Normen
BAO §23 Abs2;
EStG 1972 §15 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs3;
UStG 1972 §1 Abs1 Z1 idF 1975/636;
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §12 Abs1 idF 1977/645;
UStG 1972 §12 Abs3 letzter Satz idF 1977/645;
UStG 1972 §2 Abs4 Z1 idF 1975/636;
UStG 1972 §3 Abs9;
UStG 1972 §4 Abs1 idF 1975/636;
UStG 1972 §4 Abs3 idF 1975/636;
UStG 1972 §6 Z6 idF 1975/636;
BAO §23 Abs2;
EStG 1972 §15 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs3;
UStG 1972 §1 Abs1 Z1 idF 1975/636;
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §12 Abs1 idF 1977/645;
UStG 1972 §12 Abs3 letzter Satz idF 1977/645;
UStG 1972 §2 Abs4 Z1 idF 1975/636;
UStG 1972 §3 Abs9;
UStG 1972 §4 Abs1 idF 1975/636;
UStG 1972 §4 Abs3 idF 1975/636;
UStG 1972 §6 Z6 idF 1975/636;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Umsatzsteuer betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben. Im übrigen (hinsichtlich der Einkommensteuer) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Facharzt für innere Medizin. Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung (BP) stellte der Prüfer fest, daß der (zur Führung einer Hausapotheke nicht berechtigte) Beschwerdeführer ein Medikamentendepot unterhalten hätte, aus dem er seinen Patienten Medikamente - von den Krankenversicherungsträgern finanzierte ("kassenzulässige") und nicht finanzierte ("nicht kassenzulässige") Medikamente - abgab. Bei der Abgabe der kassenzulässigen Medikamente hob der Beschwerdeführer die vorgesehene Rezeptgebühr ein und führte sie der Apotheke ab. Die solchermaßen ausgestellten Rezepte dienten dem Beschwerdeführer regelmäßig dazu, die abgegebenen Medikamente bei der Apotheke nachzuschaffen. Weiters erstellte der Beschwerdeführer fingierte Rezepte über nicht (nicht in der ausgewiesenen Menge und dergleichen) an Patienten abgegebene Medikamente. Diese Rezepte übergab er der X Apotheke, die sie dann den Sozialversicherungsträgern weiterverrechnete. Für die fingierten Rezepte bezog der Beschwerdeführer bzw. seine Ehegattin von der X Apotheke, in deren Verband sich auch eine Boutique befand,
a) sogenannte "Fremdwaren" (Bekleidungsartikel, Lederwaren, Kosmetika, Toilettenartikel, alkoholische Getränke) zum eigenen Bedarf,
b) nicht kassenzulässige Heilmittel (insbesondere Impfstoffe, Testmittel, Vitaminpräparate und geriatrische Mittel), die der Beschwerdeführer (von einem allfälligen Eigenbedarf abgesehen) in seiner Ordination gegen Entgelt an Patienten abgab.
Weiters waren nach Auffassung der BP die Dienstbezüge der Ehegattin, die beim Beschwerdeführer als Ordinationshilfe tätig war, überhöht.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof steht in Streit,
1. ob die Rezeptgebühren für kassenzulässige Medikamente der Umsatzsteuer unterliegen,
2. ob die Fremdwarenbezüge beim Beschwerdeführer der Einkommen- und Umsatzsteuer unterliegen,
3. ob im Zusammenhang mit dem Bezug der nicht kassenzulässigen Medikamente von der X Apotheke ein Sicherheitszuschlag anzusetzen wäre, und
4. ob aus den als Betriebsausgaben geltend gemachten Dienstbezügen der Ehegattin ein Teil als nicht betrieblich veranlaßt auszuscheiden ist.
Die belangte Behörde bejahte in dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid diese Fragen, während der Beschwerdeführer in seiner wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und wegen dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerde den gegenteiligen Standpunkt einnimmt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
I.1. Der angefochtene Bescheid bestätigt in den Streitpunkten letztlich die Feststellungen der BP. Diese ging davon aus, daß der Beschwerdeführer im Zeitraum 1. Jänner 1979 bis 31. August 1982 bei der X Apotheke Rezepte im Mindesttaxwert von S 1,967.868,-- einlöste. Ein Teilbetrag von rund S 850.000,-- wurde laut BP zur Besorgung kassenzulässiger Medikamente verwendet. Bei Abgabe dieser Medikamente vereinnahmte der Beschwerdeführer von den Patienten die Rezeptgebühren, die er dann mit der X Apotheke abrechnete (siehe auch die Stellungnahme der BP zur Berufungsergänzung AZ 21/1 Seite 4). Die BP (und mit ihr die belangte Behörde) erblickt in diesen Rezeptgebühren ein steuerpflichtiges Entgelt (offenbar für eine Medikamentenlieferung des Beschwerdeführers an den Patienten). Bezüglich der Rezeptgebühr zeigte jedoch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. Jänner 1984, Zlen. 83/15/0034, 0035, unter Darstellung der einschlägigen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen auf, daß diese bei Abgabe des Heilmittels an die abgebende Stelle (Apotheke) für Rechnung des Versicherungsträgers zu zahlen ist. In Anbetracht dieser Rechtslage durfte - gleich dem Fall des Erkenntnisses Zlen. 83/15/0034, 0035 - auch für die Patienten des Beschwerdeführers kein Zweifel daran bestehen, daß der Beschwerdeführer die Rezeptgebühren für die kassenzulässigen Medikamente nicht im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, sondern im Namen und auf Rechnung des Sozialversicherungsträgers einhob, sodaß die Rezeptgebühr auch im Beschwerdefall nicht als Entgelt für eine Medikamentenlieferung des Beschwerdeführers angesehen werden kann (§ 4 Abs. 3 UStG 1972). Der angefochtene Bescheid erweist sich somit in diesem - nur die Umsatzsteuer betreffenden - Punkt als inhaltlich rechtswidrig.
2. Den nach Abzug des Teilbetrages für kassenzulässige Medikamente (S 850.000,--) von den S 1,967.868,-- (Punkt 1) verbleibenden Betrag von rund S 1,122.000,-- verminderte die BP um 20 % (S 224.000,--) unter Bedachtnahme auf die Beteiligung des Eigentümers und eines Angestellten der X Apotheke an den Rezeptbetrügereien. Vom Restbetrag - S 900.000,-- - rechnete die BP S 700.000,-- den Fremdwarenbezügen zu und bezog sie in die Umsatz- und Einkommensteuerbemessungsgrundlage ein. Der Beschwerdeführer ist hingegen der Auffassung, daß die in Form der Fremdwarenbezüge durch Betrug erlangten Vorteile weder der Umsatznoch der Einkommensteuer unterlägen.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Auffassung nicht.
a) Bei der Umsatzsteuer bewirkt nämlich die Hingabe der fingierten Rezepte, die für die X Apotheke Geldeswert hatten, einen tauschähnlichen Umsatz. Die Ansicht des Beschwerdeführers, betrügerisches Verhalten eines Unternehmers schließe einen Leistungsaustausch aus, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht teilen, weil der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 betrügerisches Handeln vom Leistungsbegriff nicht ausnimmt (siehe auch § 23 Abs. 2 BAO).
b) Bei der Einkommensteuer kommt es darauf an, ob sich die Fremdwarenbezüge als Betriebseinnahme darstellen. Eine Betriebseinnahme liegt aber schon dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen im Rahmen seines Betriebes durch diesen veranlaßte Geldwerte Vorteile zufließen, wobei auch ein bloß mittelbarer Zusammenhang mit dem Betrieb genügt (siehe z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1981, Zlen. 13/1562, 3393/80, und vom 27. Mai 1987, Zl. 84/13/0265, Littmann-Bitz-Meincke, Das Einkommensteuerrecht15, Tz 1596 f, Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2, § 4 Tz 69, Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 4 Abs. 3 EStG 1972 Tz 4). Es erfüllen auch widerrechtlich bezogene geldwerte Vorteile das Tatbestandsmerkmal der Betriebseinnahme (Hermann-Heuer-Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz19, § 4 Anm. 46 t).
Im Beschwerdefall hat sich der Beschwerdeführer im Rahmen und unter Ausnützung seiner ärztlichen Tätigkeit unter Verwendung fingierter ärztlicher Heilmittelvorschreibungen die geldwerte Vorteile bildenden Fremdwarenbezüge verschafft. Diese Fremdwarenbezüge sind somit durch die ärztliche Tätigkeit veranlaßt und stehen jedenfalls in einem mittelbaren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers. Sie bilden daher der Einkommensteuer unterliegende Betriebseinnahmen.
Die Annahme des Beschwerdeführers, durch Betrug erlangte Vorteile wären - mangels Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr - nicht einkommensteuerpflichtig, trifft hier schon deshalb nicht zu, weil die Vorteile im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit angefallen sind. Bei einem betrieblichen Zusammenhang führen sie jedoch jedenfalls zu Betriebseinnahmen.
3. Der Betrag von S 200.000,--, der nach Abzug der Fremdwarenbezüge (S 700.000,--) von den Gesamtbezügen des Beschwerdeführers auf Grund fingierter Rezepte (S 900.000,--, siehe die Einleitung zu Punkt 2) verblieb, entfiel laut BP auf den Bezug nicht kassenzulässiger Medikamente von der X Apotheke. Um einer Abgabe dieser Medikamente (Impfstoffe, Testmittel, Vitaminpräparate, geriatrische Mittel) an Patienten mit Gewinn und um weiters den durch die mangelhaften Aufzeichnungen bedingten Unsicherheiten Rechnung zu tragen, berechnete die BP bei dieser Position einen, einen Sicherheitszuschlag darstellenden Aufschlag von S 100.000,--. Die Beschwerde vermag diese Vorgangsweise nicht als unschlüssig darzutun:
Ist doch einmal zu berücksichtigen, daß die vom Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Verkauf der nicht kassenzulässigen Medikamente behaupteten Aufzeichnungen nur Einnahmen, nicht aber Einnahmen aus Medikamentenverkäufen erweisen. Die Feststellung im angefochtenen Bescheid, daß diese Einnahmen im Sinne einer Auskunft des Beschwerdeführers gegenüber dem Betriebsprüfer (siehe Berufungsvorentscheidung zu Punkt IV der Berufung) nicht Medikamentenverkäufe, sondern ärztliche Untersuchungen (Behandlungshonorare von Privatpatienten) zum Gegenstand hatten, blieb in der Beschwerde unwidersprochen. Wenn der Beschwerdeführer noch dazu ausführt, die Einnahmen aus den nicht kassenzulässigen Medikamenten wären "zumindest zu einem beträchtlichen Anteil" in seinen Einnahmen enthalten, gibt er damit selbst zu, daß die Einnahmen aus den nicht kassenzulässigen Medikamenten unvollständig aufgezeichnet worden sein können. Mit der ins Treffen geführten privaten Verwendung eines Teiles der nicht kassenzulässigen Medikamente übersieht der Beschwerdeführer, daß diese private Verwendung der an sich für den Verkauf bestimmten Präparate einen Eigenverbrauch im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. a UStG 1972 bzw. eine auch bei einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu berücksichtigende Entnahme bewirkte (siehe Hofstätter-Reichel, a.a.O., und die dort erwähnte Rechtsprechung). Dieser Eigenverbrauch und diese Entnahmen fanden aber in den Abgabenerklärungen des Beschwerdeführers keinen Niederschlag, da dort in den Streitjahren nur für Telefonkosten ein Eigenverbrauch bzw. eine Entnahme (jeweils S 1.200,--) zum Ansatz kamen.
Der Verwaltungsgerichtshof hält es überdies auch nicht für "denkunmöglich", daß der Beschwerdeführer mit den nicht kassenzulässigen Medikamenten einen höheren Preis erzielte als den Apotheken-Verkaufspreis. Denn der Patient, der vom Arzt ein Präparat empfohlen erhält, ist meist bereit, dem Arzt den geforderten Preis zu bezahlen, ohne nachzuforschen, ob er das Präparat in einer Apotheke billiger erwerben könnte. Schließlich werden die mit der Abgabe von Impfstoffen und Testmitteln verbundenen (und von der BP bereits in Anschlag gebrachten) Impfungen und Tests von den Ärzten in aller Regel nicht kostenlos geleistet.
Der Ansatz eines - lediglich dem Grunde nach bestrittenen Sicherheitszuschlages erweist sich bei dieser Sachlage durchaus als gerechtfertigt; dies auch in Anbetracht der Einstellung des Beschwerdeführers zu seinen steuerlichen Pflichten: erklärte er doch z.B. durch Jahre (erst durch die BP aufgedeckte) Mieteinnahmen aus einer Eigentumswohnung nicht (BP-Bericht Tz 4.4.2).
4. In der Frage der Dienstbezüge der Ehegattin versucht die Beschwerde deren Angemessenheit darzutun. Sie vermag aber nicht den mit dem Schätzungsergebnis auch von der belangten Behörde übernommenen Vorwurf der BP zu entkräften, daß es in den Streitjahren zu einer unangemessenen Steigerung dieser Dienstbezüge kam. Die BP hatte nämlich festgestellt, daß sich die Bezüge der Ehegattin innerhalb von rund 3 Jahren (37 Monaten) um 72,6 % erhöhten, die einer anderen Ordinationshilfe des Beschwerdeführers hingegen nur um 25,9 %. Die BP hielt nun unter der Annahme, daß die Ehegattin in der Ordination des Beschwerdeführers arbeitsmäßig stärker ausgelastet sei, als dies bei Ordinationshilfen eines Arztes üblicherweise der Fall wäre, ohnedies eine höhere Steigerung als um 25,9 % für angebracht. Sie billigte jährliche Gehaltssteigerungen von 10 % und damit stärkere als die durchschnittlichen jährlichen Erhöhungen laut einschlägigem Kollektivvertrag (7 %) zu. Der Beschwerdeführer vermag dem nichts Stichhältiges entgegenzusetzen. Denn wenn er sich auf einen Nachholbedarf in den Streitjahren beruft, weil die Ehegattin vor 1979 noch "eher schlechter" für ihre Tätigkeit entlohnt worden wäre, so übersieht er, daß die BP der Ehegattin für das Ausgangsjahr 1978 ohnedies schon (wie geltend gemacht) um 62,2 % höhere Bezüge als der anderen Ordinationshilfe zubilligte.
Der Beschwerdeführer konnte im übrigen auch nicht nachweisen, daß die geltend gemachten Bezüge der Ehegattin in ihrer absoluten Höhe angemessen gewesen wären. Vermochte er doch nicht einmal die tatsächliche Arbeitsleistung der Ehegattin durch zeitnahe Aufzeichnungen, sondern nur durch eine nachträgliche Rekonstruktion anläßlich der BP (also erst Jahre später) darzutun, wie die Berufungsvorentscheidung unwidersprochen festhielt. Unwidersprochen blieb zudem schon die Feststellung der BP, daß die Ehegattin in den Streitjahren ein Kleinkind zu versorgen hatte.
Soweit sich die Beschwerde gegen einen Vergleich mit "Fremdpraxen" wendet, ist ihr entgegenzuhalten, daß ein solcher Vergleich der von der BP vorgenommenen und von der belangten Behörde bestätigten Schätzung der anzuerkennenden Dienstbezüge der Ehegattin nicht zugrundeliegt und daher auch nicht entscheidungswesentlich war.
II. Die Ausführungen zu Punkt I.1. zeigen, daß der angefochtene Bescheid, soweit er die Umsatzsteuer betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben war. Die übrigen Ausführungen erweisen hingegen, daß die Beschwerde hinsichtlich der Einkommensteuer nicht stichhältig ist, sodaß sie insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 17. Jänner 1989
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