VwGH 87/08/0274

VwGH87/08/027419.1.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Knell, Dr. Puck und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schnizer-Blaschka, über die Beschwerde des KS in W, vertreten durch Dr. Ernst Politzer, Rechtsanwalt in Wien I, Herrengasse 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 26. August 1987, Zl. 121.989/3-7/87, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1) KS KG in W, vertreten durch Dr. Hartmut Mayer, Rechtsanwalt in Wien I, Fichtegasse 2A,

  1. 2) Wiener Gebietskrankenkasse in Wien X, Wienerbergstraße 15-19,
  2. 3) Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien II, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 4) Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in Wien XX, Adalbert Stifter-Straße 65), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §11 Abs1 Satz2;
ASVG §11 Abs1;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
B-VG Art7;
StGG Art2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der zweitmitbeteiligten Partei vom 30. April 1986 wurde ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer ab 7. März 1980 zur erstmitbeteiligten Partei in keinem die Voll- (Kranken-, Unfall-, Pensions-) und Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG begründenden Beschäftigungsverhältnis stehe. Die für den Beschwerdeführer bei der zweitmitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse geführte Versicherung werde mit 6. März 1980 von Amts wegen beendet. Nach der Begründung dieses erstinstanzlichen Bescheides sei der Beschwerdeführer unter dem Dienstgeberkonto der erstmitbeteiligten Partei als Angestellter zur Versicherung gemeldet. Erstmals mit Schreiben der erstmitbeteiligten Partei vom 28. Juli 1983 sei der zweitmitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse mitgeteilt worden, daß das Beschäftigungsverhältnis des Beschwerdeführers zur erstmitbeteiligten Partei auf Grund des Arbeitsgerichtsvergleiches vom 13. November 1980 wohl aufrecht sei, der Beschwerdeführer jedoch keinerlei Tätigkeit für die erstmitbeteiligte Partei ausübe. Im Zuge der daraufhin von der zweitmitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse durchgeführten Ermittlungen habe der persönlich haftende Gesellschafter der erstmitbeteiligten Partei, MS niederschriftlich angegeben, daß dem Beschwerdeführer auf Grund eines am 3. Februar 1968 abgeschlossenen Dienstvertrages ein Dienstverhältnis auf Lebenszeit zugesichert worden sei. In dem am 13. November 1980 vor dem Arbeitsgericht abgeschlossenen Vergleich sei festgestellt worden, daß dieses Dienstverhältnis unverändert fortbestehe. Weiters habe der persönlich haftende Gesellschafter der erstmitbeteiligten Partei angegeben, daß das Unternehmen der erstmitbeteiligten Partei mit März 1980 jegliche Tätigkeit eingestellt habe und keine Betriebsstätte mehr besitze. Der Beschwerdeführer habe seit 7. März 1980 keinerlei Tätigkeit mehr ausgeübt. Der Beschwerdeführer habe diese Angaben als den Tatsachen entsprechend bestätigt.

Dem gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Einspruch wurde mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 6. Oktober 1986 stattgegeben und der erstinstanzliche Bescheid der zweitmitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse vom 30. April 1986 behoben. In der Begründung dieses Einspruchsbescheides wird u.a. ausgeführt, es stehe fest, daß der Beschwerdeführer seit dem 7. März 1980 für die erstmitbeteiligte Partei keine Arbeitsleistung erbringe, das Dienstverhältnis aufrecht bestehe und die Entgeltlichkeit unbestritten sei. Im § 11 ASVG sei von einem Beschäftigungsverhältnis und nicht von einer Beschäftigung die Rede. Daß nicht bloß das Faktische, also die Tätigkeit, von Entscheidung sein solle, erhelle aus § 12 ASVG. Daß der Gesetzgeber die maßgebende Unterscheidung zwischen Dienstverhältnis und Tätigkeit beabsichtigt habe, werde letztlich aus § 11 Abs. 1 zweiter Satz ASVG klar, in dem ausdrücklich verfügt werde, daß die Pflichtversicherung erst mit dem Ende des Entgeltanspruches dann erlösche, wenn der Zeitpunkt, an dem der Anspruch auf Entgelt ende, nicht mit dem Zeitpunkt des Endes des Beschäftigungsverhältnisses zusammenfalle. Wenn auch im zweiten Satz des § 11 Abs. 1 ASVG vom Beschäftigungsverhältnis und nicht bloß von der Tätigkeit die Rede sei, sei der Größenschluß zulässig, daß der Weiterbestand der Pflichtversicherung bei einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis umsomehr gewährleistet sein müsse.

