Normen
AVG §66 Abs4;
BAO §279 Abs1;
BAO §289 Abs2;
BAO §77 Abs1;
BAO §79;
BAO §93 Abs2;
BAO §93 Abs3 lita;
KStG 1966 §1 Abs1 Z5;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;
AVG §66 Abs4;
BAO §279 Abs1;
BAO §289 Abs2;
BAO §77 Abs1;
BAO §79;
BAO §93 Abs2;
BAO §93 Abs3 lita;
KStG 1966 §1 Abs1 Z5;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung bei einer von der Gemeinde betriebenen Zentralwäscherei über den Zeitraum 1976 bis 1985 wurde folgender Sachverhalt festgestellt:
Die Personalvertretung hätte im Prüfungszeitraum in einem vom Dienstgeber mit entsprechendem Inventar (Tische, Sessel, Geschirr, Elektroherd, Kühlschränke, Wurstschneide- und Espressomaschine) eingerichteten Speisesaal und einer Küche einen Kantinenbetrieb betrieben. Als verantwortliche Organe hätten der Obmann der Personalvertretung und dessen Stellvertreter fungiert. Räumlichkeiten und Inventar wären ua in folgender Form genutzt worden: In der Früh wären Warenbestellungen der Belegschaft entgegengenommen und die gewünschten Artikel im Namen und auf Rechnung der Personalvertretung bei entsprechenden Geschäften bestellt worden. Die gelieferten Waren wären bar bezahlt und anschließend an die Besteller zum Selbstkostenpreis weitergegeben worden, wobei die Besteller die Rechnungssummen in Form von Trinkgeldern aufgerundet hätten. Die Personalvertretung hätte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung bei der Ottakringer Brauerei Harmer KG, Österreichischen Brau AG, Jacobs und Santora Kaffee GmbH Bier, Kaffee und alkoholfreie Getränke eingekauft und diese mit geringen Preisaufschlägen an die Bediensteten der Zentralwäscherei verkauft. Zigaretten wären im Namen und auf Rechnung der Personalvertretung eingekauft und an die Bediensteten zum Selbstkostenpreis abgegeben worden. Der Obmann der Personalvertretung hätte im Jahre 1986 von der Firma Felix Austria beschädigte B-Ware an Gulaschsuppen und Bohnensuppen bezogen, welche inklusive Gebäck an die Bediensteten zum Abgabepreis von S 10,-- pro Portion abgegeben worden wären. Die Kosten für Strom, Personal, Wartung der Geräte und Reinigung der Räumlichkeiten wären vom Dienstgeber getragen worden. Dieser hätte auch für die Benützung der Räumlichkeiten kein Entgelt verlangt.
Der Prüfer vertrat die Ansicht, daß die Personalvertretung als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit dieser Tätigkeit einen steuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art führe, hinsichtlich dessen die Besteuerungsgrundlagen mangels entsprechender Bücher und Aufzeichnungen gemäß § 184 BAO zu schätzen seien. Die Ergebnisse dieser Schätzung wurden in detaillierter Form in dem gemäß § 150 BAO verfaßten Bericht festgehalten.
Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ für den Abgabepflichtigen Kantine der Zentralwäscherei der Gemeinde (in der Folge: Kantine) ua für die Jahre 1976 bis 1985 entsprechende Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide, für die Jahre 1976 bis 1986 Bescheide über die Abgabe von alkoholischen Getränken, sowie (auf Null lautende) Einheitswertbescheide zum 1. Jänner 1976, 1. Jänner 1980, 1. Jänner 1983 und 1. Jänner 1986.
In einer gegen diese Bescheide eingebrachten Berufung wurde zunächst gerügt, daß die Personalvertretung keine Körperschaft des öffentlichen Rechts sei, die Annahme eines Betriebes gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts daher nicht angenommen werden könne. Darüber hinaus wurde die Schätzung der Höhe nach angefochten.
