European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1989170006.X00
Spruch:
Die Berufung der Beschwerdeführerin vom 12. Mai 1987 gegen die Erledigung des Bürgermeisters der Gemeinde Maria Wörth vom 2. April 1987 betreffend eine pauschalierte Ortstaxe wird zurückgewiesen.
Die Gemeinde Maria Wörth hat der Beschwerdeführerin die mit S 10.500,‑ ‑ bestimmten Kosten dieses Verfahrens binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.0. Aus der vorliegenden Beschwerde und den ihr angeschlossenen Ablichtungen ergibt sich folgender Sachverhalt:
1.1. Die namens des Bürgermeisters der Gemeinde Maria Wörth vom 2. April 1987 automationsunterstützt erlassene Erledigung enthält zwei Teile. Der erste Teil enthält die Überschrift „A. Bescheid“ und einen Vordruck betreffend die Festsetzung eines Säumniszuschlages und einer Mahngebühr. Der Vordruck weist ferner eine Begründung und eine Rechtsmittelbelehrung auf. Dieser Vordruck ist hinsichtlich der festgesetzten jeweiligen Höhe sowie des Gesamtbetrages der festgesetzten Nebengebühren nicht ausgefüllt. Der zweite Teil der Erledigung weist die Überschrift „B. Mahnung“ auf. Nach dem Text der Mahnung sei der Abgabenbetrag in der Höhe von S 1.083,‑ ‑ und die Nebengebühr in der Höhe von S 20,‑ ‑ bereits fällig. Der Gesamtbetrag von S 1.103,‑ ‑ sei daher innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Mahnung zu entrichten. Diese Erledigung enthält ferner als Allonge einen Erlagscheinvordruck, in welchem eine „Pauschalortstaxe 09.02.87 + N.GEB.“ in Höhe von S 1.103,‑ ‑ausgewiesen ist.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung mit dem Antrag, den Bescheid unter A und die Mahnung unter B ersatzlos zu beheben.
1.2. Mit der vorliegenden Säumnisbeschwerde wird die Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Gemeindevorstand der Gemeinde Maria Wörth geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin geht davon aus, daß ihr mit Bescheid des Bürgermeisters eine pauschalierte Ortstaxe von S 1.083,‑ ‑ sowie Nebengebühren bzw. Säumniszuschlage und Mahngebühren in der Höhe von S 20,‑ ‑, zusammen der Betrag von S 1.103,‑ ‑ vorgeschrieben worden seien. Gleichzeitig sei auch bescheidmäßig die Mahnung zur Bezahlung des Betrages von S 1.103,‑ ‑ erfolgt.
1.3. In dem über diese Säumnisbeschwerde eingeleiteten Vorverfahren langte beim Verwaltungsgerichtshof lediglich ‑ und übrigens auch außerhalb der Bescheidnachholungsfrist ‑ die Ablichtung eines Schreibens der Gemeinde an die Beschwerdeführerin vom 29. Mai 1989 ein, in der diese darauf aufmerksam gemacht werde, daß sie wegen Nichtzahlung der für 1986 vorgeschriebenen pauschalierten Ortstaxe keinen Bescheid, sondern lediglich eine Mahnung erhalten habe, in welcher sie aufgefordert worden sei, „zuzüglich Nebengebühren in der Gesamthöhe von S 1.103,‑ ‑ zu bezahlen“.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Was die konstitutiven Merkmale eines Bescheides anlangt, wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf den Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1977, Slg. N.F. Nr. 9458/A = ZfVB 1978/4/1532 und 1589, hingewiesen. Diese allgemeinen Erwägungen treffen sich auf einen Bescheid nach § 71 der Kärntner Landesabgabenordnung 1983 (Krnt LAO 1983) zu.
Im vorliegenden Vordruck des Bescheides mit der Überschrift „A. Bescheid“, der Nebengebühren und nicht die Abgabenfestsetzung als solche zum Gegenstand hat, ist im Spruch die Wendung „2 % Säumniszuschlag von S…, das sind S… und gemäß § 174 0,5 % Mahngebühr von S…, das sind S…, insgesamt S… an Nebengebühren festgesetzt“ unausgefüllt geblieben. Es liegt daher kein Spruch, keine normative Anordnung vor. Der Teil „A. Bescheid“ der Erledigung vom 2. April 1987 ist sohin nicht als Bescheid im Rechtssinn zu werten.
Unter „B. Mahnung“ wurde die Beschwerdeführerin lediglich darauf hingewiesen, daß der Abgabenbetrag und die Nebengebühren in bestimmter Höhe bereits fällig seien. Der Gesamtbetrag sei daher innerhalb von zwei Wochen zu entrichten. Während der „Bescheid“‑Teil im Vordruck grundsätzlich die wesentlichen Bescheidbestandteile (Text des Spruches, der Begründung und der Rechtsmittelbelehrung) enthält, ist hier, im Teil B, deutlich zum Ausdruck gebracht, daß nicht ein „Bescheid“, sondern eine „Mahnung“ gewollt ist. Sowohl aus der Form als auch aus dem eine bloße Zahlungserinnerung darstellenden Inhalt der Erledigung folgt, daß auch dieser Teil B nicht als ein Bescheid zu werten ist.
2.2. Die belangte Behörde, der Gemeindevorstand der Gemeinde Maria Wörth, ist die oberste Behörde, die von der Beschwerdeführerin im Instanzenzug (§ 49 Krnt LAO 1983) oder im Devolutionsweg (§ 232 Abs. 2 leg. cit.) angerufen werden konnte. Die Säumnisbeschwerde ist in dieser Hinsicht im Sinne des § 27 VwGG zulässig.
2.3. In dem vorhin zitierten hg. Beschluß vom 15. Dezember 1977 wurde weiters ausgesprochen, daß gemäß Art. 132 B VG auch ein Antragsteller beschwerdeberechtigt ist, der als Partei im Verwaltungsverfahren berechtigt war, die Entscheidungspflicht der belangten Behörde geltend zu machen, auch wenn die Entscheidung nach der Rechtslage nur in einer Zurückweisung bestehen kann. Mangels Bescheidcharakters der mit Berufung angefochtenen Erledigung des Bürgermeisters von Maria Wörth wäre die Berufung von der belangten Behörde mittels Bescheides zurückzuweisen gewesen.
Die belangte Behörde hat jedoch bislang eine solche Entscheidung nicht erlassen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst BGB1. Nr. 206/1989.
Wien, am 9. Juni 1989
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