Normen
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
DVG 1984 §15a;
PG 1965 §62c Abs1 idF 1996/201;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
VwRallg;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
DVG 1984 §15a;
PG 1965 §62c Abs1 idF 1996/201;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
Begründung
Der 1942 geborene Beschwerdeführer steht als Abteilungsinspektor in Ruhe seit 1. Juli 1997 in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Er war zuletzt in der Justizanstalt H. - im folgenden JA - als Abteilungskommandant einer Gefangenenabteilung tätig.
Mit Bescheid des Bundesministers für Justiz (BMJ) vom 16. Mai 1997 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 mit Ablauf des 30. Juni 1997 in den Ruhestand versetzt.
Dieser Spruch wurde mit den Worten: "Auf Ihren Antrag vom 17. Februar 1997 ...." einbegleitet.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer die unter Zl. 97/12/0213 protokollierte Beschwerde, die sich ausschließlich gegen die oben wiedergegebenen Einleitungsworte des Spruches dieses Bescheides (nicht aber gegen die Ruhestandsversetzung selbst) richtete, um einer allenfalls gegebenen Bindungswirkung für das Ruhebezugsbemessungsverfahren zu begegnen. Auf Grund der Novellierung des Pensionsgesetzes 1965 (PG) durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, die auf den Fall des Beschwerdeführers an sich bereits anzuwenden war, wurde nämlich eine Abschlagsregelung bei der Ruhestandsversetzung eines Beamten vor Vollendung des 60. Lebensjahres eingeführt. Nach der Übergangsbestimmung des § 62c Abs. 1 PG bleibt es aber für Ruhestandsversetzungsverfahren, die vor dem 16. Februar 1996 "eingeleitet" wurden, bei der Anwendung des Altrechts, das eine derartige Kürzung nicht kennt.
Mit Erkenntnis vom 21. Jänner 1998 wies der Verwaltungsgerichtshof diese Beschwerde im Wesentlichen mit der Begründung ab, die von der Aktiv-Dienstbehörde (hier: BMJ) im Ruhestandsversetzungsverfahren allenfalls getroffene Aussage über den Zeitpunkt der Einleitung dieses Verfahrens selbst entfalte keine Bindungswirkung für die Pensions-Dienstbehörde (hier: Bundespensionsamt und belangte Behörde) im Ruhegenussbemessungsverfahren nach dem PG.
Bereits vor Einbringung dieser Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde gegen den Ruhestandsversetzungsbescheid des BMJ hatte das Bundespensionsamt mit Bescheid vom 11. Juli 1997 (unter Anwendung der Kürzungsbestimmungen des § 4 Abs. 3 und § 12 PG in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996) den dem Beschwerdeführer ab 1. Juli 1997 monatlich gebührenden Ruhegenuss und die Ruhegenusszulage festgestellt.
In seiner dagegen erhobenen Berufung wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass er gegen die seiner Meinung nach fälschliche Nennung des Einleitungszeitpunktes bereits (die oben erwähnte) Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde eingebracht habe. Er stellte den Antrag, ihm den Ruhebezug unter Anwendung der vor dem Strukturanpassungsgesetz 1996 geltenden Rechtslage zu bemessen (weil das mit Bescheid des BMJ vom 16. Mai 1997 abgeschlossene Ruhestandsversetzungsverfahren bereits vor dem in der Übergangsbestimmung des § 62 Abs. 1 PG genannten Stichtag eingeleitet gewesen sei) und dieses Berufungsverfahren bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. der neuerlichen Erlassung eines Bescheides durch den BMJ "auszusetzen".
Da in der Folge das oben erwähnte Erkenntnis vom 21. Jänner 1998, 97/12/0231, zum Ruhestandsversetzungsbescheid des BMJ ergangen war, was allerdings der belangten Behörde nicht bekannt wurde, aber in der Folge (zunächst) keine Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers im Ruhegenussbemessungsverfahren durch die belangte Behörde erfolgte, erhob dieser die vorliegende Säumnisbeschwerde (beim Verwaltungsgerichtshof am 8. Oktober 1998 eingelangt) gegen die belangte Behörde.
