VwGH 97/05/0080

VwGH97/05/008016.9.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. des Harald Schmidt und 2. der Renee Schmidt, beide in Wien, vertreten durch Dr. Heinz Robathin, Rechtsanwalt in Wien I, Kärntnerstraße 12, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 29. August 1996, Zl. MD-VfR - B XII - 5/95, betreffend einen Bauauftrag gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
BauO Wr §129 Abs10;
BauRallg;
B-VG Art130 Abs2;
VVG §4 Abs1;
VVG;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer zusammen haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 29. August 1996 wurde den Beschwerdeführern als Miteigentümern der Liegenschaften EZ 132, KG Altmannsdorf, und EZ 231, KG Hetzendorf, Wien 12, Biedermanngasse 29-31, gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien nachstehender Auftrag erteilt:

 

"1. Das ohne Bewilligung entsprechend den beiliegenden zum Bestandteil des Berufungsbescheides erklärten Planskizzen geschaffene Lagergebäude an der linken Grundgrenze hinter dem Wohn- und Bürohaus im Ausmaß von 8 x 10 m und 4 m Höhe und das daran anschließende Flugdach im Ausmaß von 25 m2 und mit einer Höhe von 2,70 bis 3 m sind abtragen zu lassen.

 

2. Die entsprechend den beiliegenden zum Bestandteil des Berufungsbescheides erklärten Planskizzen hergestellte Aufstockung im hinteren Teil des Gebäudes Nr. 31 anschließend an die Betriebswohneinheiten im Ausmaß von ca. 20 x 20 m ist abtragen und das konsensgemäße Dach über dem Erdgeschoß wieder herstellen zu lassen.

 

3. Die entsprechend den beiliegenden zum Bestandteil des Berufungsbescheides erklärten Planskizzen im daran anschließenden 1. Stock des früheren Lagers hergestellten Innenwände, durch die Wohn- und Sanitärräume geschaffen wurden, sind abtragen zu lassen.

 

Die Maßnahmen nach Punkt 1, 2 und 3 sind binnen zehn Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides in Angriff zu nehmen und sodann ohne unnötige Unterbrechung zu beenden."

In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, daß anläßlich der am 18. Jänner 1995 an Ort und Stelle durchgeführten mündlichen Verhandlung festgestellt worden sei, daß an der linken Grundgrenze hinter dem Wohn- und Bürohaus in Wien 12, Biedermanngasse 29, ein ebenerdiges Lagergebäude im Ausmaß von 8 m x 10 m und 4 m Höhe und ein daran anschließendes Flugdach im Ausmaß von ca. 5 m x 5 m errichtet worden seien. Im rückwärtigen Teil des Gebäudes in Wien 12, Biedermanngasse 31, sei anschließend an die bewilligten Betriebswohneinheiten durch Aufmauern der Außenwände und Herstellung eines Daches sowie von Innenwänden ein Gebäudeteil im Ausmaß von 20 m x 20 m errichtet und der daran anschließend im Ausmaß von 13 m x 18 m bestehende erste Stock (früheres Lager) ausgebaut und Aufenthalts- sowie Sanitärräume eingebaut worden. Die festgestellten Bauten seien ohne Baubewilligung errichtet worden.

