergebnis dieser Besprechungen, insbesondere auch über Vorschläge betreffend den Inhalt der Abschusspläne und die Stellungnahmen der Jagdinhaber, ist der Jagdbehörde zu berichten.
....
(4) Die Jagdbehörde hat bis zum 30. April jedes Jahres für jede Hegegemeinschaft und jedes Jagdgebiet unter Bedachtnahme auf die Ergebnisse der Besprechungen nach Abs. 3 bzw. auf die gemäß Abs. 3a erlassene Verordnung einen Jahresabschussplan mit Bescheid zu erlassen, gegen den kein Rechtsmittel zulässig ist. Dieser hat für die einzelnen Wildarten, soweit erforderlich aufgegliedert nach Geschlecht und Altersklassen, die Höchstabschüsse oder die Mindestabschüsse oder beides sowie die Aufteilung dieser Abschüsse auf die einzelnen Jagdgebiete zu enthalten. Für zusammenhängende Jagdgebiete desselben Jagdinhabers sowie für Jagdbetriebsgemeinschaften (§ 78) kann ein gemeinsamer Abschussplan erlassen werden. Beim Rot-, Gams- und Steinwild ist von dem gemäß Abs. 1 festgesetzten Mindestabschuss auszugehen. Dieser darf um höchstens 5 v.H. unterschritten werden. Für die Festsetzung der Abschusszahlen gelten die Abs. 2 und 3a sinngemäß.
(5) Soweit dies für die vollständige und zeitgerechte Erfüllung des für die Wildregion festgesetzten Mindestabschusses erforderlich ist, kann die Jagdbehörde im Abschussplan
a) von der Aufteilung der über den Mindestabschuss hinaus zugelassenen Abschüsse (Mehrabschuss) auf die einzelnen Jagdgebiete absehen. In diesem Fall steht es jedem Jagdinhaber der Wildregion frei, über den für sein Jagdgebiet festgesetzten Mindestabschuss hinaus so lange weitere Abschüsse vorzunehmen, bis der Mehrabschuss erschöpft ist. Im Gebiet einer Hegegemeinschaft hat deren Leiter die Durchführung dieser Abschüsse zu überwachen;
b) anordnen, dass der Mindestabschuss zu bestimmten Teilen bis zu bestimmten Zeitpunkten während der Schusszeit erfüllt sein muss;
c) für Jagdinhaber, die den Mindestabschuss im vorangegangenen Jahr zu weniger als 90 v.H. erfüllt haben, Anordnungen nach § 61 Abs. 2 treffen."
§ 4 der Abschussrichtlinienverordnung ordnet an:
"§ 4
Die Jagdbehörde hat bei der Abschussplanung von folgenden Gesichtspunkten auszugehen:
1. Bei jeder Abschussplanung sind die in den Vorjahren getätigten Abschüsse, das nachgewiesene Fallwild, das Ausmaß und die Entwicklung der Wildschäden am Wald sowie der Gesundheitszustand und die Sozialstruktur (Geschlechterverhältnis und Altersstruktur) des Wildes zu berücksichtigen.
2. Im Abschussplan ist neben dem Mindestabschuss auch ein Höchstabschuss festzusetzen, wenn ein solcher von der Landesregierung gemäß § 60 Abs 2 JG festgelegt worden ist. Der Mindestabschuss soll vor allem weibliches Wild und Jungwild betreffen und dient dem Schutz der Land- und Forstwirtschaft. Der Höchstabschuss (Freigabe) soll vor allem bei männlichem Wild der Klassen I und II der Erhaltung des Altersklassenaufbaues und der Arterhaltung dienen.
3. Die von der Landesregierung gemäß § 60 Abs. 2 JG festgelegten Mindestabschüsse dürfen je Wildregion um höchstens 5 % unterschritten werden.
4. Im Abschussplan kann nach Maßgabe der Bestimmungen des 3. Abschnittes die gemeinsame Freigabe verschiedener Geschlechter- und Altersklassen einer Wildart sowie die Freigabe einzelner Altersklassen auf mehrere Jahre vorgesehen werden. Männliche Stücke der Klasse I können auch bis Ende der laufenden Jagdperiode freigegeben werden.
5. In Rotwildrandzonen können für mehrere Reviere gemeinsam Hirsche der Klassen I und II freigegeben werden."
Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründungspflicht schließt unter anderem auch die Verpflichtung der Behörde ein, in der Begründung des Bescheides in eindeutiger, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise aufzuzeigen, von welcher konkreten Sachverhaltsannahme sie bei ihrem Bescheid ausgegangen ist und worauf sich die getroffenen Sachverhaltsannahmen im Einzelnen stützen. Dieser Rechtspflicht nicht entsprechend gestaltete Bescheide werden nicht nur dem Sinn und Zweck der §§ 58 und 60 AVG nicht gerecht, sondern hindern im Fall seiner Anrufung auch den VwGH, seiner Rechtskontrollaufgabe, wie sie im § 41 Abs. 1 VwGG zum Ausdruck kommt, insoweit zu entsprechen, als nicht oder unzureichend begründete Bescheide auch keine inhaltliche Überprüfung "auf Grund des von der Behörde angenommenen Sachverhaltes" zulassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 1991, Slg. Nr. 13.429/A).
Diesen Anforderungen wird die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht gerecht. Sie lässt weder erkennen, welcher konkrete Sachverhalt von der belangten Behörde angenommen wurde, noch gibt sie Aufschluss darüber, welche Beweisergebnisse die belangte Behörde im Einzelnen ihrer Entscheidung zugrundegelegt hat.
Der Begründung des angefochtenen Bescheides lässt sich insbesondere nicht entnehmen, welche konkreten Gegebenheiten die belangte Behörde hinsichtlich der Anzahl und Gliederung nach Geschlechtern und Altersklassen der in den Vorjahren getätigten Abschüsse und des Fallwildes, des Ausmaßes und der Entwicklung der Wildschäden am Wald und der Sozialstruktur (Geschlechter- und Altersstruktur) des Wildes berücksichtigt hat. Genaue Feststellungen über diese für die Abschussplanfestsetzung wesentlichen Kriterien wären im Beschwerdefall insbesondere deshalb erforderlich gewesen, weil die beschwerdeführende Partei in dem im angefochtenen Bescheid erwähnten Schreiben vom 5. April 2000 zu diesen Punkten ein detailliertes Vorbringen erstattet hat. Die lakonische Aussage in der Begründung des angefochtenen Bescheides, der Jagdleiter habe seine Angaben (hinsichtlich des Rot- und Gamswildbestandes) "jedoch keineswegs belegen" können, reicht zur schlüssigen Begründung, dass dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei nicht gefolgt werden könne, nicht aus, zumal daraus nicht einmal hervorgeht, welche "Belege" die belangte Behörde hinsichtlich welcher "Angaben" der beschwerdeführenden Partei für erforderlich erachtete.
Wegen dieser Begründungsmängel, die durch Ausführungen in der Gegenschrift nicht saniert werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1996, Zl. 95/03/0271), war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 13. Dezember 2000
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