VwGH 87/13/0052

VwGH87/13/005215.6.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rat Dr. Zach, über die Beschwerde des Dr. HK in W, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in Wien III, Untere Viaduktgasse 55/11, gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 28. Jänner 1987, Zl. GA 5-2028/2/86, betreffend die Berücksichtigung erhöhter Werbungskosten für das Kalenderjahr 1984, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §16 Abs1 Z7;
EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §20 Abs1 Z2;
EStG 1972 §20 Abs1 Z3;
EStG 1972 §16 Abs1 Z7;
EStG 1972 §16 Abs1;
EStG 1972 §20 Abs1 Z2;
EStG 1972 §20 Abs1 Z3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.810,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Mitglied des Nationalrates, stellte den Antrag auf Berücksichtigung u. a. folgender Aufwendungen als erhöhte Werbungskosten für das Kalenderjahr 1984:

a)

Blumen, Kränze

S

3.829,--

  

b)

Trinkgelder, Geldspenden

S

4.681,--

  

c)

Essen, Bewirtung, Einladungen

S

8.574,--

  

d)

"Restliche Repräsentationsaufwendungen"

S

2.926,--

S

20.010,--

e)

Bücher, Zeitschriften:aa) "Österreichische Geschichte"

S

520,--

  
 

bb) "Vernunft, Wahrheit und Geschichte"

S

353,--

  
 

cc) "Geschichtswissenschaft"

S

90,--

  
 

dd) Zeitschriften

S

204,--

  
 

ee) Diverses

S

631,--

  
 

ff) "Krankheit"

S

267,--

S

2.065,--

    

S=

22.075,-- =======

Das Finanzamt - das in die Lohnsteuerkarte des Beschwerdeführers wegen anderer Aufwendungen einen monatlichen Steuerfreibetrag eintrug - anerkannte diese Aufwendungen nicht als Werbungskosten.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung. Die geltend gemachten Ausgaben stünden zur Gänze im Zusammenhang mit seinen politischen Aktivitäten.

Die Finanzlandesdirektion wies mit der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung die Berufung - im oben beschriebenen Umfang -

ab. Die Aufwendungen von zusammen S 20.010,-- seien als Repräsentationsaufwand zu qualifizieren. Das gesellschaftliche Ansehen werde auch durch die Bewirtung gefördert, die ein politischer Funktionär anderen Personen zuteil werden lasse. Spenden gehörten zu den Aufwendungen der privaten Lebensführung. Die weiteren Aufwendungen von S 2.065,-- entfielen auf Ausgaben für Druckwerke, die nicht als Arbeitsmittel anzusprechen seien.

Der Beschwerdeführer behauptet in der gegen diese Berufungsentscheidung erhobenen Beschwerde, daß "das Berufungsverfahren ohne jegliches Parteiengehör durchgeführt" worden sei. Die Aufwendungen von zusammen S 20.010,-- beträfen drei Bereiche: Ausgaben für unmittelbare Parteiangestellte, Ausgaben für und mit Parteimitarbeitern sowie Funktionären, die dem Beschwerdeführer direkt unterstellt bzw. zugeteilt seien, und Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit sowie "werbeähnliche Ausgaben". Die Aufwendungen von zusammen S 2.065,-- beträfen Literatur, die als Arbeitsmittel und Mittel der beruflichen Fort- und Weiterbildung zu werten seien. Ein Spitzenpolitiker ohne Wissen über den neuesten Stand der österreichischen Geschichtsforschung müßte in der politischen Diskussion untergehen. Ein Buch über Krankheiten sei für einen Sozial- und Gesundheitspolitiker unentbehrlich.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1972 sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Gemäß § 20 Abs. 1 EStG 1972 dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte - unter anderem - abgezogen werden:

Nach Z. 2 die Aufwendungen für die Lebensführung, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nach Z. 3 Repräsentationsaufwendungen, wie insbesondere Aufwendungen anläßlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 22. Jänner 1985, Zl. 84/14/0035, ausgesprochen, daß unter "Repräsentationsaufwendungen" alle Aufwendungen zu verstehen sind, die zwar durch den Beruf des Steuerpflichtigen bedingt bzw. im Zusammenhang mit der Erzielung von steuerpflichtige Einkünfte bewirkenden Einnahmen anfallen, aber auch sein gesellschaftliches Ansehen fördern; das gesellschaftliche Ansehen fördert aber nicht nur die Bewirtung, die ein Unternehmer Geschäftsfreunden, sondern gleichermaßen die Bewirtung, die ein politischer Funktionär anderen Personen welcher Art immer - möglichen Wählern, anderen politischen Funktionären, usw. zuteil werden läßt.

Grundsätzlich ist daran festzuhalten. Auch auf die Aufwendungen eines Mitgliedes des Nationalrates sind die für alle anderen Steuerpflichtigen geltenden allgemeinen Grundsätze über die Anerkennung von Werbungskosten anzuwenden.

Der Beschwerdeführer brachte im abgabenbehördlichen Verfahren zu den geltend gemachten Aufwendungen für Blumen, Kränze, Trinkgeldern und Geldspenden sowie im allgemeinen zu den Aufwendungen für Essen, Bewirtung und Einladungen nichts vor, was sie - im Gegensatz zu gleichen Aufwendungen z. B. eines Unternehmers - "berufsspezifisch" erscheinen ließe. Auch der angesprochene Unternehmer wird z. B. bisweilen nicht umhin können, Gespräche außerhalb seiner dem Unternehmen gewidmeten Räume zu führen und bei solchen Gelegenheiten seine Gesprächspartner zu bewirten. Aufwendungen zur Bewirtung von Geschäftsfreunden aber sind ohne Rücksicht auf die Gründe, die den Steuerpflichtigen veranlassen, einen solchen Aufwand zu tragen, zur Gänze nicht abzugsfähig (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Mai 1984, Zl. 83/13/0046).

Soweit allerdings der Beschwerdeführer im abgabenbehördlichen Verfahren durch sein Vorbringen insbesondere zu den Aufwendungen für Essen, Bewirtung und Einladungen erkennen ließ, daß diese Aufwendungen eine Vergütung für eine Tätigkeit - z. B. als freiwilliger Mitarbeiter oder Wahlhelfer - sein könnten, wird darüber erst abgesprochen werden können, wenn die Tätigkeit und ihr entgeltwerter Charakter festgestellt sind.

Aufwendungen für den Ballbesuch (Eintritt, Fahrtkosten, nicht aber Bewirtungskosten) eines Mitgliedes des Nationalrates sind als Werbungskosten dann anzuerkennen, wenn der Ballbesuch beruflich veranlaßt ist und nicht der Unterhaltung dient.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 7 EStG 1972 sind Aufwendungen für Arbeitsmittel (z. B. Werkzeug und Berufskleidung) Werbungskosten.

Aufwendungen für Fachliteratur, die im Zusammenhang mit der beruflichen Sphäre steht, sind als Werbungskosten absetzbar.

Aus den Titeln der Druckwerke allein zu schließen - wie es die belangte Behörde unternimmt -, daß es sich um allgemeinbildende Werke handelt, ist unzureichend; es bedarf vielmehr aus dem Inhalt des Druckwerkes der Feststellung, ob es der Fachliteratur, die im Zusammenhang mit der beruflichen Sphäre des Steuerpflichtigen steht, oder der allgemeinbildenden Literatur zuzuordnen ist.

Der angefochtene Bescheid ist deshalb - unter Abstandnahme von der beantragten Verhandlung nach § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 15. Juni 1988

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