In der Folge wurden der Kantine vom Finanzamt neben diversen Erörterungen der Schätzungsgrundlagen vorgehalten, daß nach Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zum Mehrwertsteuer, § 2 Anm 29, bei Kantinen, die vom Betriebsrat eines Unternehmens oder von der Gesamtheit der Dienstnehmer durch einen Beauftragten geführt würden, der Betriebsrat bzw die Gesamtheit der Betriebsangehörigen Unternehmer sei. Mit den Überschüssen aus dem Kantinenbetrieb würden Ausgaben getätigt, die der gesamten Belegschaft zugute kämen. Es liege somit eine nichtrechtsfähige Personenvereinigung vor, deren Einkommen nicht nach § 4 KStG unmittelbar einem oder mehreren anderen Steuerpflichtigen zugeordnet werden könne. Dem hielt die Kantine entgegen, daß die Unternehmereigenschaft dieser nichtrechtsfähigen Personenvereinigung bestritten werde, da diese nach außenhin nicht in Erscheinung getreten sei, es daher an einer Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr mangle und somit eine nicht umsatzsteuerpflichtige "Innengesellschaft" vorliege. Die Tätigkeit der Kantine könne nur als eine Art "Selbstversorgungshandlung" für die Dienstnehmer gewertet werden, bei deren Leistungen es sich um solche zur Deckung des Eigenbedarfes an die Mitglieder der Personenvereinigung selbst handle. Bezüglich der Körperschaftsteuerpflicht wurde insbesondere die Ansicht vertreten, daß die für nichtrechtsfähige Personengemeinschaften nach der Literatur erforderlichen Voraussetzungen nicht vorlägen. Weder existiere ein vertretungsbefugtes Organ noch könne von einer "Beteiligung" der Dienstnehmer an der Personenvereinigung gesprochen werden. In Ermangelung eines Gewerbebetriebes lägen auch keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der Kantine insofern teilweise Folge gegeben, als den Einwendungen der Berufung insbesondere hinsichtlich der Höhe der Schätzungen in einigen Punkten Rechnung getragen wurde, im übrigen wurde die Berufung aber abgewiesen, wobei hinsichtlich des Steuersubjektes ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, daß das vom Prüfer angenommene Steuersubjekt eines Betriebes gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht vorliege, sondern vielmehr eine nichtrechtsfähige Personenvereinigung im Sinne des § 1 Abs 1 Z 5 KStG 1966, bzw Personalvertretung und Belegschaft der Zentralwäscherei eine solche Personenvereinigung darstelle.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht darauf, daß ihr nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 1 ff jeweils des Umsatzsteuer-, des Körperschaftsteuer-, des Gewerbesteuer- und des Alkoholabgabegesetzes, der §§ 2 ff des Bewertungsgesetzes und der §§ 4 ff BAO Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer sowie Abgabe von alkoholischen Getränken vorgeschrieben werden und kein Bescheid betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens erlassen wird, sowie in ihrem Recht darauf, daß solche Entscheidungen nicht trotz Verjährung im Sinne der §§ 207 ff BAO getroffen werden, durch unrichtige Anwendung der zitierten Normen sowie der Vorschriften über die Bescheidbegründung, das Ermittlungs- und Berufungsverfahren verletzt und beantragt dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Auf die Gegenschrift der belangten Behörde hat die Beschwerdeführerin repliziert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird zunächst gerügt, daß der angefochtene Bescheid schon deshalb gesetzwidrig sei, weil er nicht an einen bestimmten oder ausreichend definierten Adressaten gerichtet sei, welcher überhaupt in einer Form, die ihn zum Besteuerungssubjekt (Abgabepflichtigen) machen könnte, nicht existiere. Der Bescheidbegründung wie auch dem ganzen Akt sei nicht zu entnehmen, welches Rechtsgebilde mit dem gewählten Bescheidadressaten angesprochen werden solle.
Diese Ansicht vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen. Der Bescheid einer Verwaltungsbehörde ist als Ganzes zu beurteilen. Der Spruch (mit dem darin enthaltenen Bescheidadressaten) und die Begründung bilden eine Einheit. Bestehen Zweifel über den Inhalt des Spruches, so ist zu dessen Deutung auch die Begründung heranzuziehen (vgl zB das hg Erkenntnis vom 20. Oktober 1992, 92/14/0026).
Unter somit gebotener Berücksichtigung der Bescheidbegründung kann kein Zweifel bestehen, daß als Steuersubjekt des angefochtenen Bescheides die im Bescheidadressaten wie auch immer umschriebene, von der Belegschaft und der (offenbar als Teil dieser Belegschaft angesehenen) Personalvertretung der Zentralwäscherei gebildete nichtrechtsfähige Personenvereinigung ist.
Gemäß § 77 Abs 1 BAO ist Abgabepflichtiger im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer nach Abgabenvorschriften als Abgabenschuldner in Betracht kommt. Abgabepflichtiger ist demnach jeder, sei es eine natürliche oder juristische Person, eine Vermögensmasse oder eine nichtrechtsfähige Personenvereinigung, mit dem die Abgabenbehörde im Hinblick auf seine möglicherweise gegebene Abgabenschuld in einem Abgabenverfahren in Verbindung tritt oder in Verbindung treten kann (vgl Stoll, BAO, Handbuch, S 173 f). Abgabepflichtiger ist überdies ein wirtschaftliches Gebilde, das zivilrechtlich nicht rechtsfähig ist, wenn ihm materiellrechtlich Steuerrechtssubjektivität zuerkannt wird (vgl Stoll, aaO, S 179).
Wenn die belangte Behörde daher ein wirtschaftliches Gebilde in Form einer nichtrechtsfähigen Personenvereinigung als Abgabepflichtigen beurteilt hat, so kann ihr im Hinblick darauf, daß einer nichtrechtsfähigen Personenvereinigung im § 1 Abs 1 Z 5 KStG 1966 materiellrechtlich Steuersubjektivität zuerkannt wird, grundsätzlich nicht entgegengetreten werden. Dies ungeachtet des Umstandes, daß auch die nach den Feststellungen des Prüfers insbesondere gegenüber Lieferanten nach außen aufgetretene Personalvertretung selbst als nichtrechtsfähige Personenvereinigung anzusehen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat auch keine Bedenken, daß mit der erfolgten Umschreibung des Bescheidadressaten das angesprochene Steuersubjekt unter Berücksichtigung der Bescheidbegründung so ausreichend definiert ist, daß der Beschwerdeführerin die Rechtsverfolgung möglich war.
Bei dieser Beurteilung ergibt sich aber, daß das Steuersubjekt des angefochtenen Bescheides (die nichtrechtsfähige Personenvereinigung der Belegschaft der Zentralwäscherei) ein anderes war, als das Steuersubjekt (Betrieb gewerblicher Art der als Körperschaft öffentlichen Rechts beurteilten Personalvertretung), welchem das Finanzamt mit Bescheid bestimmte Abgaben vorgeschrieben hat bzw gegenüber welchem entsprechende Einheitswertbescheide erlassen wurden und welches gegen diese Bescheide (eine nach wie vor unerledigte) Berufung erhoben hat. Demgegenüber hat das in der Berufungsentscheidung angesprochene Steuersubjekt mangels ihm gegenüber erlassener erstinstanzlicher Bescheide eine Berufung nicht erhoben. Mangels Berufung DIESES Steuersubjektes hat die belangte Behörde aber eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nicht zukommt. Die Unzuständigkeit der belangten Behörde führt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn sie in der Beschwerde - anders als in der mündlichen Berufungsverhandlung - nicht geltend gemacht wurde. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 2 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991.
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