VwGH 89/02/0027

VwGH89/02/002727.9.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sittenthaler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des AH in P, vertreten durch Dr. Karl Puchmayr, Rechtsanwalt in Linz, Friedhofstraße 6/II, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 2. Jänner 1989, Zl. VerkR-8196/6-1989-II/Sch, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2
AVG §66 Abs4
StVO 1960 §4 Abs5
StVO 1960 §9 Abs1
VStG §44a lita
VStG §44a litb
VStG §44a Z1
VStG §44a Z2
VStG §5 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1989020027.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 6. Juni 1988 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 31. März 1988 gegen 24.00 Uhr auf der Machland-Landstraße von Naarn kommend in Richtung Mauthausen einen dem Kennzeichen näher bestimmten Pkw

1) bei Str.km 4.982 im Ortsgebiet Au/Donau mit einer nicht den gegebenen Umständen angepaßten Fahrgeschwindigkeit gelenkt, da er trotz der Alkoholeinwirkung und der Rechtskurve derart schnell gefahren sei, daß er auf die Gegenfahrbahn und nach links von der Fahrbahn abgekommen sei, wobei der Gartenzaun und ein Teil der Gartenanlage eines näher beschriebenen Hauses beschädigt worden seien, und

2) es unterlassen, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl es auch mit dem Geschädigten zu keiner gegenseitigen Namens- und Anschriftsnachweisung gekommen sei.

Er habe hiedurch zu 1) eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 20 Abs. 1 StVO und zu 2) eine solche nach § 99 Abs. 3 lit. b in Verbindung mit § 4 Abs. 5 StVO begangen. Über den Beschwerdeführer wurden jeweils eine Geld- und eine Ersatzarreststrafe verhängt.

Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab die Oberösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom 2. Jänner 1989 teilweise Folge und sprach aus, daß das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Bestrafung wegen der Übertretung nach § 20 Abs. 1 StVO behoben und das Verfahren diesbezüglich gemäß § 45 Abs. 1 lit. c VStG 1950 eingestellt werde; hinsichtlich des Tatbestandes nach § 4 Abs. 5 StVO wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 im Zusammenhalt mit § 24 VStG 1950 abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt, wobei die verhängte Geld- sowie die Ersatzarreststrafe herabgesetzt wurden.

 

Über die gegen den bestätigenden Teil dieses Bescheides eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Rechtsrüge des Beschwerdeführers, der Spruch des angefochtenen Bescheides enthalte keine Konkretisierung des ihm zur Last gelegten Vorfalles, weil Punkt 1 des Straferkenntnisses der Erstbehörde behoben worden sei, ist entgegenzuhalten, daß es keine Vorschrift der Verwaltungsverfahrensgesetze gebietet, daß der Spruch der Berufungsbehörde insoweit, als das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt wird, den in § 44a VStG 1950 normierten Inhalt aufweisen müsse. Durch den Abspruch, daß einer Berufung nicht Folge gegeben bzw. das mit Berufung angefochtene erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt wird, bringt die Berufungsbehörde klar zum Ausdruck, daß sie den Bescheidspruch der ersten Instanz zu ihrer Entscheidung erhebt. Entspricht daher der Spruch des Erkenntnisses der ersten Instanz der Bestimmung des § 44a lit. a VStG 1950, wurde also in ihm die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat hinreichend konkretisiert, so bedarf es keiner Wiederholung dieses Abspruches im Spruche des Berufungsbescheides. Keine Verfahrensvorschrift schreibt den Behörden vor, trennbare Spruchteile nach Ziffern durchzunummerieren. Werden solche Ziffern - im vorliegenden Fall die arabischen Ziffern 1) und 2) - verwendet, so dient dies in der Regel nur der leichteren Lesbarkeit des Spruches, insbesondere aber der Herstellung des Zusammenhanges zwischen der einzelnen als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a lit. a VStG 1950 und der verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a lit. b VStG 1950 (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 18. November 1983, Zl. 81/02/0366).

