VwGH 97/07/0007

VwGH97/07/000710.6.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde des D in A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 27. November 1996, Zl. 410.954/02-I 4/96, betreffend Behebung eines wasserrechtlichen Genehmigungsbescheides (mitbeteiligte Partei: E), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §15 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1997:1997070007.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 26. März 1993 wurde dem Beschwerdeführer die wasserrechtliche Bewilligung zur Abänderung der im Wasserbuch des politischen Bezirkes Salzburg-Umgebung unter Postzahl 369 eingetragenen Wasserkraftanlage an der Ischler Ache durch

  1. 1. die Aufhöhung des Stauzieles um 15 cm,
  2. 2. die Erhöhung des Schluckvermögens der eingebauten Turbine auf maximal 3.800 l/s,
  3. 3. die Aufhöhung der Ufermauern des Oberwasserkanales,
  4. 4. den Einbau einer Kaplanturbine sowie
  5. 5. die Absenkung des Unterwasserkanales und die daraus resultierende Vergrößerung der Anlagenfallhöhe

    erteilt.

    Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei (mP), die am erstinstanzlichen Verfahren nicht teilgenommen hatte, Berufung. Sie brachte vor, sie sei an der Ischler Ache fischereiberechtigt. Das bedeute, daß jede Wasserentnahme - und sei es auch nur eine vorübergehende - einen erheblichen Eingriff in ihre Fischereirechte mit sich bringe. Wie sich aus dem Verfahren 410.954/01-I 4/86 ergebe, blieben große Teile der Ischler Ache nicht nur gelegentlich, sondern zu etwa einem Jahresviertel trocken. Dies führe dazu, daß Fische und andere Wassertiere in dem Trockenbereich zugrunde gingen, verfaulten und damit eine Gefahr für die Gesundheit der Anlieger und Fremden bedeuteten. Es sei daher ein eminentes öffentliches Interesse gegeben. Es stehe der mP als Fischereiberechtigter zu, dieses öffentliche Interesse als subjektiv-öffentliches Interesse im Berufungswege geltend zu machen. Zur Untermauerung des öffentlichen Interesses schließe sie eine Kopie des Bescheides vom 1. Juli 1986 mit der Verhandlungsschrift vom 22. April 1986 an, aus der hervorgehe, daß praktisch sämtliche Sachverständige eine zusätzliche Wasserentnahme bei den Kraftwerken S und T aus öffentlichem Interesse abgelehnt hätten. Im übrigen ergebe sich die Parteistellung ohnehin auf Grund der WRG-Novelle 1990.

    Mit dem Bescheid vom 26. März 1993 werde eine Aufhöhung des Stauzieles der Wasserkraftanlage des Beschwerdeführers an der Ischler Ache um 15 cm und die Erhöhung des Schluckvermögens der eingebauten Turbine auf maximal 3.800 l/s bewilligt. Die übrigen Bewilligungen stünden in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser Erhöhung des Stauvermögens und des Schluckvermögens der Turbine.

    Der erstinstanzliche Bescheid werde rechtlich damit begründet, daß auf Grund des vorliegenden einvernehmlichen Verfahrensergebnisses festzustellen sei, daß durch das bereits ausgeführte Wasserbauvorhaben fremde Rechte nicht verletzt sowie öffentliche Interessen nicht beeinträchtigt würden. Diese rechtliche Begründung stütze sich auf offenbar unrichtige Feststellungen. Im bekämpften Bescheid werde mehrfach der Bescheid hinsichtlich der Kraftwerksanlage T vom 1. Juli 1986 zitiert und in diesem Zusammenhang an mehreren Stellen ausgeführt, daß mit diesem Bescheid eine Ausbauwassermenge von 4,2 m3/s bewilligt worden sei. Dies sei falsch. In dem zitierten Bescheid sei lediglich festgehalten, daß eine ziffernmäßige Festsetzung der für den Abbau zu bewilligenden Wassermenge im Hinblick auf die Leistung der Turbine nicht erforderlich sei. Nach dem Wasserrechtsgesetz sei der Umfang der zu bewilligenden Durchlaufmenge für das Wasserkraftwerk (soweit tunlich) sehr wohl festzuhalten.

