Normen
BauO Tir 1978 §25 Abs2
BauO Tir 1978 §29
BauO Tir 1978 §30 Abs4
BauRallg
B-VG Art139 Abs1
B-VG Art140 Abs1
B-VG Art7 Abs1
ROG Tir 1984 §10
ROG Tir 1984 §11 Abs1
ROG Tir 1984 §11 Abs7
ROG Tir 1984 §19
ROG Tir 1984 §23 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1988060010.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die erstmitbeteiligte Partei suchte mit Schreiben vom 24. Juni 1986 (neuerlich) um die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Wohn- und Geschäftsgebäudes auf der Grundparzelle 303/2 und der Bauparzelle 93/1, KG X, an. Aus der Baubeschreibung geht hervor, daß das Bauvorhaben aus dem Hauptgebäude mit Schutzräumen, Heizräumen etc. im Kellergeschoß, den Geschäftsanlagen im Erdgeschoß, einer Arztordination und Wohnungen im ersten Obergeschoß sowie weiteren Wohnungen im zweiten und dritten Obergeschoß und im Dachgeschoß besteht (Bauteil A); weiters soll eine Tiefgarage für Personenkraftwagen errichtet werden, darauf ein weiteres Wohngebäude mit Nebenräumen für die gesamte Wohnanlage im ersten Geschoß und Wohnungen in den darüberliegenden zwei Geschoßen und dem Dachgeschoß (Bauteil B).
Bei der über dieses Vorhaben am 21. Juli 1986 abgehaltenen mündlichen Verhandlung gaben die Beschwerdeführer eine ausführliche schriftliche Stellungnahme ab, in der sie darauf verwiesen, daß die Abstände gemäß der offenen Bauweise beim Bauteil B sowie die Mindestabstände gemäß § 7 Abs. 1 TBO nicht eingehalten worden seien, die Planunterlagen nicht von dazu Befugten unterzeichnet wurden, das Bundesdenkmalamt keine Stellungnahme zum vorliegenden Projekt abgegeben habe, die offene Bauweise der Parzellen 300/3 und 304 durch den Aufbauplan in eine geschlossene Bauweise umgewandelt werde, das Projekt den Zielen der überörtlichen Raumordnung widerspreche, kein Kinderspielplatz oder sonstige Erholungsmöglichkeiten für die Bewohner des Hauses gegeben seien, der Schutz des Landschaftsbildes und des erhaltenswerten Orts- und Straßenbildes nicht gegeben und durch den Aufbauplan hinsichtlich der gegenständlichen Grundstücke eine Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde (durch Einbeziehung in das Kerngebiet) eingetreten sei.
Aus einer Stellungnahme vom 23. Juli 1986 des Bundesdenkmalamtes geht hervor, daß bei plangerechter Ausführung kein Einwand gegen das Bauprojekt bestehe.
Am 5. November 1986 trat für den Bauplatz ein (neuerlicher) Aufbauplan in Kraft (Aufbauplan I - zur Bebauungsplanänderung Nr. 5, Bebauungsplanteil 3, betreffend die Grundparzelle 303/2 und die Bauparzelle 93/1, KG X). Den Parteien des Verfahrens wurde gemäß § 45 Abs. 3 AVG 1950 von der mitbeteiligten Gemeinde mit Schreiben vom 6. November 1986 Gelegenheit gegeben, zum vorliegenden Ansuchen im Hinblick auf die Änderung des Aufbauplanes eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
In einer umfangreichen Stellungnahme verlangten die Beschwerdeführer wegen der inzwischen geänderten Rechtslage die Abhaltung einer neuerlichen Bauverhandlung. Für die Änderung des Bebauungsplanes liege ein nur im privaten Interesse der erstmitbeteiligten Partei gelegener Grund vor, der aber nicht im Sinn des § 28 Abs. 2 des Tiroler Raumordnungsgesetzes (TROG) wichtig sei. Auf diese privaten Interessen wäre mangels eines vom Gesetz als wichtig anerkannten Grundes nicht Rücksicht zu nehmen gewesen. Die nunmehrige Änderung des Bebauungsplanes komme in Wirklichkeit einer Änderung des Flächenwidmungsplanes gleich, weil die geschlossene Bauweise auf die Grundparzelle 300/3 erweitert werde, welche nach dem derzeitigen Flächenwidmungsplan im Gebiet der offenen Bauweise liege. Weiters ergebe sich durch die Verbauung des Bauteiles B bis an die Grundgrenzen eine untragbare Geschoßflächendichte, da ja auch das Dachgeschoß Wohnungen enthalte.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 15. Dezember 1986 wurde der erstmitbeteiligten Partei gemäß § 31 Abs. 9 der Tiroler Bauordnung (TBO) nach Maßgabe der einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Pläne unter Vorschreibung bestimmter Auflagen die beantragte Baubewilligung erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer hinsichtlich der Abstandsbestimmungen wurden gemäß § 30 Abs. 4 TBO insbesondere unter Berücksichtigung des Aufbauplanes I der Marktgemeinde Jenbach als unbegründet abgewiesen. Die übrigen Einwendungen der Beschwerdeführer wurden als unzulässig zurückgewiesen. Aus der Begründung geht hervor, daß gemäß § 30 TBO nur jene Einwendungen einer inhaltlichen Erledigung zugeführt werden können, in denen von einem Nachbarn die Verletzung eines Rechtes behauptet werde, das in einer Bestimmung der Tiroler Bauordnung oder einer auf Grund dieses Gesetzes und des Tiroler Raumordnungsgesetzes erlassenen Verordnung begründet ist, die nicht nur der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch dem Schutze des Nachbarn dient. Die Frage, ob durch ein Projekt von einer Länge von 43 m und einer Breite von 23 m das Orts- und Landschaftsbild im Bereich des neu zu errichtenden Gebäudes beeinträchtigt werde, ob durch das Projekt Interessen des Denkmalschutzes beeinflußt würden, bei der Erstellung eines Objektes auf die Schaffung und Erhaltung von Erholungsmöglichkeiten der einheimischen Bevölkerung Rücksicht genommen werde, sich der vorgesehene Bauplatz für die beabsichtigte Bauführung in technischer und gesundheitlicher Hinsicht eigne und schließlich ein Projekt über eine ausreichende Anzahl von Kinderspielplätzen und Einstellflächen verfüge, habe die Behörde nur von Amts wegen zu prüfen; dem Anrainer komme hiebei kein Mitspracherecht zu. Das diesbezügliche Vorbringen sei daher zurückzuweisen gewesen. In objektiver Hinsicht sei anzumerken, daß weder vom beigezogenen technischen Sachverständigen noch vom Vertreter des Bundesdenkmalamtes gegen die vorgesehene Bauführung in gestalterischer Hinsicht ein Einwand erhoben wurde, eine Störung des Orts- und Landschaftsbildes durch das Bauvorhaben nicht zu erwarten sei und schließlich auch die Ausstattung des Wohn- und Geschäftsgebäudes mit den erforderlichen Nebenanlagen im Einklang mit den diesbezüglichen Bestimmungen der Tiroler Bauordnung und den technischen Bauvorschriften stehe. Hinsichtlich der Einsprüche der Beschwerdeführer zur Frage der Einhaltung von Baugrenzabständen sei zu bemerken, daß sich das eingereichte Projekt nach den Stellungnahmen des beigezogenen technischen Amtssachverständigen in allen Punkten mit dem für den Bauplatz gültigen Aufbauplan I der Marktgemeinde Jenbach deckt, sodaß auch diese materiell zu erledigenden Einwendungen nicht zum Tragen kommen könnten und als unbegründet abzuweisen gewesen seien. Wenn die Beschwerdeführer argumentierten, gegenüberstehende Wände von Gebäuden, in denen sich Hauptfenster befänden, hätten einen Abstand aufzuweisen, der dem 0,5 fachen der Summe der Höhe dieser Wände zu entsprechen habe, so sei dem entgegenzuhalten, daß diese Regelung nur bei Gebäuden auf einem Bauplatz und somit einer Grundparzelle anzuwenden sei. Auf Grund der gutächtlichen Feststellung des technischen Sachverständigen stehe fest, daß das Bauvorhaben dem anzuwendenden Aufbauplan in seiner Anordnung und Gliederung sowohl in bezug auf die Hauptgebäude als auch in bezug auf die Nebenanlagen entspreche, weshalb die Baubewilligung unter den gestellten Auflagen zu erteilen gewesen sei. Soweit sich die Beschwerdeführer gegen die Rechtmäßigkeit des Aufbauplanes I der mitbeteiligten Gemeinde ausgesprochen hätten, führe dies nicht zur Versagung der Baubewilligung, weil der Baubehörde erster Instanz kein Einfluß darauf zustehe, die bestehende Verordnungslage nicht zu berücksichtigen bzw. abzuändern; die Behörde sei vielmehr verpflichtet, sich bei der Erlassung von Individualakten an bestehende Gesetze und Verordnungen zu halten.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung, in der sie im wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholten.
Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde wies die Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet ab und bestätigte den Bescheid erster Instanz.
Die von den Beschwerdeführern dagegen erhobene Vorstellung wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Sie stützte sich vor allem darauf, daß im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz ein geänderter Bebauungsplan samt Aufbauplan I, welcher ordnungsgemäß kundgemacht und am 5. November 1986 in Kraft getreten sei, in Geltung gestanden sei. Die Baubehörden erster und zweiter Instanz seien verpflichtet gewesen, ihren Entscheidungen diesen gültigen Bebauungsplan samt Aufbauplan zugrundezulegen. Sie seien daher zu Recht zur Ansicht gelangt, daß das Bauvorhaben zu genehmigen gewesen sei. Wenn die Beschwerdeführer sich durch den Inhalt dieser Bebauungsplanänderung samt Aufbauplan beschwert erachten, übersähen sie, daß es Aufgabe der Vorstellungsbehörde sei, die Rechtmäßigkeit des Baubescheides der obersten Gemeindebehörde, die an die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bestehende Rechtslage gebunden sei, auf die Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte hin zu prüfen. Es sei nicht Sache der Aufsichtsbehörde, im Rahmen des Vorstellungsverfahrens die Gesetzmäßigkeit von Verordnungen, die im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde erlassen werden, zu überprüfen.
Der Verwaltungsgerichtshof habe in einem Erkenntnis vom 8. Februar 1977, Zlen. 49 und 50/77, dargelegt, daß die Vorschriften über den Abstand baulicher Anlagen von der Grundstücksgrenze ihrer Art nach und in Ermangelung eines Anspruches auf Wahrnehmung von Rechten Dritter nur Nachbarn zugute kämen, die zugleich Anrainer in der engeren Bedeutung dieses Wortes seien. Da die Beschwerdeführer als Eigentümer der Grundparzelle 301/2, KG X, nicht unmittelbare Anrainer in bezug auf das zu bebauende Grundstück Bauparzelle 93/1, KG X, seien, könnten sie daher subjektiv-öffentliche Einwendungen hinsichtlich der Einhaltung der Abstandsbestimmungen nicht mit Erfolg erheben. Es sei auch kein Verfahrensmangel darin zu erblicken, daß nach Änderung des Bebauungsplanes keine weitere mündliche Verhandlung durchgeführt worden sei; eine Änderung der Rechtslage eröffne der Partei zwar die Möglichkeit, neuerlich Einwendungen zu erheben, ein Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung entstehe hiedurch jedoch nicht. Die Änderung des Bebauungsplanes komme nach Ansicht der belangten Behörde nicht einer Änderung des Flächenwidmungsplanes gleich; Festlegungen der Bauweise (geschlossene, offene, besondere) seien Inhalt des Bebauungsplanes (§ 19 TROG) und würden nicht die Flächenwidmung betreffen, die hier unberührt bleibe. Zweck eines über ein Bauvorhaben durchzuführenden nachbarrechtlichen Verfahrens sei es, den durch das Vorhaben Betroffenen die Möglichkeit zu geben, in der Rechtsstellung einer Partei die Verletzung baurechtlich eingeräumter subjektiv-öffentlicher Rechte abzuwehren. Unter diesem Gesichtspunkt sei ein Eingriff in die Rechtssphäre eines Nachbarn nur dann möglich, wenn durch die Bauführung zwingende Vorschriften der Tiroler Bauordnung, des Tiroler Raumordnungsgesetzes oder anderer baurechtlicher Nebengesetze verletzt würden, die dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Der Umfang dieses Mitspracherechts sei im § 30 Abs. 4 TBO abgesteckt. Durch Mängel der Planunterlagen werde der Nachbar nur dann in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt, wenn aus ihnen nicht ersichtlich sei, ob eine derartige Verletzung stattfinde. Von wem diese Pläne unterzeichnet seien, sei für den Nachbarn rechtlich ohne Belang. Die Motive und Grundlagen, die die mitbeteiligte Gemeinde veranlaßt haben, den Bebauungsplan zu ändern, seien einer Überprüfung im Vorstellungsverfahren nicht zugänglich. Da für die Grundparzellen 303/2 und 93/1 im Aufbauplan I die besondere Bauweise festgelegt sei, sei für das Bauverfahren § 23 Abs. 2 und 3 TROG nicht anwendbar. Auf die Einhaltung der Geschoßflächendichte nach § 25 Abs. 2 TROG besitze der Nachbar keinen Rechtsanspruch, wenn Abstände und Gebäudehöhe auf andere Weise festgelegt seien. Im gegenständlichen Fall ergäben sich die Abstände aus dem Gesetz und dem Aufbauplan I und sei die zulässige Bauhöhe mit vier Geschoßen festgelegt, sodaß die Beschwerdeführer bezüglich der Geschoßflächendichte in keinem subjektivöffentlichen Nachbarrecht verletzt seien. Ebensowenig erwachsen aus Vorschriften über die Beachtung des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes und hinsichtlich der Beeinträchtigung des Verkehrs Nachbarrechte. Des weiteren komme den Nachbarn kein Mitspracherecht über Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse, der Änderung der Windverhältnisse, der gesundheitlichen Belange und Erholungsmöglichkeiten der Bewohner des Bauobjektes und über die Schaffung von Spielplätzen zu. Geruchsimmissionen könne der Nachbar nicht geltend machten, solange das Bauvorhaben (Wohn- und Geschäftshaus im Kerngebiet) der Widmung entspreche. Aus Belangen des Denkmalschutzes ergäben sich keine subjektiv-öffentlichen Rechte, diesbezügliche Verfahrensfehler seien daher aus nachbarrechtlicher Sicht unerheblich. Im gegenständlichen Fall liege allerdings eine zustimmende Erklärung des Bundesdenkmalamtes vor. Die technische und gesundheitliche Eignung der Grundfläche nach § 11 Abs. 1 TROG berühre keine subjektiv-öffentlichen Rechte des Nachbarn, sondern sei eine Widmungsvoraussetzung. Das allfällige Fehlen des Wortlautes des geänderten Bebauungsplanes sowie eine Verwechslung der Parzellen im Verfahren zur Erlassung des Bebauungsplanes und des Aufbauplanes, denen eindeutig entnommen werden könne, welche Parzellen von der Änderung betroffen seien, sei nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Die Gemeindebehörden hätten zu Recht den in Geltung stehenden geänderten Bebauungsplan samt Aufbauplan bei ihrer Entscheidung herangezogen. Im übrigen seien sämtliche Einwendungen nicht subjektiv öffentlich-rechtlicher Natur, weshalb wie im Spruch zu entscheiden gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 27. November 1987, B 479/87-17, die Behandlung der Beschwerde jedoch ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Aus der Begründung dieses Beschlusses geht hervor, daß angesichts der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu den betreffenden Bestimmungen (vgl. VfSlg. Nr. 8113/1977, S. 544 ff., Nr. 8559/1979, S. 360) und des Inhaltes der dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Verordnungsakten eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und einer gesetzwidrigen Verordnung so wenig wahrscheinlich scheine, daß die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
In dem an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Teil der Beschwerde machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und nennen als Beschwerdepunkt ihr Recht, nach der gegebenen Sach- und Rechtslage eine aufhebende Entscheidung der Vorstellungsbehörde zu erhalten, indem ihren Einwendungen gefolgt und der erstmitbeteiligten Partei keine Baubewilligung erteilt werde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 30 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 43/1978 in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 10/1989 (TBO), hat folgenden Wortlaut:
"§ 30
Nachbarrecht
(1) Nachbarn sind Eigentümer von Grundstücken, die zu dem zur Bebauung vorgesehenen Grundstück in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, daß durch die bauliche Anlage oder durch deren Benützung hinsichtlich der durch dieses Gesetz geschützten Interessen mit Rückwirkungen auf ihr Grundstück oder die darauf errichtete bauliche Anlage zu rechnen ist.
(2) Wird im Bauverfahren die Verletzung einer Bestimmung behauptet, die nicht dem Schutz der Nachbarn, sondern ausschließlich der Wahrung öffentlicher Interessen dient (objektiv öffentlich-rechtliche Einwendung), so hat die Behörde diese Einwendung zurückzuweisen.
(3) ....
(4) Wird von einem Nachbarn die Verletzung eines Rechtes behauptet, das in einer Bestimmung dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung begründet ist, die nicht nur der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch dem Schutz des Nachbarn dient (subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendung), so hat die Behörde über diese Einwendung abzusprechen, indem sie die Einwendung als unbegründet abweist, die Baubewilligung unter Bedingungen oder mit Auflagen (§ 31 Abs. 8) erteilt oder die Baubewilligung überhaupt versagt. Subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendungen können insbesondere auf Vorschriften gestützt werden, die die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken vorschreiben oder die Festlegungen über die Bauweise, die Bauhöhe, die Abstände von Gebäuden, die Beschaffenheit des Bauplatzes und den Brandschutz zum Inhalt haben."
Die Beschwerdeführer machen in ihrer Beschwerde geltend, in Ansehung der Geschoßflächendichte in ihren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt zu sein; die Baubehörden hätten auf ihre Einwendungen hinsichtlich Mängel der Planungsunterlagen, geschlossene Bauweise, Bau im Grenzbereich zwischen offener und geschlossener Bauweise, Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse, Geruchsimmissionen, Denkmalschutzbelange sowie technische und gesundheitliche Eignung der Grundflächen sachlich eingehen und diese nicht zurückweisen dürfen. Überdies hätte nach Inkrafttreten der Änderung des Bebauungsplanes und des Aufbauplanes I eine neue mündliche Verhandlung abgehalten werden müssen, mit der Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme dazu sei es nicht getan. In einer Äußerung zu den Gegenschriften wurde angeregt, der Verwaltungsgerichtshof wolle von Amts wegen beim Verfassungsgerichtshof die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens hinsichtlich des § 23 Abs. 4 des Tiroler Raumordnungsgesetzes beantragen.
Zur verfassungsmäßigen Unbedenklichkeit dieser Bestimmung verweist der Gerichtshof auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. Juni 1977, VfSlg. Nr. 8113, wonach es durchaus sachliche Erwägungen sind, die Erleichterung eines bestimmten Bauvorhabens durch die bestimmte Gestaltung eines Aufbauplanes zu erreichen; Voraussetzung für die Festlegung der besonderen Bauweise ist lediglich, daß ihre Anordnung im Interesse einer zweckmäßigen Bebauung gelegen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat aber auch keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des (geänderten) Bebauungsplanes und des Aufbauplanes. Daß dieser jenem widerspricht, behaupten auch die Beschwerdeführer nicht; daß er dem Flächenwidmungsplan widerspräche, ist nicht nachvollziehbar. Ist es doch Sache des Flächenwidmungsplanes, nur die für die Bebauung vorgesehenen Grundflächen als Bauland mit seinen verschiedenen Widmungsarten (§ 11 Abs. 1 und 7 TROG) auszuweisen, während in die Bebauungspläne die näheren Vorschriften über die Bebauung aufzunehmen sind (§ 19 TROG - vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. September 1977, VfSlg. Nr. 8123). Der Bebauungsplan kann daher dem Flächenwidmungsplan nicht deshalb widersprechen, weil er eine bestimmte Bauweise vorschreibt. Gegen die Zweckmäßigkeit der vorgesehenen Bebauung als Voraussetzung für die Erlassung eines Aufbauplanes im Sinne des § 23 Abs. 4 TROG wurde nichts Konkretes vorgebracht. Überdies hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde, in der die Beschwerdeführer alle wesentlichen Einwände gegen die Bebauungsplanänderung den Aufbauplan I erhoben haben, abgelehnt, da er in seiner Beurteilung - anders kann der Beschluß nicht verstanden werden - zu dem Ergebnis kam, daß eine Gesetzwidrigkeit der Verordnungen nicht vorliegt. Da die Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof keine neuen Gesichtspunkte aufzuzeigen vermögen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlaßt, die Frage neuerlich an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.
Die Baubehörden erster und zweiter Instanz sowie die belangte Behörde konnten also mit Recht davon ausgehen, daß für das gegenständliche Bauverfahren der geänderte Bebauungsplan und der Aufbauplan I der mitbeteiligten Gemeinde anzuwenden waren.
Die Beschwerdeführer irren, wenn sie meinen, durch die angebliche Überschreitung der Geschoßflächendichte in ihren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt zu sein. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 8. Mai 1980, Slg. Nr. 10.119/A, ausgesprochen hat, besitzt der Nachbar auf Einhaltung der Geschoßflächendichte nach § 25 Abs. 2 TROG keinen Rechtsanspruch, wenn die Abstände und die Gebäudehöhe auf andere Weise festgelegt sind (vgl. in diesem Zusammenhang auch das Erkenntnis vom 13. Juni 1985, Z1. 85/06/0021, BauSlg. Nr. 468). Im Beschwerdefall ergeben sich die Abstände einerseits aus dem Gesetz und andererseits auch aus dem Aufbauplan I; im Aufbauplan I wird die maximal zulässige Bauhöhe mit vier Geschoßen festgelegt. Die Rüge der Beschwerdeführer, daß das Bauvorhaben nicht vier, sondern unter Einrechnung des Keller- und Dachgeschoßes sechs Geschoße vorsieht, ist deshalb nicht berechtigt, weil es sich bei den von der Baubehörde erster Instanz bewilligten Geschoßen nicht um sechs Vollgeschoße im Sinne des § 3 Abs. 4 TBO handelt. Dabei ist unter Vollgeschoß gemäß § 3 Abs. 4 TBO ein Geschoß zu verstehen, das zur Gänze über dem angrenzenden Gelände liegt oder über mindestens der Hälfte seiner Grundfläche die für Aufenthaltsräume erforderliche lichte Höhe hat. Außerdem ist zur Berechnung der Bauhöhe auf die Zahl der Vollgeschoße auch jenes Geschoß anzurechnen, dessen Deckenoberkante auch nur an einer Seite zum überwiegenden Teil mehr als 2 m über dem angrenzenden Gelände liegt. Nur das Erdgeschoß und die Obergeschoße liegen nun zum überwiegenden Teil mehr als 2 m über dem angrenzenden Gelände; weniger als 50 % von der für das Dachgeschoß zur Verfügung stehenden Grundfläche weisen eine erforderliche lichte Höhe von 2,30 m auf, weshalb davon auszugehen ist, daß weder das Kellergeschoß noch das (ausgebaute) Dachgeschoß ein Vollgeschoß im Sinne des § 3 Abs. 4 TBO darstellt. So gesehen hält das eingereichte Bauvorhaben die Bestimmung des anzuwendenden Aufbauplanes über die erlaubte Geschoßzahl von vier Geschoßen ein. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen entbehrt daher jeder Grundlage.
Ebenso verfehlt ist der Vorwurf der Beschwerdeführer, die Behörde hätte sich zu jedem einzelnen seiner zahlreichen Einwände mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob es sich hiebei nicht doch um subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendungen über die demonstrative Aufzählung im § 30 Abs. 4 TBO hinaus handelt. Dazu ist festzustellen, daß sich die Behörden des Verfahrens mit sämtlichen von den Beschwerdeführern vorgebrachten Einwendungen auseinandergesetzt und entsprechend der Rechtslage und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den Standpunkt vertreten haben, daß keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtsverletzungen vorlägen. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, hat der Nachbar kein von seinen rechtlich geschützten Ansprüchen unabhängiges Recht darauf, daß die Planunterlagen und sonstigen Belege vollständig und der Rechtslage entsprechend der Baubehörde vorgelegt werden. Haben die von einem Bauwerber vorgelegten Planunterlagen ausgereicht, dem Nachbar jene Informationen zu vermitteln, die er zur Verfolgung seiner Rechte im Verwaltungsverfahren und vor dem Verwaltungsgerichtshof braucht, so steht ihm kein subjektivöffentliches Recht darauf zu, daß diese Unterlagen objektiv in jeder Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen genügen (vgl. dazu z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Mai 1984, Zl. 84/06/0024, BauSlg. Nr. 268).