Der dagegen von der erstmitbeteiligten Partei erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid Folge gegeben und in Abänderung des Einspruchsbescheides des Landeshauptmannes von Wien festgestellt, daß der Beschwerdeführer ab 7. März 1980 zur erstmitbeteiligten Partei in keinem die Versicherungspflicht nach dem ASVG und AlVG begründenden Beschäftigungsverhältnis stehe. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides lasse sich aus allen in Betracht kommenden grundsätzlichen Bestimmungen des ASVG und des AlVG entnehmen, daß der Eintritt und Bestand der Pflichtversicherung jedenfalls von einer Beschäftigung abhängig sei. Die Pflichtversicherung trete unabhängig vom Willen der Beteiligten dann ein, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt seien. In dem vorliegenden Fall stehe auf Grund der Aktenlage fest, daß der Beschwerdeführer ab 7. März 1980 bei der erstmitbeteiligten Partei keiner Beschäftigung mehr nachgegangen sei und gar nicht habe nachgehen können, weil keine Betriebsstätte mehr existiert habe. Demzufolge müsse daher auch das Vorhandensein eines Dienstgebers verneint werden. Daraus folge, daß die für den Bestand der Pflichtversicherung unbedingt notwendigen Voraussetzungen (Vorhandensein eines Dienstgebers und Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt) ab dem oben erwähnten Zeitpunkt gefehlt hätten. Folge man der Rechtsansicht des Landeshauptmannes von Wien, dann wäre es jedermann in die Hand gegeben, willkürlich sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu konstruieren, selbst wenn diese Beschäftigungsverhältnisse - wie im vorliegenden Fall - nur auf dem Papier existierten. Bei den an den Beschwerdeführer zur Auszahlung gelangenden Beiträgen habe es sich nicht um Entgelte im Sinne des ASVG gehandelt, weil ihnen weder ein Beschäftigungsverhältnis noch eine tatsächlich für die erstmitbeteiligte Partei erbrachte Arbeitsleistung zugrunde lägen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Nach § 11 Abs. 1 ASVG erlischt die Pflichtversicherung der im § 10 Abs. 1 bezeichneten Personen, soweit in den Abs. 2 bis 6 nichts anderes bestimmt wird, mit dem Ende des Beschäftigungs-, Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses. Fällt jedoch der Zeitpunkt, an dem der Anspruch auf Entgelt endet, nicht mit dem Zeitpunkt des Endes des Beschäftigungsverhältnisses zusammen, so erlischt die Pflichtversicherung mit dem Ende des Entgeltanspruches.

Entsprechend dem § 11 Abs. 2 ASVG verlängert sich die Pflichtversicherung, wenn ein gerichtlicher oder außergerichtlicher Vergleich über den dem Dienstnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses gebührenden Arbeitslohn oder Gehalt abgeschlossen wird, um den Zeitraum, der durch den Vergleichsbetrag (Pauschbetrag) nach Ausscheidung allfälliger, gemäß § 49 nicht zum Entgelt im Sinne dieses Bundesgesetzes gehörenden Bezüge, gemessen an den vor dem Austritt aus der Beschäftigung gebührenden Bezügen, gedeckt ist.

Wie sich aus § 11 Abs. 1 zweiter Satz ASVG ergibt, fällt das Ende der Pflichtversicherung eines nach § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG Pflichtversicherten nicht notwendig mit dem Ende des diese Pflichtversicherung begründenden Beschäftigungsverhältnisses zusammen. Die Pflichtversicherung besteht vielmehr trotz der Beendigung des sie begründenden Beschäftigungsverhältnisses und damit auch seiner Dienstnehmereigenschaft bis zu dem Zeitpunkt weiter, an dem der Anspruch auf das Entgelt endet. Ob ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug aus dem (sozialversicherungsrechtlichen) Dienstverhältnis besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen. Ist diese Frage im Sinne eines Hervorgehens aus dem Arbeitsverhältnis zu bejahen, so kommt es auf den Rechtsgrund dieses Anspruches, also darauf, ob der Geld- oder Sachbezug in Erfüllung des Arbeitsvertrages oder aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes wegen eines Bruches des Vertrages gebührt, nicht an (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Mai 1984, Zl. 82/08/0238, Slg. Nr. 11.452/A).

Im Punkt 1.) des zwischen dem Beschwerdeführer als klagender Partei und der "prot. Firma KS offene Handelsgesellschaft" als beklagter Partei vor dem Arbeitsgericht Wien am 13. November 1980 abgeschlossenen Vergleiches, dessen Ausfertigung sich in Fotokopie in den vorgelegten Verwaltungsakten befindet, wird festgestellt, daß das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers als Kläger bei der beklagten Partei, begründet mit Dienstvertrag vom 3. Februar 1968, unverändert fortbestehe. Dieser ebenfalls in den Verwaltungsakten erliegende Dienstvertrag enthält die Bezüge des Beschwerdeführers und den Ausspruch, daß er auf Lebenszeit unkündbar sei. Auf Grund dieser beiden Aktenstücke, denen auch die sonstige Aktenlage nicht entgegensteht, steht es außer Frage, daß sowohl das arbeitsrechtliche Verhältnis des Beschwerdeführers als auch sein Entgeltanspruch aus diesem Arbeitsverhältnis aufrecht sind. Dafür, daß ein Scheinvertrag vorliegt, besteht kein Anhaltspunkt.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere auch das oben zitierte Erkenntnis Slg. Nr. 11.452/A sowie u.a. das Erkenntnis vom 29. November 1984, Zl. 83/08/0083, Slg. Nr. 11.600/A) ist eindeutig klar gestellt, daß sich § 11 Abs. 1 zweiter Satz ASVG bloß auf den Anspruch aus einem beendeten Beschäftigungsverhältnis bezieht, nicht aber auch auf ein Entgelt aus einem weiter laufenden Beschäftigungsverhältnis.

Daher muß die Frage der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses des Beschwerdeführers - im Gegensatz zur Meinung des Landeshauptmannes von Wien - vorerst beantwortet werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in vielen Erkenntnissen (vgl. u.a. vom 26. November 1952, Slg. Nr. 2747/A, vom 17. Juni 1953, Slg. Nr. 3027/A, vom 4. Dezember 1957, Slg. Nr. 4495/A, und vom 27. Jänner 1960, Zl. 1391/56) auch mit der Frage befaßt, inwieweit ein Beschäftigungsverhältnis als solches - und damit auch sein Beginn und sein Ende - vom Bestehen des Dienstverhältnisses abhängig ist. Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 17. Juni 1953 ausgesprochen, daß das Beschäftigungsverhältnis im allgemeinen aufhört, sobald die Willenseinigung, die zwischen den Partnern über die Leistung und die Empfangnahme abhängiger Arbeiten zustande gekommen ist, wegfällt, wobei allerdings diese Regelung gewisse Ausnahmen erfährt, wie insbesondere in Fällen diktierter Rechtsverhältnisse, in denen der Wille des Arbeitgebers durch Gesetz oder Richterspruch ersetzt wird; in diesen Fällen besteht ein Beschäftigungsverhältnis, solange der Arbeitnehmer, wenn auch gegen den Willen des anderen Teiles, abhängige Arbeit leistet oder - sofern ihm dies verwehrt wird - in Arbeitsbereitschaft verharrt. Die Arbeitsbereitschaft als solche, welcher der Beschwerdeführer in seinem Fall eine besondere Bedeutung beimessen will, könnte demnach für sich allein für die Fortdauer eines Beschäftigungsverhältnisses nur dann genügen, wenn einer der erwähnten Ausnahmefälle, so insbesondere ein diktiertes Rechtsverhältnis vorläge (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 1962, Zl. 1923/61).

Demnach gehört zu einem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis eine beiderseitige Willensübereinstimmung darüber, daß auf der einen Seite abhängige Dienste entgeltlich geleistet und auf der anderen Seite diese Dienste entgegengenommen werden. Auch der einseitige Wegfall dieses Willens - insbesondere auf Seiten des Dienstgebers (also wenn dieser die entgeltlichen abhängigen Dienste nicht mehr in Empfang nehmen möchte) - beendet das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis. Im Gegensatz dazu wird ein arbeitsrechtliches Verhältnis dadurch allein nicht einseitig aufgelöst. Bleibt allerdings die Willenseinigung, Dienste zu leisten bzw. zu empfangen, weiterhin aufrecht, ändert die Unterbrechung der tatsächlichen Tätigkeit den Weiterbestand des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses nicht. Eine Ausnahme hievon ist - wie in der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgezeigt - bei den sogenannten "diktierten Rechtsverhältnissen" gegeben. Diese liegen vor, wenn der wegfallende Wille des Dienstgebers, weiterhin Leistungen in Empfang zu nehmen, durch Gesetz oder Richterspruch substituiert wird.

In der gegenständlichen Angelegenheit ist der Wille des Dienstgebers, auf Dauer Leistungen vom Beschwerdeführer als Dienstnehmer entgegenzunehmen, nach dem sich aus dem Verwaltungsakt ergebenden damaligen Vorstellungsbild der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens weggefallen. Es wurde lediglich am 13. November 1980 ein gerichtlicher Vergleich, also ein Vertrag, abgeschlossen, der nach den Umständen des Falles nicht so ausgelegt werden kann, daß damit beide Vertragspartner auch das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis aufrecht erhalten wollten. Anhaltspunkte dafür, daß der Dienstgeber damals seine Bereitschaft, die Dienste des Beschwerdeführers als Dienstnehmer weiterhin in Empfang zu nehmen, bekundet hätte, ergeben sich nicht. Deshalb bezieht sich der am 13. November 1980 abgeschlossene Vergleich lediglich auf das arbeitsrechtliche Dienstverhältnis. Das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis wurde hingegen mit der tatsächlichen Einstellung der Dienste des Beschwerdeführers mit Ablauf des 6. März 1980 beendet. Diese Rechtsfrage wurde von der belangten Behörde im Ergebnis richtig beantwortet.

Von der belangten Behörde wurde jedoch die im § 11 Abs. 1 zweiter Satz ASVG angeordnete Ausnahme von der Regel, daß sich die Pflichtversicherung mit dem Beschäftigungsverhältnis zeitlich deckt, nicht beachtet. Der Gesetzgeber hat in dieser Bestimmung die Versicherungspflicht ausdrücklich auf die Zeit bis zum Ende des Entgeltanspruches erstreckt, wenn die Beschäftigung des Dienstnehmers infolge Kündigung und gleichzeitigen Ausscheidens aus dem Betrieb oder infolge des vom Dienstgeber verschuldeten Ausscheidens des Dienstnehmers aus dem Betrieb ihr faktisches Ende gefunden hat (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Dezember 1957, Slg. Nr. 4495/A).

In der vorliegenden Angelegenheit hatte der Beschwerdeführer wegen des Fortbestehens seines arbeitsrechtlichen Dienstverhältnisses auf Grund des gerichtlichen Vergleiches vom 13. November 1980 keinen Anspruch auf eine Vergütung aus Anlaß der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Wegen der verfassungsrechtlich gebotenen Gleichbehandlung darf aber derjenige Arbeitnehmer, der - wie im Beschwerdefall - seinen Entgeltanspruch wegen der Unwirksamkeit der Entlassung nicht aus einem beendeten Beschäftigungsverhältnis, sondern aus einem weiter laufenden Arbeitsverhältnis erhält, sozialversicherungsrechtlich nicht schlechtergestellt werden, als der Arbeitnehmer, der für denselben Zeitraum einen Entgeltanspruch aus einer zwar unberechtigten, aber wirksamen Entlassung hat. Somit war zwar das gegenständliche Beschäftigungsverhältnis des Beschwerdeführers ab dem von der belangten Behörde angeführten 7. März 1980 nicht mehr aufrecht, die Versicherungspflicht des Beschwerdeführers endete aber gemäß § 11 Abs. 1 zweiter Satz ASVG erst zum nächsten zulässigen Kündigungstermin nach Ablauf der von der belangten Behörde im fortgesetzten Verfahren festzustellenden Kündigungsfrist.

Die Länge der von der belangten Behörde im fortgesetzten Verfahren festzustellenden Kündigungsfrist wird sich nach der ortsüblich geübten Praxis bei jener Angestelltenkategorie, der der Beschwerdeführer angehörte, richten.

Aus den angeführten Erwägungen erfolgt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG deswegen, weil der Ausspruch der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer (schon) ab 7. März 1980 (und nicht erst zum nächsten zulässigen Kündigungstermin nach Ablauf der entsprechenden Kündigungsfrist) nicht mehr der Sozialversicherungspflicht unterliegt, gesetzwidrig ist.

Im fortgesetzten Verfahren wird aber auch das Schreiben der zweitmitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse vom 16. Dezember 1986 mit dem Betreff "KS KG Versicherungspflicht von KS" zu beachten sein, wonach der Beschwerdeführer unter dem Dienstgeberkonto "KS" ab 17. November 1986 neuerlich zur Versicherung angemeldet worden sei und die von der zweitmitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse durchgeführten Ermittlungen ergeben hätten, daß ab diesem Zeitpunkt Versicherungspflicht bestehe.

Dieser Umstand wird deshalb von Bedeutung sein, weil die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. August 1987 feststellte, daß der Beschwerdeführer ab 7. März 1980 zur erstmitbeteiligten Partei in keinem die Versicherungspflicht nach dem ASVG und AlVG begründenden Beschäftigungsverhältnis stehe. Mangels eines Endtermines bezieht sich dieser Spruch bis zum Zeitpunkt der Erlassung (Zustellung) des angefochtenen Bescheides.

Keine Auswirkung hat die Wiederaufnahme der Beschäftigung des Beschwerdeführers auf das sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Vorstellungsbild, daß ab 7. März 1980, trotz des gerichtlichen Vergleiches vom 13. November 1980, der Wille des Dienstgebers wegfiel, auf Dauer Leistungen des Beschwerdeführers als Dienstnehmer entgegenzunehmen. Dies vor allem deshalb, weil im Jahre 1980 die objektive Möglichkeit zu einer tatsächlichen Dienstleistung des Beschwerdeführers nicht mehr gegeben war und die unter anderen Voraussetzungen gemachte Meldung zur Sozialversicherung ab 17. November 1986 erst mehr als sechs Jahre später erfolgte.

Ebenso wurde von der belangten Behörde nicht beachtet, daß nach den in den vorgelegten Verwaltungsakten erliegenden Handelsregisterauszügen am 23. Mai 1962 die Firma "KS" als offene Handelsgesellschaft eingetragen wurde. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Dienstvertrages am 3. Februar 1968 war unter anderem MS persönlich haftender Gesellschafter dieser offenen Handelsgesellschaft, die nach den Handelsregisterauszügen jedenfalls ab 13. Jänner 1982 eine Kommanditgesellschaft ist. Der Vergleich vor dem Arbeitsgericht Wien vom 13. November 1980 wurde ebenfalls zwischen dem Beschwerdeführer und der offenen Handelsgesellschaft mit der Feststellung abgeschlossen, daß das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers mit der offenen Handelsgesellschaft unverändert fortbestehe. Schon die erste Eingabe im Akt der zweitmitbeteiligten Wiener Gebietskrankenkasse vom 28. Juli 1983 erfolgte von der Kommanditgesellschaft. Im folgenden gingen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens einerseits davon aus, daß zwischen dem Beschwerdeführer und der Kommanditgesellschaft ein arbeitsrechtliches Dienstverhältnis weiterhin bestehe und unterschieden andererseits nie zwischen der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft. Im nunmehr zu überprüfenden Verwaltungsverfahren wurde jedenfalls nicht geklärt, ob die Identität zwischen der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft gegeben ist.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985. Das Kostenmehrbegehren war im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit gemäß § 110 ASVG und deshalb abzuweisen, weil in den Pauschalbeträgen der zitierten Verordnung die Umsatzsteuer bereits berücksichtigt ist.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 19. Jänner 1989

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte