Normen
AVG §16;
AVG §17;
KFG 1967 §101 Abs1 lita idF 1971/285;
KFG 1967 §101 Abs1 lita;
KFG 1967 §103 Abs1 Satz1 idF 1977/615;
KFG 1967 §103 Abs1;
KFG 1967 §104 Abs9 Satz1 idF 1977/615;
KFG 1967 §4 Abs7 idF 1971/285;
VStG §22 Abs1;
VStG §45 Abs1;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
VStG §9;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1988030202.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 23. Februar 1988 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als verantwortliches Organ (Geschäftsführer) des Zulassungsbesitzers eines den Kennzeichen nach bestimmten Lkw-Zuges der Firma J GesmbH, nicht dafür Sorge getragen zu haben, daß die Beladung den Vorschriften des KFG entspricht. Das genannte Kraftfahrzeug sei am 12. Juni 1987 um 15.25 Uhr von JK im Orts- und Gemeindegebiet von Pirka auf der Landesstraße 303, bei km 1,0 in Richtung Süden gelenkt worden, obwohl 1. der Lkw mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 16 t um 3.320 kg überladen gewesen sei und 2. der Anhänger mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 22 t um 4.260 kg überladen gewesen sei. Er habe
K vorsätzlich zur Begehung dieser Verwaltungsübertretung verleitet, da er den Auftrag für diese Fahrt erteilt habe. Er habe dadurch hinsichtlich 1. und 2. je eine Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs. 1 in Verbindung mit § 101 Abs. 1 lit. a KFG begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 KFG Geldstrafen in der Höhe von zu 1. S 8000,-- (8 Tage Ersatzarreststrafe) und zu
2. S 10.000,-- (10 Tage Ersatzarreststrafe) verhängt wurden.
In seiner gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er habe die Übertretungen nicht zu verantworten, da er sämtliche Fahrer beauftragt habe, dafür Sorge zu tragen, daß die von ihnen gelenkten Fahrzeuge allen kraftfahrrechtlichen Bestimmungen entsprechen. Dieser Auftrag sei des öfteren wiederholt und auch in Form einer schriftlichen Dienstanweisung erteilt worden, welche von sämtlichen Angestellten zu unterfertigen gewesen sei. Gleichzeitig sei den Fahrern bei Nichtbeachtung der kraftfahrrechtlichen Bestimmungen auch die Kündigung angedroht worden. Weiters sei er nicht in der Lage, die Beladung sämtlicher Fahrzeuge zu überwachen, da die einzelnen Lkw nicht am Ort seiner Firma, sondern zumeist an anderen Orten beladen würden. In völlig gleichgelagerten Fällen habe das "Amt der Steiermärkischen Landesregierung" als Berufungsinstanz entschieden, daß solche Übertretungen der kraftfahrrechtlichen Vorschriften unter diesen Umständen nicht mit einer für das Verwaltungsstrafverfahren hinreichenden Sicherheit erwiesen werden könnten.
Mit Bescheid vom 17. August 1988 gab der Landeshauptmann von Steiermark der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit den §§ 24 und § 19 VStG 1950 teilweise Folge und änderte den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, daß
"1.) der Satz
‚Sie haben Herrn K vorsätzlich zur Begehung dieser Verwaltungsübertretung verleitet, da Sie den Auftrag für diese Fahrt erteilten.' zu entfallen hat, und
2.) die verhängten Strafen mit 1.) S 6.000,-- (6 Tage Ersatzarrest) und 2.) S 8000,-- (8 Tage Ersatzarrest) bemessen werden."
