VwGH 89/02/0112

VwGH89/02/011227.9.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sittenthaler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Ing. MH in W, vertreten durch Dr. Georg Hahmann, Rechtsanwalt in Wien I, Wollzeile 25, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 5. Mai 1989, Zl. MA 70-9/340/89/Str, betreffend Zustellung eines Bescheides und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Angelegenheit Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §17;
AVG §21;
AVG §37;
AVG §47;
AVG §62 Abs3;
AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs1;
ZPO §292;
ZustG §17 Abs2;
ZustG §17 Abs3;
ZustG;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1989020112.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 19. Jänner 1989 stellte der Beschwerdeführer an die Behörde erster Instanz den Antrag, ihm die Strafverfügung vom 5. Oktober 1988 (betreffend eine Bestrafung wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung) zuzustellen, da eine wirksame Zustellung bisher nicht erfolgt sei, zumal er anläßlich eines anderen Verwaltungsverfahrens Kenntnis von dieser Strafverfügung erhalten habe. Gleichzeitig stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist gegen die erwähnte Strafverfügung und begründete dies damit, daß das Zustellorgan entweder eine Verständigung vom Zustellvorgang überhaupt unterlassen habe oder eine entsprechende Ankündigung (über die Hinterlegung) von einem unbekannten Dritten entfernt worden sei, sodaß der Beschwerdeführer an der Abholung der Strafverfügung gehindert gewesen sei.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. Mai 1989 wurden dieser Antrag auf Zustellung der Strafverfügung sowie jener auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Was zunächst das Vorbringen des Beschwerdeführers in Hinsicht auf die nicht erfolgte rechtmäßige Zustellung der erwähnten Strafverfügung anlangt, so ist darauf hinzuweisen, daß die vom Zusteller erstellten Zustellausweise öffentliche Urkunden sind, die den Beweis dafür erbringen, daß die Zustellung vorschriftsgemäß erfolgt ist, doch ist der Gegenbeweis gemäß § 292 Abs. 2 ZPO zulässig. Behauptet jemand, es lägen Zustellmängel vor, so hat er diese Behauptung auch entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, die die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. September 1984, Zl. 84/10/0037).

Entsprechend dem im Akt erliegenden Rückschein wurde die erwähnte Strafverfügung durch Hinterlegung beim Postamt (Beginn der Abholfrist: 11. Oktober 1988) zugestellt, wobei die Verständigung über die Hinterlegung in das Hausbrieffach eingelegt wurde. Der im Verwaltungsverfahren als Zeuge vernommene Zusteller gab hiezu an, er habe die Verständigung der Hinterlegung in das Hausbrieffach eingelegt. Dieses sei "in Ordnung, das heißt nicht kaputt oder dergleichen" gewesen. Man habe dafür auf jeden Fall einen Schlüssel benötigt, um den Inhalt entgegennehmen zu können.

Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß der belangten Behörde im Hinblick auf diese Beweisergebnisse der Vorwurf gemacht werden kann, sie habe weitere erforderliche Ermittlungen in Hinsicht auf die Rechtmäßigkeit der Zustellung unterlassen, insbesondere auch nicht in Ansehung der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten "Verwechslungsmöglichkeit" bezüglich der Hausbrieffächer, kommt es doch nicht auf die "Möglichkeit" der Verwechslung, sondern darauf an, ob ein konkreter Anhaltspunkt hiefür gegeben ist, was die belangte Behörde zu Recht verneinen konnte.

Konnte die belangte Behörde aber davon ausgehen, daß die Zustellung der erwähnten Strafverfügung bereits erfolgt war, so ist die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf neuerliche Zustellung nicht als rechtswidrig zu erkennen. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorbringt, er habe das Recht auf Akteneinsicht, man könne ihm das erwähnte Schriftstück nicht vorenthalten, so ist ihm entgegenzuhalten, daß dies mit der Frage des Rechtes auf neuerliche Zustellung eines Bescheides nichts zu tun hat.

Aber auch die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist gegen die erwähnte Strafverfügung ist nicht als rechtswidrig zu erkennen: Zunächst ist der belangten Behörde darin beizupflichten, daß im Falle eines rechtswidrigen Zustellvorganges, welchen der Beschwerdeführer behauptet hat, mangels Beginnes des Laufes der Rechtsmittelfrist keine Frist versäumt werden kann und daher einem so begründeten Wiedereinsetzungsbegehren kein Erfolg beschieden sein könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1987, Zl. 86/10/0095). Der Beschwerdeführer hat allerdings im erwähnten Antrag vom 19. Jänner 1989 alternativ auch behauptet, die entsprechende Ankündigung sei von einem unbekannten Dritten entfernt worden. Ein solches, nach der Zustellung eingetretenes Ereignis könnte zwar einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen, doch wäre es dem Beschwerdeführer im Sinne der hg. Rechtsprechung (vgl. auch dazu das soeben zitierte Erkenntnis vom 11. Mai 1987) oblegen, eine nähere Begründung anzuführen, welche die Richtigkeit der behaupteten Entfernung der Verständigung als wahrscheinlich hätte erscheinen lassen, was der Beschwerdeführer allerdings unterlassen hat.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Wien, am 27. September 1989

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