Im Verfahren vor der Berufungsbehörde habe der bautechnische Amtssachverständige in seiner Stellungnahme vom 25. Jänner 1996 ergänzend ausgeführt, daß nach einer neuerlichen Erhebung das Ausmaß des verfahrensgegenständlichen Flugdaches mit genau 25 m2 und dessen Höhe mit 2,70 m bis 3 m festgestellt worden sei. Sowohl das Flugdach als auch die verfahrensgegenständlichen Zu- und Umbauten seien im Jahre 1984 errichtet worden. Die konsensgemäße Widmung des in ein Wohnheim umgestalteten Gebäudeteiles sei "Lagerraum" gewesen. Gleichzeitig mit dieser Stellungnahme habe der bautechnische Amtssachverständige der Baubehörde erster Instanz unter Zugrundelegung der Konsense Planskizzen (Lageplan, Grundriß erster Stock sowie Schnitte A, B und C) vorgelegt, in der die vom Spruch des angefochtenen Bescheides erfaßten und zu beseitigenden baulichen Herstellungen eingezeichnet worden seien. Aus diesen zum Bestandteil des Berufungsverfahrens und Berufungsbescheides erklärten Planskizzen lasse sich der Umfang der aufgrund des Bauauftrages zu beseitigenden Herstellungen einwandfrei entnehmen. Aufgrund der vom bautechnischen Amtssachverständigen erstellten Planskizzen, in denen die vom angefochtenen Bescheid erfaßten vorschriftswidrigen baulichen Herstellungen eingezeichnet seien, sei der Bauauftrag hinreichend konkretisiert. Die Planskizzen seien im Maßstab 1 : 250 bzw. 1 : 100 und 1 : 50 erstellt worden und darin der Altbestand in grauer Farbe, die neu errichteten Bauteile in roter Farbe und die abgetragenen Bauteile in gelber Farbe ausgewiesen. Ebenso enthielten diese Planskizzen einen Lageplan, den Grundriß des ersten Stockes des gegenständlichen Gebäudes sowie dargestellte Schnitte. Aus diesen Skizzen lasse sich jedenfalls die Lage und der Umfang der nach dem angefochtenen Bauauftrag zu beseitigenden baulichen Herstellungen sowie die Herstellung des konsensgemäßen Zustandes einwandfrei und für einen Bauauftrag im Sinne des § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien hinreichend bestimmt entnehmen. Die Verordnung der Wiener Landesregierung über Baupläne, auf welche sich die Beschwerdeführer berufen, enthalte lediglich nähere Vorschriften über den Maßstab, die Ausfertigung und die Beschaffenheit der einem Bauansuchen anzuschließenden Pläne und sei zur näheren Konkretisierung eines Bauauftrages nicht anwendbar. Ein baupolizeilicher Auftrag müsse lediglich soweit bestimmt sein, daß sein Spruch Titel einer Vollstreckungsverfügung sein könne. Bei den vom Spruch erfaßten baulichen Herstellungen handle es sich um bewilligungspflichtige Neu-, Zu- und Umbauten im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. a BO. Die vom bautechnischen Amtssachverständigen festgestellte Höhe des verfahrensgegenständlichen Flugdaches von 2,70 m bis 3 m werde von den Beschwerdeführern nicht konkret bestritten. In ihrer Äußerung hätten sie vielmehr selbst ausgeführt, daß eine ca 2,80 m hohe Ziegelmauer tragende Stütze dieses Flugdaches sei. Die unter Punkt 2. des Spruches angeführte Aufstockung stelle einen Zubau dar. Bei der Schaffung der im Punkt 3. des Bescheides angeführten Wohn- und Sanitärräume in den als Lager gewidmeten Räumlichkeiten im ersten Stock des angeführten Gebäudes durch Herstellung von Innenwänden handle es sich zweifelsfrei um einen Umbau. Das Fehlen der baubehördlichen Bewilligung werde von den Beschwerdeführern nicht bestritten. Die verfahrensgegenständlichen baulichen Herstellungen seien jedenfalls seit dem Inkrafttreten der Bauordnung für Wien im Jahre 1930 bewilligungspflichtig. Auch im Jahre 1984 sei vor Beginn von Neu-, Zu- und Umbauten die Bewilligung der Behörde zu erwirken gewesen. Im Hinblick auf den Umfang der den Beschwerdeführern mit dem angefochtenen Bescheid aufgetragenen Maßnahmen sei eine längere Erfüllungsfrist festzusetzen gewesen. Die nunmehr festgesetzte Erfüllungsfrist reiche für die tatsächliche Durchführung der aufgetragenen Maßnahmen jedenfalls aus und sei auch in wirtschaftlicher Beziehung angemessen. Die Erfüllungsfrist sei auf die Rechtskraft des Bescheides abgestellt, welche erst mit der Zustellung desselben eintrete. In tatsächlicher Hinsicht hätten die Beschwerdeführer somit zusätzlich eine Fristverlängerung im Ausmaß der Dauer des Berufungsverfahrens erreicht. Auf die in der Berufung angeführten rein zivilrechtlichen Aspekte habe bei der Festsetzung der Erfüllungsfrist nicht Bedacht genommen werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Nichterlassung eines baupolizeilichen Auftrages verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) ist jede Abweichung von Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht. Aufträge sind an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Gebäudes oder der baulichen Anlage zu richten; im Falle des Wohnungseigentums sind sie gegebenenfalls an den Wohnungseigentümer der betroffenen Nutzungseinheit zu richten. Lassen sich Art und Umfang von vermuteten Abweichungen von den Bauvorschriften nicht durch bloßen Augenschein feststellen, ist der Eigentümer (jeder Miteigentümer) eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage verpflichtet, über das Vorliegen der vermuteten Abweichungen und gegebenenfalls über deren Art und Umfang den Befund eines Sachverständigen vorzulegen. Der dem Befund zugrunde gelegte Sachverhalt muß durch die Behörde überprüfbar sein.

