VwGH 93/05/0137

VwGH93/05/013723.1.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der H Ch., Auto- und KFZ-Verwertung, Ersatzteile, Reifen- und Eisenhandel, Gesellschaft mbH in G, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 4. Mai 1993, Zl. UR - 060228/16 - 1993 Ha/Kl, betreffend einen Behandlungsauftrag nach § 32 des Abfallwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §76 Abs2;
AVG §77 Abs1;
AWG 1990 §32 Abs1;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §76 Abs2;
AVG §77 Abs1;
AWG 1990 §32 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin betreibt seit dem Jahr 1991 (Gewerbeanmeldung am 6. März 1991) auf den Grundstücken Nr. 2400, 2399/1, 2399/2, 2398, 2397 und 2396, KG G, eine Autoverwertung bzw. Autoverschrottung; zuvor wurde dieser Lagerplatz vom nunmehrigen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin H.Ch. von 1970 bis 1975, sodann bis 1985 von dessen Bruder He.Ch. und danach bis 1991 wieder von H.Ch. gleichfalls für Zwecke einer Autoverwertung und Autoverschrottung benutzt.

Mit Bescheid vom 21. Oktober 1992 trug die Bezirkshauptmannschaft Freistadt der Beschwerdeführerin auf,

(1.) bestimmte, auf diesen Grundstücken gelagerte Fahrzeuge, Starterbatterien und Motor- und Getriebeteile zu entfernen und einem befugten Abfallsammler oder -behandler zu übergeben, sowie (2.) das kontaminierte Erdreich auf dem Ablagerungsplatz unter Aufsicht und nach den Anweisungen eines Amtssachverständigen abzutragen und auf eine behördlich genehmigte Deponie zu verbringen. Als Rechtsgrundlage für diesen Auftrag wurde § 32 Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl. Nr. 325/1990 (im folgenden: AWG), angegeben. Weiters wurde eine Kommissionsgebühr von S 4.000,-- (5 Amtsorgane, 10 halbe Stunden a S 80,--) vorgeschrieben.

Aufgrund der dagegen erstatteten Berufung führte die belangte Behörde am 20. April 1993 eine Verhandlung durch. Der beigezogene Amtssachverständige für Hydrologie und Hydrogeologie gab an, die organileptische Überprüfung hätte eine mehr oder minder starke Mineralölkontamination ergeben. Dabei wurde auf verschiedene Bodenuntersuchungen vom 6. August 1992, 11. Februar 1993 und 20. April 1993 hingewiesen. An einer Stelle sei sogar Lösungsmittelgeruch im Boden festgestellt worden. Von dieser Verunreinigung könne durch Auswaschung und Versickerung von Niederschlagswässern eine Grundwasserbeeinträchtigung ausgehen. Das hier vorhandene Grundwasser trete bald in den nördlich der Ablagerungsstätte vorbeifließenden Schlagerbach in Form von diffusen Quellen aus. Aus hydrologischer Sicht bestehe eine Grundwassergefährdung. Die Beschwerdeführerin brachte bei dieser Verhandlung vor, daß, sollte tatsächlich das Erdreich kontaminiert sein, eine Altlast vorliege, die dem früheren Betreiber He.Ch. zur Last falle.

Mit dem angefochtenem Bescheid wurde der Berufung hinsichtlich des Entfernungsauftrages (1.) stattgegeben und der Beschwerdeführerin nur die Abtragung des kontaminierten Erdreiches aufgetragen. Als Rechtsgrundlage wurde abermals § 32 Abs. 1 AWG angeführt; weiters wurden zusätzliche Kommissionsgebühren von S 13.720,-- (7 Amtsorgane, 14 halbe Stunden a S 140,--), unter Einschluß der Gebühren für das erstinstanzliche Verfahren, sohin S 17.720,--, vorgeschrieben. Die Stattgebung wurde damit begründet, daß alle im Entfernungsauftrag angeführten Abfälle tatsächlich entfernt worden seien. Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid fest, daß der Untergrund mehr oder weniger kontaminiert sei und daß von dieser Verunreinigung durch Auswaschung und Versickerung von Niederschlagswässern eine Grundwasserbeeinträchtigung ausgehen könne. Im Hinblick darauf, daß die Beschwerdeführerin die gegenständlichen Grundstücke in Form einer Autoverwertung und Autoverschrottung nütze, dies auf unbefestigtem Untergrund, und daß eine oberflächliche Kontaminierung des Bodens vorliege, könne die Verunreinigung der Beschwerdeführerin zugeordnet werden.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihren Rechten insoferne verletzt, als es die belangte Behörde unterlassen habe, konkrete Feststellungen hinsichtlich des Zurücklassens des Abfallbesitzes und darüber, ob die Kontaminierung des Erdreiches vor dem 1. Juli 1990 oder nachher eingetreten sei, zu treffen, und insoweit, als die Behörde trotz unzureichender Grundlagen und trotz Verwertung der Kommissionsgebühren in anderen Verfahren die Kommissionsgebühr der Beschwerdeführerin angelastet habe.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift. Die Beschwerdeführerin legte ein Protokoll über die Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Linz am 11. Mai 1994 vor, in welcher der Sachverständige DJ.B. sein schriftlich erstattetes Gutachten ergänzte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist zunächst, daß aus dem gesamten Akteninhalt, insbesondere aus dem erstinstanzlichen Bescheid und aus dem Kopf des angefochtenen Bescheid das Objekt des Behandlungsauftrages eindeutig erkennbar ist. Die Anführung der Nummer "2499" erstmals im Spruch des angefochtenen Bescheides anstelle der Nummer "2400" im Kopf dieses Bescheides und im sonstigen Akteninhalt ist ein offenkundiger Schreibfehler; die Behörde wollte keineswegs, wofür insbesondere jeglicher Anhaltspunkt aus der Begründung des angefochtenen Bescheides fehlt, ein ganz neues Grundstück in den Behandlungsauftrag einbeziehen und ein anderes dafür ausnehmen. Es kann daher ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß sich auch der im angefochtenen Bescheid erteilte Behandlungsauftrag auf das Grundstück Nr. "2499" und nicht etwa jenes mit der Nr. "2400" bezieht.

§ 32 Abs. 1 AWG lautet:

"(1) Werden Problemstoffe und Altöle aus privaten Haushalten und vergleichbaren Einrichtungen nicht gemäß § 12 gelagert oder entsorgt, werden andere Abfälle - soweit für diese Abfälle Bestimmungen hinsichtlich Sammlung, Lagerung, Behandlung und Transport in diesem Bundesgesetz vorgesehen sind - oder Altöle nicht gemäß den §§ 16 bis 18 entsorgt oder werden sie entgegen den §§ 19, 20 und §§ 28 bis 30 befördert, gelagert oder behandelt oder ist die schadlose Behandlung der Abfälle oder Altöle und des durch sie verunreinigten Bodens zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs. 3 geboten, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzug unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Dies gilt sinngemäß in den Fällen des § 37 Abs. 3 für die unverzügliche Wegbringung vom Amtsplatz des Zollamtes."

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, daß die im § 32 Abs. 1 AWG genannten bzw. verwiesenen Abfälle bzw. Altöle auf ihrem Grundstück vorhanden sind. Sie macht nur geltend, daß diese Verunreinigungen vor Inkrafttreten des AWG entstanden seien und der Auftrag daher nicht auf § 32 AWG gestützt werden könne. Dabei verkennt sie, daß - zufolge Verwendung der Konjunktion "oder" - nur EINE der in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen vorliegen muß. Diese Voraussetzungen lassen sich wie folgt auflisten:

Die Bezirksverwaltungsbehörde muß die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten auftragen, wenn

1. Problemstoffe und Altöle aus privaten Haushalten und vergleichbaren Einrichtungen nicht gemäß § 12 gelagert oder entsorgt werden,

2. andere Abfälle - soweit für diese Abfälle

Bestimmungen hinsichtlich Sammlung, Lagerung, Behandlung und Transport in diesem Bundesgesetz vorgesehen sind -

oder Altöle

  1. a) nicht gemäß den §§ 16 bis 18 entsorgt oder
  2. b) entgegen den §§ 19, 20 und §§ 28 bis 30 befördert, gelagert oder behandelt werden, oder

3. die schadlose Behandlung der Abfälle oder Altöle und des durch sie verunreinigten Bodens zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs. 3 geboten ist.

Die zuletzt genannte Voraussetzung liegt nach den diesbezüglich unbestritten gebliebenen Feststellungen hier vor. Da die schadlose Behandlung des durch Abfälle oder Altöle verunreinigten Bodens (aktuell) geboten sein muß, kommt es jedenfalls nicht darauf an, ob die Verunreinigung des Bodens auch schon vor Inkrafttreten des AWG erfolgte. Die dritte Fallgruppe des § 32 Abs. 1 AWG nimmt ja auf keine - zu einer bestimmten Zeit gesetzte - Handlung oder Unterlassung Bezug. Daher kann diesbezüglich die nicht weiter begründete Ansicht von Brandt-Schwarzer, Rechtsfragen der Bodensanierung, 62, die abfallrechtlichen Verpflichtungen zur Entfernung von Abfall gälten nur für Ablagerungen, die ab dem Inkrafttreten der jeweiligen Rechtsvorschrift erfolgt sind, nicht geteilt werden.

Aufgrund der getroffenen Tatsachenfeststellungen kann allerdings auch unerörtert bleiben, ob solche Maßnahmen dem Nichtverursacher (der auch nicht Grundeigentümer ist), nämlich beispielsweise dem Rechtsnachfolger jenes Unternehmers, dessen Betrieb die Kontaminierung herbeigeführt hat, aufgetragen werden können. Es wurde nämlich eine OBERFLÄCHLICHE Kontaminierung des unbefestigten Bodens festgestellt und noch ein Lösungsmittelgeruch wahrgenommen. Die Schlußfolgerung der Behörde, daß die Beschwerdeführerin, die seit der Gewerbeanmeldung am 6. März 1991 die Anlage betreibt, Verursacherin der Verunreinigung ist, kann durch die Beschwerdeausführungen nicht entkräftet werden. Die Beschwerdeführerin setzt sich über den Akteninhalt hinweg, wonach am 2. März 1992 ca. 300 Altautos und Schrott-Teile, Altreifen, Alteisen und offene Motorteile, ferner zahlreiche ausgebaute Motoren, die auf dem unbefestigten Boden standen, bei denen Teile bereits abmontiert waren, sodaß das Regenwasser in das Innere gelangen konnte, vorgefunden wurden und daß auf Wasserpfützen Ölfilme festgestellt wurden (Strafanzeige des Gendarmeriepostenkommandos Freistadt vom 11. März 1992). Die Beschwerdeführerin behauptet gar nicht, seit ihrer Betreiberstellung besondere Maßnahmen - etwa durch Schaffung eines öldichten Untergrundes - gesetzt zu haben, sodaß sie als Verursacherin weiterer Kontaminierungen nicht mehr in Frage gekommen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet daher das Ergebnis der behördlichen Beweiswürdigung, wonach der Beschwerdeführerin die festgesetellte Kontaminierung zuzurechnen, sie also Verursacherin sei, für unbedenklich.

Da Verpflichteter i.S.d. § 32 Abs. 1 AWG jedenfalls der Verursacher ist (vgl. das Erkenntnis vom 26. Mai 1992, Zl. 92/05/0035), wurde der Beschwerdeführerin die schadlose Behandlung des durch Abfälle und Altöle verunreinigten Bodens zu Recht aufgetragen.

Die Beschwerdeführerin wendet sich schließlich gegen die ihr vorgeschriebenen Kommissionsgebühren, weil sich die Verhandlung vom 4. Juni 1992 nicht auf sie bezogen habe (tatsächlich wurde im ersten Rechtsgang H.Ch. verpflichtet; aufgrund der Berufung, in welcher die Betreibereigenschaft der Beschwerdeführerin dargestellt wurde, wurde der erstinstanzliche Bescheid behoben). Die Beschwerdeführerin als Nichtverursacherin habe diese Kosten nicht verschuldet; ein erheblicher Verhandlungsaufwand am 20. April 1993 sei für die Beschreibung der vorgefundenen Fahrzeuge erforderlich gewesen, was nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens gewesen sei.

Gemäß § 77 Abs. 1 AVG können für Amtshandlungen der Behörden außerhalb des Amtes Kommissionsgebühren eingehoben werden. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Entrichtung dieser Gebühren finden die Bestimmungen des § 76 AVG sinngemäß Anwendung. § 76 Abs. 2 2. Satz AVG sieht vor, daß dann, wenn die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet wurde, die Auslagen der Behörden den Beteiligten belasten, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind. Diese Heranziehung des Beteiligten setzt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, daß ein kausaler Zusammenhang zwischen dem schuldhaften Verhalten des Beteiligten und der mit Kosten verbundenen Amtshandlung bestand und die einzelnen Verfahrenshandlungen, welche die Kosten verursacht haben, zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts erforderlich waren (hg. Erkenntnis vom 29. Juli 1992, Zl. 91/12/0036). Die Beschwerdeführerin war nicht nur, wie oben ausgeführt, Verursacherin der Bodenverunreinigungen; sie hat das Einschreiten der Behörde auch keinesweg schuldlos herbeigeführt. Aktenkundig ist ein Vermerk der Gewerbebehörde vom 19. Jänner 1989, wonach Altautos, Altreifen, Alteisen und auch Motorteile sowie offene Motorteile gelagert bzw. auf unbefestigtem Boden zu liegen gekommen seien. Damals wurden keinerlei befestigte Bereiche festgestellt, auf denen diese Motorteile oder ölverschmutzten Schrott-Teile zur Lagerung gebracht werden könnten. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, der damals Betreiber der Anlage war, mußte daher ab dem Inkrafttreten des AWG mit einem Einschreiten der Behörde rechnen; daß die Behörde ursprünglich den Bescheid an den früheren Betreiber richtete, hat mit der Erforderlichkeit der Amtshandlung zur Feststellung der tatsächlichen Bodenverhältnisse nichts zu tun. Das Beharren der Beschwerdeführerin in diesen schuldhaften Handlungen bzw. Unterlassungen machte weitere Verfahrensschritte im Berufungsverfahren erforderlich.

Für die von der Beschwerdeführerin gewünschte Aufteilung hinsichtlich der Verhandlungskosten, die auf die Beschreibung der Fahrzeuge entfielen, bietet der Gesetzeswortlaut keine Grundlage; im übrigen hätte es die Beschwerdeführerin in der Hand gehabt, durch Einschränkung ihrer Berufung auf den Abtragungsauftrag in Punkt 2 des von ihr bekämpften erstinstanzlichen Bescheides - zur Behebung des Bescheidspruches 1. kam es ja nur, weil dem Entfernungsauftrag bereits nachgekommen war - diesbezügliche Kosten zu vermeiden.

Damit erwies sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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