    Gegen den erwähnten Bescheid sei Berufung erhoben worden, worüber das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft am 23. November 1986 entschieden habe. Aus formellen Gründen (Gegenstand der Verhandlung sei lediglich die Überprüfung der Übereinstimmung der neu hergestellten Anlage mit der seinerzeitigen Bewilligung gewesen) seien die seinerzeitigen Einwendungen zurückgewiesen worden. Im Berufungsbescheid des Ministeriums sei jedoch eindeutig festgestellt worden, daß damit bloß zum Ausdruck gebracht werde, daß derartige Ausführungen im Überprüfungsverfahren keinen Platz hätten, nicht aber die sachliche Berechtigung abgesprochen werden könne. Diese sachliche Berechtigung sei seinerzeit wie heute gegeben.

    Zusammenfassend sei festzustellen, daß mit dem bekämpften erstinstanzlichen Bescheid von einer angeblich im Bescheid vom 1. Juli 1986 festgestellten sowie im Wasserbuch festgehaltenen Entnahmemenge von 4.200 l/s im Falle des Verfahrens T auszugehen sei und diese Menge praktisch auch dem Beschwerdeführer zur Verfügung zu stehen habe. Wie bereits festgehalten, sei diese Feststellung falsch, fuße daher der bekämpfte Bescheid auf einer Feststellung, die nicht den Tatsachen entspreche. Da die falsche Feststellung, es seien bescheidmäßig 4.200 l/s bewilligt worden, Gegenstand eingehender Erörterungen, Beratungen, Empfehlungen und Feststellungen gewesen sei, seien "auch die Gutachten und meine Stellungnahme das Ergebnis dieser hinsichtlich der zur Benutzung kommenden Wassermenge und damit unrichtigen Bewertung".

    Bedenke man das eminente öffentlich-rechtliche Interesse, welches im Verfahren T eindeutig zum Ausdruck gebracht worden sei, so sei es unverständlich, wie im gegenständlichen Fall ein positiver Bescheid habe erlassen werden können.

    Es sei im übrigen bemerkenswert, mit welcher Eile die Behörde die gegenständlichen Verfahren (das Ansuchen sei immerhin aus dem Jahre 1985) betreibe. Außerdem habe nach Meinung der mP der Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft doch Anlaß dazu geben müssen, im Sinne des Wasserrechtsgesetzes die zu genehmigende Wassermenge auch ziffernmäßig festzustellen.

    Es werde daher der Antrag gestellt, den erstinstanzlichen Bescheid zur Gänze aufzuheben, "da bei Richtigkeit dieser Ausführungen Herrn T hinsichtlich der zur Berechnung kommenden Wassermenge immerhin bis heute die wasserrechtliche Bewilligung fehlt."

    Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. November 1996 wurde der Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 26. März 1993 gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Erstbehörde zurückverwiesen. In der Begründung heißt es, da die Berufungsbehörde von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung auszugehen habe, habe die belangte Behörde mit Schreiben vom 1. Juli 1996 den Landeshauptmann von Salzburg um Überprüfung ersucht, ob und gegebenenfalls welche Änderungen des Sachverhaltes seit der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides eingetreten seien.

    Diese Anfrage sei mit Schreiben vom 16. Oktober 1996 wie folgt beantwortet worden:

    Die unter der Postzahl 369 eingetragene Wasserkraftanlage an der Ischler Ache liege an einem Ausleitungsgerinne des Beschwerdeführers, welches zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung 1993 noch zu der unter der Postzahl 358 an der Ischler Ache eingetragenen Wasserkraftanlage des Herrn T gehört habe. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 8. Juli 1982 sei Herrn T der Ausbau seiner unter der Postzahl 358 im Wasserbuch eingetragenen Wasserkraftanlage an der Ischler Ache bewilligt worden. Herrn T sei die Erhöhung der Ausbauwassermenge von 2,5 auf 4 m3 bewilligt worden; weiters sei eine Erhöhung der nutzbaren Fallhöhe durch Aufhöhung des Oberwasserkanals und Eintiefung des Unterwasserkanals wasserrechtlich genehmigt worden.

    Bei diesem Wasserrechtsbescheid sei kein Maß der Wasserbenutzung festgesetzt worden, wohl mit dem Hinweis darauf, daß das bestehende Mühlgerinne und die Wehranlage an der Ischler Ache die benötigten Wassermengen ja ohnedies immer einziehen könnten. Festzustellen sei dazu, daß sich die im Projekt T beabsichtigte Aufhöhung des Oberwasserkanals nur auf eine ca. 120 m lange Strecke im Mühlgerinne unterhalb des Kraftwerkes des Beschwerdeführers beziehe.

    In diesem Bescheid und auch im Überprüfungsbescheid für dieses Kraftwerk vom 1. Juli 1986 werde vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen ausgeführt, daß sich durch diese Maßnahme keine Änderung des Entnahmebauwerkes an der Ischler Ache oder des Mühlgerinnes oberhalb der Kraftwerksanlage des Beschwerdeführers ergeben habe, sodaß dieses Vorhaben nach der damals herrschenden Rechtslage ohne Vorschreibung einer Restwassermenge zu bewilligen gewesen sei. Diesen Überlegungen schlossen sich der hydrographische Amtssachverständige und in der Folge auch die Wasserrechtsbehörde an, obwohl der naturschutzbehördliche Amtssachverständige und der hydrobiologische Amtssachverständige eindeutig damals (1986) gutachtlich festgestellt hätten, daß dies nicht stimme, daß vielmehr auch im Mühlgerinne unterhalb der Wehranlage an der Ischler Ache bis zum Kraftwerk des Beschwerdeführers der Wasserspiegel wesentlich erhöht worden sei, um die benötigten 4 m3/s einzuziehen.

    Im Zuge des Verfahrens zum Ausbau der Wasserkraftanlage des Beschwerdeführers mit der Erhöhung des Schluckvermögens von 2,37 auf 3,8 m3/s seien der wasserbautechnische und der hydrographische Amtssachverständige immer noch den wasserbautechnischen Sachverständigenäußerungen zur Wasserkraftanlage T gefolgt und hätten behauptet, daß die Wehranlage und das Mühlgerinne die benötigte erhöhte Triebwassermenge von 3,8 m3 bzw. 4,2 m3 für die Kraftanlage T ohne Änderungen einzuziehen imstande wären.

    Der Augenschein anläßlich dieser Verhandlung habe aber ergeben, daß verschiedene Anrainer des Oberwasserkanals des Beschwerdeführers im Bereich zwischen der Wehranlage an der Ischler Ache und dem Kraftwerk des Beschwerdeführers durch eine Erhöhung des Grundwasserstandes wesentlich beeinträchtigt seien. Diese Erhöhung des Grundwasserstandes sei nach Aussagen der Anrainer mit der Erhöhung der Ausbauwassermenge der beiden Kraftwerke zusammengefallen. Die Erhöhung des Grundwasserstandes sei in direkter Folge auf die Erhöhung des Wasserspiegels im Oberwasserkanal zurückzuführen.

    Der Antrag des Beschwerdeführers um nachträgliche Bewilligung seines Kraftwerkes von 2,37 auf 3,8 m3/s beinhalte neben der Unterwassereintiefung auch die Aufhöhung des Stauzieles um 15 cm sowie die Aufhöhung der Ufermauern des Oberwasserkanals, um die höhere Wassermenge überhaupt zur Turbine zu bringen. Wie bereits gutachtlich 1986 zum Kraftwerk T festgestellt, betreffe der höhere Einstau des Oberwasserkanals beim Betrieb mit 4m3/s den gesamten Bereich des Oberwasserkanals bis zur Wehranlage an der Ischler Ache.

    Damit sei die Schlußfolgerung des wasserbautechnischen Amtssachverständigen zur Wasserkraftanlage T, aber auch zur Wasserkraftanlage des Beschwerdeführers unrichtig, wenn behauptet werde, daß die Erhöhung der Triebwassermenge und der tatsächliche Betrieb mit 4 m3/s ohne technische Änderung am Mühlgerinne zwischen der Wehranlage an der Ischler Ache und der Wasserkraftanlage des Beschwerdeführers möglich wäre. Demzufolge sei auch die Schlußfolgerung unrichtig, wonach sich durch die Erhöhung der Konsenswassermenge für die beiden Kraftwerke de facto für die Ischler Ache und den Entnahmekonsens aus der Ischler Ache keine Änderungen ergeben hätten.

    Angemerkt werden müsse, daß der Konsensträger der Wehranlage und des Mühlgerinnes bis vor kurzem Franz T gewesen sei und dieser im Verfahren laut Bescheid 1982 und auch laut Übeprüfungsverhandlung 1986 mit dem Hinweis darauf, daß die bisherige technische Konzeption von Wehranlage und Mühlgerinne die Entnahmefähigkeit des Mühlgerinnes um die auf 4 m3/s erhöhte Ausbauwassermenge ebenfalls umfassen würde, kein Maß der Wasserbenutzung vorgeschrieben erhalten habe. Erst die massiven Proteste der Anrainer im Rahmen des Verfahrens zur Genehmigung der Änderungen an der Anlage des Beschwerdeführers hätten gezeigt, daß die Aussagen T, aber auch die des Beschwerdeführers, nämlich, daß der Mühlkanal unverändert belassen werde, unrichtig seien. Bei der Verhandlung 1993 sei dieser Widerspruch bedauerlicherweise nicht aufgedeckt worden, genausowenig wie diskutiert worden sei, daß der Beschwerdeführer um ganz wesentliche Maßnahmen an einem Gerinne ansuche, welches im Besitz des Herrn T sei.

    Wäre dieser Bescheid nun rechtskräftig, hätte der Beschwerdeführer eine Bewilligung zur Abänderung der wasserrechtlich bewilligten Anlage von Herrn T.

    In der Zeit von 1993 bis 1996 habe Herr T seine Wasserrechte an den Beschwerdeführer verkauft, sodaß nunmehr wasserrechtlich gesehen die Wehranlage an der Ischler Ache, das gesamte Mühlgerinne und die beiden daran befindlichen Wasserkraftanlagen wasserrechtlich und besitzrechtlich in einer Hand seien.

    Damit habe sich zum einen die rechtliche Beurteilung des Antrages auf wasserrechtliche Bewilligung durch den Beschwerdeführer aus dem Jahr 1993 ganz wesentlich geändert und zum anderen habe sich auch der Sachverhalt soweit geändert, als bewiesen erscheine, daß der Werkskanal ursprünglich tatsächlich nur auf rund 2,5 m3 ausgebaut gewesen sei und daß die Erhöhung der Triebwassermenge auf 4.0 m3 nur mit einer Ertüchtigung des Triebwasserkanales insbesondere im oberhalb der Wasserkraftanlage des Beschwerdeführers gelegenen Bereich möglich gewesen sei.

    Unter diesen Voraussetzungen müßte die beantragte Abänderung der Wasserkraftanlage und die Änderung im Zulaufgerinne nach Maßgabe des § 13 Abs. 4 des Wasserrechtsgesetzes erteilt werden. Zur Erhaltung der ökologischen Funktionsfähigkeit der Ischler Ache wäre weiters der durch die Wehranlage des Beschwerdeführers unterbrochene ökologische Zusammenhang der Ischler Ache mittels Fischpaß wiederherzustellen.

    Auf Grund der inzwischen eingetretenen Veränderungen der Besitzverhältnisse und auf Grund des nunmehr der Beurteilung zugrundeliegenden geänderten Sachverhaltes erscheine die Überprüfung des Ansuchens im Rahmen einer weiteren mündlichen Verhandlung erforderlich.

    Wie sich aus diesen ergänzenden Mitteilungen des Landeshauptmannes von Salzburg ergebe - so fährt die belangte Behörde in der Begründung fort - sei bereits der dem erstinstanzlichen Bescheid zugrunde gelegte Sachverhalt mangelhaft gewesen und hätten sich in der seit Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides liegenden Zeitspanne auch zusätzliche Neuerungen bzw. Änderungen des Sachverhaltes ergeben, die eine umfassende Neubeurteilung der Angelegenheit erforderlich machten.

    Da dabei die sensible Frage der Restwasserproblematik, aber auch die Vernässung von anrainenden Grundstücken im Mittelpunkt stehen werde, erscheine es am zweckmäßigsten, diese Fragen in Form von Rede und Gegenrede im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu klären. Diese sei vor allem im Hinblick auf die besondere Kenntnis der lokalen Gegebenheiten und der bereits erfolgten Auseinandersetzung mit dem Antrag des Beschwerdeführers im Sinne einer möglichst effizienten Verwaltungsökonomie vom Landeshauptmann von Salzburg durchzuführen.

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer vertritt im wesentlichen die Auffassung, die Voraussetzungen für die Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG seien nicht vorgelegen.

    Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

    Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

    Ist der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, so kann nach § 66 Abs. 2 AVG die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen.

    Die Berufungsbehörde darf von § 66 Abs. 2 AVG nur in jenen Fällen Gebrauch machen, in welchen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Aus welchen Gründen dies der Fall ist, hat die Berufungsbehörde nachvollziehbar zu begründen (vgl. die Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 543, angeführte Rechtsprechung).

    Die belangte Behörde hat die Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG im Beschwerdefall mit gravierenden Mängeln des erstinstanzlichen Verfahrens und einer wesentlichen Änderung des Sachverhaltes seit der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides begründet.

    Weder die behaupteten gravierenden Verfahrensmängel noch eine allfällige Änderung des Sachverhaltes vermögen aber die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung zu tragen.

    Der angefochtene Bescheid erging auf Grund einer Berufung der mP. Diese behauptet, Fischereiberechtigte zu sein. Daß auch andere Personen Berufung erhoben hätten, wird von der belangten Behörde nicht behauptet und es ergibt sich auch kein diesbezüglicher Anhaltspunkt aus dem Akt.

    Nach § 15 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) können die Fischereiberechtigten anläßlich der Bewilligung von Vorhaben mit nachteiligen Folgen für ihre Fischwässer Maßnahmen zum Schutz der Fischerei begehren. Dem Begehren ist Rechnung zu tragen, insoweit hiedurch das geplante Vorhaben nicht unverhältnismäßig erschwert wird. Für sämtliche aus einem Vorhaben erwachsenden vermögensrechtlichen Nachteile gebührt den Fischereiberechtigten eine angemessene Entschädigung (§ 117).

    Den Fischereiberechtigten kommt ein Anspruch auf Abweisung des Bewilligungsantrages nicht zu. Den Fischereiberechtigten ist die Obliegenheit auferlegt, dem projektierten Vorhaben mit solchen konkretisierten Vorschlägen zu begegnen, die sich dazu eignen, in die Bewilligung des beantragten Vorhabens durch Vorschreibung von Auflagen Eingang zu finden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1993, 93/07/0058, u.a.).

    Diese eingeschränkte Parteistellung des Fischereiberechtigten ist auch bestimmend für die "Sache" im Berufungsverfahren, aus der sich wiederum die Reichweite der behördlichen Entscheidungsbefugnis ergibt. In Fällen eines eingeschränkten Mitspracherechtes einer Partei darf nämlich die Berufungsbehörde auf Grund der von einer solchen Partei eingebrachten Berufung nicht über den Themenkreis hinausgehen, in dem die Partei mitzuwirken berechtigt ist. Die Berufungsbehörde ist auch nicht berechtigt, aus Anlaß der Berufung andere Fragen als rechtzeitig geltend gemachte Rechtsverletzungen der betreffenden Partei aufzugreifen (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 575, angeführte Rechtsprechung).

    Die belangte Behörde meint, im nach der Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides fortgesetzten Verfahren hätte die Frage der Restwasserproblematik, aber auch die Vernässung von anrainenden Grundstücken im Mittelpunkt zu stehen.

    Die Frage der Vernässung von Anrainergrundstücken ist ein Thema, zu welchem dem Fischereiberechtigten von vornherein kein Mitspracherecht zukommt. Da die Gründe für eine Aufhebung nach § 66 Abs. 2 AVG für die Erstbehörde bindend sind (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 550, angeführte Rechtsprechung), wird mit der Aussage in der Begründung des angefochtenen Bescheides, daß im fortgesetzten Verfahren u.a. die Frage der Vernässung angrenzender Grundstücke im Mittelpunkt zu stehen habe, ein Thema wieder zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, welches auf Grund der Berufung (allein) eines Fischereiberechtigten nicht mehr Verfahrensgegenstand sein kann. Schon aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig.

    Als zweites wesentliches Thema im fortgesetzten Verfahren vor der Erstbehörde sieht die belangte Behörde die Frage der Restwasserproblematik an.

    Eine Restwassermenge wurde von der mP in ihrer Berufung nicht gefordert. Damit war aber auch dieser Punkt nicht mehr Sache des Berufungsverfahrens.

    Die Berufung der mP enthält keine konkretisierten, den Interessen der Fischerei dienenden Vorschläge, die geeignet wären, in die Bewilligung des beantragten Vorhabens Eingang zu finden. Die Berufung ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt. Auf Grund einer solchen Berufung durfte die belangte Behörde nicht mit einer Entscheidung nach § 66 Abs. 2 AVG vorgehen.

    Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

    Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

    BGBl. Nr. 416/1994.

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