Aus dem Spruch des Berufungsbescheides ist mit hinreichender Deutlichkeit zu erkennen, daß der Berufung nur insoweit Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid behoben wurde, als die Tatumschreibung dem Deliktstypus nach § 20 Abs. 1 StVO entspricht; somit entfiel der Vorwurf, am Tatort zur Tatzeit den Pkw auf Grund der Alkoholeinwirkung mit einer nicht den gegebenen Umständen angepaßten Fahrgeschwindigkeit in einer Rechtskurve gelenkt zu haben. Aufrecht blieb der Tatvorwurf, der Beschwerdeführer sei zur Tatzeit am Tatort auf die Gegenfahrbahn und nach links abgekommen, wobei der Gartenzaun und ein Teil der Gartenanlage eines bestimmten Hauses beschädigt worden seien, und er habe es unterlassen, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl es auch mit dem Geschädigten zu keiner gegenseitigen Namens- und Anschriftsnachweisung gekommen sei.

Es ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes hiedurch eindeutig klargestellt, welche Teile des erstinstanzlichen Straferkenntnisses durch die Berufungsbehörde aufrechterhalten wurden. Die Berufungsbehörde hat nämlich nicht ausgesprochen, daß bestimmte Wörter, Satzteile oder Sätze des erstinstanzlichen Spruches zu entfallen hätten (vgl. das bereits oben zitierte Vorerkenntnis). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist bei der von der belangten Behörde übernommenen Tatumschreibung der Erstbehörde das für eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO wesentliche Tatbestandselement des ursächlichen Zusammenhanges des Verhaltens des Beschwerdeführers mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden durch die im Spruch aufscheinende Ausführung, daß er auf die Gegenfahrbahn und nach links von der Fahrbahn abgekommen sei, wobei der Gartenzaun und ein Teil der Gartenanlage eines näher bezeichneten Hauses beschädigt worden seien, gegeben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. September 1987, Zl. 87/02/0065), wodurch seine Verständigungspflicht nach § 4 Abs. 5 StVO ausgelöst wurde.

Der Beschwerdeführer vertritt weiters die Auffassung, es habe ihn als ortsunkundigen Lenker kein Verschulden daran getroffen, daß er nicht die nächste Gendarmeriedienststelle, die in Perg gelegen gewesen sei, zur Verständigung vom Unfall aufgesucht habe. Auch die belangte Behörde habe ihm nur zum Vorwurf gemacht, daß er nicht am Gendarmerieposten Mauthausen Meldung erstattet habe. Es könne nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, daß ein Unfallbeteiligter in einem solchen Falle eine Rundreise auf der Suche nach einem dienstbereiten Gendarmerieposten unternehme. Ein ortsunkundiger Lenker könne im Falle eines zu mitternächtlicher Stunde stattgefundenen Unfalles nicht sofort den geographisch nächstgelegenen Gendarmerieposten kennen. Dazu ist zunächst festzustellen, daß der Beschwerdeführer bei keiner der beiden genannten Dienststellen eine entsprechende Meldung erstattet hat. Daß es aber dem Beschwerdeführer unzumutbar gewesen wäre, während seiner Fahrt vom Unfallsort nach Linz etwa durch einen Versuch bei einem beleuchteten Gebäude (z.B. Gasthaus, Tankstelle oder Wohnhaus) durch Erkundigung den Ort der nächsten Gendarmeriedienststelle zu erfragen und diese dann direkt oder telefonisch vom Unfall zu verständigen, und daß somit allenfalls an seinem Verschulden im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950 zu zweifeln wäre, wurde vom Beschwerdeführer im gesamten Verwaltungsstrafverfahren nicht vorgebracht und ergibt sich nach der Aktenlage auch sonst nicht.

Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die übrigen Voraussetzungen für die vorschriftsmäßige Meldung des Verkehrsunfalles vorgelegen wären. Konnte aber die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer die Meldung schuldhaft nicht bei der "nächsten" Polizei- oder Gendarmeriedienststelle erstattet hat, so kann der Schuldspruch nicht rechtswidrig sein und es braucht schon aus diesem Grunde auf das übrige Beschwerdevorbringen nicht näher eingegangen zu werden.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

Wien, am 27. September 1989

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