Begründend führte die Behörde aus, daß der Zulassungsbesitzer oder sein Verantwortlicher dann, wenn er selbst nicht in der Lage sei, dafür zu sorgen, daß seine Fahrzeuge den Vorschriften entsprechen, andere Personen zu beauftragen habe, die für die Einhaltung dieser Vorschriften Sorge zu tragen haben. Die Erlassung einer strengen Dienstanweisung hinsichtlich des Verbotes, Überladungen vorzunehmen, stelle nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes noch keinen ausweichenden Nachweis für die diesbezüglich erforderliche Sorgfaltspflicht des Zulassungsbesitzers dar. Die Behauptung des Beschwerdeführers, in zwei Entscheidungen des "Amtes der Steiermärkischen Landesregierung" wäre eine andere Auffassung vertreten worden, treffe nicht zu, da mit den erwähnten Berufungsbescheiden das jeweilige Verwaltungsstrafverfahren aus rein formalrechtlichen Erwägungen und nicht aufgrund der Argumentation des Beschwerdeführers eingestellt worden sei. Im übrigen stelle die Androhung von gesetzlichen Nachteilen, wie etwa die Kündigung des jeweiligen Fahrers, keinen Ersatz für eine effektive Überwachung der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften dar, was schon aus den zahlreichen Anzeigen gegen den Beschwerdeführer ersehen werden könne. Auch die vom Beschwerdeführer angeführten stichprobenartigen Kontrollen reichten zum Beweis des Bemühens um die Einhaltung kraftfahrrechtlicher Vorschriften nicht aus, da konkret über den Erfolg der jeweiligen Maßnahmen nicht berichtet worden sei. Der Ausspruch, die Übertretungen seien vorsätzlich durch Auftrag begangen worden, habe entfallen müssen, da er mit der Begründung des Straferkenntnisses im Widerspruch stehe und diesbezüglich kein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden sei. Die Strafen hätten durch den Wegfall der angenommenen Vorsätzlichkeit entsprechend reduziert werden müssen, da Fahrlässigkeit eine mindere Schuldform darstelle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, er habe die ihm zu Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht zu verantworten, da er ohnedies jede ihm mögliche Maßnahme unternommen habe, um die Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Bestimmungen durch seine Dienstnehmer zu erzwingen. Er verweist in diesem Zusammenhang nochmals auf zwei Verfahren in gleichgelagerten Fällen aus den Jahren 1979 bzw. 1981, die von der Berufungsbehörde eingestellt worden seien. Weiters wäre die Änderung des Tatvorwurfes durch die belangte Behörde außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgenommen worden. Letztlich sei die getrennte Verhängung von Geldstrafen für die Überladung des Zugfahrzeuges und des Anhängers unberechtigt. Die Überladung eines Kraftwagenzuges stelle nur einen einmaligen Normverstoß dar.
Die Beschwerde ist nicht berechtigt.
Soweit sich der Beschwerdeführer auf die von ihm an die Lenker der Fahrzeuge erteilten Dienstanweisungen unter Androhen der Kündigung bei Nichteinhaltung beruft, ist ihm die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen zu halten, daß solche Dienstanweisungen den Zulassungsbesitzer von seiner Verantwortung nicht entlasten können, zumal eine Überwälzung der den Zulassungsbesitzer treffenden Verpflichtungen auf die ohnedies diesbezüglich separat unter Strafsanktion stehenden Lenker nicht möglich ist. (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 18. Dezember 1979, 2495/79, und vom 14. März 1984, Zl. 83/03/0272). Mit der Erteilung von Dienstanweisungen, egal unter welcher Sanktion, allein wird daher der Sorgfaltspflicht des Zulassungsbesitzers nicht genüge getan, es bedürfte hiezu vielmehr der begleitenden Maßnahme eines wirksamen Kontrollsystems (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1987, Zl. 87/03/0155). Das Vorhandensein eines solchen Systems wäre vom Beschwerdeführer zumindest glaubhaft zu machen gewesen, zumal es sich bei der Übertretung des § 103 Abs. 1 KFG um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950 handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. April 1987, Zl. 85/03/0112). Dies ist jedoch im Verwaltungsstrafverfahren nicht geschehen. Der Beschwerdeführer behauptete lediglich, stichprobenartige Kontrollen der Beladung vorzunehmen, ohne hiefür Beweise anzubieten bzw. das Ergebnis dieser Kontrollen ersichtlich zu machen. Solcherart kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie zu der Auffassung gelangte, der Beschwerdeführer habe keine wirksame Überwachung der erteilten Anweisungen vorgenommen. Lediglich der Vollständigkeit halber wird bemerkt, daß die Beauftragung geeigneter Personen mit der Kontrolle bzw. Überwachung einer ordnungsgemäßen Beladung - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - nicht unbedingt eine Bestellung gemäß § 9 VStG 1950 voraussetzt.
Im Hinblick auf die in gleichgelagerten Fällen von der Berufungsbehörde eingestellten Verfahren ist zu bemerken, daß ein Strafverfahren aus verschiedenen Gründen eingestellt werden kann. Der Beschwerdeführer durfte daher aus der Einstellung eines Strafverfahrens gegen ihn nicht schließen, die Behörde teile seine (in der Berufung geäußerte) Rechtsansicht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 13. April 1988, Zl. 87/03/0120). Der Beschuldigte muß daher von seinem Recht auf Akteneinsicht Gebrauch machen, um sich so von den in einem Aktenvermerk festgehaltenen Beweggründen der Berufungsbehörde für die Einstellung des Verfahrens zu unterrichten. Tut er dies nicht, kann er sich bei neuerlicher Begehung desselben Deliktes nicht auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum berufen (vgl. auch hiezu das bereits zitierte Erkenntnis vom 13. April 1988). Da der Beschwerdeführer nicht dargetan hat, auf diesem Wege über den Einstellungsgrund informiert zu sein, sondern die Aussage der belangten Behörde hiezu, die Einstellung der Verfahren sei aus formalrechtlichen Gründen erfolgt, lediglich für unrichtig erklärte, besteht für den Verwaltungsgerichtshof kein Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussage der belangten Behörde. Eine Überprüfung dieses Umstandes durch den Verwaltungsgerichtshof kam zufolge der Tatsache, daß die Akten (wegen des Zeitablaufes) bereits vernichtet wurden, nicht mehr in Betracht.
Da dem Beschwerdeführer bereits im Rechtshilfeersuchen vom 27. Juni 1987 vorgeworfen worden war, es als Zulassungsbesitzer unterlassen zu haben, dafür zu sorgen, daß die Beladung bei der gegenständlichen Fahrt den gesetzlichen Vorschriften entsprach, ist diesbezüglich auch Verfolgungsverjährung nicht eingetreten. Dazu kommt, daß schon das Straferkenntnis erster Instanz diesen Vorwurf enthielt. Die belangte Behörde verwarf lediglich den Vorwurf der vorsätzlichen Verleitung des Lenkers zur Begehung der Verwaltungsübertretung, ohne dadurch dem Beschwerdeführer ein anderes Delikt vorzuwerfen.
Schließlich ist dem Einwand des Beschwerdeführers, er hätte wegen der Überladung nur einmal bestraft werden dürfen, entgegen zu halten, daß das Gesetz die Verpflichtung zur Einhaltung des jeweils gesondert für Kraftwagen und Anhänger festgelegten Gesamtgewichtes dem jeweiligen Zulassungsbesitzer (der für Kraftwagen und Anhänger jeweils verschieden sein kann) gesondert auferlegt hat. Hingegen ist die Überschreitung eines gemeinsamen Gesamtgewichtes von zu einem Kraftwagenzug verbundenen Kraftwagen und Anhänger nicht pönalisiert (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1988, Zl. 85/18/0068). Die belangte Behörde handelte daher nicht rechtswidrig, wenn sie die gesonderte Bestrafung des Beschwerdeführers durch das Straferkenntnis wegen der Überladung des Kraftwagens einerseits und des Anhängers andererseits bestätigte.
Da es dem Beschwerdeführer sohin nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Wien, am 25. Oktober 1989
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