Auch hinsichtlich der Verschlechterung der Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse ihrer Grundstücke machen die Beschwerdeführer keine subjektiv öffentlich-rechtlichen Nachbarrechtsverletzungen geltend. Nach ständiger Rechtsprechung gilt ganz allgemein der Grundsatz, daß der Eigentümer eines Grundstückes durch Schaffung entsprechender Freiräume auf den eigenen Grundflächen für ausreichende Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse zu sorgen hat (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. November 1972, Zl. 789/72, Slg. Nr. 8317/A). Der Nachbar hat kein Recht, daß durch die Errichtung eines Neubaues die früheren Belichtungsverhältnisse nicht beeinträchtigt werden.
Hinsichtlich der behaupteten Geruchsbelästigung sind die Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß § 30 Abs. 4 TBO dem Nachbarn keinen direkten, sondern nur insoweit einen Immissionsschutz einräumt, als sich ein solcher aus anderen Bestimmungen ergibt, wie dies insbesondere hinsichtlich der Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken zutrifft (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 19. Juni 1980, Slg. Nr. 10.171/A, und vom 17. Jänner 1985, Zl. 83/06/0061, BauSlg. Nr. 370). Daß die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses im Kerngebiet der Widmung nicht entspricht, wird nicht einmal von den Beschwerdeführern geltend gemacht, weshalb auch auf dieses Vorbringen nicht näher einzugehen war.
Wie von den Behörden des Verfahrens wiederholt zutreffend ausgesprochen worden ist, ergeben sich aus Belangen des Denkmalschutzes keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte. Abgesehen davon liegt im gegenständlichen Fall eine zustimmende Erklärung des Bundesdenkmalamtes vom 23. Juli 1986 vor.
Ebenso erwachsen keine Nachbarrechte aus Vorschriften über die Berücksichtigung schönheitlicher Rücksichten, die Beachtung des Ortsbildes oder des Stadtbildes; der Nachbar hat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch kein Recht darauf, daß die Vorschriften über die erforderliche Eignung eines Bauplatzes (hier betreffend gesundheitliche Belange und Erholungsmöglichkeiten der Bewohner des Bauobjektes sowie die Schaffung von Spielplätzen) eingehalten werden. Hier handelt es sich jeweils um Vorschriften, die ausschließlich dem öffentlichen Interesse, nicht aber einem spezifischen Interesse der Nachbarschaft dienen.
§ 29 TBO sieht vor, daß die Behörde über jedes Bauansuchen - soweit es nicht aus bestimmten Gründen ohne weiteres Verfahren zurück- oder abzuweisen ist - eine mündliche Verhandlung durchzuführen hat. Über das gegenständliche Bauvorhaben wurde am 21. Juli 1986 gemäß § 29 TBO eine mündliche Verhandlung abgehalten, bei der die Beschwerdeführer ausführlich Einwendungen erhoben. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer ist aus § 29 TBO nicht abzuleiten, daß bei einer nach Abhaltung einer mündlichen Verhandlung eingetretenen Änderung der Rechtslage diese mündliche Verhandlung wiederholt werden muß. Die Änderung der Rechtslage eröffnet zwar den Parteien die Möglichkeit, darauf gestützte neuerliche Einwendungen zu erheben (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. März 1983, Zl. 82/05/0125, BauSlg. Nr. 20), ein Anspruch auf Durchführung einer neuerlichen mündlichen Verhandlung kann hiedurch jedoch nicht entstehen. Die Änderung der Rechtslage wurde den Parteien des Verfahrens mit Schreiben der mitbeteiligten Gemeinde ausdrücklich mitgeteilt, eine entsprechende ausführliche Stellungnahme wurde von den Beschwerdeführern daraufhin erstattet. Abgesehen davon ließen die Beschwerdeführer in keinem Stadium des Verfahrens und auch nicht in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof erkennen, welche neuen Einwendungen oder Vorbringen sie im Falle der Durchführung einer neuen mündlichen Verhandlung erstattet hätten. Auch dieses Beschwerdevorbringen geht daher ins Leere.
Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Wien, am 21. Dezember 1989
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