Die Beschwerdeführer wiederholen ihr bereits vor der Verwaltungsbehörde vorgetragenes Argument, die Pläne, auf welche sich der nunmehr angefochtene Bescheid beziehe, stünden in einem Spannungsverhältnis mit der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 6. Mai 1930, LGBl. Nr. 44. Die Angaben des bautechnischen Amtssachverständigen seien aus den vorgelegten Plänen nicht nachvollziehbar und ergäben sich daraus andere Maße. Ohne über den Antrag auf Ergänzung des Bausachverständigengutachtens zu entscheiden oder eine neuerliche Stellungnahme des Bausachverständigen einzuholen, habe die belangte Behörde die angefochtene Entscheidung erlassen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß ein Bescheidspruch, durch den eine Verpflichtung auferlegt wird, so bestimmt gefaßt werden, daß nötigenfalls seine Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung möglich ist; durch die Spruchfassung muß einerseits dem Beauftragten die überprüfbare Möglichkeit gegeben werden, dem Leistungsauftrag zu entsprechen, andererseits muß dadurch auch der Umfang einer allfälligen Ersatzvornahme deutlich abgegrenzt werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 11. Juli 1996, Zl. 93/07/0173, mwN). Es muß der zu erreichende Zustand bestimmt festgelegt sein, nicht aber, mit welchen Mitteln und mit welchem Kostenaufwand dies geschehen könnte. Ein Bauauftrag ist daher jedenfalls ausreichend bestimmt, wenn er die Herstellung baulicher Anlagen derart anordnet, daß diese dem mit Baubewilligungsbescheid genehmigten Plan entsprechen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1990,

Zlen. 88/05/0227, 0228). Letzteres wird ausdrücklich im Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides angeordnet.

Aufgrund der vorzitierten hg. Rechtsprechung kommt es - wie bereits die belangte Behörde ausgeführt hat - nicht darauf an, daß die zulässigerweise zu einem integrierenden Bestandteil des angefochtenen Bescheides erklärten Planskizzen der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 6. Mai 1930, LGBl. Nr. 44, entsprechen, sondern ausschließlich darauf, daß diese dem vorerwähnten Konkretisierungsgebot eines baupolizeilichen Auftrages Rechnung tragen. Aus den vorerwähnten Planskizzen, welche die Lage sowie den Grundriß mit den erforderlichen Schnitten der vom Bauauftrag umfaßten baulichen Anlagen enthalten, lassen sich die den Beschwerdeführern erteilten Aufträge - insbesondere im Zusammenhang mit den Begründungsdarlegungen im angefochtenen Bescheid - derart nachvollziehen, daß eine Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung möglich ist. Aus den farblichen Darstellungen in den vorliegenden Planskizzen ergeben sich diejenigen Gebäudeteile, welche den konsenswidrigen Zubau, den Altbestand und die unzulässige Abtragung bewilligter Gebäudeteile wiedergeben. Inwieweit das Gutachten des Sachverständigen, auf welches sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid berufen hat, ergänzungsbedürftig sein soll, wird in der Beschwerde nicht näher ausgeführt.

Warum die von der Behörde festgesetzte Frist von zehn Monaten nach Rechtskraft des angefochtenen Bescheides für die Inangriffnahme der aufgetragenen baulichen Maßnahmen nicht ausreichen soll, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Auch die Beschwerdeausführungen geben hiefür keinen Anhaltspunkt, welcher den angefochtenen Bescheid insoweit als rechtswidrig erscheinen ließe.

Der angefochtene Bescheid erweist sich sohin frei von Rechtsirrtum. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte