Normen
AVG §63 Abs5;
BAO §245 Abs1;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
ZustG §17 Abs1;
ZustG §17 Abs2;
ZustG §17 Abs3;
ZustG §17 Abs4;
ZustG §21 Abs2;
ZustG §21;
AVG §63 Abs5;
BAO §245 Abs1;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
ZustG §17 Abs1;
ZustG §17 Abs2;
ZustG §17 Abs3;
ZustG §17 Abs4;
ZustG §21 Abs2;
ZustG §21;
Spruch:
Die Beschwerde gegen den Bescheid wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer brachte am 5. Mai 1995 eine unter hg 95/14/0067 protokollierte Beschwerde gegen den im Spruch dieses Beschlusses genannten Bescheid (in der Folge nur: Bescheid) persönlich beim Verwaltungsgerichtshof ein. Als Zustelldatum wurde der 24. März 1995 angegeben. Da somit die im § 26 Abs 1 VwGG normierte Frist von sechs Wochen gewahrt schien, leitete der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren ein. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift mit der Begründung, der Bescheid sei durch Hinterlegung am 21. März 1995 zugestellt worden, weswegen die im § 26 Abs 1 VwGG normierte Frist am 2. Mai 1995 abgelaufen sei, die kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde. Der Verwaltungsgerichtshof stellte dem Beschwerdeführer eine Ausfertigung der Gegenschrift zu, worauf dieser Akteneinsicht nahm und innerhalb von zwei Wochen unter Vorlage von Beweismitteln folgenden, vom Verwaltungsgerichtshof als bescheinigt angesehenen Sachverhalt bekanntgab:
Der erste Zustellversuch des Bescheides nach § 21 ZustG sei am 20. März 1995 verbunden mit der Ankündigung eines zweiten Zustellversuches erfolgt. Hiebei sei auf dem Rückschein vermerkt worden, die Ankündigung sei "an der Abgabestelle zurückgelassen" worden. Der zweite Zustellversuch sei am 21. März 1995 erfolgt. Die Sendung sei sodann beim Postamt hinterlegt worden. Hiebei sei auf dem Rückschein vermerkt worden, die Verständigung über die Hinterlegung sei "in den Briefkasten eingelegt" worden. Unter einem sei als Beginn der Abholfrist der 21. März 1995 bekannt gegeben worden. Am 20. März 1995 habe er ganztägig in seinem Büro, das sich in einem anderen Ort als sein Wohnsitz befinde, gearbeitet. Bei seiner Rückkehr am Abend dieses Tages habe er seinen Briefkasten entleert, jedoch keine Ankündigung eines zweiten Zustellversuches vorgefunden. Weder an seiner Eingangstür noch sonstwo habe er eine derartige Ankündigung gesehen. Am 21. März 1995 sei er um etwa 07.30 Uhr in die Bundesrepublik Deutschland abgereist und erst wieder am 22. März 1995 um etwa
23.45 Uhr zu seinem Wohnsitz zurückgekehrt. Er habe sich lediglich zum Schlafen aufgehalten und sei bereits am 23. März 1995 um etwa 07.00 Uhr - ohne seinen Briefkasten zu öffnen - zu einer beruflichen Verrichtung in einen anderen Ort gefahren. Er sei erst wieder am 24. März 1995 um etwa 00.30 Uhr zu seinem Wohnsitz zurückgekehrt und habe sich - ohne seinen Briefkasten zu öffnen - sofort zu Bett begeben. Erst am Morgen dieses Tages habe er in seinem Briefkasten die Verständigung über die Hinterlegung vorgefunden und die Sendung - somit auch den Bescheid - am selben Tag beim Postamt behoben. Seine Ehegattin verfüge über keinen Briefkastenschlüssel, weswegen sie auch nicht früher als er vom Zustellvorgang Kenntnis haben konnte.
Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, er habe vom Zustellvorgang wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht vor dem 24. März 1995 Kenntnis erlangen können. Der erste Zustellversuch sei ihm nie bekannt geworden, beim zweiten Zustellversuch sei er ortsabwesend gewesen. Die Zustellung durch Hinterlegung sei daher nicht am 21. März 1995, sondern erst an dem seiner Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam geworden; dies sei aber erst am 25. März 1995 der Fall gewesen. Da er den Bescheid jedoch bereits am 24. März 1995 behoben habe, sei dieser Tag als Tag der Zustellung anzusehen, weswegen die am 5. Mai 1995 persönlich beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde nicht verspätet sei.
Aus Gründen der Vorsicht begehrt der Beschwerdeführer unter einem die unter hg 95/14/0114 protokollierte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist hinsichtlich der unter hg 95/14/0067 protokollierten Beschwerde, wobei er - ausgehend vom als bescheinigt angesehenen Sachverhalt - die Ansicht vertritt, er sei auf Grund seiner beruflichen Tätigkeit nicht an der Abgabestelle anwesend gewesen, weswegen er durch ein unabwendbares Ereignis an der Kenntnisnahme von der bevorstehenden bzw in weiterer Folge bereits erfolgten Hinterlegung gehindert gewesen sei. Es treffe ihn auch kein Verschulden an einer (allfälligen) Fristversäumnis, weil er vom Zustellvorgang vor dem 24. März 1995 keine Kenntnis gehabt habe und den Bescheid daher nicht vor diesem Tag beheben habe können. Die Ankündigung eines zweiten Zustellversuches vom 20. März 1995 sei ihm nie zugekommen. Auch darin sei ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis zu erblicken. Er sei ein gewissenhafter Mensch und behandle gerade Behördenstücke mit äußerster Sorgfalt und Bedachtnahme auf allfällige Fristenläufe. Er setze, wie aus dem der Beschwerde beigelegten Bescheid ersichtlich, Eingangsvermerke, um allfällige Fristen in Evidenz halten zu können und fertige mit Handzeichen. Hätte er bereits am 20. März 1995 Kenntnis über einen Zustellversuch gehabt, dann hätte er auf dem Bescheid als Eingang den 21. März 1995 vermerkt. Diese Kenntnis habe er jedoch - wie bereits ausgeführt - nicht haben können, weswegen er von einer Zustellung des Bescheides und damit vom Beginn des Fristenlaufes nach § 26 Abs 1 VwGG per 24. März 1995 ausgegangen sei. Ein wiedereinsetzungschädlicher Grad des Verschuldens liege daher selbst unter Zugrundelegung eines strengen Maßstabes nicht vor.
Dem Beschwerdeführer ist folgendes entgegenzuhalten:
In Fällen, in denen eine Zustellung zu eigenen Handen erfolgen soll, darf eine Hinterlegung nach § 17 ZustG nicht schon dann vorgenommen werden, wenn die Sendung beim (ersten) Zustellversuch nicht zugestellt werden kann. § 21 Abs 2 ZustG fordert vielmehr weitergehende Bemühungen mit dem Ziel, daß die Sendung wirklich demjenigen zukommt, für den sie persönlich ("zu eigenen Handen") bestimmt ist. Dementsprechend ist in der zuletzt genannten Gesetzesstelle - zwingend - angeordnet, daß nach einem erfolglosen ersten Zustellversuch dem Empfänger schriftlich ein zweiter Zustelltermin bekanntzugeben und er zu ersuchen ist, zu diesem Termin an der Abgabestelle zur Annahme der Sendung anwesend zu sein. Erst wenn der Empfänger auch zu diesem Termin (zweiter Zustellversuch) nicht angetroffen wird, darf gemäß dem letzten Satz des § 21 Abs 2 ZustG eine Hinterlegung nach § 17 leg cit mit den dort vorgesehenen Rechtsfolgen stattfinden. Der Zweck des im ersten Satz des § 21 Abs 2 ZustG genannten schriftlichen Ersuchens an den Empfänger, zu einer gleichzeitig zu bestimmenden Zeit an der Abgabestelle zur Annahme der Sendung anwesend zu sein, ist erkennbar der, dem Empfänger tatsächlich die Möglichkeit der persönlichen Empfangnahme des für ihn bestimmten Schriftstückes zu bieten (vgl das hg Erkenntnis vom 22. September 1987, 86/14/0170). Mit dem gesetzlich vorgesehenen zweimaligen Zustellversuch soll somit gewährleistet werden, daß der Empfänger der Sendung in der Regel von der beabsichtigten Zustellung Kenntnis erhält.
Es mag im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob dem Beschwerdeführer die Ankündigung eines zweiten Zustellversuches vom 20. März 1995 zugekommen ist. Bemerkt wird, daß eine im Weg der Hinterlegung vorgenommene Zustellung nach § 17 Abs 4 ZustG auch dann gültig ist, wenn die im § 21 Abs 2 leg cit genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde. Es ist daher umso mehr irrelevant, ob die Ankündigung eines zweiten Zustellversuches dem Empfänger der Sendung zugekommen ist. Entscheidend ist vielmehr, daß sich der Beschwerdeführer vom
20. bis 23. März 1995 regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten hat. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Beschluß vom 26. November 1991, 91/14/0218, 0219, ausgeführt hat, stellt eine kurzfristige Ortsabwesenheit der Annahme nicht entgegen, daß sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Der Beschwerdeführer war vom 21. März 1995 bis 22. März 1995 ortsabwesend. Er konnte daher vom Zustellvorgang insofern "rechtzeitig" Kenntnis erlangen, als ihm ein für die Einbringung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof angemessener Zeitraum verblieb. Es ist nämlich keinesfalls erforderlich, daß dem Empfänger in Fällen einer Zustellung durch Hinterlegung stets die "volle Frist" für die Erhebung einer allfälligen Beschwerde zur Verfügung stehen muß. Die sechswöchige Frist zur Einbringung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde somit nicht dadurch unangemessen verkürzt, daß die Zustellung des Bescheides durch Hinterlegung am 21. März 1995 und die tatsächliche Behebung am 24. März 1995, sohin bloß drei Tage später erfolgt ist. Abgesehen davon wäre die Behebung bereits am 23. März 1995 möglich gewesen, weil der Beschwerdeführer bereits am 22. März 1995 um etwa 23.45 Uhr zu seinem Wohnsitz zurückgekehrt ist.
Selbst wenn man der Auffassung des Beschwerdeführers folgte, die Zustellung des Bescheides sei nicht schon am 21. März 1995 durch Hinterlegung erfolgt, sondern gemäß § 17 Abs 3 letzter Satz ZuStG erst an dem der Rückkehr des Beschwerdeführers an die Abgabestelle folgenden Tag, wäre für ihn nichts gewonnen. Denn der Beschwerdeführer ist bereits am 22. März 1995 um etwa 23.45 Uhr zu seinem Wohnsitz zurückgekehrt, weswegen der Bescheid spätestens am 23. März 1995 als zugestellt gilt. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Beschwerdeführer weder unmittelbar nach seiner Rückkehr noch am folgenden Morgen seinen Briefkasten geöffnet hat. Denn die Nichtöffnung des Briefkastens am 22. März 1995 führt nicht zur Annahme, der Beschwerdeführer sei weiterhin ortsabwesend gewesen. Auch die vom Beschwerdeführer behauptete Tatsache, er habe am 23. März 1995 bereits um etwa 07.00 Uhr seinen Wohnsitz verlassen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Bei der Anwendung des § 17 Abs 3 letzter Halbsatz ZuStG kommt es nämlich nicht darauf an, ob der Empfänger auf Grund privater oder beruflicher Aktivitäten keine Zeit für die Abholung einer Sendung findet. Entscheidend ist, daß der 23. März 1995 innerhalb der Abholfrist lag und die Abholung der Sendung beim Postamt möglich gewesen wäre.
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß es bei einer Zustellung zu eigenen Handen für die Rechtswirksamkeit einer Hinterlegung genügt, daß der Adressat zumindest am Tag des ersten Zustellversuches an der Abgabestelle anwesend gewesen ist und so Kenntnis erlangen konnte, ihm solle ein behördliches Schriftstück zugestellt werden (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Mai 1988, 88/02/0010).
Da die Beschwerdefrist somit bereits am 21. März 1995, nach den Ausführungen des Beschwerdeführers am 23. März 1995, in Lauf gesetzt wurde, erweist sich die am 5. Mai 1995 persönlich beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde als verspätet.
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückzuweisen.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist einer Partei auf Antrag nach § 46 Abs 1 VwGG zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Beschwerdeführer bezeichnet seine Abwesenheit von der Abgabestelle auf Grund seiner beruflichen Tätigkeit als ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß die Abwesenheit des Beschwerdeführers kausal für die Fristversäumnis war. Der Beschwerdeführer war auch nicht gehindert, von der Hinterlegung Kenntnis zu erhalten. Die Fristversäumnis wurde vielmehr durch die unrichtige Auffassung des Beschwerdeführers, der Bescheid sei erst am 24. März 1995 rechtswirksam zugestellt worden, verursacht. Ein Rechtsirrtum betreffend den Zeitpunkt der rechtswirksamen Zustellung des Bescheides und damit betreffend den Beginn der Beschwerdefrist ist für sich allein aber kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinn des § 46 VwGG (vgl den hg Beschluß vom 26. November 1991, 91/14/0220, 0221, mwA). Bei dieser Sach- und Rechtslage erübrigte es sich, auf die Frage des Verschuldens einzugehen.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzuweisen.
Die vom Beschwerdeführer beantragte mündliche Verhandlung konnte aus dem im § 39 Abs 2 Z 1 VwGG genannten Grund unterbleiben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl Nr 416/1994.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)