Nach Einleitung des Vorverfahrens gemäß § 36 Abs. 1 VwGG traf die belangte Behörde mit Bescheid vom 15. Jänner 1999 die ausstehende Berufungsentscheidung, die vom Beschwerdeführer mit der unter Zl. 99/12/0061 protokollierten Beschwerde bekämpft wurde (siehe dazu näher das hiezu ergangene Erkenntnis vom heutigen Tag).
Gleichzeitig mit der Vorlage ihres Berufungsbescheides vom 15. Jänner 1999 erstattete die belangte Behörde im Säumnisbeschwerdeverfahren eine Stellungnahme, in der sie auf den "Aussetzungs"antrag des Beschwerdeführers in seiner Berufung hinwies. Erst mit der Kenntnis vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1998, mit dem jenes Verfahren abgeschlossen worden sei, das der Beschwerdeführer in seinem "Aussetzungs"antrag angesprochen habe (im folgenden Bezugsverfahren genannt), habe für die belangte Behörde in ihrem Verfahren die Frist nach § 27 VwGG zu laufen begonnen. Dazu sei aber die Vorlage des Bezugserkenntnisses an die belangte Behörde durch den Beschwerdeführer notwendig gewesen, weil sie in jenem Verfahren nicht die Stellung einer belangten Behörde gehabt habe. Das obgenannte Bezugserkenntnis vom 21. Jänner 1998 sei der belangten Behörde erst über ihre Aufforderung vom Vertreter des Beschwerdeführers am 14. Dezember 1998 übermittelt worden. Von diesem Zeitpunkt ausgehend sei jedoch die Erlassung ihres Berufungsbescheides vom 15. Jänner 1999 innerhalb der sechsmonatigen Frist nach § 27 VwGG erfolgt. Die belangte Behörde sei daher nicht säumig geworden; die Säumnisbeschwerde sei daher zu Unrecht erhoben worden. Die Stellungnahme enthält keinen Kostenantrag im Sinne des § 59 Abs. 1 VwGG.
Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes gab der Beschwerdevertreter hiezu in Wahrung des Parteiengehörs mit Schriftsatz vom 30. März 1999 eine Äußerung ab. Er machte darin im Wesentlichen geltend, dass zwar nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine schuldhafte behördliche Säumnis im Sinn des § 73 AVG schon dann nicht vorliege, wenn die Behörde zu einer Verfahrensaussetzung nach § 38 AVG berechtigt gewesen sei, ohne dass es erforderlich wäre, dass auch ein Aussetzungsbescheid erlassen worden sei. Der Fristenlauf des § 27 VwGG sei jedoch - anders als § 73 AVG - verschuldensunabhängig, sodass dafür objektive Gegebenheiten maßgebend sein müssten, weil erst dadurch feststehe, für welche der beiden Alternativen nach § 38 AVG sich die Behörde entschieden habe. Es sei daher ein Aussetzungsbescheid unerlässliches Erfordernis für die Hemmung der Entscheidungsfrist (nach § 27 VwGG) für die (oberste) sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde. Aber selbst wenn dies nicht der Fall sei (und die zu § 73 in Verbindung mit § 38 AVG entwickelte Judikatur auch im Fall des § 27 VwGG gelte), sei davon auszugehen, dass ab Zustellung des Bezugserkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1998, die spätestens am 18. Februar 1998 erfolgt sei, die sechsmonatige Entscheidungsfrist nach § 27 VwGG für die belangte Behörde in dem bei ihr zu diesem Zeitpunkt anhängigen Berufungsverfahren zu laufen begonnen habe. Diese Frist sei im Zeitpunkt der Erhebung der Säumnisbeschwerde (Postaufgabe am 7. Oktober 1998) bereits abgelaufen gewesen. Keinesfalls könne sich die belangte Behörde stillschweigend darauf verlassen, dass ihr die Bezugsentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1998 vom Beschwerdeführer zur Kenntnis zu bringen sei, obwohl ihm eine solche Verpflichtung niemals (ausdrücklich) auferlegt und auch kein Aussetzungsbescheid erlassen worden sei. Bei der im Beschwerdefall gegebenen Konstellation habe der Beschwerdeführer auf den Informationsaustausch zwischen dem BMJ und der belangten Behörde vertrauen dürfen. Die Vorlage der Bezugsentscheidung durch ihn könne daher nicht die Voraussetzung für den Beginn des Fristenlaufes nach § 27 VwGG für die Entscheidungsfrist im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde gewesen sein, weil ihm diese nicht aufgetragen worden sei.
Dem ist Folgendes zu erwidern:
Der in seiner Berufung vom Beschwerdeführer gestellte "Aussetzungs"antrag bezweckte die Nichtentscheidung über seine Berufung im Ruhebezugsbemessungsverfahren bis zum Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Bezugsverfahrens in der Angelegenheit des Zeitpunktes der Einleitung seines Ruhestandsversetzungsverfahrens.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers liegt trotz der Verwendung des Ausdruckes "aussetzen" kein Anwendungsfall des auch im Dienstrechtsverfahrens geltenden § 38 AVG vor: die unter dem Gesichtspunkt des § 62c Abs. 1 PG für das Ruhebezugsbemessungsverfahren rechtserhebliche Frage, zu welchem Zeitpunkt das Ruhestandsversetzungsverfahren des Beschwerdeführers eingeleitet worden war, das zu seiner Ruhestandsversetzung führte, ist nämlich aus der Sicht der für die Ruhebezugsbemessung zuständigen Pensions-Dienstbehörden (hier: Bundespensionsamt; belangte Behörde) keine Vorfrage, die von einer anderen Behörde (hier: der Aktiv-Dienstbehörde des Beschwerdeführers = BMJ) in einem anderen dienstbehördlichen Verfahren (Ruhestandsversetzungsverfahren; eigenes Feststellungsverfahren) mit bindender Wirkung für die Pensions-Dienstbehörden zu entscheiden ist. Vielmehr handelt es sich um eine Tatbestandsvoraussetzung, die unter dem Gesichtspunkt ihrer Rechtserheblichkeit für die Ruhebezugsbemessung ausschließlich von den Pensions-Dienstbehörden in ihrem Verfahren zu lösen ist (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, beginnend mit dem Erkenntnis vom 17. Dezember 1997, 97/12/0381).
Einzuräumen ist dem Beschwerdeführer allerdings, dass im Zeitpunkt der Erhebung seiner Berufung diese Rechtsfrage noch strittig sein konnte und damals dazu auch noch keine klarstellende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vorlag. Das Bestehen einer Zweifelssituation reicht aber für sich allein nach dem Gesetz nicht aus, um bei der im Beschwerdefall gegebenen Rechtslage das Vorliegen einer Vorfrage im Sinne des § 38 AVG zu begründen. Soweit die Beschwerdeausführungen dessen ungeachtet von einer Vorfragesituation im Sinne des § 38 AVG ausgehen und daraus Schlussfolgerungen für das vorliegende Verfahren ableiten, gehen sie schon deshalb ins Leere.
Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass der "Aussetzungs"antrag des Beschwerdeführers in seiner Berufung auf ein zeitweiliges Ruhen des Berufungsverfahrens abzielte. Ein solches Begehren ist - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 15. Dezember 1993, 93/01/0307 = Slg. NF Nr. 13.961 A, ausgesprochen hat, auf das zwecks Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird - ein befristeter Verzicht auf das Recht auf Entscheidung, mit der Folge, dass für die Dauer des "Ruhens" keine Entscheidungspflicht besteht. Diese entsteht erst wieder nach Wegfall des Ereignisses, das für das Ruhen maßgebend war.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist bei der im Beschwerdefall gegebenen Fallkonstellation, in der die in diesem Säumnisbeschwerdeverfahren belangte Behörde nicht auch belangte Behörde im verwaltungsgerichtlichen Bezugsverfahren war, bis zu dessen Abschluss nach dem Willen des Beschwerdeführers die Fortführung des Berufungsverfahrens "ausgesetzt" werden sollte, nicht davon auszugehen, dass die Entscheidungspflicht im "ruhenden" Berufungsverfahren vor der belangten Behörde bereits ab der Zustellung der verwaltungsgerichtlichen Bezugsentscheidung vom 21. Jänner 1998 an die Parteien jenes Verfahrens (BMJ; Beschwerdeführer) begonnen hat. Maßgebend ist vielmehr die Kenntnis der belangten Behörde vom Abschluss des Bezugsverfahrens. Diese allgemeine Überlegung liegt offenbar auch dem in § 15a DVG geregelten "spiegelverkehrten" Fall zugrunde, in dem dieselbe oberste Dienstbehörde sowohl belangte Behörde des verwaltungsgerichtlichen Bezugsverfahrens als auch Berufungsbehörde in einem gleich gelagerten dienstbehördlichen Verfahren ist. Zutreffend gehen Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren, 13. Auflage, FN 9 zu § 15a DVG, davon aus, dass der im Abs. 2 dieser Bestimmung angesprochene Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Bezugsverfahrens, der die Pflicht auslöst, von Amts wegen das ausgesetzte Verfahren weiterzuführen, mit der Zustellung der Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes an die oberste Dienstbehörde eintritt.
Aus dem Gesetz lässt sich weder eine Verpflichtung der belangten Behörde dieses Verfahrens noch der im Bezugsverfahren belangten Behörde (BMJ) ableiten, sich die Information über den Abschluss des Bezugsverfahrens von Amts wegen zu verschaffen bzw. diese zu übermitteln. Die Voraussetzungen für ein rechtlich geschütztes Vertrauen des Beschwerdeführers, dass ein solcher Informationsaustausch stattfinden werde, sind daher nicht gegeben. Der einzige, dem sowohl im verwaltungsgerichtlichen Bezugsverfahren als auch im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde Parteistellung zukam, war der Beschwerdeführer, der damit als einziger an beiden Verfahren "Beteiligter" einen gesicherten Informationszugang in Bezug auf den Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Bezugsverfahrens hatte.
Vor diesem Hintergrund traf daher den Beschwerdeführer nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes die Verpflichtung, die belangte Behörde vom Abschluss des Bezugsverfahrens durch das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1998 in Kenntnis zu setzen, während dessen Dauer nach seinem Willen das Berufungsverfahren vor der belangten Behörde ruhen sollte, ohne dass es dazu einer ausdrücklichen Anordnung bedurfte. Solange der Beschwerdeführer dieser Verpflichtung nicht nachkam und die belangte Behörde vom Bezugserkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes keine Kenntnis hatte, war die belangte Behörde nicht zur Entscheidung verpflichtet.
Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde bereits mit der Berichterverfügung vom 20. Oktober 1998 nach § 36 Abs. 1 VwGG im vorliegenden Säumnisbeschwerdeverfahren Kenntnis vom Abschluss des Bezugsverfahrens (hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1998, 97/12/0231) bekam, zumal dieses Erkenntnis in der mit der Einleitungsverfügung übermittelten Säumnisbeschwerde des Beschwerdeführers überhaupt nicht erwähnt wurde, oder ob dies erst durch die ihr über ihre Aufforderung im Dezember 1998 erfolgte Zustellung dieses Erkenntnis durch den Beschwerdevertreter erfolgte. In jedem Fall war nämlich die in § 27 Abs. 1 VwGG vorgesehene sechsmonatige Entscheidungsfrist für die belangte Behörde im Zeitpunkt der Erhebung der Säumnisbeschwerde noch nicht abgelaufen. Dass die belangte Behörde bereits zu einem früheren Zeitpunkt sonst von dritter Seite Kenntnis vom Abschluss des Bezugsverfahrens erlangt hätte, hat der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet. Dies lässt sich auch den vorgelegten Verwaltungsakten nicht entnehmen.
Aus diesem Grund war die vorliegende Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 22. Juli 1999
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