VwGH 95/17/0105

VwGH95/17/010520.12.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des R in V, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 25. April 1994, Zl. 7-48 Ke 15/42-1994, betreffend Müllabfuhr- und Abfallbeseitigungsgebühren (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde V), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
BAO §198 Abs2;
BAO §93 Abs2;
LAO Stmk 1963 §150 Abs2;
LAO Stmk 1963 §70 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §59 Abs1;
BAO §198 Abs2;
BAO §93 Abs2;
LAO Stmk 1963 §150 Abs2;
LAO Stmk 1963 §70 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde schrieb dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 12. April 1988 für das zweite Quartal 1988 und mit Bescheid vom 6. Oktober 1988 für das vierte Quartal 1988 die Müllbeseitigungsgebühr in der Höhe von jeweils S 330,-- zuzüglich jeweils S 33,-- (10 % Mehrwertsteuer von S 330,--) vor.

In der gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen vertrat der Beschwerdeführer die Ansicht, solange die mitbeteiligte Marktgemeinde aus welchen Gründen immer von seinem Anwesen keinen Müll abführe, dürfe sie auch keine Müllbeseitigungsgebühr von ihm fordern. Es würden Müllbeseitigungsgebühren eingehoben, aber keine Gegenleistung erbracht.

Mit Bescheid vom 18. Oktober 1988 und 6. Dezember 1988 wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen. Auf Grund der eingebrachten Vorstellungen hob die belangte Behörde die Bescheide auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde. In den die Aufhebungen tragenden Begründungen heißt es, für die Vorschreibung der Umsatzsteuer in der Höhe von je S 33,-- sei keine Rechtsgrundlage gegeben.

Die gegen diese Bescheide vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerden wurden vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 9. Februar 1990, Zlen. 90/17/0035, 0037, zurückgewiesen. Auf die Begründung dieses Beschlusses wird verwiesen.

Im zweiten Rechtsgang hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26. Juni 1992, Zlen. 90/17/0392, 0393, auf Grund der Beschwerde des Beschwerdeführers die im Instanzenzug ergangenen Vorstellungsbescheide der belangten Behörde betreffend Müllabfuhrgebühren für das zweite und vierte Quartal 1988 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes mit der Begründung auf, sie habe die im Instanzenzug erlassenen, je für sich eine untrennbare Einheit bildenden gemeindebehördlichen Abgabenbescheide nur hinsichtlich einer unselbständigen Bescheidkomponente, also bloß teilweise - nämlich hinsichtlich der einen untrennbaren Teil der Müllabfuhrgebühren bildenden Umsatzsteuer - aufgehoben und somit im Ergebnis abgeändert. Diese Vorgangsweise sei aber inhaltlich rechtswidrig, weil die mit Vorstellung bekämpften Bescheide mit der von der belangten Behörde gegebenen Begründung jeweils zur Gänze hätten aufgehoben werden müssen.

Mit Bescheid vom 26. Februar 1993 gab die belangte Behörde auf Grund dieses Erkenntnisses der Vorstellung gegen die abweisenden Berufungsbescheide betreffend Vorschreibung der Müllbeseitigungsgebühren für das zweite und vierte Quartal 1988 Folge, behob den angefochtenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde. Dies mit der Begründung, die Vorschreibung der Mehrwertsteuer könne sich nicht auf eine rechtswirksame Gebührenbestimmung stützen.

Mit Bescheid vom 19. Oktober 1993 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde die Berufung gegen den Bescheid vom 6. Oktober 1988 (viertes Quartal 1988) als unbegründet ab.

In der Begründung des Bescheides wird auch ausgeführt:

"Da für das Anwesen (des Beschwerdeführers) keinerlei Befreiungsgründe geltend gemacht wurden bzw. zu machen sind und die öffentliche Müllabfuhr ihren Verpflichtungen durch das Anfahren des Standortes nachgekommen ist, war die Gebühr wie im Spruch des Bescheides von 06.10.1988 angeführt, JEDOCH OHNE HINZURECHNUNG DER MEHRWERTSTEUER (S 33,--), vorzuschreiben.

Es kann daher nicht festgestellt werden, daß die bekämpfte Vorschreibung (Bescheid) bezüglich der Müllbeseitigungsgebühr ohne Mehrwertsteuer abzuändern wäre und von einer Vorschreibung dieser Gebühr Abstand genommen werden müßte."

Im angefochtenen Bescheid wurde bezüglich der Vorschreibung der Müllbeseitigungsgebühr für das zweite Quartal 1988 - die Berufungsentscheidung des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 19. Oktober 1993 befindet sich nicht in den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten - ausgeführt:

"Der Gemeinderat der Marktgemeinde V hat im wiederholten Verfahren der Berufung des (Beschwerdeführers) mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 19. Oktober 1993 keine Folge gegeben. Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß die Liegenschaft des (Beschwerdeführers) im Verpflichtungsbereich der Müllabfuhr und Abfallbeseitigung der Marktgemeinde V liege und nach § 14 Abs. 2 der 1988 dem Rechtsbestand angehörenden Müllabfuhrordnung der Marktgemeinde V die Müllabfuhr- und Müllbeseitigungsgebühr pro 90-l-Müllbehälter bei einmal wöchentlicher Abfuhr monatlich S 110,-- ohne Anrechnung der gesetzlichen Mehrwertsteuer betrage. Die Quartalsvorschreibung belaufe sich daher auf S 330,-- ohne der gesetzlichen Mehrwertsteuer und sei dies der Betrag, der (vom Beschwerdeführer) letztlich eingefordert wurde."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung gegen die Bescheide vom 19. Oktober 1993 hinsichtlich der Vorschreibung von Müllabfuhr- und Abfallbeseitigungsgebühr im "Spruch I" für das zweite Quartal 1988 und im "Spruch II" für das vierte Quartal 1988 je in Gesamthöhe von S 330,-- (exklusive Umsatzsteuer) als unbegründet ab. "Spruch III" des Bescheides lautet:

"Gemäß § 94 der Gemeindeordnung 1967 ... wird die

Vorstellung des (Beschwerdeführers) gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde V vom 19. Oktober 1993, GZ: I/III-813/0-Ke-1993, hinsichtlich des in der Vorstellung geäußerten Mehrbegehrens, wegen "res judicata" als unzulässig zurückgewiesen."

In der Begründung führte die belangte Behörde zu "Spruch I" und "Spruch II" aus, mit Rechtsgültigkeit des Bescheides, mit dem der Aufstellungsort der Mülltonne bestimmt worden sei, bestehe die Gebührenpflicht dann, wenn der festgelegte Aufstellungsort vom beauftragten Abfuhrunternehmen angefahren werde, um eine ordnungsgemäße Entsorgung des anfallenden Mülls gewährleisten zu können. Zu "Spruch III" heißt es in der Begründung, mit den im Zusammenhang mit den Müllabfuhrgebühren gestellten Anträgen entstehe der Eindruck, daß der Beschwerdeführer die Abänderungen eines nicht mehr der Berufung unterliegenden Bescheides begehre. Gemäß § 94 Abs. 5 der Gemeindeordnung 1967 habe die Aufsichtsbehörde den Bescheid eines Gemeindeorganes in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches im Bereich der Landesvollziehung nur dann aufzuheben, wenn Rechte des Rechtsmittelwerbers durch ihn verletzt werden und zwar auch dann, wenn dieser diese Verletzung von Rechten nicht geltend gemacht habe. Auf Grund der aufgezeigten Sach- und Rechtslage könne eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers nicht erkannt werden.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 27. Februar 1995, B 1209/94-8, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Nichtvorschreibung der in Rede stehenden Abgabe sowie "auf ordnungsgemäße Durchführung des Vorstellungsverfahrens" und Nichtzurückweisung beschwert und macht Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde führt hinsichtlich der behaupteten Nichtbeachtung der Zuständigkeitsvorschriften nichts weiter aus. Eine Unzuständigkeit der belangten Behörde ist nicht gegeben (vgl. die in gleichgelagerten Fällen an den Beschwerdeführer ergangenen Erkenntnisse vom 26. Juni 1992, Zlen. 90/17/0392, 0393, und vom 25. Oktober 1992, Zl. 90/17/0431).

