VwGH 85/02/0032

VwGH85/02/003228.2.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Müller, über die Beschwerde der EG in W, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in Wien IV, Bruckner Straße 4, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 12. Juli 1984, Zl. MA 70-IX/G 4/84/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

VwGG §27;
VwGG §36 Abs2;
VwGG §55 Abs2;
VwGG §27;
VwGG §36 Abs2;
VwGG §55 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Döbling, vom 22. Juli 1983 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, "am 22. 05. 1983 um 15.46 Uhr in Wien 11, A 4 Höhe 7. Haidequerstr. Richtung Stadtgrenze mit dem Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen W nnn.nnn die durch Verbotszeichen gemäß Par. 52 Z. 10A StVO 1960 kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um etwa (mindestens) 20 km/h (Radarmessung), somit erheblich, überschritten" zu haben. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 20 Abs. 1 und § 52 Z. 10a StVO 1960 begangen; über sie wurde eine Geldstrafe von S 500,-- (acht Stunden Ersatzarrest) verhängt. Dagegen wurde Einspruch erhoben. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens erging das Straferkenntnis der genannten Behörde vom 3. Oktober 1983, das einen im wesentlichen gleich lautenden, durch die Vorschreibung eines Verfahrenskostenersatzes ergänzten, Spruch enthielt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das Straferkenntnis hinsichtlich der Strafzumessung und der Kostenentscheidung vollinhaltlich und in der Schuldfrage mit der Abänderung bestätigt, dass die Tatumschreibung wie folgt zu lauten habe: "Die Beschuldigte ....... hat am 22. 5. 1983 um 15.46 Uhr in Wien 11, A 4 Höhe 7. Haidequerstraße Richtung Stadtgrenze als Lenkerin des Pkws W nnn.nnn die durch Verbotszeichen kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h erheblich überschritten und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Z. 10a StVO 1960 in Verbindung mit § 20 Abs. 1 leg. cit. begangen."

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde behauptet die Beschwerdeführerin die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften; sie beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

Der Gerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin begründet ihre Behauptung der inhaltlichen Rechtswidrigkeit und der Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde damit, dass ihr der angefochtene Bescheid am 18. Juli 1984 zugestellt worden sei, sie aber bereits am 12. Juli 1984 eine Säumnisbeschwerde gegen die belangte Behörde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend die Berufung gegen das Straferkenntnis vom 3. Oktober 1983 beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht habe. Der Verständigung der belangten Behörde vom 22. Mai 1984, dass die Behörde nicht innerhalb der sechsmonatigen Frist werde entscheiden können, komme keine rechtliche Relevanz zu; nach Überreichung der Säumnisbeschwerde sei der belangten Behörde keine Zuständigkeit mehr zugekommen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun: Die Einbringung einer Säumnisbeschwerde nach Art. 132 B-VG zieht - anders als die Einbringung eines so genannten Devolutionsantrages nach § 73 Abs. 2 AVG 1950 - noch nicht den Übergang der Zuständigkeit der säumigen Verwaltungsbehörde nach sich. Der Zuständigkeitsübergang tritt vielmehr erst mit ungenütztem Ablauf der Frist zur Nachholung des versäumten Bescheides nach § 36 Abs. 2 VwGG ein. Das bedeutet, dass die belangte Behörde am 18. Juli 1984 ungeachtet der Einbringung der Säumnisbeschwerde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides zuständig war. Die Erlassung dieses Bescheides nach Einbringung der Säumnisbeschwerde hatte freilich die Klaglosstellung der Beschwerdeführerin im Säumnisbeschwerdeverfahren zur Folge (hg. Beschluss vom 24. Oktober 1984, Zl. 84/02B/0012).

Die Beschwerdeführerin ist im Ergebnis mit ihrer Behauptung im Recht, der Verständigung, dass es der obersten sachlich in Betracht kommenden Behörde unmöglich sei, innerhalb der Frist von sechs Monaten zu entscheiden, komme keine rechtliche Relevanz zu. Eine derartige Erklärung hat weder Auswirkungen auf die Zulässigkeit einer in der Folge eingebrachten Säumnisbeschwerde noch auf die Rechtmäßigkeit eines danach erlassenen Bescheides. Sie kann lediglich gemäß § 55 Abs. 2 VwGG für die Frage des Kostenersatzes für die Einbringung einer zulässigen Säumnisbeschwerde maßgebend sein.

Die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ist nach Ansicht der Beschwerdeführerin darin begründet, dass die belangte Behörde kein Gutachten eines Sachverständigen für Elektrotechnik zur Frage eingeholt hat, ob das Radarmessgerät durch ein eingeschaltetes Sprechfunkgerät in seiner Funktionstüchtigkeit beeinträchtigt gewesen sei. Die entsprechende Behauptung wurde von der Beschwerdeführerin im Zuge des Berufungsverfahrens ohne ersichtlichen Anhaltspunkt in den Verwaltungsakten aufgestellt. Die Beschwerdeführerin hat auch in keiner Weise dargetan, wieso sie zu dieser Behauptung gekommen ist. Die belangte Behörde konnte daher, ohne näher auf diese Behauptung einzugehen und diesbezüglich ergänzende Erhebungen anzustellen, in unbedenklicher Weise die Ergebnisse der Radarmessung ihrer Entscheidung zu Grunde legen, umsomehr, als auch die Einvernahme des Meldungslegers als Zeugen über die Durchführung der Radarmessung keine Zweifel an der Verwertbarkeit ihrer Ergebnisse entstehen ließ.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 28. Februar 1985

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