Normen
AuslBG;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §36 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §63 Abs1;
AuslBG;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §36 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §63 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Bezüglich des Sachverhaltes und des bisherigen Verfahrensablaufes wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf das den beiden Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bekannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1990, Zl. 89/09/0150, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde auf Grund der damaligen Beschwerde der Beschwerdeführerin der seinerzeit angefochtene Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien (in der Folge kurz: LAA) vom 12. Oktober 1989 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Mit diesem Bescheid war die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 15. April 1988 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 und Abs. 3 Z. 11 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) abgewiesen worden.
Im fortgesetzten Verfahren ersuchte das LAA zunächst mit Schreiben vom 6. August 1990 die Beschwerdeführerin um Übersendung einer Kopie des Meldezettels für den beantragten Ausländer über die ununterbrochene polizeiliche Meldung ab 1. April 1990. Hiezu teilte der die Beschwerdeführerin auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertretende Rechtsanwalt mit Schreiben vom 20. August 1990 mit, nach der ihm bisher erteilten Information sei der beantragte Dienstnehmer bereits seit Antragstellung (d.i. der 29. März 1988) an der bisher bekannten Adresse gemeldet. Weiters ersuchte das LAA (am 23. August 1990) die Bundespolizeidirektion Wien, Zentralmeldeamt, um Bekanntgabe der Meldedaten des beantragten Ausländers für die Zeit ab 1. April 1990.
Mit Eingabe vom 17. Juni 1991 richtete der Vertreter der Beschwerdeführerin an den Bundesminister für Arbeit und Soziales folgenden Antrag:
"Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 25.04.1990 den Bescheid des Landesarbeitsamt Wien vom 12.10.1989, Zl. IIc/6702 B, aufgehoben. Ein Ersatzbescheid durch das Landesarbeitsamt Wien wurde bisher nicht erlassen. Mein Mandant stellt daher gem. 73 AVG den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung an den Bundesminister für Arbeit und Soziales als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde."
Die belangte Behörde holte daraufhin (mit Schreiben vom 24. JUNI 1991) zu diesem Devolutionsantrag eine Stellungnahme des LAA (vom 2. DEZEMBER 1991) ein. Mit Schreiben vom 9. Dezember 1991 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin u.a. mit, zur weiteren Durchführung des Ermittlungsverfahrens sei versucht worden, mit dem Unternehmen der Beschwerdeführerin Kontakt aufzunehmen. So seien insbesondere die näheren Umstände der Tätigkeit des beantragten Ausländers, die Konzessionsberechtigung des Unternehmens der Beschwerdeführerin und deren tatsächliche wirtschaftlichen Aktivitäten zu klären; bisher sei dieser Kontakt noch nicht möglich gewesen. Da das Ermittlungsverfahren somit bisher nicht abgeschlossen habe werden können, müsse angenommen werden, daß die bisherige Verzögerung in der Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführerin zumindest nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde gemäß § 73 Abs. 2 AVG zurückzuführen sei. Hiezu gab die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 17. Dezember 1991 eine Stellungnahme ab.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 10. Jänner 1992 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über ihre Berufung gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den jugoslawischen Staatsangehörigen Ivo B (durch den Bescheid des Arbeitsamtes für Angestellte vom 15. April 1988) gemäß § 73 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51 (AVG) ab. Gleichzeitig sprach die belangte Behörde aus, daß die Berufungsangelegenheit der Beschwerdeführerin zum Abschluß des Ermittlungsverfahrens und zur Entscheidung an das zuständige Landesarbeitsamt Wien zurückgeleitet werde. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach kurzer Darstellung des bisherigen Verfahrensverlaufes und Wiedergabe des § 73 Abs. 2 letzter Satz AVG aus, die Beschwerdeführerin habe in ihrem Antwortschreiben vom 17. Dezember 1991 (auf das Schreiben der belangten Behörde vom 9. Dezember 1991) neuerlich keine ausreichenden Gründe für die Ablehnung der ihr zugewiesenen Ersatzkräfte bekanntgegeben und nochmals um weitere Zuweisungen ersucht. Die Übermittlung weiterer Informationen bezüglich der näheren Umstände der Tätigkeit des beantragten Ausländers und des antragstellenden Unternehmens, die für das Ersatzstellungsverfahren von essentieller Bedeutung seien, sei von der Beschwerdeführerin abgelehnt worden. Generell habe die Beschwerdeführerin mitgeteilt, am gegenständlichen Ermittlungsverfahren nicht mehr mitwirken zu wollen. Da das Ermittlungsverfahren somit nicht abgeschlossen habe werden können, könne nicht angenommen werden, daß die bisherige Verzögerung in der Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführerin ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde gemäß § 73 Abs. 2 AVG zurückzuführen sei. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht "auf Entscheidung aufgrund des Devolutionsantrages gemäß § 73 AVG" verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt. Von der ihr eingeräumten Möglichkeit, zur Beschwerde eine Gegenschrift zu erstatten, hat sie Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
Die Beschwerdeführerin begründet ihre Behauptung der Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde damit, daß die belangte Behörde nach Einbringung der Säumnisbeschwerde (am 18. Dezember 1991) zur Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 10. Jänner 1992 sachlich nicht mehr zuständig sei.
Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen.
Die Einbringung einer Säumnisbeschwerde nach Art. 132 B-VG zieht - anders als die Einbringung eines Devolutionsantrages nach § 73 Abs. 2 AVG - noch nicht den Übergang der Zuständigkeit der säumigen Verwaltungsbehörde nach sich. Der Zuständigkeitsübergang tritt vielmehr erst mit ungenütztem Ablauf der Frist zur Nachholung des versäumten Bescheides nach § 36 Abs. 2 VwGG ein. Das bedeutet, daß die belangte Behörde am 10. Jänner 1992 ungeachtet der Einbringung der Säumnisbeschwerde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides (der Beschwerdeführerin nachweislich zugestellt am 14. Jänner 1992) zuständig gewesen ist (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 1985, Zl. 85/02/0032, und vom 3. Oktober 1991, Zl. 88/07/0035). Die Erlassung dieses Bescheides nach Einbringung der Säumnisbeschwerde hat freilich die Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens (mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. März 1992, Zl. 91/09/0239) zur Folge gehabt.
Berechtigung kommt hingegen dem Beschwerdevorbringen zur Frage des Verschuldens an der Verzögerung der Entscheidung schon aus folgenden Überlegungen zu:
Nach § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.
Gemäß § 73 Abs. 2 AVG (in der für den Beschwerdefall maßgeblichen Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 357/1990; vgl. deren Art. IV Abs. 2) geht, wenn der Partei innerhalb dieser Frist der Bescheid nicht zugestellt wird, auf ihr schriftliches Verlangen die Zuständigkeit zur Entscheidung an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über. Ein solches Verlangen ist unmittelbar bei der Oberbehörde einzubringen. Das Verlangen ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
Nach Aufhebung des Bescheides des LAA vom 12. Oktober 1989 durch den Verwaltungsgerichtshof (mit dem bereits oben angeführten Erkenntnis vom 25. April 1990) hat für die damalige belangte Behörde (dem LAA) die neuerliche Entscheidungsfrist des § 73 Abs. 1 AVG (vgl. auch § 63 Abs. 1 VwGG) mit dem Tage zu laufen begonnen, an dem ihr die schriftliche Ausfertigung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes zugestellt worden ist (dieses Erkenntnis ist dem LAA nachweislich am 22. Juni 1990 zugestellt worden). Nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens hat das LAA im fortgesetzten Verfahren - abgesehen von der Einholung von Meldedaten des beantragten Ausländers - keine die "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG betreffenden Verfahrensschritte gesetzt. Innerhalb der Entscheidungsfrist des § 73 Abs. 1 AVG ist vom LAA kein Ersatzbescheid erlassen worden. Aus diesem Grunde hat die Beschwerdeführerin beim Bundesminister für Arbeit und Soziales (der belangten Behörde) als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gemäß § 73 AVG den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung gestellt; dieser Antrag ist dann in der Folge von der belangten Behörde - nach ergänzenden Ermittlungen - mit dem angefochtenen Bescheid vom 10. Jänner 1992 abgewiesen worden.
Ein Devolutionsantrag ist von der Oberbehörde (hier: dem Bundesminister für Arbeit und Soziales) abzuweisen, wenn zwar die zeitliche Voraussetzung der Säumnis der Unterbehörde (hier: des LAA) gegeben ist, aber die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Nach der ständigen Rechtspechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. November 1981, Zl. 81/09/0021, und vom 22. April 1986, Zl. 86/07/0001) ist die Verzögerung der Entscheidung im Sinne des § 73 Abs. 2 letzter Satz AVG dann ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen, wenn diese Verzögerung weder durch das Verschulden der Partei noch durch unüberwindliche Hindernisse verursacht wurde. Keines der angeführten Kriterien ist im vorliegenden Fall erfüllt: Der Hinweis in der Begründung des angefochtenen Bescheides, die Beschwerdeführerin habe (in ihrem Schreiben vom 17. Dezember 1991 an die belangte Behörde) die Übermittlung weiterer Informationen bezüglich der näheren Umstände der Tätigkeit des beantragten Ausländers und des antragstellenden Unternehmens, die für das Ersatzstellungsverfahren von essentieller Bedeutung seien, abgelehnt und mitgeteilt, am gegenständlichen Ermittlungsverfahren nicht mehr mitwirken zu wollen, geht an der Tatsache vorbei, daß der Devolutionsantrag längst vorher, nämlich am 18. JUNI 1991, bei der belangten Behörde eingelangt und damit die Entscheidungspflicht dieser Behörde begründet worden ist, falls nicht mit Recht angenommen und bescheidmäßig ausgesprochen werden durfte, daß die Beschwerdeführerin bis zum Endpunkt der sechsmonatigen Frist, nämlich bis zum 22. Dezember 1990, ein Verhalten gesetzt habe, das als Verschulden an der Verzögerung des Ersatzbescheides ausgelegt werden durfte (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 1969, Zl. 107/69). Entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Auffassung ist die Verzögerung in der Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den jugoslawischen Staatsangehörigen Ivo B im Sinne des § 73 Abs. 2 letzter Satz AVG ausschließlich auf ein Verschulden des LAA zurückzuführen, und zwar schon deshalb, weil das LAA nach den vorgelegten Verwaltungsakten das Ermittlungsverfahren nach einem längeren Zeitraum (fast ein Jahr) GRUNDLOSER faktischer Unterbrechung des Verfahrens nicht vor Übergang der Zuständigkeit an die belangte Behörde beendet hat (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vm 26. Jänner 1989, Zl. 88/16/0006, 0007). Es bietet auch weder die Aktenlage einen Anhaltspunkt dafür noch wird von der belangten Behörde behauptet, daß die Verzögerung der Entscheidung durch ein unüberwindliches Hindernis verursacht worden wäre.
Die Abweisung des von der Beschwerdeführerin gestellten Devolutionsantrages erweist sich demnach als ungerechtfertigt, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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