Zu "Spruch I" und "Spruch II":

Die Abgabenbehörde erster Instanz schrieb die Müllbeseitigunsgebühr für die Quartale zwei und vier des Jahres 1988 in der Höhe von je S 330,-- sowie die Umsatzsteuer in der Höhe von je S 33,-- vor. Die dagegen erhobenen Berufungen wurden abgewiesen. Damit wurde von der Berufungsbehörde ein mit dem bekämpften Bescheid im Spruch übereinstimmender Bescheid erlassen, der an die Stelle des bekämpften erstinstanzlichen Bescheides trat. Die Berufungsbehörde hat daher - entgegen den tragenden Aufhebungsgründen der Vorstellungsbescheide und entgegen dem im Beschwerdefall ergangenen, die Behörden in diesem Verfahren bindenden Erkenntnis vom 26. Juni 1992, Zlen. 90/17/0392, 0393, über die Untrennbarkeit der Umsatzsteuer von der Müllbeseitigungsgebühr - wiederum die Müllbeseitigungsgebühr samt Umsatzsteuer vorgeschrieben. Daran ändert bei diesem klaren Spruch auch die Ausführung in der Begründung des Bescheides nichts, wonach die Abgabe "ohne Hinzurechnung der Mehrwertsteuer (S 33,--) vorzuschreiben" sei, weil Begründungselemente einen normativ verbindlichen Abspruch nicht zu ersetzen vermögen (vgl. VwSlg. 10.818 A/1982). Vielmehr ergibt der Widerspruch zwischen dem Spruch der Abgabenbescheide und der Begründung eine weitere Rechtswidrigkeit.

Da die belangte Behörde diese Umstände nicht zum Anlaß der Aufhebung der Abgabenbescheide des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde nahm, belastete sie ihrerseits den angefochtenen Bescheid hinsichtlich "Spruch I" und "Spruch II" mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Im fortgesetzten Verfahren wird die Berufungsbehörde nach Aufhebung ihrer Bescheide den Berufungen bezüglich der Umsatzsteuer Folge zu geben haben. Hinsichtlich der Entscheidung über die Müllbeseitigungsgebühr für das zweite und vierte Quartal 1988 wird auf die an den Beschwerdeführer ergangenen Erkenntnisse vom 26. Juni 1992, Zlen. 90/17/0392, 0393, und vom 25. Oktober 1992, Zl. 90/17/0431, hingewiesen. Das zuletzt genannte Erkenntnis betraf die Müllbeseitigungsgebühr für das Jahr 1990 und enthielt darüberhinaus einen Hinweis auf die Entscheidung betreffend Müllbeseitigungsgebühr für das zweite und vierte Quartal 1988, so daß sich ein Eingehen auf das Beschwerdevorbringen im vorliegenden Beschwerdefall erübrigt.

Mit "Spruch III" des angefochtenen Bescheides wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde "hinsichtlich des in der Vorstellung geäußerten Mehrbegehrens, wegen "res judicata" als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung heißt es dazu im wesentlichen, mit den im Zusammenhang mit den Müllabfuhrgebühren gestellten Anträgen sei der Eindruck entstanden, der Beschwerdeführer begehre die Abänderung eines nicht mehr der Berufung unterliegenden Bescheides.

Die Entscheidung im "Spruch III" des angefochtenen Bescheides "hinsichtlich des in der Vorstellung geäußerten Mehrbegehrens" läßt nicht erkennen, was Gegenstand dieses Mehrbegehrens ist und welche Verwaltungssache damit konkret erledigt werden soll. Auch die Begründung des Bescheides trägt zur eindeutigen Klärung des Umfanges der Entscheidung nichts bei. Der Spruch des Bescheides entbehrt daher der gebotenen Deutlichkeit. Der angefochtene Bescheid betreffend "Spruch III" ist daher schon deswegen mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weil im "Spruch III" des Bescheides auch unter Heranziehung der Begründung zur Auslegung des Spruches nicht klar zum Ausdruck kommt, worüber entschieden wurde.

Abschließend wird für das fortgesetzte Verfahren auf § 53 Abs. 1 lit. d Stmk LAO hingewiesen, wonach Verwaltungsorgane sich der Ausübung ihres Amtes im Berufungsverfahren zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen haben, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides in unterer Instanz mitgewirkt haben. Ist der erstinstanzliche Abgabenbescheid - wie im Beschwerdefall - vom Bürgermeister erlassen, dann liegt für diesen im Berufungsverfahren gemäß § 53 Abs. 1 lit. d Stmk LAO Befangenheit vor.

Zusammenfassend ergibt sich somit, daß der angefochtene Bescheid zur Gänze inhaltlich rechtswidrig ist. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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